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2020-7 Imported from YouTube, Abzocke auf dem Wohnungsmarkt - Die Machenschaften von Dolphin Capital | defacto

Abzocke auf dem Wohnungsmarkt - Die Machenschaften von Dolphin Capital | defacto

Alles dabei? Dann los.

Die Nachricht, die ich überbringen will,

wird hoffentlich vieles ändern, Mut machen zum Durchhalten.

Ich bin verabredet mit Geschädigten eines Immobilienskandals.

Vielleicht ist es einer der größten Betrugsfälle mit Immobilien

in Deutschland.

Seit eineinhalb Jahren berichte ich

über die dramatischen Folgen für die Betroffenen.

Hier in Hanau verfällt die Siedlung am Kinzigheimer Weg,

die meisten der 13 Häuser stehen leer.

UNTERTITEL: Hessischer Rundfunk

Der Zustand der Siedlung schockiert mich.

Vergangenes Jahr war schon viel kaputt.

Aber so schlimm wie dieses Jahr sah ich den Verfall noch nie.

Ich bin auf dem Weg zu Claudia und Michael Zirkel,

zwei von einem Dutzend Mieter, die noch hier leben.

Ihnen will ich gute Neuigkeiten bringen.

Es sieht ja wild aus. - Es sieht absolut wild aus.

Es gibt ja eigentlich jemand, der dafür zuständig wär, ein Eigentümer.

Ja, aber dieses Jahr hat der sich um gar nix mehr gekümmert.

Sehen Sie ja, ist alles hochgewachsen. Der macht gar nix.

Noch bevor ich über den Grund meines Besuchs berichten kann,

nehmen mich Zirkels mit.

Ich soll mir die neusten Schäden anschauen.

Durch den Verfall ist der Alltag in der Siedlung

mittlerweile lebensgefährlich.

Gerade erst stürzte ein Balkon ab.

Der ist abgefault. Irgendwann ist der von alleine runtergefallen.

Wann war das? - So vor drei Wochen.

Man sieht auch von unten, dass die Bretter total morsch sind,

durch die Feuchtigkeit, und weil niemand was macht.

Und dann vor zwei Wochen ist da der Baum umgefallen.

Einer der alten Bäume krachte auf den Weg

und zertrümmerte das Wäscheleinengerüst.

Zum Glück waren die Nachbarn gerade alle im Haus.

Drüben die habens gehört. Ich war noch nicht zu Hause.

Die haben gesagt, es hat einen Mordsschlag getan.

Weil der wohl innen schon über Jahre total morsch war.

Die Siedlung steht unter Denkmalschutz,

weil sie besonders schützenswert ist.

Trotzdem verfallen die Häuser.

Der Eigentümer tut nichts für den Erhalt.

Zirkels bitten mich in ihre Wohnung.

Sogar drinnen besteht mittlerweile Gefahr für Leib und Leben

durch ein defektes Gasgerät.

Der Durchlauferhitzer zündet zu spät.

Unverbrannt strömt das Gas aus.

Riecht kräftig nach Gas.

Wenns dann ganz extrem ist, es viel länger dauert bis er anspringt,

und man richtig diese Druckwelle spürt.

Also in der ganzen Wohnung so "wupp".

Zirkels sorgen sich.

Die Stichflamme könnte schlimme Verbrennungen verursachen.

Der Schornsteinfeger war da und hat auch gesagt,es müsste jemand gucken.

Doch seit 8 Monaten passiert nichts.

Claudia Zirkel ruft die Hausverwaltung an.

Sie will, dass endlich ein Monteur kommt.

Ob sie heute Erfolg hat?

* Freizeichen *

Soweit irgendwie möglich,

machen die Mieter selbst die nötigsten Arbeiten.

Michael Zirkel darf mit einer Entzündung in der Schulter

nicht schwer arbeiten.

Den Weg zu seiner Wohnung mäht er trotzdem regelmäßig.

Die Hausverwaltung kümmert sich nicht.

Das muss gemacht werden. Sonst komm ich hier nicht mehr durch.

Nach drei, vier Wochen muss ich dann außenrum laufen.

Früher war die Siedlung tipptopp in Schuss.

Damals gehörte sie der städtischen Baugesellschaft.

Weil diese kein Geld zur Sanierung hatte, verkaufte die Stadt 2009.

Mehrere Investoren kamen und gingen, saniert hat keiner.

2014 kaufte Dolphin Capital die Häuser,

angeblich ein Spezialist für die Entwicklung von Denkmal-Immobilien.

Doch Dolphin lässt hier alles kaputt gehen.

* Freizeichen *

Hallo, hier ist die Mobilbox von Gina * Piep *.

Bitte sprechen Sie Ihre Nachricht nach dem Ton. * Piepen *

Hallo, Frau * Piep * , hier ist von der Burg-Zirkel

Ich hatte Sie noch mal angeschrieben wegen dem Durchlauferhitzer,

weil der immer noch nicht richtig funktioniert.

Bitte rufen Sie mich mal zurück. Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Tschüs.

Ich frage mich, wie die beiden das so lange ertragen.

Sicher, die Miete hier ist unschlagbar günstig.

Aber vor allem hängt ihr Herz an der Siedlung, sagen sie.

Beide sind hier aufgewachsen.

Wir schauen das Video von meinem ersten Bericht über die Siedlung.

Vor eineinhalb Jahren erklären sie mir,

warum sie noch nicht weggezogen sind.

Es macht extrem traurig, manchmal sehr wütend,

weil man halt auch nix machen kann.

Man kann sich dagegen ja nicht wehren.

Was hab ich als kleiner Mieter für 'ne Möglichkeit,

daran was zu ändern?

Man möchte gern hier wohnen. Man weiß wie schön es war.

Wenn man überlegt, wie viel Kinder wir früher hier waren.

Und was wir hier gespielt haben.

Der Spielplatz hier unten, da haben wir viel Fußball gespielt.

Mittlerweile ist der Verfall noch viel schlimmer als vergangenes Jahr.

Wie lange können sie noch durchhalten?

Wir helfen uns selbst, so lange wies geht.

Ich verdräng das gerne, dass es irgendwann so weit kommen könnte.

Ich guck immer mal nach Wohnungen.

Aber ich will nicht wirklich weg.

Was ist das für ein Eigentümer,

der eine denkmalgeschützte Siedlung verfallen lässt?

Als ich die Hintergründe recherchiere, wird immer deutlicher:

Der angebliche Sanierer Dolphin macht faule Geschäfte.

Statt zu sanieren, versuchte Dolphin,

die Siedlung weiterzuverkaufen mit sattem Gewinn:

2014 kaufte Dolphin die Siedlung für 6,1 Mio Euro.

2017 wollte Dolphin sie verkaufen für 9,9 Mio Euro.

Das Schicksal der denkmalgeschützten Häuser empört viele in Hanau.

Was Dolphin hier wahrgenommen hat, beziehungsweise hat liegen lassen,

ist pure Spekulation.

Das hat mit dem, was im Grundgesetz steht,

Eigentum verpflichtet in einem sozialen Rechtsstaat,

nicht das Geringste zu tun.

Und wie man sich gegenüber Mieterinnen und Mietern dort

verhalten hat und verhält, ist aus meiner Sicht schlicht asozial.

2017 beschließt die Stadt Hanau deshalb,

die Siedlung wieder zurückzukaufen, um sie selbst zu sanieren.

Die Stadt macht ihr Vorkaufsrecht geltend.

Aber Dolphin klagt dagegen, will nicht an die Stadt verkaufen.

Seitdem wartet der Hanauer Oberbürgermeister

auf ein Urteil vom Landgericht Darmstadt.

Denn bei Gericht herrscht Personalmangel.

Seit drei Jahren wartet die Stadt auf einen Verhandlungstermin.

Hätten Sie sich vorstellen können, dass es so schwierig ist,

ein Urteil mal in der Sache gesprochen zu bekommen?

Dieses Warten auf einen Gerichtstermin ist schwer erträglich

Das ist es für mich, für die städtischen Körperschaften,

aber noch viel mehr für die Mieterinnen und Mieter.

Ich habe zwischenzeitlich auch die Justizministerin angeschrieben.

Ich hab darauf hingewiesen, dass ich das

für einen unerträglichen Stillstand von Rechtspflege ansehe.

Ich hab ein eher lapidares Schreiben zurückbekommen,

wo man dann auf die Personalprobleme hingewiesen hat.

Wo man auch drauf hingewiesen hat, dass man sich bemüht,

auch wieder Personal aufzubauen.

Das mag alles so sein.

Aber konkret hat es nicht geholfen,

wie der Zeitablauf von drei Jahren gezeigt hat.

So schlimm die Situation auch ist, gleich werde ich herausfinden:

Es geht um viel mehr als um den Verfall der einen Siedlung in Hanau.

Aber wie kam es überhaupt so weit?

Warum wurden ehemalige Sozialwohnungen

zur Manövriermasse von Spekulanten?

In Frankfurt treffe ich den Humangeographen Sebastian Schipper.

Er forscht zum Niedergang des sozialen Wohnungsbaus.

Am Beispiel des Stadtteils Gallus erklärt er mir,

warum Hanau kein Einzelfall ist.

Er zeigt mir Wohnblocks, alles einst Sozialwohnungen,

Heute gehören sie dem Vonovia-Konzern.

Das kann man hier ganz "schön" in zeigen,

was in der deutschen Wohnungspolitik

in den letzten Jahrzehnten alles schiefgegangen ist.

Hier diese Gebäudekomplexe in der Knorrstraße

mit ungefähr 100 Wohneinheiten,

das waren alles mal sozial geförderte Wohnungen.

Der Staat hat den Bau dieser Wohnungen über Jahrzehnte gefördert.

Die Bindungen sind irgendwann ausgelaufen.

Das heißt, die Preis- und Belegungsbindung

existiert für diese Wohnungen nicht mehr.

Die Sozialbindung für die Wohnungen läuft aus, meist nach 20 Jahren.

Das war schon immer so in Westdeutschland.

Aber bis 1989 galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.

Das schützte gemeinnützige Wohnbaugesellschaften,

die bei der Miete nur die anfallenden Kosten

in Rechnung stellen durften.

Niemand konnte mit Wohnungen

für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen Profit machen.

Es war schlicht verboten.

Früher waren ganze Straßenzüge auf diese Art geschützt.

Heute beherrschen gewinnorientierte Unternehmen den Wohnungsmarkt.

Es gibt zig Beispiele

für den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus.

Scheinbar ist das ein Naturgesetz, dass es so kommen musste.

Oder hat die Politik da eine maßgebliche Rolle gespielt?

Da hat die Politik die wesentliche Rolle

wegen der auslaufenden Bindungen.

Und ab den 90er-Jahren, Anfang der Nullerjahre,

besonders durch den massiven Ausverkauf ehemals öffentlicher

und zum Großteil sozial geförderter Wohnungen

an die privatwirtschaftliche Wohnungswirtschaft.

Das haben Städte und Länder gemacht.

Öffentliche Unternehmen und die Bundesregierung

haben in großem Stil öffentliche Wohnungen privatisiert.

Wohin das Gewinnstreben der privaten Käufer führen kann,

zeigt das Beispiel der denkmal- geschützten Siedlung in Hanau.

Die verfällt, weil der Investor Dolphin Capital nicht saniert.

Die täglichen Probleme der verbliebenen Mieter

mit dem Verfall sind das eine.

Aber auch der Leerstand an sich ist ein Skandal.

Seit 10 Jahren rotten die ehemaligen Sozialwohnungen vor sich hin,

während der Mangel an bezahlbarem Wohnraum immer schlimmer wird.

Letztens hat jemand geklingelt, ein Vater mit Sohn.

Die haben gesagt, sie suchen Wohnungen.

Hier würde so viel leer stehen.

Ob ich bei der Hausverwaltung nachfragen könnte.

Ich sagte: "Im Moment wird hier nix vermietet."

"Sie können hier nicht einziehen."

"Was leer steht, ist verschimmelt und kaputt."

Der wollte es nicht glauben. Er würde auch was machen, sagte er.

Er würde auch Hausmeister machen. Ich konnte ihm nicht helfen.

Ich hab ihm die Nummer der Hausverwaltung gegeben, hab gesagt:

"Ich glaube nicht, dass Sie da Erfolg haben."

Ich will mehr erfahren über den Eigentümer Dolphin.

Er behauptet, er verdiene Geld mit Denkmalsanierung.

Aber seine Häuser verfallen. Woher kommt sein Gewinn?

Bei den Recherchen stoße ich auf weitere Immobilien in Bayern.

Darum unterstützt mich meine Kollegin Anna Klühspies

vom Bayerischen Rundfunk.

Wir stellen fest, Dolphin kauft in ganz Deutschland

Denkmäler und lässt sie verkommen.

Je mehr wir recherchieren, desto dubioser wird es.

Noch ahnen wir nicht,

dass wir auf mutmaßlichen Anlagebetrug gestoßen sind.

Wir sehen nur lauter verfallende Denkmäler.

In der Bamberger Altstadt: Einsturzgefahr.

Die historische Stockau-Mühle in Reichertshofen:

Dem Verfall preisgegeben.

zwei von wohl um die 100 maroden Dolphin-Immobilien.

Die betroffenen Kommunen sind machtlos.

Doch es ist noch viel schlimmer. Wir finden heraus:

Es gibt noch ganz andere Geschädigte.

Im Ausland investieren Anleger bei Dolphin ihr Erspartes.

Die Immobilien in Deutschland sind scheinbar eine Art Lockvogel,

um ahnungslosen Opfern in Übersee Geld aus der Tasche zu ziehen.

Anna trifft eine BBC-Kollegin.

Sie fand heraus, dass in England und Asien viele Kleinanleger

ihre Pensionen bei Dolphin anlegen

und dass Dolphin diese oft nicht pünktlich zurückzahlt.

Eine Anlegerin schildert uns die Angst um ihre Altersvorsorge.

Ich muss jetzt warten, was mit meinem Geld passiert.

Wenn ich wenigstens zurückbekommen könnte, was ich eingezahlt habe,

das wäre zumindest etwas.

16.000 waren es? - Es waren 16.000, ja.

Es hieß, ich bekomme 30.000 zurück,

dazu noch Zinsen für die Verzögerung.

Aber ich habe keine Hoffnung mehr, irgendwas davon zu sehen.

Die Mieter in der Hanauer Siedlung erinnern sich noch heute

an den Schock, als unsere Recherche vor einem Jahr im Fernsehen läuft.

Sie haben ihrem Vermieter ja einiges zugetraut, aber das nicht.

Man war erst mal baff, als man das gesehen hat.

Ich sagte: "Es ist unvorstellbar was das für Kreise zieht."

Und dass da Leute sind, die praktisch Dolphin ein Darlehen geben

und denken, dass sie das mit so horrenden Zinsen zurückbekommen.

Wie viel Leute müssen da investieren,

dass die so viel Geld zahlen können wie hier über sechs Millionen,

um das zu kaufen?

Wie viel Menschen investieren da?

Wie viel Menschen glauben, dass die mit Zinsen ihr Geld wiederkriegen?

Das ist 'ne Betrugsmasche,

das kann man als Normalsterblicher gar nicht erfassen.

Wo ich das gehört hab, dachte ich:

Wenn die solche Betrüger sind, werden die hier nix mehr machen.

Die wollen nur Geld scheffeln.

Und die Leute können machen, was sie wollen.

Im Mai 2019 bestätigt uns Dolphin:

20 Prozent der Anleger erhalten die fälligen Raten

nicht pünktlich zurück.

Immer mehr Indizien für krumme Geschäfte.

Wie groß ist das Risiko für Dolphin-Anleger?

Wir fragen den Kapitalmarktexperten Peter Mattil.

Diese Anleger sind nicht Gesellschafter

zum Beispiel dieser Dolphin Achtzigsten.

Sondern er gibt ein Geld dorthin,

das sie ja in irgendeiner Form zurückbekommen soll.

Aber er ist nicht beteiligt an diesem Unternehmen.

Das ist natürlich eine hochspekulative Anlage

mit dem Risiko des Totalverlustes.

Vieles deutet auf ein Schneeballsystem hin.

Wie lange wird das so weitergehen?

Offenbar findet Dolphin immer wieder Anleger, die glauben,

auf dem deutschen Immobilienmarkt seien märchenhafte Gewinne möglich.

Durchaus verständlich, sagt mir der Wissenschaftler Sebastian Schipper.

Denn in Deutschland erlauben die Gesetze Investoren

tatsächlich Riesengewinne mit ehemaligen Sozialwohnungen.

In seinem Forschungsprojekt sieht man die Folgen.

Seit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit

geht es auch hier fast nur noch um Profit.

Wir haben die Eigentumsverhältnisse verglichen, 1970er-Jahre und heute.

Was man in den 70er-Jahren sehen kann, alles rot hervorgehoben,

das ist die damalige gemeinnützige Wohnungswirtschaft.

Damals waren 60 Prozent aller Wohnungen im Gallus preisgebunden

und reserviert für mittlere und untere Einkommensgruppen.

Auf der neuen Karte von 2016 gibt es fast kein Rot mehr.

Heute bewirtschaften gewinnorientierte Unternehmen

all die Wohnungen.

Von den alten Sozialbaublocks sind es nur wenige Meter

in das neue, luxuriöse Europaviertel.

Das sei typisch für Wohnungsbau heute, sagt Schipper.

Hochpreisige Neubauten in der Regie privater Investoren.

Ob Ausverkauf der ehemaligen Sozialbausiedlungen

oder Neubau von Luxus-Wohnungen, die Politik sah jahrelang nur zu.

Mittlerweile würde die Stadt Frankfurt gerne umsteuern,

hören wir bereits 2019.

Unsere Herausforderung ist, das,

was in den letzten 20 Jahren versäumt wurde,

innerhalb kürzester Zeit nachzuholen.

Da ist kaum zu machen, weil die Planungsprozesse

einfach so lange andauern.

Sebastian Schipper bestätigt, die Stadt Frankfurt versuche,

Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

Aber die Bautätigkeit ist in Händen privater Investoren.

Sie entscheiden, wo Sozialwohnungen entstehen.

Die Stadt will nicht nur

vom guten Willen der Kapitalgesellschaften abhängig sein.

Deswegen legt sie beim Neubau Quoten für Sozialwohnungen fest.

Und sie kauft Belegungsrechte bei Vermietern,

um mehr Wohnungssuchende zu versorgen.

Reichen diese Instrumente, um die Situation zu ändern?

Es gibt ein Umdenken bei kommunalen Entscheidungsträgern,

Entscheidungsträgerinnen.

Aber wenn man sich die nackten Zahlen anschaut,

reicht das noch lange nicht.

Wir haben immer noch die Situation dass mehr Sozialwohnungen

aus der Bindung fallen jedes Jahr, als neu gebaut werden.

Dass es auch ganz anders geht, zeigt sich in Wien.

Seit 100 Jahren ist die Stadt das Paradebeispiel

für öffentlichen Sozialwohnungsbau.

In Wien leben Heinz und Elfriede Danzinger seit knapp 50 Jahren

in derselben Wohnung.

Im Gemeindebau,

wie die Sozialwohnungen der Stadt Wien heißen.

Der große Vorteil ist, es gibt keine keine Kettenverträge.

Es wird niemand rausgebissen, es gibt keine Spekulation.

Ich möcht nirgends anders wohnen.

Die beiden können sorgenfrei von ihrer Rente leben.

Denn für die 77-Quadratmeter-Wohnung

zahlen sie gerade mal 384 Euro Miete.

Klar, gibt es auch Probleme, erzählen sie.

Doch davon kann man andernorts nur träumen.

Die halbe Siedlung ist in Aufruhr,

wenn das Gras nicht ordentlich geschnitten wird und hoch wächst.

Die Sorgen haben die Mieter hier.

Und da wird dann heftigst mit Wiener Wohnen telefoniert.

Aber ansonsten, dass jemand rausfliegt aus der Wohnung ...

So lange er Miete zahlt, bleibt er drinnen.

Knapp zwei Drittel aller Wienerinnen und Wiener

leben in städtisch gefördertem Wohnbau.

Warum hat Wien seine Häuser und Grundstücke nicht verkauft

wie Frankfurt und viele andere Städte in Deutschland?

Stadträtin Kathrin Gaal ist für die Entwicklung

von altem und neuem Wohnraum zuständig.

In Wien, sagt sie, gilt Wohnen als Grundrecht und nicht als Ware.

Das Wiener Modell ist ganz sicher eines,

an dem man sich anlehnen kann, auch als deutsche Stadt.

Aber Wiener Wohnen ist nicht da, um Gewinne zu erwirtschaften.

Deshalb bin ich überzeugt, dass wir diese Art des Modells

auch in Zukunft halten können.

Sie machen keine Verluste? - Wir machen keine Verluste.

Wien zahlt also nicht drauf,

obwohl die städtischen Wohnungen sehr günstig sind.

Hier im Karl-Marx-Hof ist gerade eine Wohnung frei geworden

und wurde vor der Neuvermietung frisch renoviert.

Wiener Wohnen gewährt uns Einblick.

Diese 58 Quadratmeter gibt es beispielsweise für 337 Euro.

Zugang zum Gemeindebau haben übrigens alle EU-Bürger,

die schon zwei Jahre in Wien leben

und unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegen.

Es gibt bei uns keinen Bezirk und kein Viertel,

wo es keinen kommunalen Wohnbau gibt.

Das macht die soziale Durchmischung aus.

Somit erkennt man auch nicht an der Adresse eines Mieters,

welchen sozialen Status er hat und wie viel er verdient.

Die Nachfrage nach Wohnungen ist auch in Wien extrem hoch.

Doch statt das Feld nur privaten Investoren zu überlassen,

baut die Stadt lieber selbst.

Im neuen Stadtteil Seestadt-Aspern

sollen einmal 20.000 Menschen wohnen.

Auch Investoren sind in der Stadt willkommen.

Aber die nimmt die Wiener Bauordnung direkt an die Leine.

Wenn in Zukunft ein neues Projekt entsteht,

müssen 2/3 davon geförderte Wohnungen sein.

Da ist sicher, dass wir in Zukunft den Wienerinnen und Wienern

leistbare Wohnungen zur Verfügung stellen können.

Und so ist der neue Wiener Stadtteil Seestadt-Aspern

nicht nur eines der größten Bauvorhaben seit Jahrzehnten,

die Wohnungen sind auch unschlagbar günstig.

Selbst in diesem gehobeneren Sozialbau mit Dachterrassen-Pool

kostet der Quadratmeter gerade mal elf Euro Miete.

Spekulation unterbinden und neuen Wohnraum schaffen:

das ist das Modell Wien.

Ganz anders in Deutschland.

Hier erleichtern die Gesetze bis heute

Riesengewinne mit Immobiliengeschäften

und seien sie noch so dubios.

Vor einem Jahr deckten wir auf:

Dolphin zahlt immer mehr Anlegern fällige Raten nicht zurück.

Dolphin ändert auch den Namen,

nennt sich plötzlich GPG, German Property Group.

Immer mehr Indizien sprechen für einen Anlagebetrug.

Aber die Anwälte von Dolphin schreiben uns,

das dürften wir keinesfalls behaupten.

Es gebe keine Liquiditätsprobleme.

Aber die Recherche ist korrekt.

Eineinhalb Jahre nach unserem ersten Bericht

beantragt Dolphin die Insolvenz.

Jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Hannover.

Ein möglicher Milliardenbetrug steht im Raum.

Mit dem Anwalt Peter Mattil

schaue ich mir noch mal seine Warnung aus dem Vorjahr an.

Er fühlt sich bestätigt.

Doch angesichts des Schadens für die Anleger kein Freudengrund.

Unsere Interviewpartner aus 2019 in England

bekamen ihr Geld noch zurück.

Aber heute erhält Mattil Anfragen von Geschädigten aus zig Ländern.

Alle müssen um ihr Geld bangen.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft, der Strafverfolgungsbehörden,

hätte man hier vor Jahren schon die Notbremse ziehen

und diese Aktivitäten beenden müssen.

Sie sehen ja, wie oft ein Ladendieb in Untersuchungshaft kommt

wegen 50 Euro.

Und hier hat man Leute eine Milliarde einsammeln lassen

und hat mehr oder weniger zugeschaut.

Unsere Recherche

hat die Machenschaften von Dolphin ans Licht gebracht.

Jetzt, ein Jahr später,

laufen strafrechtliche Ermittlungen gegen 3 Verantwortliche.

Die Aufarbeitung kommt in Gang.

Das ist die gute Nachricht, die ich nun den Mietern mitteilen kann.

Hoffentlich macht sie Claudia und Michael Zirkel neuen Mut.

(Reporter) Es gibt Neuigkeiten.

Das erste Mal, dass die Staatsanwaltschaft Hannover

wirklich ermittelt wegen Betrugsverdachts.

Das ist doch schon mal ein kleiner Lichtblick, oder?

Dass mal jemand richtig hinguckt bei denen!

Vielleicht lässt das ja ein bisschen hoffen, wenn da mal was passiert.

Kann man nur hoffen, dass es besser wird,

dass denen das Handwerk gelegt wird und es für uns gut ausgeht.

Denken Sie jetzt spontan,

das wird jetzt eher hilfreich oder kann es hilfreich sein?

Da ist ja jetzt viel in Bewegung.

Ich denke, es kann hilfreich sein, dass die Stadt irgendwie dazu kommt,

dass sie es zurückkaufen kann.

Ja, da hoff ich drauf, dass die Stadt Hanau das zurückkauft

und dass hier dieser Siedlung wieder eine Siedlung wird.

Claudia und Michael Zirkel haben neuen Mut gefasst.

Sie wollen auf jeden Fall durchhalten

bis zum Rückkauf und der Sanierung ihrer Siedlung

durch die Stadt Hanau.

Abzocke auf dem Wohnungsmarkt - Die Machenschaften von Dolphin Capital | defacto Rip-offs on the housing market - the machinations of Dolphin Capital | defacto Oplichting op de huizenmarkt - de machinaties van Dolphin Capital | defacto

Alles dabei? Dann los.

Die Nachricht, die ich überbringen will,

wird hoffentlich vieles ändern, Mut machen zum Durchhalten.

Ich bin verabredet mit Geschädigten eines Immobilienskandals.

Vielleicht ist es einer der größten Betrugsfälle mit Immobilien

in Deutschland.

Seit eineinhalb Jahren berichte ich

über die dramatischen Folgen für die Betroffenen.

Hier in Hanau verfällt die Siedlung am Kinzigheimer Weg,

die meisten der 13 Häuser stehen leer.

UNTERTITEL: Hessischer Rundfunk

Der Zustand der Siedlung schockiert mich.

Vergangenes Jahr war schon viel kaputt.

Aber so schlimm wie dieses Jahr sah ich den Verfall noch nie.

Ich bin auf dem Weg zu Claudia und Michael Zirkel,

zwei von einem Dutzend Mieter, die noch hier leben.

Ihnen will ich gute Neuigkeiten bringen.

Es sieht ja wild aus. - Es sieht absolut wild aus.

Es gibt ja eigentlich jemand, der dafür zuständig wär, ein Eigentümer.

Ja, aber dieses Jahr hat der sich um gar nix mehr gekümmert.

Sehen Sie ja, ist alles hochgewachsen. Der macht gar nix.

Noch bevor ich über den Grund meines Besuchs berichten kann,

nehmen mich Zirkels mit.

Ich soll mir die neusten Schäden anschauen.

Durch den Verfall ist der Alltag in der Siedlung

mittlerweile lebensgefährlich.

Gerade erst stürzte ein Balkon ab.

Der ist abgefault. Irgendwann ist der von alleine runtergefallen.

Wann war das? - So vor drei Wochen.

Man sieht auch von unten, dass die Bretter total morsch sind,

durch die Feuchtigkeit, und weil niemand was macht.

Und dann vor zwei Wochen ist da der Baum umgefallen.

Einer der alten Bäume krachte auf den Weg

und zertrümmerte das Wäscheleinengerüst.

Zum Glück waren die Nachbarn gerade alle im Haus.

Drüben die habens gehört. Ich war noch nicht zu Hause.

Die haben gesagt, es hat einen Mordsschlag getan.

Weil der wohl innen schon über Jahre total morsch war.

Die Siedlung steht unter Denkmalschutz,

weil sie besonders schützenswert ist.

Trotzdem verfallen die Häuser.

Der Eigentümer tut nichts für den Erhalt.

Zirkels bitten mich in ihre Wohnung.

Sogar drinnen besteht mittlerweile Gefahr für Leib und Leben

durch ein defektes Gasgerät.

Der Durchlauferhitzer zündet zu spät.

Unverbrannt strömt das Gas aus.

Riecht kräftig nach Gas.

Wenns dann ganz extrem ist, es viel länger dauert bis er anspringt,

und man richtig diese Druckwelle spürt.

Also in der ganzen Wohnung so "wupp".

Zirkels sorgen sich.

Die Stichflamme könnte schlimme Verbrennungen verursachen.

Der Schornsteinfeger war da und hat auch gesagt,es müsste jemand gucken.

Doch seit 8 Monaten passiert nichts.

Claudia Zirkel ruft die Hausverwaltung an.

Sie will, dass endlich ein Monteur kommt.

Ob sie heute Erfolg hat?

* Freizeichen *

Soweit irgendwie möglich,

machen die Mieter selbst die nötigsten Arbeiten.

Michael Zirkel darf mit einer Entzündung in der Schulter

nicht schwer arbeiten.

Den Weg zu seiner Wohnung mäht er trotzdem regelmäßig.

Die Hausverwaltung kümmert sich nicht.

Das muss gemacht werden. Sonst komm ich hier nicht mehr durch.

Nach drei, vier Wochen muss ich dann außenrum laufen.

Früher war die Siedlung tipptopp in Schuss.

Damals gehörte sie der städtischen Baugesellschaft.

Weil diese kein Geld zur Sanierung hatte, verkaufte die Stadt 2009.

Mehrere Investoren kamen und gingen, saniert hat keiner.

2014 kaufte Dolphin Capital die Häuser,

angeblich ein Spezialist für die Entwicklung von Denkmal-Immobilien.

Doch Dolphin lässt hier alles kaputt gehen.

* Freizeichen *

Hallo, hier ist die Mobilbox von Gina * Piep *.

Bitte sprechen Sie Ihre Nachricht nach dem Ton. * Piepen *

Hallo, Frau * Piep * , hier ist von der Burg-Zirkel

Ich hatte Sie noch mal angeschrieben wegen dem Durchlauferhitzer,

weil der immer noch nicht richtig funktioniert.

Bitte rufen Sie mich mal zurück. Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Tschüs.

Ich frage mich, wie die beiden das so lange ertragen.

Sicher, die Miete hier ist unschlagbar günstig.

Aber vor allem hängt ihr Herz an der Siedlung, sagen sie.

Beide sind hier aufgewachsen.

Wir schauen das Video von meinem ersten Bericht über die Siedlung.

Vor eineinhalb Jahren erklären sie mir,

warum sie noch nicht weggezogen sind.

Es macht extrem traurig, manchmal sehr wütend,

weil man halt auch nix machen kann.

Man kann sich dagegen ja nicht wehren.

Was hab ich als kleiner Mieter für 'ne Möglichkeit,

daran was zu ändern?

Man möchte gern hier wohnen. Man weiß wie schön es war.

Wenn man überlegt, wie viel Kinder wir früher hier waren.

Und was wir hier gespielt haben.

Der Spielplatz hier unten, da haben wir viel Fußball gespielt.

Mittlerweile ist der Verfall noch viel schlimmer als vergangenes Jahr.

Wie lange können sie noch durchhalten?

Wir helfen uns selbst, so lange wies geht.

Ich verdräng das gerne, dass es irgendwann so weit kommen könnte.

Ich guck immer mal nach Wohnungen.

Aber ich will nicht wirklich weg.

Was ist das für ein Eigentümer,

der eine denkmalgeschützte Siedlung verfallen lässt?

Als ich die Hintergründe recherchiere, wird immer deutlicher:

Der angebliche Sanierer Dolphin macht faule Geschäfte.

Statt zu sanieren, versuchte Dolphin,

die Siedlung weiterzuverkaufen mit sattem Gewinn:

2014 kaufte Dolphin die Siedlung für 6,1 Mio Euro.

2017 wollte Dolphin sie verkaufen für 9,9 Mio Euro.

Das Schicksal der denkmalgeschützten Häuser empört viele in Hanau.

Was Dolphin hier wahrgenommen hat, beziehungsweise hat liegen lassen,

ist pure Spekulation.

Das hat mit dem, was im Grundgesetz steht,

Eigentum verpflichtet in einem sozialen Rechtsstaat,

nicht das Geringste zu tun.

Und wie man sich gegenüber Mieterinnen und Mietern dort

verhalten hat und verhält, ist aus meiner Sicht schlicht asozial.

2017 beschließt die Stadt Hanau deshalb,

die Siedlung wieder zurückzukaufen, um sie selbst zu sanieren.

Die Stadt macht ihr Vorkaufsrecht geltend.

Aber Dolphin klagt dagegen, will nicht an die Stadt verkaufen.

Seitdem wartet der Hanauer Oberbürgermeister

auf ein Urteil vom Landgericht Darmstadt.

Denn bei Gericht herrscht Personalmangel.

Seit drei Jahren wartet die Stadt auf einen Verhandlungstermin.

Hätten Sie sich vorstellen können, dass es so schwierig ist,

ein Urteil mal in der Sache gesprochen zu bekommen?

Dieses Warten auf einen Gerichtstermin ist schwer erträglich

Das ist es für mich, für die städtischen Körperschaften,

aber noch viel mehr für die Mieterinnen und Mieter.

Ich habe zwischenzeitlich auch die Justizministerin angeschrieben.

Ich hab darauf hingewiesen, dass ich das

für einen unerträglichen Stillstand von Rechtspflege ansehe.

Ich hab ein eher lapidares Schreiben zurückbekommen,

wo man dann auf die Personalprobleme hingewiesen hat.

Wo man auch drauf hingewiesen hat, dass man sich bemüht,

auch wieder Personal aufzubauen.

Das mag alles so sein.

Aber konkret hat es nicht geholfen,

wie der Zeitablauf von drei Jahren gezeigt hat.

So schlimm die Situation auch ist, gleich werde ich herausfinden:

Es geht um viel mehr als um den Verfall der einen Siedlung in Hanau.

Aber wie kam es überhaupt so weit?

Warum wurden ehemalige Sozialwohnungen

zur Manövriermasse von Spekulanten?

In Frankfurt treffe ich den Humangeographen Sebastian Schipper.

Er forscht zum Niedergang des sozialen Wohnungsbaus.

Am Beispiel des Stadtteils Gallus erklärt er mir,

warum Hanau kein Einzelfall ist.

Er zeigt mir Wohnblocks, alles einst Sozialwohnungen,

Heute gehören sie dem Vonovia-Konzern.

Das kann man hier ganz "schön" in zeigen,

was in der deutschen Wohnungspolitik

in den letzten Jahrzehnten alles schiefgegangen ist.

Hier diese Gebäudekomplexe in der Knorrstraße

mit ungefähr 100 Wohneinheiten,

das waren alles mal sozial geförderte Wohnungen.

Der Staat hat den Bau dieser Wohnungen über Jahrzehnte gefördert.

Die Bindungen sind irgendwann ausgelaufen.

Das heißt, die Preis- und Belegungsbindung

existiert für diese Wohnungen nicht mehr.

Die Sozialbindung für die Wohnungen läuft aus, meist nach 20 Jahren.

Das war schon immer so in Westdeutschland.

Aber bis 1989 galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.

Das schützte gemeinnützige Wohnbaugesellschaften,

die bei der Miete nur die anfallenden Kosten

in Rechnung stellen durften.

Niemand konnte mit Wohnungen

für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen Profit machen.

Es war schlicht verboten.

Früher waren ganze Straßenzüge auf diese Art geschützt.

Heute beherrschen gewinnorientierte Unternehmen den Wohnungsmarkt.

Es gibt zig Beispiele

für den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus.

Scheinbar ist das ein Naturgesetz, dass es so kommen musste.

Oder hat die Politik da eine maßgebliche Rolle gespielt?

Da hat die Politik die wesentliche Rolle

wegen der auslaufenden Bindungen.

Und ab den 90er-Jahren, Anfang der Nullerjahre,

besonders durch den massiven Ausverkauf ehemals öffentlicher

und zum Großteil sozial geförderter Wohnungen

an die privatwirtschaftliche Wohnungswirtschaft.

Das haben Städte und Länder gemacht.

Öffentliche Unternehmen und die Bundesregierung

haben in großem Stil öffentliche Wohnungen privatisiert.

Wohin das Gewinnstreben der privaten Käufer führen kann,

zeigt das Beispiel der denkmal- geschützten Siedlung in Hanau.

Die verfällt, weil der Investor Dolphin Capital nicht saniert.

Die täglichen Probleme der verbliebenen Mieter

mit dem Verfall sind das eine.

Aber auch der Leerstand an sich ist ein Skandal.

Seit 10 Jahren rotten die ehemaligen Sozialwohnungen vor sich hin,

während der Mangel an bezahlbarem Wohnraum immer schlimmer wird.

Letztens hat jemand geklingelt, ein Vater mit Sohn.

Die haben gesagt, sie suchen Wohnungen.

Hier würde so viel leer stehen.

Ob ich bei der Hausverwaltung nachfragen könnte.

Ich sagte: "Im Moment wird hier nix vermietet."

"Sie können hier nicht einziehen."

"Was leer steht, ist verschimmelt und kaputt."

Der wollte es nicht glauben. Er würde auch was machen, sagte er.

Er würde auch Hausmeister machen. Ich konnte ihm nicht helfen.

Ich hab ihm die Nummer der Hausverwaltung gegeben, hab gesagt:

"Ich glaube nicht, dass Sie da Erfolg haben."

Ich will mehr erfahren über den Eigentümer Dolphin.

Er behauptet, er verdiene Geld mit Denkmalsanierung.

Aber seine Häuser verfallen. Woher kommt sein Gewinn?

Bei den Recherchen stoße ich auf weitere Immobilien in Bayern.

Darum unterstützt mich meine Kollegin Anna Klühspies

vom Bayerischen Rundfunk.

Wir stellen fest, Dolphin kauft in ganz Deutschland

Denkmäler und lässt sie verkommen.

Je mehr wir recherchieren, desto dubioser wird es.

Noch ahnen wir nicht,

dass wir auf mutmaßlichen Anlagebetrug gestoßen sind.

Wir sehen nur lauter verfallende Denkmäler.

In der Bamberger Altstadt: Einsturzgefahr.

Die historische Stockau-Mühle in Reichertshofen:

Dem Verfall preisgegeben.

zwei von wohl um die 100 maroden Dolphin-Immobilien.

Die betroffenen Kommunen sind machtlos.

Doch es ist noch viel schlimmer. Wir finden heraus:

Es gibt noch ganz andere Geschädigte.

Im Ausland investieren Anleger bei Dolphin ihr Erspartes.

Die Immobilien in Deutschland sind scheinbar eine Art Lockvogel,

um ahnungslosen Opfern in Übersee Geld aus der Tasche zu ziehen.

Anna trifft eine BBC-Kollegin.

Sie fand heraus, dass in England und Asien viele Kleinanleger

ihre Pensionen bei Dolphin anlegen

und dass Dolphin diese oft nicht pünktlich zurückzahlt.

Eine Anlegerin schildert uns die Angst um ihre Altersvorsorge.

Ich muss jetzt warten, was mit meinem Geld passiert.

Wenn ich wenigstens zurückbekommen könnte, was ich eingezahlt habe,

das wäre zumindest etwas.

16.000 waren es? - Es waren 16.000, ja.

Es hieß, ich bekomme 30.000 zurück,

dazu noch Zinsen für die Verzögerung.

Aber ich habe keine Hoffnung mehr, irgendwas davon zu sehen.

Die Mieter in der Hanauer Siedlung erinnern sich noch heute

an den Schock, als unsere Recherche vor einem Jahr im Fernsehen läuft.

Sie haben ihrem Vermieter ja einiges zugetraut, aber das nicht.

Man war erst mal baff, als man das gesehen hat.

Ich sagte: "Es ist unvorstellbar was das für Kreise zieht."

Und dass da Leute sind, die praktisch Dolphin ein Darlehen geben

und denken, dass sie das mit so horrenden Zinsen zurückbekommen.

Wie viel Leute müssen da investieren,

dass die so viel Geld zahlen können wie hier über sechs Millionen,

um das zu kaufen?

Wie viel Menschen investieren da?

Wie viel Menschen glauben, dass die mit Zinsen ihr Geld wiederkriegen?

Das ist 'ne Betrugsmasche,

das kann man als Normalsterblicher gar nicht erfassen.

Wo ich das gehört hab, dachte ich:

Wenn die solche Betrüger sind, werden die hier nix mehr machen.

Die wollen nur Geld scheffeln.

Und die Leute können machen, was sie wollen.

Im Mai 2019 bestätigt uns Dolphin:

20 Prozent der Anleger erhalten die fälligen Raten

nicht pünktlich zurück.

Immer mehr Indizien für krumme Geschäfte.

Wie groß ist das Risiko für Dolphin-Anleger?

Wir fragen den Kapitalmarktexperten Peter Mattil.

Diese Anleger sind nicht Gesellschafter

zum Beispiel dieser Dolphin Achtzigsten.

Sondern er gibt ein Geld dorthin,

das sie ja in irgendeiner Form zurückbekommen soll.

Aber er ist nicht beteiligt an diesem Unternehmen.

Das ist natürlich eine hochspekulative Anlage

mit dem Risiko des Totalverlustes.

Vieles deutet auf ein Schneeballsystem hin.

Wie lange wird das so weitergehen?

Offenbar findet Dolphin immer wieder Anleger, die glauben,

auf dem deutschen Immobilienmarkt seien märchenhafte Gewinne möglich.

Durchaus verständlich, sagt mir der Wissenschaftler Sebastian Schipper.

Denn in Deutschland erlauben die Gesetze Investoren

tatsächlich Riesengewinne mit ehemaligen Sozialwohnungen.

In seinem Forschungsprojekt sieht man die Folgen.

Seit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit

geht es auch hier fast nur noch um Profit.

Wir haben die Eigentumsverhältnisse verglichen, 1970er-Jahre und heute.

Was man in den 70er-Jahren sehen kann, alles rot hervorgehoben,

das ist die damalige gemeinnützige Wohnungswirtschaft.

Damals waren 60 Prozent aller Wohnungen im Gallus preisgebunden

und reserviert für mittlere und untere Einkommensgruppen.

Auf der neuen Karte von 2016 gibt es fast kein Rot mehr.

Heute bewirtschaften gewinnorientierte Unternehmen

all die Wohnungen.

Von den alten Sozialbaublocks sind es nur wenige Meter

in das neue, luxuriöse Europaviertel.

Das sei typisch für Wohnungsbau heute, sagt Schipper.

Hochpreisige Neubauten in der Regie privater Investoren.

Ob Ausverkauf der ehemaligen Sozialbausiedlungen

oder Neubau von Luxus-Wohnungen, die Politik sah jahrelang nur zu.

Mittlerweile würde die Stadt Frankfurt gerne umsteuern,

hören wir bereits 2019.

Unsere Herausforderung ist, das,

was in den letzten 20 Jahren versäumt wurde,

innerhalb kürzester Zeit nachzuholen.

Da ist kaum zu machen, weil die Planungsprozesse

einfach so lange andauern.

Sebastian Schipper bestätigt, die Stadt Frankfurt versuche,

Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

Aber die Bautätigkeit ist in Händen privater Investoren.

Sie entscheiden, wo Sozialwohnungen entstehen.

Die Stadt will nicht nur

vom guten Willen der Kapitalgesellschaften abhängig sein.

Deswegen legt sie beim Neubau Quoten für Sozialwohnungen fest.

Und sie kauft Belegungsrechte bei Vermietern,

um mehr Wohnungssuchende zu versorgen.

Reichen diese Instrumente, um die Situation zu ändern?

Es gibt ein Umdenken bei kommunalen Entscheidungsträgern,

Entscheidungsträgerinnen.

Aber wenn man sich die nackten Zahlen anschaut,

reicht das noch lange nicht.

Wir haben immer noch die Situation dass mehr Sozialwohnungen

aus der Bindung fallen jedes Jahr, als neu gebaut werden.

Dass es auch ganz anders geht, zeigt sich in Wien.

Seit 100 Jahren ist die Stadt das Paradebeispiel

für öffentlichen Sozialwohnungsbau.

In Wien leben Heinz und Elfriede Danzinger seit knapp 50 Jahren

in derselben Wohnung.

Im Gemeindebau,

wie die Sozialwohnungen der Stadt Wien heißen.

Der große Vorteil ist, es gibt keine keine Kettenverträge.

Es wird niemand rausgebissen, es gibt keine Spekulation.

Ich möcht nirgends anders wohnen.

Die beiden können sorgenfrei von ihrer Rente leben.

Denn für die 77-Quadratmeter-Wohnung

zahlen sie gerade mal 384 Euro Miete.

Klar, gibt es auch Probleme, erzählen sie.

Doch davon kann man andernorts nur träumen.

Die halbe Siedlung ist in Aufruhr,

wenn das Gras nicht ordentlich geschnitten wird und hoch wächst.

Die Sorgen haben die Mieter hier.

Und da wird dann heftigst mit Wiener Wohnen telefoniert.

Aber ansonsten, dass jemand rausfliegt aus der Wohnung ...

So lange er Miete zahlt, bleibt er drinnen.

Knapp zwei Drittel aller Wienerinnen und Wiener

leben in städtisch gefördertem Wohnbau.

Warum hat Wien seine Häuser und Grundstücke nicht verkauft

wie Frankfurt und viele andere Städte in Deutschland?

Stadträtin Kathrin Gaal ist für die Entwicklung

von altem und neuem Wohnraum zuständig.

In Wien, sagt sie, gilt Wohnen als Grundrecht und nicht als Ware.

Das Wiener Modell ist ganz sicher eines,

an dem man sich anlehnen kann, auch als deutsche Stadt.

Aber Wiener Wohnen ist nicht da, um Gewinne zu erwirtschaften.

Deshalb bin ich überzeugt, dass wir diese Art des Modells

auch in Zukunft halten können.

Sie machen keine Verluste? - Wir machen keine Verluste.

Wien zahlt also nicht drauf,

obwohl die städtischen Wohnungen sehr günstig sind.

Hier im Karl-Marx-Hof ist gerade eine Wohnung frei geworden

und wurde vor der Neuvermietung frisch renoviert.

Wiener Wohnen gewährt uns Einblick.

Diese 58 Quadratmeter gibt es beispielsweise für 337 Euro.

Zugang zum Gemeindebau haben übrigens alle EU-Bürger,

die schon zwei Jahre in Wien leben

und unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegen.

Es gibt bei uns keinen Bezirk und kein Viertel,

wo es keinen kommunalen Wohnbau gibt.

Das macht die soziale Durchmischung aus.

Somit erkennt man auch nicht an der Adresse eines Mieters,

welchen sozialen Status er hat und wie viel er verdient.

Die Nachfrage nach Wohnungen ist auch in Wien extrem hoch.

Doch statt das Feld nur privaten Investoren zu überlassen,

baut die Stadt lieber selbst.

Im neuen Stadtteil Seestadt-Aspern

sollen einmal 20.000 Menschen wohnen.

Auch Investoren sind in der Stadt willkommen.

Aber die nimmt die Wiener Bauordnung direkt an die Leine.

Wenn in Zukunft ein neues Projekt entsteht,

müssen 2/3 davon geförderte Wohnungen sein.

Da ist sicher, dass wir in Zukunft den Wienerinnen und Wienern

leistbare Wohnungen zur Verfügung stellen können.

Und so ist der neue Wiener Stadtteil Seestadt-Aspern

nicht nur eines der größten Bauvorhaben seit Jahrzehnten,

die Wohnungen sind auch unschlagbar günstig.

Selbst in diesem gehobeneren Sozialbau mit Dachterrassen-Pool

kostet der Quadratmeter gerade mal elf Euro Miete.

Spekulation unterbinden und neuen Wohnraum schaffen:

das ist das Modell Wien.

Ganz anders in Deutschland.

Hier erleichtern die Gesetze bis heute

Riesengewinne mit Immobiliengeschäften

und seien sie noch so dubios.

Vor einem Jahr deckten wir auf:

Dolphin zahlt immer mehr Anlegern fällige Raten nicht zurück.

Dolphin ändert auch den Namen,

nennt sich plötzlich GPG, German Property Group.

Immer mehr Indizien sprechen für einen Anlagebetrug.

Aber die Anwälte von Dolphin schreiben uns,

das dürften wir keinesfalls behaupten.

Es gebe keine Liquiditätsprobleme.

Aber die Recherche ist korrekt.

Eineinhalb Jahre nach unserem ersten Bericht

beantragt Dolphin die Insolvenz.

Jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Hannover.

Ein möglicher Milliardenbetrug steht im Raum.

Mit dem Anwalt Peter Mattil

schaue ich mir noch mal seine Warnung aus dem Vorjahr an.

Er fühlt sich bestätigt.

Doch angesichts des Schadens für die Anleger kein Freudengrund.

Unsere Interviewpartner aus 2019 in England

bekamen ihr Geld noch zurück.

Aber heute erhält Mattil Anfragen von Geschädigten aus zig Ländern.

Alle müssen um ihr Geld bangen.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft, der Strafverfolgungsbehörden,

hätte man hier vor Jahren schon die Notbremse ziehen

und diese Aktivitäten beenden müssen.

Sie sehen ja, wie oft ein Ladendieb in Untersuchungshaft kommt

wegen 50 Euro.

Und hier hat man Leute eine Milliarde einsammeln lassen

und hat mehr oder weniger zugeschaut.

Unsere Recherche

hat die Machenschaften von Dolphin ans Licht gebracht.

Jetzt, ein Jahr später,

laufen strafrechtliche Ermittlungen gegen 3 Verantwortliche.

Die Aufarbeitung kommt in Gang.

Das ist die gute Nachricht, die ich nun den Mietern mitteilen kann.

Hoffentlich macht sie Claudia und Michael Zirkel neuen Mut.

(Reporter) Es gibt Neuigkeiten.

Das erste Mal, dass die Staatsanwaltschaft Hannover

wirklich ermittelt wegen Betrugsverdachts.

Das ist doch schon mal ein kleiner Lichtblick, oder?

Dass mal jemand richtig hinguckt bei denen!

Vielleicht lässt das ja ein bisschen hoffen, wenn da mal was passiert.

Kann man nur hoffen, dass es besser wird,

dass denen das Handwerk gelegt wird und es für uns gut ausgeht.

Denken Sie jetzt spontan,

das wird jetzt eher hilfreich oder kann es hilfreich sein?

Da ist ja jetzt viel in Bewegung.

Ich denke, es kann hilfreich sein, dass die Stadt irgendwie dazu kommt,

dass sie es zurückkaufen kann.

Ja, da hoff ich drauf, dass die Stadt Hanau das zurückkauft

und dass hier dieser Siedlung wieder eine Siedlung wird.

Claudia und Michael Zirkel haben neuen Mut gefasst.

Sie wollen auf jeden Fall durchhalten

bis zum Rückkauf und der Sanierung ihrer Siedlung

durch die Stadt Hanau.