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Nachrichten, Stichwahl in Polen Gespaltenes Land sucht Präsidenten

Stichwahl in Polen Gespaltenes Land sucht Präsidenten

Polen wählt heute in einer Stichwahl den neuen Präsidenten. Noch ist unklar, wer das Rennen macht: Amtsinhaber Duda oder sein Herausforderer Trzaskowski. Der Sieger hat einiges zu tun: Die Stimmung im Land ist vergiftet.

Von Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau

Wenn Millionen Polen heute über den nächsten Staatspräsidenten entscheiden, dann dürften viele sagen, endlich. Denn der Weg dahin war zäh, holprig, und voller Hässlichkeiten. Und obwohl sich eine abermals recht hohe Wahlbeteiligung abzeichnet, ist es kein Fest der Demokratie. Viele Polen blicken mit Geringschätzung auf die politische Bühne.

"Ehrlich gesagt, habe ich den Wahlkampf nicht besonders verfolgt. Ich weiß, was sie repräsentieren, und was sie zu sagen haben. Es war kein besonders überzeugender Wahlkampf, vor allem in Zeiten von Corona. An einem Tag gibt es das Virus, und wir sollen alle Gesichtsschutz tragen, am nächsten Tag gibt es kein Virus, denn Wahlen müssen stattfinden. Die Informationen waren so widersprüchlich, dass es schwer fällt, das noch ernst zu nehmen", sagt ein Passant in Warschau. Und ein anderer: "Mir hat diese Konfrontation Duda gegen Trzaskowski nicht gefallen. Es wurden viele abwegige Fragen besprochen. Ich habe ein bisschen geschaut, und dann aufgegeben."

Vergifteter Wahlkampf

Schon der Streit um den Wahltermin - die Regierungspartei PiS hielt bis zuletzt am 10. Mai fest - war von bitterer Unversöhnlichkeit geprägt. Am Ende musste die Wahl in der Corona-Krise doch verschoben werden. Und obwohl so ungewöhnlich viel Zeit gewesen wäre, Konzepte und Visionen abzuwägen, stand selten eine Sachfrage, sondern meist die Diffamierung des Gegners im Mittelpunkt.

Eine tragende Rolle spielte dabei das öffentliche Fernsehen TVP, das von einem Mann der Regierungspartei gesteuert wird und auf ungewöhnliche Weise für Amtsinhaber Andrzej Duda und vor allem gegen seinen Herausforderer Stimmung machte: Der liberale Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski erschien dort als ein elitärer Polen-Verräter, der sich mit Spekulanten, Juden und Deutschen gemein macht, um die einfachen Menschen zu betrügen. Ein Beispiel: "Experten haben keine Zweifel. Der Geldstrom, der jetzt polnischen Familien zugute kommt, wird austrocknen, wenn Rafal Trzaskowski danach strebt, jüdische Forderungen zu befriedigen", heißt es im Fernsehen.

Umgekehrt ließen auch einige private Medien ihre Präferenzen für die Opposition durchblicken statt möglichst neutral zu berichten. Insofern überrascht es wenig, dass sich die politisch-gesellschaftliche Spaltung des Landes im Spiegel der 1. Wahlrunde verschärfte: Der Westen wählt liberal, der Osten rechts, das flache Land Duda, die Städte Trzaskowski. Der hätte als Staatspräsident die Mittel, tief in den Gesetzgebungsprozess einzugreifen und den weiteren Umbau des Staates zu stoppen.

Kaum überbrückbare Gräben

Doch stellte er gar nicht so sehr ein Ende der umstrittenen Justizreformen in den Mittelpunkt. Kein Auftritt, bei dem Trzaskowski nicht versprach, aus dem hasserfüllten Gegeneinander auszubrechen und ein Präsident aller Polen sein zu wollen, auch derjenigen, die ihn nicht wählen: "Die Staatsmacht muss für die Menschen da sein und nicht umgekehrt. Dafür braucht man Zusammenarbeit. Einen starken Präsidenten, der der Regierung auf die Finger schaut. Der in schwierigen Situationen die Initiative ergreift, unabhängig ist. Der sich für Schwächere einsetzt und unsere Gemeinschaft wieder aufzubauen hilft!"

Doch kann ein Präsident wirklich aus den Parteigräben springen, wenn er selbst seit Jahr und Tag der "Bürgerplattform" angehört - jenem Dauerrivalen der PiS, der Polen lange regierte und selbst bei vielen PiS-Gegnern unbeliebt ist?

Duda selbst positionierte sich umso klarer. Seine Rhetorik glich teils wörtlich dem, was man vom PiS-Wahlkampf kennt, etwa seine Angriffe gegen die Homosexuellen-Bewegung, die Schulen unterwanderten und Kinder "sexualisieren" wolle. Ebenfalls von PiS bekannt sind bereits seine Angriffe gegen Deutschland in der Schlussrunde des Wahlkampfs, als er eine mediale deutsche "Einflussnahme" auf die Wahl anprangerte - gemeint war eine Boulevardzeitung, die reißerisch über die Teilbegnadigung eines Sexualstraftäters durch Duda berichtet hatte: "Das ist schmutziger Wahlkampf der übelsten Sorte. Was ist da los? Will der deutsche Springer-Verlag die Wahl beeinflussen? Die Deutschen wollen den polnischen Präsidenten wählen? Ja! Das ist eine Niederträchtigkeit", schimpfte Duda.

Und griff zudem einen deutschen Korrespondenten im Land namentlich an. All das Wahlkampfexzesse, deren Folgen den Wahltag überdauern dürften. Dass danach die Polarisierung des Landes wieder abflaut, scheint unwahrscheinlich - in Umfragen stehen die beiden Kontrahenten Kopf an Kopf.


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Polen wählt heute in einer Stichwahl den neuen Präsidenten. Noch ist unklar, wer das Rennen macht: Amtsinhaber Duda oder sein Herausforderer Trzaskowski. Aún no está claro quién ganará las elecciones: Duda o Trzaskowski. Der Sieger hat einiges zu tun: Die Stimmung im Land ist vergiftet.

Von Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau

Wenn Millionen Polen heute über den nächsten Staatspräsidenten entscheiden, dann dürften viele sagen, endlich. Denn der Weg dahin war zäh, holprig, und voller Hässlichkeiten. Und obwohl sich eine abermals recht hohe Wahlbeteiligung abzeichnet, ist es kein Fest der Demokratie. Viele Polen blicken mit Geringschätzung auf die politische Bühne.

"Ehrlich gesagt, habe ich den Wahlkampf nicht besonders verfolgt. Ich weiß, was sie repräsentieren, und was sie zu sagen haben. Es war kein besonders überzeugender Wahlkampf, vor allem in Zeiten von Corona. An einem Tag gibt es das Virus, und wir sollen alle Gesichtsschutz tragen, am nächsten Tag gibt es kein Virus, denn Wahlen müssen stattfinden. Die Informationen waren so widersprüchlich, dass es schwer fällt, das noch ernst zu nehmen", sagt ein Passant in Warschau. Und ein anderer: "Mir hat diese Konfrontation Duda gegen Trzaskowski nicht gefallen. Es wurden viele abwegige Fragen besprochen. Ich habe ein bisschen geschaut, und dann aufgegeben."

Vergifteter Wahlkampf

Schon der Streit um den Wahltermin - die Regierungspartei PiS hielt bis zuletzt am 10. Mai fest - war von bitterer Unversöhnlichkeit geprägt. Am Ende musste die Wahl in der Corona-Krise doch verschoben werden. Und obwohl so ungewöhnlich viel Zeit gewesen wäre, Konzepte und Visionen abzuwägen, stand selten eine Sachfrage, sondern meist die Diffamierung des Gegners im Mittelpunkt.

Eine tragende Rolle spielte dabei das öffentliche Fernsehen TVP, das von einem Mann der Regierungspartei gesteuert wird und auf ungewöhnliche Weise für Amtsinhaber Andrzej Duda und vor allem gegen seinen Herausforderer Stimmung machte: Der liberale Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski erschien dort als ein elitärer Polen-Verräter, der sich mit Spekulanten, Juden und Deutschen gemein macht, um die einfachen Menschen zu betrügen. Ein Beispiel: "Experten haben keine Zweifel. Der Geldstrom, der jetzt polnischen Familien zugute kommt, wird austrocknen, wenn Rafal Trzaskowski danach strebt, jüdische Forderungen zu befriedigen", heißt es im Fernsehen.

Umgekehrt ließen auch einige private Medien ihre Präferenzen für die Opposition durchblicken statt möglichst neutral zu berichten. Insofern überrascht es wenig, dass sich die politisch-gesellschaftliche Spaltung des Landes im Spiegel der 1. Wahlrunde verschärfte: Der Westen wählt liberal, der Osten rechts, das flache Land Duda, die Städte Trzaskowski. Der hätte als Staatspräsident die Mittel, tief in den Gesetzgebungsprozess einzugreifen und den weiteren Umbau des Staates zu stoppen.

Kaum überbrückbare Gräben

Doch stellte er gar nicht so sehr ein Ende der umstrittenen Justizreformen in den Mittelpunkt. Kein Auftritt, bei dem Trzaskowski nicht versprach, aus dem hasserfüllten Gegeneinander auszubrechen und ein Präsident aller Polen sein zu wollen, auch derjenigen, die ihn nicht wählen: "Die Staatsmacht muss für die Menschen da sein und nicht umgekehrt. Dafür braucht man Zusammenarbeit. Einen starken Präsidenten, der der Regierung auf die Finger schaut. Der in schwierigen Situationen die Initiative ergreift, unabhängig ist. Der sich für Schwächere einsetzt und unsere Gemeinschaft wieder aufzubauen hilft!"

Doch kann ein Präsident wirklich aus den Parteigräben springen, wenn er selbst seit Jahr und Tag der "Bürgerplattform" angehört - jenem Dauerrivalen der PiS, der Polen lange regierte und selbst bei vielen PiS-Gegnern unbeliebt ist?

Duda selbst positionierte sich umso klarer. Seine Rhetorik glich teils wörtlich dem, was man vom PiS-Wahlkampf kennt, etwa seine Angriffe gegen die Homosexuellen-Bewegung, die Schulen unterwanderten und Kinder "sexualisieren" wolle. Ebenfalls von PiS bekannt sind bereits seine Angriffe gegen Deutschland in der Schlussrunde des Wahlkampfs, als er eine mediale deutsche "Einflussnahme" auf die Wahl anprangerte - gemeint war eine Boulevardzeitung, die reißerisch über die Teilbegnadigung eines Sexualstraftäters durch Duda berichtet hatte: "Das ist schmutziger Wahlkampf der übelsten Sorte. Was ist da los? Will der deutsche Springer-Verlag die Wahl beeinflussen? Die Deutschen wollen den polnischen Präsidenten wählen? Ja! Das ist eine Niederträchtigkeit", schimpfte Duda.

Und griff zudem einen deutschen Korrespondenten im Land namentlich an. All das Wahlkampfexzesse, deren Folgen den Wahltag überdauern dürften. Dass danach die Polarisierung des Landes wieder abflaut, scheint unwahrscheinlich - in Umfragen stehen die beiden Kontrahenten Kopf an Kopf.