2. Erlebnisse bei der Entenjagd und andere Jagdgeschichten
Ich gehe leidenschaftlich gerne zur Jagd und eines schönen Morgens entdeckte ich auf dem See eine ganze Schar Wildenten, die friedlich umherschwomm. Sofort wollte ich nach ihnen schießen, aber wenn ich auf eine Ente geschossen hätte, wären die anderen alle davongeflogen. Das wollte ich natürlich nicht, denn ich wollte alle erlegen3.
Da kam mir eine Idee: Ich zwirbelte ein Seil auf und knotete die Teile zusammen. So erhielt ich eine sehr lange Schnur. An das eine Ende band ich ein Stückchen Schinkenspeck, das ich mir vom Frühstück aufgehoben hatte.
Nun versteckte ich mich im Schilf und warf die Schnur mit dem Köder aus. Gleich kam die erste Ente herbeigeschwommen und schnappte sich den Speck. Weil Speck ziemlich glatt und schlüpfrig ist, kam er schon bald mit der Schnur hinten aus der Ente wieder heraus. Welch ein Glück! Denn schon entdeckte die zweite Ente den Speck und verschlang ihn gierig. Und auch sie schied den Speck mit der Schnur nach kurzer Zeit wieder aus. Und so wanderte der Leckerbissen an der Schnur durch alle Enten durch, bis sie alle nebeneinander an der Schnur hingen.
So brauchte ich nur die Leine nehmen und mit der Beute nach Hause ziehen. Ich band mir die Schnur um den Körper, weil die Enten ganz schön schwer waren. Ich zog und zog, plötzlich schlugen die Enten mit den Flügeln und flatterten los – mit mir am anderen Ende der Leine! So flog ich mit ihnen durch die Lüfte. Welch eine Reise!
Die Enten wollten wieder zurück zum See, aber ich benutzte meinen Mantel als Ruder und steuerte3 genau auf mein Haus zu. Aber wie brachte ich die Enten dazu, genau hier zu landen? Ganz einfach, ich drehte einer nach der anderen den Hals um, bis wir immer tiefer sanken und schließlich durch den Schornstein hindurch genau auf den Herd landeten. Zum Glück brannte noch kein Feuer, sonst wäre ich selbst noch zum Braten geworden. Mein Koch staunte ganz schön und machte sich sogleich an die Zubereitung.
Aus solchen Erlebnissen kann man viel lernen. Und schon bald konnte ich meine Erfahrung mit den Enten bei einer anderen Gelegenheit anwenden. Einmal spazierte ich durch Feld und Wald und wollte meine neue Flinte3 ausprobieren. Dafür hatte ich mir nur wenige Kugeln mitgenommen zum Testen und zielte hier und da auf Ziele, die ich mir aussuchte. Als meine Munition verbraucht war, sah ich ein paar Hühner vor meinen Füßen herumflattern. Schon musste ich an einen leckeren Hühnerbraten denken. Dabei floss mir das Wasser im Munde zusammen. Und weil ich gerne alle Hühner auf einmal haben wollte, dachte ich an meinen Trick mit den Enten. Ich lud mein Gewehr, aber nicht mit Kugeln, sondern mit dem Ladestock des Gewehres, den ich vorher angespitzt hatte.
Nun zielte ich auf die Hühner. Bei dem Schuss flogen sie erschrocken in die Luft. Der Ladestock flog wie ein Pfeil durch die Luft und traf das erste Huhn. Der Pfeil durchbohrte es. Dann traf er das zweite Huhn, und so weiter. Wie schon bei den Enten gelang es mir, alle Hühner nacheinander – sieben Stück – auf einem Spieß zu erlegen. Oh, was freute ich mich auf mein Abendessen!
Ich könnte euch stundenlang von meinen Jagderlebnissen berichten! Wie ihr nun wisst, macht es mir viel Spaß, mir mit viel Fantasie neue Methoden für die Jagd auszudenken. Als ich einmal wieder auf der Jagd war, hatte ich anstatt des Ladestocks einen langen Nagel dabei. Ich wollte nämlich ein neues Kleidungsstück haben. Und zwar aus dem Fell des Fuchses. Das gefiel mir so gut. Der Fuchs spazierte direkt vor meinen Augen durch den Wald. Ich lockte ihn näher heran und schnappte ihn mir. Dann nagelte ich ihn mit seinem schönen Fuchsschwanz an einen Baum. Ich prügelte so lange auf das Tier ein, bis es aus seinem eigenen Maul herauskroch. Ganz nackt flüchtete es in den Wald. Sein kostbares Fell blieb unverletzt an dem Baum hängen. Wenn ihr im Wald also mal auf einen nackten Fuchs seht, dann wisst ihr, wie es dazu kam.
Ein anderes Mal hatte ich nicht so viel Glück. Ich wollte eine Wildschweinmutter erlegen, die mit ihren Frischlingen unterwegs war. Aber mein Schuss ging daneben und die kleinen Ferkelchen liefen in alle Richtungen davon. Die Wildschweinmutter aber blieb stehen und bewegte sich nicht. Ich ging sehr vorsichtig an sie heran, denn man weiß ja, wie wild sie werden können. Ich wunderte mich, dass sie sich nicht bewegte. Da merkte ich, dass sie blind war. Nur mithilfe ihrer Ferkelchen konnte sie sich bewegen, indem sie sich mit dem Rüssel an dem Ringelschwänzchen von einem Frischling festhielt. Von dem Ringelschwänzchen hatte sie sogar noch ein Stück im Maul, weil das Ferkelchen sich von dem Schuss so erschreckt hatte und davonlief. So brauchte ich sie nur an dem Ringelschwänzchen nach Hause führen und sie meinem Koch übergeben.
Auch die Wildschweineber können ganz schön gefährlich sein. Einmal, als ich gar nicht damit rechnete, kam so ein wilder Wildschweineber auf mich zu. Ich war so erschrocken, dass ich gar nichts tun konnte. Er rannte so schnell, dass mir nur die Flucht übrig blieb. Im letzten Moment habe ich mich hinter einem Baum versteckt. Der Eber knallte mit großer Wucht gegen einen Baum. Dabei blieb er mit seinen mächtigen Stoßzähnen im Baumstamm stecken. Er tobte und zerrte, aber er konnte sich nicht befreien. Ich lief ins Dorf und brauchte nur ein Seil und eine Schubkarre zu holen, um meine Beute nach Hause zu bringen.
Aber jetzt muss ich euch von meiner Hirschjagd berichten! Das ist wirklich eine unglaubliche Geschichte, die ich dabei erlebt habe. Ich hatte schon alle meine Kugeln verschossen. Da traf ich auf einen stattlichen Hirsch mit dem prächtigsten Geweih, das ich je gesehen hatte. Aber wie sollte ich ihn ohne Munition erlegen? Ich hatte noch ein paar Kirschen dabei. Die aß ich schnell auf und stopfte die Kerne in mein Gewehr. Dann tat ich noch etwas Schießpulver hinzu, setzte an und zielte mitten auf die Stirn des Hirsches. Der aber taumelte nur kurz und lief weg. Pech gehabt! Als ich ein oder zwei Jahre später wieder einmal in der Gegend war, sah ich einen Hirsch, der zwischen seinem Geweih einen Kirschbaum trug, der voller Kirschen war. Dieses Mal entkam er mir aber nicht! Ich erlegte ihn und verspeiste ihn als Sonntagsbraten: Hirschrücken mit Kirschkompott zum Nachtisch!