heute journal vom 20.05.2021 - Reisediplomatie - Außenminister Maas in Nahost
Diese Untertitel sind live produziert.
Guten Abend,
jetzt am Abend kam die Meldung:
Israel und die palästinensische Hamas haben sich
auf eine Waffenruhe geeinigt.
Die Hamas hatte schon vor Tagen signalisiert, dass es ihr reicht.
Ihre politischen Ziele hat sie verwirklicht.
Der Preis, den sie dafür zahlt, ist ihr längst zu hoch.
Israel hätte die Strukturen der Hamas
wohl gerne noch etwas gründlicher zerstört,
kann den wachsenden internationalen Druck, v.a. aus den USA,
aber nicht ignorieren.
Und sieht wohl auch das Konfliktpotenzial im eigenen Land,
mit wachsender Gewalt zwischen jüdischen und arabischen Israelis.
Vor diesem Hintergrund hat der deutsche Außenminister
für seinen Besuch durchaus ein gutes Timing gewählt.
Es fällt leichter, ein Ende der Kämpfe anzumahnen,
wenn die Konfliktparteien sich eh schon auf diesen Punkt zubewegen.
Mit Heiko Maas habe ich darüber vor zwei Stunden gesprochen.
Doch zunächst der aktuelle Bericht von Michael Bewerunge.
Welchen Einfluss ein deutscher Außenminister
bei einem Besuch in Israel haben kann,
wird an diesem Tag schon an der ersten Station deutlich.
Maas besucht ein zerstörtes Haus in Petach Tikwa, nahe Tel Aviv.
Er lässt sich die Schäden zeigen und demonstriert damit Solidarität
für Israel, das von Raketenangriffen terrorisiert wird.
Doch er ist heute nicht der einzige Außenminister,
der an gleicher Stelle eintrifft.
Auch seine europäischen Kollegen aus Tschechien und der Slowakei sind da.
Ein Bild für die Zersplitterung der Europäischen Union.
Ungarn blockiert derzeit die einheitliche Haltung zum Konflikt,
Israel nimmt die EU als Player nicht wirklich ernst.
Maas weiß das und beschränkt sich nach außen
auf eine freundlich begleitende Rolle.
Wir haben immer betont,
dass Israel das Recht auf hat auf Selbstverteidigung.
Und davon macht Israel jetzt Gebrauch.
Wir sind davon überzeugt, dass ein Leben in Sicherheit und Frieden
auf Dauer nur möglich sein wird, wenn Israelis und Palästinenser
auf beiden Seiten selbstbestimmt leben können.
Das ist das, was die Zwei-Staaten- Lösung vorgesehen hat.
Beim Gespräch mit dem Premierminister, so heißt es,
drängt Maas nicht öffentlich auf eine Waffenruhe.
In dem Statement danach präsentiert Netanjahu eine abgeschossene Drohne
und geht nur auf den Teil der Botschaft ein,
der ihm gelegen kommt.
Ich sprach meine Anerkennung aus
für die unverbrüchliche Haltung Deutschlands,
das unser Recht auf Selbstverteidigung unterstützt
und das kommt von Herzen, nicht nur von der Regierung,
sondern vom israelischen Volk.
Kritik am Besuch kommt von der Hamas.
Sie fordert Maas auf,
sich doch auch bitte die Zerstörungen in Gaza anzuschauen.
Doch Deutschland spricht nicht mit einer Terrororganisation,
die Israel nicht anerkennt
und wahllos Raketen auf Zivilisten feuert.
Stattdessen spricht Maas mit Abbas,
dem machtlosen Präsidenten des Westjordanlands.
Der hat gerade, aus Angst vor einem Erstarken der Hamas,
aus fadenscheinigen Gründen die erste Wahl seit 15 Jahren
in Gaza und der Westbank abgesagt.
Draußen in Ramallah demonstrieren Palästinenser,
viele hat dieser Konflikt weiter radikalisiert.
"Der Empfang des deutschen Außenministers ist eine Schande",
steht auf dem Schild.
Das ist eine Botschaft des palästinensischen Volkes,
eine Botschaft der Ablehnung des Besuchs
des deutschen Außenministers, der uns gleichsetzt,
die Opfer mit den zionistischen Tätern.
Und so geht ein weiterer Tag im Nahen Osten zu Ende.
Vor wenigen Minuten hat das Sicherheitskabinett grünes Licht
für eine Waffenruhe gegeben, wohl ab morgen, 2 Uhr.
Das wäre wohl auch ohne den Besuch
des deutschen Außenministers passiert,
doch für den bleiben noch genug Aufgaben.
Von einem Frieden ist die Region weiter entfernt denn je.
Der Außenminister ist uns von seinem Rückflug quasi zugeschaltet.
Guten Abend, Herr Maas. Hallo, guten Abend, Frau Slomka.
Wie gesagt, Sie sind schon im Flieger.
Sie starten gleich zurück nach Deutschland.
Wie zuversichtlich sind Sie,
dass es vielleicht sogar schon in den nächsten Stunden,
vielleicht sogar schon, bis Sie dann in Deutschland landen,
eine Waffenruhe geben könnte?
Das würde ich mir sehr wünschen.
Ich habe heute viele Gespräche geführt, alles mit Menschen,
die eigentlich auch einen Waffen- stillstand, eine Waffenruhe wollen.
Das geht auch jetzt sehr intensiv um die Modalitäten.
Wie das aussehen kann, dafür liegt ein Vorschlag auf dem Tisch.
Ich hoffe, dass es möglich sein wird,
sowohl innerhalb der israelischen Regierung sich dafür auszusprechen.
Und dann könnte sehr schnell auch die Waffenruhe umgesetzt werden.
Aber letztlich steht die Entscheidung aus.
Ich glaube, nicht nur wir, sondern viele andere, auch die Amerikaner,
die Ägypter, die Europäische Union haben einiges dazu beigetragen,
diesen Prozess zu beschleunigen.
Aber jetzt muss vor Ort die Entscheidung getroffen werden.
Was hat denn Deutschland konkret beigetragen,
welche konkrete Rolle spielt Deutschland da?
Wir haben zusammen mit anderen,
wir haben uns sehr eng abgestimmt mit den Amerikanern.
Der US-Präsident hat in den letzten Tagen sehr deutlich gesagt,
dass er die Notwendigkeit eines schnellen Waffenstillstandes sieht.
Aber wir haben auch mit den Ägyptern gesprochen,
die über Kontakte zur Hamas verfügen.
Man muss nach beiden Seiten versuchen,
die Bereitschaft für diesen Waffenstillstand herzustellen.
Und das ist, glaube ich, in den letzten Tagen sehr gut gelungen,
mit vielen Beteiligten, aber entschieden werden muss eben vor Ort
Das findet zurzeit statt.
Darüber wird jetzt diskutiert im israelischen Kabinett.
Und ich hoffe, dass es zu einer positiven Entscheidung kommt,
auf die viele warten auf der internationalen Bühne.
Bei Ihnen wackelt es schon ein bisschen, weil das Flugzeug rollt.
Das stört uns aber nicht.
Sie erwähnten gerade die Hamas.
Die hat sich heute sehr empört darüber geäußert,
was Sie in Israel gesagt haben, nämlich dass Sie finden,
dass die Luftschläge der Israelis verhältnismäßig seien.
Was hat denn Palästinenserpräsident Abbas dazu gesagt?
War der auch empört?
Nein, mit dem hatte ich ein sehr konstruktives Gespräch,
in dem ich ihm auch noch einmal deutlich gemacht habe,
dass Deutschland, aber auch die Europäische Union,
auch die Biden-Administration der Auffassung ist,
dass wir langfristige Lösungen brauchen.
Und die Grundlage dafür
wird die verhandelte Zwei-Staaten-Lösung bleiben müssen.
Das ist auch im Interesse der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Im Übrigen sind die Raketenangriffe der Hamas auf Israel
ein militärischer Angriff auf Israel gewesen,
aber auch ein politischer auf die Autonomiebehörde in Ramallah.
Und deshalb wird es wichtig sein,
auch die Autonomiebehörde zu stärken.
Denn nur sie kann unser Gesprächspartner sein
für einen Friedensprozess,
ganz sicherlich nicht Terroristen von der Hamas.
Ein solcher Friedensprozess scheint in sehr weiter Ferne.
Auch die Zwei-Staaten-Lösung
wird zwar immer wieder mantramäßig gefordert und angesprochen.
Aber eigentlich glaubt daran doch überhaupt keiner mehr in der Region?
Solange es keinen besseren Vorschlag gibt,
und ich kenne keinen besseren Vorschlag, finde ich,
sollte man an der Zwei-Staaten-Lösung festhalten.
Es wird jetzt erst einmal darum gehen,
überhaupt wieder Vertrauen aufzubauen zwischen beiden Seiten,
mit vertrauensbildenden Maßnahmen.
Auch dafür gibt es viele Vorschläge.
Letztlich wird dieser Konflikt nur zu lösen sein,
indem auch beide Parteien wieder an einem Tisch sitzen,
also die Palästinenser und auch die israelische Seite.
Das ist jetzt schon lange nicht mehr der Fall gewesen,
und deshalb muss nach dem, was in den letzten sieben, acht Tagen
geschehen ist, jetzt erst mal Vertrauen wiederaufgebaut werden.
Aber das Ziel muss sein, dass es auch zu direkten Gesprächen
und Verhandlungen zwischen Israel
und der Palästinensischen Autonomiebehörde kommt.
Die EU spielt dabei ja eigentlich gar keine richtige Rolle mehr.
Man hat es nicht geschafft,
sich auf einen Appell zu einer Waffenruhe zu einigen,
weil Ungarn da nicht mitgezogen hat.
Herr Orban ist sehr eng befreundet mit Netanjahu.
Im UN-Sicherheitsrat sitzen nur noch die Franzosen seit dem Brexit.
Also ist da eigentlich noch irgendetwas zu erwarten
an Nahost-Initiativen?
Eigentlich ist die EU sich sehr einig,
denn 26 sind sich einig gewesen außer die Ungarn.
Warum auch immer, und das ist das,
was ich heute hier meinen Gesprächspartnern,
sowohl Premierminister Netanjahu als auch anderen Regierungsmitgliedern,
aber auch Präsident Abbas gesagt habe.
Das ist auch wichtig, dass die EU dazu eine Haltung hat,
ob mit oder ohne Ungarn.
Das ist hier aber durchaus auch wahrgenommen worden.
Und das hilft uns auch, wenn es darum geht,
bei beiden Seiten dafür zu werben,
die Möglichkeiten für einen Waffenstillstand auszuloten.
Da sind wir jetzt an diesem Punkt,
und deshalb haben viele einen Teil dazu beigetragen,
und dazu gehört auch die Europäische Union.
Und im Übrigen wird auch darüber gesprochen,
dass das Nahost-Quartett zurückkommt.
Darin ist die EU beteiligt,
also insofern die EU wird eine Rolle spielen bei dem,
was jetzt kommt, falls es einen Waffenstillstand gibt,
nämlich die Wiederauflage des politischen Prozesses.
Denn wenn es keine politische Lösung gibt für Israel
und die palästinensischen Gebiete, dann wird das,
was wir die letzten sieben Tage erlebt haben,
immer wieder aufflammen.
Es wird einzelne Provokationen geben, die reichen aus,
um diesen Konflikt militärisch zu eskalieren.
Und deshalb müssen wir eine politische Lösung finden.
Sonst werden wir das, was wir jetzt erlebt haben,
noch oft erleben in Zukunft.
Herr Maas, danke Ihnen für das Gespräch und guten Flug,
weil ich hatte gerade auf dem Ohr das Signal,
dass das Flugzeug jetzt auch starten will.
Bis dahin, auf Wiedersehen. Ich danke Ihnen, bis dann.
Die Frage, die ich Heiko Maas eingangs stellte,
ist so eingetreten.
Das wollen wir Michael Bewerunge fragen.
Was steht in dem Waffenstillstandsabkommen?
Wenn es nicht offiziell bestätigt wäre, würde man es kaum glauben.
Eben gab es schon wieder Raketenalarm im Süden.
Aber die Waffenruhe ist einstimmig im Sicherheitskabinett
beschlossen worden, die Hamas hat das bestätigt.
Sie soll morgen Früh um 2 Uhr in Kraft treten.
Mehr ist noch nicht bekannt.
Netanjahu ist noch nicht vor die Presse getreten.
Aber man kann davon ausgehen, dass die Waffen ab morgen schweigen.
Die Hamas hat den hohen Preis bezahlt,
den Netanjahu gefordert hat.
Aber der Graben ist deutlich größer geworden.
Und mit dem Thema geht es jetzt auch in den Nachrichten erst noch weiter.
Wegen der Gewalt im Nahen Osten
und der teils antisemitischen Kundgebungen in Deutschland
in den vergangenen Tagen
fand heute Abend eine Solidaritäts- kundgebung für Israel statt.
Vor dem Brandenburger Tor in Berlin versammelten sich
zahlreiche Menschen.
Die Initiatoren verurteilten den Raketenbeschuss durch die Hamas
und warnten vor zunehmendem Antisemitismus in Deutschland.
Viele Spitzenpolitiker fast aller im Bundestag vertretenen Parteien
nahmen an der Kundgebung teil.
Nach ihrer Rücktrittsankündigung gestern
hat Bundespräsident Steinmeier Familienministerin Giffey
heute offiziell aus ihrem Amt verabschiedet.
Im Schloss Bellevue erhielt die SPD-Politikerin
ihre Entlassungsurkunde.
Giffey hatte ihren Rücktritt mit den Plagiatsvorwürfen
um ihre Doktorarbeit begründet.
SPD-Spitzenkandidatin für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus
im September will sie bleiben.
Zur neuen Familienministerin ernannte der Bundespräsident
Justizministerin Christine Lambrecht.
Sie wird bis zum Ende der Legislaturperiode
zwei Ministerien führen.
Der Arktische Rat, das wichtigste Forum zur Zusammenarbeit
in der Region um den Nordpol,
hat auf einem Außenministertreffen zum ersten Mal
einen langfristigen strategischen Plan beschlossen,
der bis zum Jahr 2030 reicht.
Darin bekennen sich die Arktis-Anrainer,
darunter die USA und Russland u.a. dazu,
weiter eine nachhaltige Entwicklung
und Umweltschutz in der Region anzustreben.
Am Rande dieser Konferenz
sprachen US-Außenminister Blinken und sein russischer Kollege Lawrow
über das zuletzt angespannte Verhältnis beider Länder.
Bei dem Treffen ging es nach Angaben beider Seiten
um eine mögliche Normalisierung der Beziehungen.
Differenzen wurden angesprochen, aber auch gemeinsame Interessen.
Beide Seiten nannten die Gespräche "konstruktiv".
Die Europäische Union hat sich heute Abend
auf ein gemeinsames digitales Impfzertifikat geeinigt,
eine Art europäischen Impfpass also, der v.a. das Reisen erleichtern soll.
Geimpfte und nachweislich Genesene müssen dann in der Regel
nicht mehr in Quarantäne.
Unklar ist noch, bis wann das Zertifikat in den einzelnen
Mitgliedsländern dann auch tatsächlich eingeführt sein wird.
Dafür müssen dann ja Millionen Impfungen noch nachgetragen werden.
Mal sehen also, wie flott das gehen wird bis jeder so eine App
auf seinem Smartphone hat.
Im Moment ist von Ende Juni die Rede.
Wie frei das Reisen im Sommer sein wird,
hängt v.a. vom Impffortschritt ab, verbunden mit der Hoffnung,
dass keine unvorhersehbaren Entwicklungen uns noch einen Strich
durch die Rechnung machen.
In Großbritannien etwa beobachtet man sehr genau,
wie sich die Ausbreitung der indischen Mutante entwickelt.
Dazu Andreas Stamm.
Die britische Idee eines Impfturbos kommt per Bus.
Bolton, nahe Manchester, Charterbusse liefern Ungeimpfte ab.
Und seit die indische Variante grassiert,
will fast jeder die Spritze.
Ich habe Angst vor dieser Variante, nun bin ich geimpft und glücklich.
Neben der Spritze heiß begehrt – Testkits für zuhause.
Fast 3.500 Fälle der indischen Variante
sind im Land nachgewiesen worden.
Im aktuellen Hotspot Bolton, erklärt die Regierung in London,
entscheide sich die nahe Zukunft des Landes.
Neue Welle oder kontrollierbares Strohfeuer.
Wir selbst haben es in der Hand.
Indem sich Menschen in den betroffenen Gegenden testen
und impfen lassen, weiter vorsichtig bleiben.
Dann kriegen wir das unter Kontrolle.
Die indische Variante könnte bis zu 50 % ansteckender sein,
noch fehlen genügend Daten.
Virologen mahnen zur Vorsicht.
Trotz Impfturbo seien Millionen noch ungeschützt.
Zusammen mit den aktuellen Lockerungen,
wie etwa Pub oder Restaurant-Innenbereiche zu öffnen:
ein gefährlicher Mix.
Mehr Ansteckungen führen ziemlich sicher zu mehr Einweisungen
ins Krankenhaus und auch zu mehr Toten.
Es ist ein Risiko.
Aber wir sind in einer besseren Situation als etwa im Dezember,
als die Kent-Variante durchstartete.
Damals waren die Krankenhäuser schon voll
und es gab noch keine Impfungen.
Neun Orte in Großbritannien stehen wegen der indische Variante
unter besonderer Beobachtung.
Auch der Londoner Stadtteil Brent.
Das Konzept hier:
Spritze auf Rädern, Hauptsache impfen.
Wir haben immer mehr Hinweise darauf,
dass die Impfstoffe gegen die indische Variante wirken.
Das bedeutet, unsere Strategie ist richtig:
Vorsichtig Einschränkungen aufheben.
Möglich, weil die Vakzine uns schützen.
Weitere Daten dazu wollen britische Forschungsnetzwerke
in den kommenden Tagen veröffentlichen.
Im Kampf gegen die indische Variante ist jedes Mittel recht.
Da schaut das Testteam auch zuhause vorbei.
Damit wie geplant Ende Juni
alle Einschränkungen aufgehoben werden können.
Die britische Idee vom Ende der Pandemie –
noch sind sie überzeugt: sie schaffen das.
Im "Deutschen Herbst", als die Linksextremisten der RAF
den deutschen Staat bekämpften,
konnte man sich als Bürger zumindest auf eines weitgehend verlassen:
dass es bei Polizei, Verfassungsschutz
und anderen Sicherheitsbehörden kaum Sympathisanten
oder gar aktive Mithelfer gab.
Nichts ist schlimmer, als wenn dieses bürgerliche Vertrauen
in Frage gestellt wird.
Deshalb sind die Enthüllungen über rechtsextreme Gruppen
innerhalb von Polizei und Bundeswehr auch besonders erschütternd.
Franco A., dessen Prozess heute vorm Oberlandesgericht Frankfurt begann,
war Berufssoldat.
Er wurde von der Bundeswehr behalten
obwohl es ausdrückliche Warnungen gab,
welch Geistes Kind der junge Mann war.
Von der Bundesanwaltschaft wird ihm vorgeworfen,
Terrorakte gegen den deutschen Staat geplant zu haben,
u.a. Anschläge auf Politiker.
Dazu habe er sich Waffen auch aus Bundeswehrbeständen besorgt.
Vom Prozessauftakt berichtet Felix Zimmermann.
Oberlandesgericht Frankfurt:
Ein ungewöhnlicher Mann sitzt auf der Anklagebank.
Franco A. ist Oberleutnant der Bundeswehr mit Bestnoten,
Elitestudium in Frankreich, hat große Karriereaussichten im Heer.
Laut Anklage ist er Terrorist.
Der Fall Franco A. beginnt kurios.
Eine Putzfrau findet auf einer Toilette am Wiener Flughafen
eine dort versteckte Schusswaffe.
Die Polizei nimmt den Mann fest, der sie aus dem Versteck holen will.
Es ist Oberleutnant Franco A.
Und die Ermittler staunen weiter.
Fingerabdrücke von Franco A. stimmen mit denen
eines syrischen Flüchtlings überein.
A. hatte sich als Flüchtling bei den Behörden ausgegeben
und Schutzstatus erhalten.
Der Angeklagte sagte gestern dem ZDF,
er habe damit auf Missstände im Asylsystem aufmerksam machen wollen.
2015 ist mein Misstrauen in politische Entscheidungen
und Behördenhandeln so groß geworden,
dass das zu einer Konfliktsituation geführt hat
mit dem Eid, den ich schwur.
Deshalb habe ich das Asylverfahren durchlaufen
und die Beobachtungen und Erkenntnisse
daraus dokumentarisch festgehalten.
Die Bundesanwaltschaft ist hingegen überzeugt:
Franco A. wollte einen Terroranschlag
unter seiner falschen Flüchtlingsidentität begehen.
Mutmaßliches Ziel: Die Stimmung gegen Muslime anzuheizen
und so einen Stopp der Migration zu erreichen.
Er soll einen Anschlag vorbereitet haben,
möglicherweise auf den damaligen Justizminister Heiko Maas
oder die damalige Vizebundestags- präsidentin Claudia Roth
oder eine Menschenrechtsaktivistin.
Dass Franco A. rechtsextremistischem Gedankengut anhing,
war bereits 2013 aufgefallen, als er eine Masterarbeit
mit rassistischen und antisemitischen Thesen verfasste.
Für ihn hatte das keine Konsequenzen.
Als dieses Versäumnis 2017 bekannt wurde,
sprach die damalige Verteidigungs- ministerin von der Leyen
von einem Haltungsproblem bei der Bundeswehr und gelobte Reformen.
In den letzten Jahren hat sich indes die Zahl der Verdachtsfälle
Rechtsextremismus bei der Bundeswehr gesteigert, 477 waren es 2020.
Der Professor für Militärgeschichte Sönke Neitzel
sieht hierin aber kein spezifischen Bundeswehr-,
sondern das allgemeine gesellschaftliche
Problem des Rechtsextremismus.
Wir hatten die Flüchtlingskrise 2015, wir haben die AfD im Bundestag
Wir haben Diskussionen rechtsextremer Natur,
all das geht auch an Bundeswehr nicht spurlos vorbei.
Immer wieder gibt es Berichte über Diebstahl von Munition,
etwa bei der Eliteeinheit KSK.
Über rechtsextremistische Chatgruppen von Bundeswehrsoldaten
oder Vorbereitungen für einen Tag X.
Doch die Planung eines Terroranschlags durch einen Soldaten
wäre ein Novum in der Geschichte der Bundeswehr.
Ob Franco A. tatsächlich zu einem Anschlag fest entschlossen war
muss nun das Oberlandesgericht Frankfurt klären.
Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.
Und jetzt nochmal Heinz Wolf, mit dem Blick auf die Finanzmärkte.
In der aktuellen Frage, wie sich die Inflation entwickelt,
gilt ein Interesse den Erzeuger- preisen gewerblicher Produkte,
und die sind im April deutlich gestiegen,
gab das Statistische Bundesamt bekannt.
Valerie Haller, wie ist die Einschätzung?
Kurzer Preisauftrieb oder längerfristige Inflationstendenz?
Viele Notenbanker glauben,
dass die höheren Preise nur vorübergehend sind.
Ein entscheidender Faktor ist, ob die Löhne anziehen.
Und noch tun sie das nicht.
Die hohen Erzeugerpreise haben viel mit Corona zu tun.
Erst haben Unternehmen ihre Kapazitäten heruntergefahren.
Und jetzt, mit der Erholung, kommt der Nachfrageboom.
Teile fehlen und die Transportkosten sind hoch,
weil Container Mangelware sind.
Und einzelne Rohstoffe sind teuer:
Industriemetalle, wie Eisen-, Stahl- und Aluminiumschrott.
Aber auch gesägtes und gehobeltes Holz sowie Metall.
Dass die Preise in den kommenden Monaten steigen, ist fast ausgemacht.
Längerfristig ist die Sache unsicher.
Das macht Anleger nervös: Was tun?
Gold gilt als klassischer Schutz vor Inflation.
Entsprechend in Mode ist das Edelmetall.
Wagemutige setzen neuerdings auf Kryptowährungen wie Bitcoin.
Allerdings sind die Schwankungen schwindelerregend.
Nichts für Anleger mit schwachen Nerven.
Auch Aktien sind Sachwerte und bieten einen gewissen Inflationsschutz.
Der DAX legt heute kräftig zu und ist damit fast auf Rekordniveau.
Noch herrscht die Meinung vor:
Solange wir eine gut laufende Konjunktur haben,
ist kein Absturz an den Aktienmärkten zu erwarten.
Wer Zeit hat, kann längere Abwärtsphasen auch einfach aussitzen.
Darum sagen viele, an Aktien führt kein Weg vorbei,
Inflation hin oder her.
Nach der erfolgreichen Landung auf dem Mars am Samstag,
hat der chinesische Rover "Zhurong" die ersten Fotos
zur Erde geschickt.
Sie zeigen das Forschungsfahrzeug in einer Tiefebene
auf der Nordhalbkugel des Roten Planeten.
Alle Systeme arbeiteten normal, berichten chinesische Medien.
Nun soll das Fahrzeug mindestens drei Monate lang
die Umgebung erkunden und Daten über die geologische Struktur
und das Klima sammeln.
Bislang haben es nur die USA geschafft,
einen Rover auf dem Mars zum Einsatz zu bringen.
Naturgewalt in schwarz-weiß.
Der Amazonas, ein Fotodokument und zugleich ein Kunstwerk,
mit all den Linien, Licht und Schatten,
und dieser unfassbaren Wolkenwucht, die in schwarz-weiß
nochmal viel stärker wirkt.
Ein Bild, bei dem Kenner sofort wissen, wer es gemacht hat,
weil die Handschrift so eindeutig ist: Sebastiao Salgado.
Der Brasilianer hat jetzt quasi sein Vermächtnis veröffentlicht.
"Amazonia", so der Titel seines neuesten Werks,
ist ganz seiner Heimat gewidmet, die er immer wieder bereiste,
als Beobachter und Mahner.
Peter Theisen hat ihn getroffen.
Es sind Gesichter und Landschaften, die sich einbrennen: der Amazonas,
urgewaltig, geheimnisvoll, Schatzkammer des Planeten Erde.
Sebastiao Salgado hat versucht, ihn zu erforschen,
immer wieder lebte er monatelang in den Siedlungen der indigenen Völker,
hat sich spürbar berühren lassen von ihrem Leben.
Sie haben mir ein Zuhause gegeben in ihren Dörfern.
Ich bin auf Jagd gegangen mit ihnen.
Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt.
In "Amazonia" zeigt Salgado, dass er nicht nur ein großer Fotograf ist,
sondern auch ein Menschenfreund, nur so konnten diese Fotos entstehen.
Als ich das erste Mal am Amazonas arbeitete, dachte ich,
dass das sehr schwierig wird: Sprachen, die ich nicht verstehe,
ein vollkommen anderes Gesellschaftssystem.
Aber was dann sehr interessant war:
Innerhalb von weniger als zwei oder drei Stunden
fühlte ich mich eingebunden in die Gemeinschaft der Menschen,
in die Gemeinschaft des Homo sapiens.
Die Annäherung an den riesigen Urwald und seine Menschen
schon mehr als eine Lebensaufgabe,
die unendlich viel Geduld und Hingabe erfordert.
Wie in einem Dorf der Yanomami, fernab der Zivilisation,
in dem Salgado wochenlang das Lager der Menschen teilte,
ihre Freuden und Sorgen miterlebte.
Der Häuptling des Dorfes,
beunruhigt über die heranrückende Gefahr der sogenannten Zivilisation:
nun verewigt im Buch.
Die Indigenen leben in großer Nähe zur Natur.
Wir Stadtmenschen haben uns davon entfernt.
Wir sind mittlerweile so etwas wie Aliens auf der Erde.
Es ist wichtig, zu den indigenen Völkern zurückzukehren,
so erinnern sie uns auch daran,
dass wir nur eine Spezies von Milliarden auf der Erde sind.
Die Zerstörung des Amazonas:
Das gnadenlose Abholzen treibt Salgado um.
Er hat daher eine Stiftung gegründet,
die bereits 2,5 Mio. Bäume
auf der entwaldeten Farm seiner Eltern gepflanzt hat.
Ein Wunder, wie die Natur sich wieder erholen kann.
Daher soll auch sein vielleicht letztes großes Werk Mahnung sein,
den Amazonas-Regenwald für die kommenden Generationen zu erhalten.
Heute ist die brasilianische Regierung dabei,
den Amazonas massiv zu zerstören.
Deshalb ist es mir so wichtig,
mit diesem Buch Wissen über den Amazonas zu verbreiten.
Das ist unsere einzige Chance, um das Ökosystem noch zu retten:
Die ganze Welt muss Druck auf Brasilien ausüben.
"Amazonia" – das Vermächtnis
des großen, engagierten Fotografen Sebastiao Salgado.
Dazu passt die Gesprächsrunde gleich bei Maybrit Illner,
mit dem Titel: "Alle wollen Klimaschutz, keiner will's bezahlen."
Zu Gast sind u.a. Robert Habeck und Peter Altmaier.
Um 0.30 Uhr gibt es dann unser "heute journal up:date"
mit Nazan Gökdemir.
Und wir melden uns morgen wieder, auf Wiedersehen.
Das Sturmtief "Marco" hat inzwischen Großbritannien erreicht.
Und sein Zentrum wird in den nächsten 24 Stunden langsam weiterziehen
Richtung Nordsee.
Die kräftigsten Windböen gibt es dann eindeutig über dem Ärmelkanal.
Das Tief bringt nicht nur Wind mit, sondern auch Regen.
Zum einen im Nordwesten, aber auch über den Alpen
bis hinunter Richtung Pyrenäen.
Das macht sich schon heute Nacht bemerkbar.
Da setzt nämlich im Südwesten Regen ein und in Norddeutschland
sind einige Schauer oder sogar schon Gewitter unterwegs,
bei einem böigen Wind aus südlichen Richtungen.
Deswegen wird die Nacht auch recht mild sein.
Das Wetter ist weiterhin sehr wechselhaft.
Besonders in der Nordhälfte gibt es kräftige Schauer und Gewitter
bei einem stürmischen Wind aus südwestlichen Richtungen.
Anders sieht es Richtung Alpenrand und Schwarzwald aus,
da regnet es zum Teil sehr ergiebig.
Dazwischen zeigt sich auch mal die Sonne, wie hier am Bayerischen Wald,
aber auch entlang von Mosel und Main
und auch in der Uckermark und im Spreewald.
In den nächsten Tagen geht es wechselhaft weiter
und das Highlight der nächsten drei Tage sind wohl
die 21 Grad am Pfingstmontag
und das etwas freundlichere Wetter im Südosten.