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Youtube-Lektionen - April 2020, YouTube auf der Toilette

YouTube auf der Toilette

Zur Mitte übernächster Woche plant YouTube die Abschaltung der Abstimmfunktion in Infokarten.

Doch bevor das passiert, müssen wir noch eine, wenn nicht sogar DIE Umfrage machen,

die ich auf diesem Kanal schon immer mal machen wollte.

“Schaut ihr dieses Video gerade auf der Toilette?”

Ich mein, so unwahrscheinlich ist es nicht.

Im Gegenteil.

Laut einer Umfrage gehen 96% der amerikanischen 15-25 Jährigen nicht ohne ihr Smartphone

auf die Toilette.

In Deutschland ist dieses Feld für meinen Geschmack viel zu wenig erforscht, aber hier

heißt es, dass etwa drei Viertel der 18-29-Jährigen ihr Smartphone auch dann bei sich haben, wenn…

na ja.

Je jünger die Personengruppe desto mehr von ihnen gehen nicht mehr ohne internetfähiges

Gerät auf den Porzellanthron.

37% aller Männer und 39% aller Frauen, die ihr Smartphone im Bad benutzen, schauen dabei

Videos.

Und eine Studie aus dem Jahr 2011 zeigt, dass fast jeder fünften Person schon mal ein Telefon

in die Toilette gefallen ist.

Das ist 9 Jahre her, wahrscheinlich ist diese Zahl heute wesentlich höher.

Wobei, bei der Größe, die die Geräte heutzutage haben, ist das vielleicht auch gar nicht mehr

so einfach zu bewerkstelligen.

Die Gründe, die Leute für dieses Verhalten angeben, sind durchaus nachvollziehbar.

Produktivität auch dann, wenn man weg vom eigentlichen Arbeitsort gezwungen wird.

Entspannung und Erholung für eine kurze Zeit oder ganz einfach Unterhaltung.

Und diese Entwicklung ist bei weitem nichts neues.

Bereits im antiken Rom gab es extra für eine möglichst gute Latrinenlektüre eigene Bibliotheken

in Badehäusern, in denen man sich für seine anstehende Sitzung die gewünschte Schriftrolle

aussuchen konnte.

Dieses Verhalten trägt den Namen “Bathroom reading” und erlebt in der Zeit vor 1920,

in denen hauptsächlich Nachttöpfe genutzt wurden, eine Rezession aus… nachvollziehbaren

Gründen.

1991 verkauft sich eine Sammlung von Zusammenfassungen literarischer Klassiker so schlecht bis sie

wenig später in “The Great American Bathroom Book” umbenannt wird, dessen erste Auflage

sich prompt über eine Million Mal verkauft.

Mittlerweile wurde aus diesem und anderen vergleichbaren Erfolgen ein eigenes literarisches

Genre, dessen Vertreter hauptsächlich aus kurzen Szenen, Zusammenfassungen oder einigermaßen

lustigen Fakten bestehen.

Die Entwicklung, auch elektronische Geräte zur Beschäftigung mit in die Keramikabteilung

zu nehmen beginnt spätestens mit dem Gameboy bis dieser neugewonnene Verwendungszweck wenig

später bei dessen Nachfolger, dem Nintendo DS, auch direkt mit in die entsprechende Werbekampagne

eingebaut wird.

Spätestens als die Heimkonsole Wii U das Feature besaß, dass man auf dem mitgelieferten

GamePad bis zu etwa 8 Meter von der Station entfernt noch weiterspielen konnte, war allen

klar, wofür diese Funktion gedacht war, ohne dass es direkt ausgesprochen werden musste.

Die Toilette ist also ein riesiger Markt.

Die Möglichkeit, die nahezu uneingeschränkte Aufmerksamkeit vom Publikum auf die eigenen

Inhalte zu bekommen ist entsprechend sehr, sehr wertvoll und fast einzigartig.

Und diese Aufmerksamkeit ist natürlich auch für die Werbebranche extrem interessant.

Ein Test mit Plakaten von politischen Statements hat gezeigt, dass sich 62% der Leute, die

dieses Plakat in einer öffentlichen Toilette hängen hatten, später noch an die exakte

Wortwahl davon erinnern konnten.

Bei traditioneller Außenwerbung waren es hingegen nur 16%.

Und natürlich beeinflusst die Anwesenheit eines Smartphones auch unsere Verweildauer

auf dem Porzellanthron.

Ein Versuch unter Amerikanern hat gezeigt, dass sich die Dauer einer Sitzung bei entwendetem

Smartphone von 33 bis knapp 80% reduziert.

Und vielleicht ist der Einfluss von Social Media auf unser Verhalten im Bad schon so

groß, dass YouTube diese Daten drastisch erhöhen könnte, wenn sie sich dazu entschieden,

die Mindestvideolänge für mehrere Werbeunterbrechungen von 10 auf beispielsweise 15 Minuten zu erhöhen.

Vielleicht ist die ideale Videolänge auch an der Dauer einer Durchschnittssitzung abzuleiten?

Jetzt, da TikTok so riesig ist, verringert es eventuell die durchschnittliche Verweildauer

im Bad, einfach weil die Videos dort viel kürzer sind.

Vielleicht ist es aber auch genau andersherum, wegen ihres “Ein Video geht noch”-Effekts,

dank dem Leute selbst entscheiden müssen, wann sie sich wieder die Hose hochziehen.

Wir YouTuber, Influencer und Internetprotzer verfolgen einen Berufszweig, der zu großen

Teilen daraus besteht, dass die eigenen Inhalte von anderen auf der Toilette konsumiert werden.

Viele der Bücher, die YouTuber geschrieben haben, fallen sogar in die “Bathroom reading”

Kategorie.

Wir könnten uns auch … Toiletainers, Sanitär-Showmaster oder … Maîtres de Pissoir nennen.

Unser Markt besteht aus Porzellan.

Und daran ist bei weitem nichts schlecht oder abwertend.

Ganz im Gegenteil.

Dass mir jemand diese nahezu uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenkt, die es sonst kaum

noch woanders im Alltag gibt, ist ein riesiges Privileg und ein enormes Lob an meine Arbeit

oder der von der jeweiligen Person.

Deswegen ist es glaube ich an der Zeit diese degradierende Wahrnehmung umzudrehen und sich

zu bedanken.

Danke, dass du das machst.

Und jetzt zieh dir die Hosen hoch, die anderen machen sich bestimmt schon sorgen.


YouTube auf der Toilette

Zur Mitte übernächster Woche plant YouTube die Abschaltung der Abstimmfunktion in Infokarten.

Doch bevor das passiert, müssen wir noch eine, wenn nicht sogar DIE Umfrage machen,

die ich auf diesem Kanal schon immer mal machen wollte.

“Schaut ihr dieses Video gerade auf der Toilette?”

Ich mein, so unwahrscheinlich ist es nicht.

Im Gegenteil.

Laut einer Umfrage gehen 96% der amerikanischen 15-25 Jährigen nicht ohne ihr Smartphone

auf die Toilette.

In Deutschland ist dieses Feld für meinen Geschmack viel zu wenig erforscht, aber hier

heißt es, dass etwa drei Viertel der 18-29-Jährigen ihr Smartphone auch dann bei sich haben, wenn…

na ja.

Je jünger die Personengruppe desto mehr von ihnen gehen nicht mehr ohne internetfähiges

Gerät auf den Porzellanthron.

37% aller Männer und 39% aller Frauen, die ihr Smartphone im Bad benutzen, schauen dabei

Videos.

Und eine Studie aus dem Jahr 2011 zeigt, dass fast jeder fünften Person schon mal ein Telefon

in die Toilette gefallen ist.

Das ist 9 Jahre her, wahrscheinlich ist diese Zahl heute wesentlich höher.

Wobei, bei der Größe, die die Geräte heutzutage haben, ist das vielleicht auch gar nicht mehr

so einfach zu bewerkstelligen.

Die Gründe, die Leute für dieses Verhalten angeben, sind durchaus nachvollziehbar.

Produktivität auch dann, wenn man weg vom eigentlichen Arbeitsort gezwungen wird.

Entspannung und Erholung für eine kurze Zeit oder ganz einfach Unterhaltung.

Und diese Entwicklung ist bei weitem nichts neues.

Bereits im antiken Rom gab es extra für eine möglichst gute Latrinenlektüre eigene Bibliotheken

in Badehäusern, in denen man sich für seine anstehende Sitzung die gewünschte Schriftrolle

aussuchen konnte.

Dieses Verhalten trägt den Namen “Bathroom reading” und erlebt in der Zeit vor 1920,

in denen hauptsächlich Nachttöpfe genutzt wurden, eine Rezession aus… nachvollziehbaren

Gründen.

1991 verkauft sich eine Sammlung von Zusammenfassungen literarischer Klassiker so schlecht bis sie

wenig später in “The Great American Bathroom Book” umbenannt wird, dessen erste Auflage

sich prompt über eine Million Mal verkauft.

Mittlerweile wurde aus diesem und anderen vergleichbaren Erfolgen ein eigenes literarisches

Genre, dessen Vertreter hauptsächlich aus kurzen Szenen, Zusammenfassungen oder einigermaßen

lustigen Fakten bestehen.

Die Entwicklung, auch elektronische Geräte zur Beschäftigung mit in die Keramikabteilung

zu nehmen beginnt spätestens mit dem Gameboy bis dieser neugewonnene Verwendungszweck wenig

später bei dessen Nachfolger, dem Nintendo DS, auch direkt mit in die entsprechende Werbekampagne

eingebaut wird.

Spätestens als die Heimkonsole Wii U das Feature besaß, dass man auf dem mitgelieferten

GamePad bis zu etwa 8 Meter von der Station entfernt noch weiterspielen konnte, war allen

klar, wofür diese Funktion gedacht war, ohne dass es direkt ausgesprochen werden musste.

Die Toilette ist also ein riesiger Markt.

Die Möglichkeit, die nahezu uneingeschränkte Aufmerksamkeit vom Publikum auf die eigenen

Inhalte zu bekommen ist entsprechend sehr, sehr wertvoll und fast einzigartig.

Und diese Aufmerksamkeit ist natürlich auch für die Werbebranche extrem interessant.

Ein Test mit Plakaten von politischen Statements hat gezeigt, dass sich 62% der Leute, die

dieses Plakat in einer öffentlichen Toilette hängen hatten, später noch an die exakte

Wortwahl davon erinnern konnten.

Bei traditioneller Außenwerbung waren es hingegen nur 16%.

Und natürlich beeinflusst die Anwesenheit eines Smartphones auch unsere Verweildauer

auf dem Porzellanthron.

Ein Versuch unter Amerikanern hat gezeigt, dass sich die Dauer einer Sitzung bei entwendetem

Smartphone von 33 bis knapp 80% reduziert.

Und vielleicht ist der Einfluss von Social Media auf unser Verhalten im Bad schon so

groß, dass YouTube diese Daten drastisch erhöhen könnte, wenn sie sich dazu entschieden,

die Mindestvideolänge für mehrere Werbeunterbrechungen von 10 auf beispielsweise 15 Minuten zu erhöhen.

Vielleicht ist die ideale Videolänge auch an der Dauer einer Durchschnittssitzung abzuleiten?

Jetzt, da TikTok so riesig ist, verringert es eventuell die durchschnittliche Verweildauer

im Bad, einfach weil die Videos dort viel kürzer sind.

Vielleicht ist es aber auch genau andersherum, wegen ihres “Ein Video geht noch”-Effekts,

dank dem Leute selbst entscheiden müssen, wann sie sich wieder die Hose hochziehen.

Wir YouTuber, Influencer und Internetprotzer verfolgen einen Berufszweig, der zu großen

Teilen daraus besteht, dass die eigenen Inhalte von anderen auf der Toilette konsumiert werden.

Viele der Bücher, die YouTuber geschrieben haben, fallen sogar in die “Bathroom reading”

Kategorie.

Wir könnten uns auch … Toiletainers, Sanitär-Showmaster oder … Maîtres de Pissoir nennen.

Unser Markt besteht aus Porzellan.

Und daran ist bei weitem nichts schlecht oder abwertend.

Ganz im Gegenteil.

Dass mir jemand diese nahezu uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenkt, die es sonst kaum

noch woanders im Alltag gibt, ist ein riesiges Privileg und ein enormes Lob an meine Arbeit

oder der von der jeweiligen Person.

Deswegen ist es glaube ich an der Zeit diese degradierende Wahrnehmung umzudrehen und sich

zu bedanken.

Danke, dass du das machst.

Und jetzt zieh dir die Hosen hoch, die anderen machen sich bestimmt schon sorgen.