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2021 Tagesschau, tagesthemen 18.08.2021, 22:15 Uhr - Ausgeflogene aus Kabul erzählen die Geschichte ihrer Flucht, Trotz beteuerter Änderu

tagesthemen 18.08.2021, 22:15 Uhr - Ausgeflogene aus Kabul erzählen die Geschichte ihrer Flucht, Trotz beteuerter Änderu

Willkommen zu den tagesthemen.

Die Luftbrücke steht.

Nach Schwierigkeiten pendeln Bundeswehrtransporter

zwischen Kabul und dem usbekischen Taschkent.

Um viele aus dem Land zu bringen,

in dem die Taliban nun das Sagen haben.

Bislang, so die Bundeswehr, habe man rund 670 Menschen ausfliegen können.

Aber Tausende warten noch rund um den Flughafen Kabul.

Längst nicht alle kommen durch.

Von denen, die es schafften, sind die ersten angekommen.

Von Taschkent aus ging es mit der Lufthansa weiter.

Das Verkehrszentrum der Lufthansa heute Abend.

Ein Evakuierungsflieger ist in Taschkent, Usbekistan gelandet.

Herausfordernd für die Verkehrsplaner.

Wenig Platz für Flieger und Passagiere, Überflugrechte klären,

Kerosin organisieren.

Der Kollege telefoniert mit dem Kapitän

des zweiten Evakuierungsfluges.

Die Besatzungen sind Augen und Ohren vor Ort.

Es sieht so aus, als ob es schnell geht in Taschkent.

Es war vorgesehen, 19 Uhr deutscher Zeit abzufliegen.

Vor zwei Minuten die Prognose: Es wird zwei Stunden länger dauern.

Jetzt sieht es aus, dass es nach vorn gezogen wird,

daran sieht man die Dynamik.

Heute Morgen ist die erste Maschine aus Taschkent in Frankfurt gelandet.

Mit Menschen, die erzählen:

Von Panik, Afghanistan nicht mehr verlassen zu können.

Erzählen von Mails an die Botschaft, das Auswärtige Amt.

Schreiben. Telefonieren. Warten. Angst.

Dann haben wir die E-Mail gestern bekommen.

Wir waren erstaunt, dass wir überhaupt was bekommen.

Dann haben wir irgendwas mitgenommen.

Haben am Flughafen Gepäck verloren.

Haben gesagt: Hauptsache weg!

Wenn es den Kindern gut geht, ist egal, was da bleibt.

Familie Khuja aus Fulda war auf einer Beerdigung,

Vanessa Faizi auf einer Hochzeit.

Auch sie wartete auf die Mail, dass sie zum Flughafen kommen soll.

Aber dann Überall Checkpoints der Taliban.

Wir sind doch in Listen registriert.

Die so: "Kann ja jeder sagen, dass er aus Deutschland kommt."

Wir wollten unsere Pässe nicht zeigen, weil überall Taliban waren,

sie die zerreißen könnten.

Am Flughafen in Kabul angekommen: Chaos, Schmerzen, Schreie.

Die deutschen Pässe helfen dort nichts.

Wenn man sie hat oder nicht:

Vorne stehen die Amis und sagen, ist uns egal.

Der eine Amerikaner hatte Mitleid.

Und aus Mitleid hat er uns reingelassen.

Weil er gemerkt hat: Beide Kinder waren verängstigt.

Die haben geweint, weil es Warnschüsse gab.

Jetzt sind sie angekommen.

Denken aber an Familie und Freunde in Afghanistan.

Man kann nichts tun.

Man fühlt sich egoistisch.

Man möchte nicht egoistisch sein, wir mussten es leider tun.

Heute Nacht wird der nächste Evakuierungsflug erwartet.

Claudia Peppmüller arbeitet in Kabul für Friedensdorf International.

Sie ist heute Morgen sicher in Deutschland gelandet.

Guten Abend, Frau Peppmüller. Guten Abend.

Wie haben Sie Ihre plötzliche Abreise aus Kabul erlebt?

Es war für uns eine lange Wartezeit.

Und eine Ungewissheit.

Als die Nachricht kam, dass wir uns bereithalten sollten,

waren wir erleichtert.

Zwei Stunden danach haben wir uns auf den Weg gemacht.

Zum Flughafen.

Es war erschütternd.

Was haben Sie da gesehen?

Wir hatten im Vorfeld diese Bilder gesehen.

Wir dachten uns, dass es nicht einfach wird.

Die Stadt selber schien ausgestorben.

Es war 30 Prozent des Lebens zurück in der Stadt.

Da, wo wir hinmussten, da hin zu kommen,

war schon eine Katastrophe.

Als wir das Flughafengelände betreten haben, war Chaos.

Väter, die irgendwelche Papiere hochhielten.

Sie bedrängten die Soldaten, sie anzuschauen.

Ein Kind klebte an meinen Beinen.

Ich hatte Angst, es zu verletzen.

Weil die Menschen einfach immer näher zusammenrückten.

Alle wollten durch dieses Tor, um auf das Flughafengelände zu kommen.

Die Soldaten wussten sich nicht anders zu helfen,

als einfach in die Luft zu schießen.

Um einen Abstand hinzukriegen.

Das mit Menschen zu machen, die kriegsgewohnt sind,

da können Sie sich vorstellen, wie die reagiert haben.

Wie ging es Ihnen, als Sie in der Bundeswehrmaschine saßen

und das Flugzeug abhob Richtung Sicherheit?

Bis dahin habe ich mich zeitweise geschämt, zu sagen:

Du hast dieses riesengroße Glück, dass du da rein darfst.

Ich habe viele Menschen mit Todesangst gesehen,

weil sie in Kabul bleiben.

Und nur weil ich auf der richtigen Seite der Welt geboren bin,

hatte ich dieses Privileg.

Diese Freude kam da nicht hoch, die man hätte haben müssen.

Haben Sie Kontakt zu Mitarbeitern, zu Zurückgebliebenen in Kabul?

Was hören Sie da?

Wir hören, dass die Situation verschärfter ist.

Frauen gehen auf die Straße und demonstrieren dagegen,

dass sie wieder ins Haus zurück müssen.

Das kam bisher bei uns an.

Und dass nicht alle Versprechen, die jetzt gemacht werden,

gehalten werden.

Aber man kann noch nicht richtig beurteilen, was genau abläuft.

Viele Trittbrettfahrer nutzen momentan die Situation.

Leute geben sich auch als Taliban aus.

Was genau laufen wird, werden erst die nächsten Wochen zeigen.

Seit die Taliban die Macht übernahmen, beteuern sie,

dass sie sich geändert hätten.

Dass insbesondere auch Frauen Rechte eingeräumt werden sollen.

Doch viele trauen dem nicht.

Sie fürchten, dass die Taliban unbarmherzig mit ihnen umgehen.

Wie während ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001.

Damals durften, gemäß einer sehr rigiden Auslegung der Scharia,

Frauen etwa keiner Erwerbsarbeit nachgehen.

Schulen wurden für Mädchen geschlossen.

Frauen, die gegen die Gesetzauslegung verstießen,

drakonisch bestraft.

Ein weiterer Tag der Angst in Afghanistan.

Einwohner Dschalalabads zeigen auf den Straßen die afghanische Flagge.

Es sind offene Proteste gegen die Taliban.

Mindestens drei Menschen kommen dabei ums Leben, mehrere werden verletzt.

Chaos auch nach wie vor am Flughafen.

Es sind Schüsse zu hören, Tränengas liegt in der Luft.

Verzweifelt wenden sich Frauen an das US-Militär,

betteln darum, aus dem Land geflogen zu werden.

Viele von ihnen haben Angst, wollen nicht offen sprechen.

So wie eine Musikerin, die sogar Deutsch gelernt hat,

um dorthin ausreisen zu können.

Ich habe Angst, alle haben Angst.

Ich glaube, zu viel passiert in der Stadt und Afghanistan.

Wir alle wissen nicht, was passieren wird.

Pashtana Durrani bildet die absolute Ausnahme.

Sie bittet uns explizit darum, ihr Gesicht zu zeigen.

Die Frauenrechtlerin stellt sich offen gegen die Taliban.

Weil für sie die Errungenschaften der afghanischen Frauen

in den letzten 20 Jahren auf dem Spiel stehen.

Freiheit.

Die Freiheit steht auf dem Spiel, in die Schule zu gehen und zu wissen,

dass man wieder zurückkommt.

Die Freiheit, herausgehen zu können, sich bewegen zu können,

treffen, miteinander zu sprechen.

Mit Schülern interagieren.

Das alles steht auf dem Spiel.

Was sie meint, zeigt sich auf den Straßen Kabuls.

Die Fassaden von Geschäften, auf denen Frauen zu sehen sind,

werden überstrichen.

Aus Sorge, dass die Taliban die Läden sonst zerstören könnten.

Alleine durch ihre Präsenz

verbreiten die Taliban bei den Frauen Angst und Schrecken.

Ich habe seit vier Tagen nicht rausgegangen.

Ich habe viel Stress.

Es ist sehr gefährlich für meine Familie.

Die Taliban geben sich weltoffen.

Frauen dürften unter ihrer Herrschaft arbeiten.

Als Beispiel dafür darf eine TV-Moderatorin

gestern einen Taliban-Sprecher interviewen.

Lediglich der Hidschab wird ihr vorgeschrieben.

Es ist nicht so, dass der für uns neu wäre.

Aber dass wir nicht die Wahl haben zu entscheiden, ob wir ihn tragen,

ist alarmierend.

Es ist nicht im Sinne des Islams, eigene Vorstellungen aufzudrücken.

Bei aller Frustration: Durrani gibt sich kämpferisch.

Genug ist genug. Die Frauen retten sich jetzt selbst.

Es ist genauso unser Land wie das aller anderen.

Mit noch so einer mutigen Frau habe ich am Abend in Kabul gesprochen.

Farzana Kochai, Frauenrechtsaktivistin.

Und Abgeordnete im bislang noch nicht offiziell

aufgelösten afghanischen Parlament.

Guten Abend, Frau Kochai. Guten Abend.

Was erleben Sie gerade in Kabul?

Wurden Sie als Abgeordnete schon von der Taliban bedroht?

Wissen Sie, was ich diese Tage durchgemacht habe,

und was ich hier erfahre:

Das ist Angst, das ist Unsicherheit.

Das sind Sorgen und Bedenken.

All diese Negativität, die ein Mensch wahrnehmen kann.

Ich habe das alles durchgemacht in den letzten Tagen.

Leider, muss ich sagen.

Ich wünsche dies niemandem.

Keiner Nation weltweit.

Ich wurde bedroht.

Ich war immer wieder in den Medien, spreche eine deutliche Sprache.

Ich habe Drohanrufe erhalten.

Ich wurde gefragt: "Warum sagen Sie, dass Sie schlimme Tage durchleben?

Sie wollen doch Freiheit und Frieden.

Genau das wird kommen."

Jetzt wird mir gesagt: "Sagen Sie das nicht.

Wir hatten lange Zeit keine Regierung.

Lassen Sie uns doch auf die Zukunft hoffen.

Wir waren verloren, wir haben so viel Schlimmes durchgemacht."

Das wurde mir gesagt.

"Also sagen Sie doch, dass das Gute zurückkommt."

Ich sage, dass es nicht so ist.

Ich spreche aus, was ich denke.

Und ich wurde wiederholt bedroht.

Ich wurde angerufen und mir wurde gesagt:

"Ich komme nach Kabul und werde dich finden.

Ich weiß genau, wo du bist.

Zehn Kämpfer begleiten mich."

Dann wurde mir gesagt: "Du bist keine Abgeordnete mehr.

Dieser Status existiert für dich nicht mehr.

Also pass auf und hör gut zu, was wir dir sagen."

Die Taliban haben gesagt, sie würden keine Vergeltung üben.

Es gäbe Amnestie für alle, die Frauenrechte werden geachtet.

Frauen könnten weiter zur Schule und zur Arbeit gehen.

Wie schätzen Sie das ein?

So lautet die Ansage der Taliban.

Aber die Kämpfer scheren sich nicht darum.

Sie gehen von Haus zu Haus und fragen,

ob sich hier ein Regierungsauto in Besitz findet.

Dann muss das zurückgegeben werden.

Sie sagen, sie sind diejenigen, die an der Macht sind.

Die Taliban sagen, dass alle ihre Arbeit fortsetzen können.

Aber eine Freundin von mir, die beim Fernsehen arbeitet,

ging heute an ihren Arbeitsplatz und fand Folgendes vor:

Die männlichen Kollegen dürften weiter arbeiten,

aber meine Freundin wurde zurückgeschickt.

"Geh nach Hause, das Regime hat sich verändert."

Das wurde ihr gesagt.

Sie ist eine mutige Frau,

sie hat kürzlich auf Social Media eine Nachricht veröffentlicht:

"Die Taliban erlauben mir nicht, meine Arbeit fortzusetzen."

Es gibt eine Kluft zwischen dem, was die Taliban sagt

und was geschieht.

Wir haben Angst und fürchten um unser Leben.

Die Taliban-Führer sagen,

sie werden denen nichts antun, die kooperieren.

Aber die Kämpfer vor Ort warnen uns.

Die kommen mit ihren Gangs.

Das ist sehr schwierig.

Diese Gangs, die uns da bedrohen.

Wir haben Angst, wenn die Leute vor unserem Haus auftauchen.

Wir können uns nicht verteidigen.

Ich habe Warnungen erhalten.

Die Taliban sagen, dass das alles nicht so schlimm wird.

Aber wenn man sich anschaut, was vor Ort geschieht,

herrscht eine Kluft zwischen Worten und Taten.

Sie vertrauen den Taliban also nicht.

Selbst wenn die die letzten 20 Jahre zurückdrehen,

gibt es viele junge Menschen, die ihre Freiheiten behalten wollen.

Heute gab es Proteste in Dschalalabad.

Erwarten Sie mehr davon?

Sicherlich, ich erwarte mehr als Proteste.

Es wird einen wahren Widerstand geben.

Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

Die junge Generation ist aufgewachsen mit den Werten

wie Demokratie und Freiheit.

Man hat versucht, seine Meinung zu äußern in der jüngeren Generation.

Auch die Regierung zu kritisieren.

Man konnte die Arbeit aufnehmen, die einem persönlich gefiel.

Die junge Generation kann nicht mehr in die alten Zeiten zurückgehen.

Auch nicht unter Zwang.

Da wird es Widerstand geben.

Nicht nur Protest, wir werden Widerstand sehen gegen die Taliban.

Es sind nicht einzelne,

wir sprechen hier von Millionen von jungen Menschen.

Eine ganze Generation ist in Afghanistan herangewachsen.

Die erwarteten mehr von der Regierung,

das in ihrem Land an der Macht ist.

Frau Kochai, danke für Ihre Zeit. Alles Gute.

Danke.

Weil Gefahr im Verzug war, flog die Bundeswehr

ihre Militär-Transporter und Fallschirmjäger nach Kabul,

ohne zuvor ein Mandat vom Bundestag dafür erhalten zu haben.

Das ist in solchen Fällen möglich,

der Legitimation bedarf es dennoch, nur eben nachträglich.

Heute brachte das Kabinett diesen Grundstein ins Rollen.

Auch der Bundestag beschäftigte sich mit der Lage in Afghanistan.

Außen- und Verteidigungsausschuss kamen zu Sondersitzungen zusammen,

bei denen Kritik an der Bundesregierung geübt wurde.

Michael Stempfle.

Es sind dramatische Tage zum Ende der Legislaturperiode.

Am Abend telefoniert Merkel mit Biden zu Afghanistan.

Nach dem rasanten Machtgewinn der Taliban ist von einer Zäsur die Rede.

Eine schonungslose Analyse, als der Auswärtige Ausschuss zusammenkommt,

um zu klären:

Wie geriet die Regierung bei der Rettung der Ortskräfte

so unter Druck?

Es ist ein menschliches Drama und Katastrophe,

eine politische Katastrophe.

Ein moralisches Scheitern des Westens.

Die geostrategischen Auswirkungen sind noch nicht überschaubar.

Sitzungen, Befragungen von Ministern und viele offene Fragen.

Es hat sich noch mal in dieser Sitzung gezeigt:

Es gab nie eine echte deutsche Afghanistan-Strategie.

Es gab die vollkommene Abhängigkeit von der US-Strategie.

Man war lange nicht im Bilde, wohin die Reise gehen wird.

Ein ähnliches Bild im Verteidigungsausschuss.

Kritik vor allem von der Opposition.

Eine Verteidigungsministerin, die noch ganz andere Sorgen haben dürfte.

In Kabul geht es derzeit um Leben und Tod.

Mit Blick auf diese dramatische Situation

denken wir an diejenigen, die in Kabul auf Rettung warten.

Aber auch an unsere Soldaten, die gerade dabei sind,

diese Menschen zu retten.

Immer wieder neue Meldungen, neue Vorwürfe.

Bereits im Juni hätten Ortskräfte

aus Masar-i-Scharif ausgeflogen werden können.

Diese Rettung sei an der Bürokratie gescheitert.

Schuldzuweisungen hinter den Kulissen.

Die Visa-Vergabe laufe über das Auswärtige Amt, sagen die einen.

Die afghanische Regierung wollte Ausreisen erschweren, sagen andere.

Die SZ gibt Seehofer die Schuld.

Stimmt nicht, so sein Ministerium.

An Sicherheitsüberprüfungen seien Flüge nicht gescheitert.

Dass die Ortskräfte sich in Masar-i-Scharif oder Kundus

oder auf Fluchtwegen befinden, ist ein deutlicher Hinweis darauf:

Was jetzt passiert, ist viel zu spät.

Die Folge: Deutschland muss auf die Taliban zugehen.

Botschafter Potzel ist jetzt in Doha eingetroffen.

Er hat erste Gespräche geführt, auch mit Vertretern der Taliban.

Die Bundesregierung muss hier verhandeln.

Weil man so lange nicht gehandelt hat,

hat man sich in eine schlimmere Situation gebracht als notwendig.

Keine Rücktrittsforderungen heute.

Die Rettung von Menschenleben habe Vorrang.

Darüber herrscht in Berlin Einigkeit.

Zum politischen Berlin und der Lage in Afghanistan

hat Stephan Stuchlik diese Meinung:

Man sollte heute über eines der Grundübel

des Afghanistan-Versagens sprechen:

Die Deutschen und ihre Politiker

reden sonst kaum über Außen- und Sicherheitspolitik.

Damit kann man keinen Wahlkampf machen.

20 Jahre waren wir in Afghanistan.

16 Jahre davon war Angela Merkel Kanzlerin.

Erinnern Sie sich an eine sicherheitspolitische Grundsatzrede?

Ich nicht.

Jahr für Jahr wurden Mandate verlängert.

Der Bundeswehr wurde der Auftrag gegeben,

für Demokratie und Menschenrechte in Afghanistan zu sorgen.

Dass das nicht der eigentliche Zweck einer Armee sein kann,

wäre vielleicht wem aufgefallen, hätten wir uns wirklich unterhalten.

Diese Mandatsverlängerungen

hat der Bundestag meist in Abendsitzungen verlängert.

Debattenzeit: 30 Minuten. Abstimmung, fertig.

Wir Deutsche haben zur Sicherheitspolitik

ein Verhältnis wie Teenager zur Empfängnisverhütung.

Schon mal gehört, sicher gut zu haben, aber bitte nicht drüber reden.

Soll Deutschland eine militärische Mittelmacht sein?

Eine diplomatische Friedensmacht?

Brauchen wir Auslandseinsätze, und welche?

Das muss geklärt sein.

Sonst werden wir weiter Soldaten in Missionen schicken,

bevor wir genau wissen, warum.

Der hochgefährliche Mali-Einsatz ist nur das letzte Beispiel.

47 Mrd. Euro gibt dieses Land für seine Streitkräfte aus.

Wir sollten über den Sinn der Ausgaben streiten.

Aber wir werden uns vermutlich von der AfD und Teilen der CDU

eine Debatte aufzwängen lassen:

"Hilfe, jetzt kommen Millionen Afghanen zu uns".

Hat wenig mit der Realität zu tun,

aber damit kann man hier Wahlkampf machen.

Die Meinung von Stephan Stuchlik.

Heute begann in NRW die Schule wieder.

Da standen alle vor dem dritten Schuljahr,

das nicht alltäglich sein wird.

Erst recht nicht in den Gebieten,

die Mitte Juli von der Flut heimgesucht wurden.

Dort stört nicht nur Corona den Betrieb.

Das Hochwasser hat nicht nur Straßen,

Brücken und Wohnhäuser in Mitleidenschaft genommen.

Auch auch Schulgebäude so heftig,

dass an Unterricht darin nicht mehr zu denken ist.

Zum Beispiel in Eschweiler,

wo eine Schule bis auf Weiteres nach Würselen pendeln muss.

Jan Koch war am ersten Schultag an ungewohntem Ort dabei.

Kenan wohnte neben seiner Realschule in Eschweiler.

Durch das Hochwasser sind nun seine Schule und sein Wohnhaus weg.

Nun ist alles anders.

Nun müssen 1000 Schüler

jeden Morgen ins 15 Kilometer entfernte Würselen.

Mit dem gesponserten Bus und am ersten Tag mit Lehrerbegleitung.

Eine freistehende Realschule im Nachbarort.

Hier kriegen sie Asyl, wenn nötig bis zum Ende des Schuljahres.

Nicht nur für die Schulleiterin ein Glücksfall.

Auf stressige Wochen voller Improvisation folgen nun Vorfreude,

Anspannung, Erleichterung:

Wir freuen uns so sehr, euch wiederzusehen.

Schülerinnen und Schüler.

Unsere Lehrer, unsere Eltern.

Wir blicken alle nach vorne: einen guten Start!

Jedem, der sagt, das ist meine Schule,

dem bricht es das Herz, wenn er sieht, wie der Zustand war.

Hier sehen Sie unser Archiv im Keller, geflutet.

Klassen wären nicht mehr möbliert.

Das war unser Technikraum.

Das war bis unter die Decke geflutet.

Wie geht es weiter? Wie geht es den Jugendlichen?

Wir sind in der 10. Klasse: Abschlussklasse.

Ein Corona- und Hochwasserjahrgang.

Mag jemand mal erzählen, wie es war,

als ihr durch Eschweiler gefahren seid?

Ich erinner an den Sonntag, als ich zur Schule gekommen bin,

die Indestraße sah aus wie ein Kriegsgebiet.

Wir wohnen in so einer Senke.

Das Wasser von der Straße kam bei uns rein.

Wir sind morgens wach geworden, das Wasser stand in der Wohnung.

Was ist mit deinen Schulsachen? Weg.

Warum hast du dich nicht gemeldet? Mein Dad meinte, er kriegt das hin.

Es geht noch nicht um Mathe, Englisch, Deutsch,

sondern ums Zuhören, Aufarbeiten.

Jeder ist für jeden da.

Keiner wird ausgelacht.

Da ist der Zusammenhalt in der Klasse, der ist ganz gut.

Auch bei Kenan und Sky.

Auch hier kann es heute um nichts anderes gehen als das, was war.

Das Bemühen um ein wenig Normalität.

Ich wünsche mir, dass ich so schnell wie möglich wieder zu Hause bin

und in der alten Schule.

Doch bis das klar ist,

der Schaden von mehr als 2 Mio. Euro an ihrer Schule behoben ist:

Bis dahin führt ihr Weg hierher, per Bus statt Fahrrad.

Um den Wiederaufbau nach den Überschwemmungen zu unterstützen,

hat das Bundeskabinett einen Hilfsfonds auf den Weg gebracht.

Weitere Nachrichten mit Julia-Niharika Sen.

30 Mrd. Euro sollen fließen, um Privathaushalten und Unternehmen

in den Katastrophengebieten zu helfen und Infrastruktur wiederherzustellen.

Den größten Teil davon teilen sich der Bund und die betroffenen Länder.

Über den Aufbaufonds muss nun der Bundestag beraten,

der nächste Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommt.

Das BVerfG hat die 6 % Zinsen im Jahr auf verzögerte Steuernachzahlungen

oder -erstattungen für verfassungswidrig erklärt.

Der Satz von 6 % sei realitätsfern

angesichts der anhaltenden Niedrigzins-Phase.

Steuerbescheide können rückwirkend von 2019 an korrigiert werden.

In Deutschland beschleunigt sich der Anstieg der Corona-Neuinfektionen.

Mediziner erwarten eine größere Zahl an Intensivpatienten

in den kommenden Wochen.

Das RKI erfasste binnen eines Tages 8324 neue Fälle -

3300 mehr als vor einer Woche.

Die Inzidenz liegt jetzt bei 40,8.

In der Vorwoche hatte das RKI den Wert mit 25,1 angegeben.

Nach der Cyberattacke auf die Mobilfunktochter T-Mobile in den USA

hat die Deutsche Telekom das Ausmaß des Angriffes beziffert.

Das Datenleck sei behoben.

Näheres von Anja Kohl.

Die gute Nachricht:

Daten deutscher Telekom-Kunden wurden nicht gehackt.

In den USA jedoch wurden rund 50 Mio. Datensätze von T-Mobile geklaut.

Auch US-Sozialversicherungsnummern,

mit denen man zum Beispiel Kreditkarten bestellen kann.

Seit Corona sind Hackerangriffe noch einfacher geworden,

da mit wenig geschützten Rechnern im Homeoffice gearbeitet wird.

In nur vier Jahren ist der Schaden für deutsche Unternehmen

durch Cyberangriffe von 55 Mrd. Euro auf über 200 Mrd. Euro gestiegen.

Die Firmen reagieren.

Zwei Drittel von ihnen

haben in der Corona-Krise mehr in Cybersicherheit investiert.

Den Telekom-Aktienkurs konnte der Angriff nicht erschüttern.

Das US-Mobilfunkgeschäft boomt.

Eigentlich war der Bau woanders geplant:

Der weltberühmte Architekt Mies van der Rohe

hatte Ende der 50er ein Bürogebäude für Bacardi entworfen.

Die Rum-Firma in Santiago de Cuba.

Doch die kubanische Revolution durchkreuzte die Baupläne.

Zum Glück - für Berlin.

Statt dem Verwaltungsgebäude für Hochprozentiges in der Karibik

entstand 1968 ein Museum im Westen Berlins.

Eines, das damals für modernste und eleganteste Architektur stand.

Das für viele bis heute das Schönste der Stadt ist.

Doch auch an der Neuen Nationalgalerie

nagte der Zahn der Zeit.

So wurde saniert, sechs lange Jahre.

Am Wochenende öffnet der runderneuerte Kunsttempel.

Anke Hahn.

Der Bau wirkt filigran,

die schwarze Metalldecke scheint zu schweben.

Mies van der Rohe schuf 1968

mit der Neuen Nationalgalerie eine Architekturikone.

Für Ausstellungsmacher war die Konstruktion

schon immer eine Herausforderung.

Auch jetzt bautechnisch bei der Sanierung.

Aber es hat sich gelohnt,

meint Joachim Jäger, der Leiter der Neuen Nationalgalerie.

Einer der großen Mottos war: So viel Mies wie möglich.

Das heißt, so viel zu erhalten, wie nur geht.

Man wollte viel von der Fassade erhalten,

auch von dem Farbanstrich.

Nun erstrahlt das Haus in altem Glanz.

Welche Kunstwerke behaupten sich in diesem Raum,

den Mies van der Rohe, den hier alle Mies nennen, als Bühne bezeichnete?

Die Wahl fiel auf Alexander Korda - ein Zeitgenosse.

Beide sind die großen Revolutionäre:

Der eine hat die Architektur geöffnet, befreit, erweitert,

und Alexander Korda hat die Skulptur völlig neu gedacht.

Ihm verdanken wir die Bewegung, die Interaktion.

Ein besonderes, neues Verständnis von Skulptur.

Das darf aber nur ich.

Im Sammlungsgeschoss wirkt das Haus wieder etwas konventioneller.

Weiße Wände und Teppichboden, auch original Mies,

bringen die Werke der klassischen Moderne wirkungsvoll zur Geltung.

Die Berliner Nationalgalerie zeigt, was sie hat.

Dieses Geschoss ist besonders gut für die Malerei des 20. Jahrhunderts

und für die Skulptur.

Man sieht hier Feininger,

der eine wichtige Figur war für die Bauhaus-Bewegung.

Oder unser Hauptwerk weiter vorne von Moholy-Nagy.

Eine bedeutende Arbeit,

um die uns viele Museen der Welt beneiden.

Der Anspruch, etwas Einzigartiges zu präsentieren, ist überall zu spüren.

Hier sieht man diese Tür, die die Sammlung,

die klimatisierten Räume und den Garten verbindet.

Das gibt es in Museen auf der Welt nie.

Außenklima, Innenklima kommt direkt zusammen.

Das ist toll, dass das funktioniert.

Der Skulpturengarten, auch eine Idee von Mies van der Rohe,

war lange geschlossen, jetzt ist er wieder zugänglich.

Das Motto, so viel Mies wie möglich, scheint gelungen.

Der Meister sieht auch ganz zufrieden aus.

Zufrieden können wir hoffentlich auch mit dem Wetter sein.

Karsten Schwanke, wie sieht's aus?

Ich habe nur gute Nachrichten.

Fragt sich aber, für wen.

Ich fange an mit der Natur.

Den Gletschern gefiel der kühle Sommer sehr gut.

Hier sieht man den Sonnenblick.

Der gesamte Gletscher ist noch schneebedeckt.

So sah das vor zwei Jahren aus.

Dieses Jahr sieht alles etwas anders aus.

Die guten Nachrichten für die Menschen in Deutschland:

Die wärmere Luft aus dem Süden Europas kommt zu uns zurück.

Dann folgt aber wieder die kältere Luft vom Atlantik.

So ist der Sommer 2021.

Damit schauen wir auf die Nacht.

Da gibt es wieder Wolken und Regen.

Morgen Nachmittag etabliert sich hier ein dicker Wolkenstreifen.

Nördlich davon Sonnenschein und im Süden Wolkenlücken.

Die Temperaturen:

Die nächsten Tage:

Am Freitag noch Schauer und Gewitter.

Der Samstag kommt mit mehr Sonne daher.

Das waren die tagesthemen.

Hier bespricht Sandra Maischberger nun die Themen der Woche,

darunter auch das Thema Afghanistan.

Constantin Schreiber meldet sich um 0.05 Uhr mit dem nachtmagazin.

Wir sind morgen wieder da.

Tschüss, bleiben Sie zuversichtlich.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 18.08.2021, 22:15 Uhr - Ausgeflogene aus Kabul erzählen die Geschichte ihrer Flucht, Trotz beteuerter Änderu

Willkommen zu den tagesthemen.

Die Luftbrücke steht.

Nach Schwierigkeiten pendeln Bundeswehrtransporter

zwischen Kabul und dem usbekischen Taschkent.

Um viele aus dem Land zu bringen,

in dem die Taliban nun das Sagen haben.

Bislang, so die Bundeswehr, habe man rund 670 Menschen ausfliegen können.

Aber Tausende warten noch rund um den Flughafen Kabul.

Längst nicht alle kommen durch.

Von denen, die es schafften, sind die ersten angekommen.

Von Taschkent aus ging es mit der Lufthansa weiter.

Das Verkehrszentrum der Lufthansa heute Abend.

Ein Evakuierungsflieger ist in Taschkent, Usbekistan gelandet.

Herausfordernd für die Verkehrsplaner.

Wenig Platz für Flieger und Passagiere, Überflugrechte klären,

Kerosin organisieren.

Der Kollege telefoniert mit dem Kapitän

des zweiten Evakuierungsfluges.

Die Besatzungen sind Augen und Ohren vor Ort.

Es sieht so aus, als ob es schnell geht in Taschkent.

Es war vorgesehen, 19 Uhr deutscher Zeit abzufliegen.

Vor zwei Minuten die Prognose: Es wird zwei Stunden länger dauern.

Jetzt sieht es aus, dass es nach vorn gezogen wird,

daran sieht man die Dynamik.

Heute Morgen ist die erste Maschine aus Taschkent in Frankfurt gelandet.

Mit Menschen, die erzählen:

Von Panik, Afghanistan nicht mehr verlassen zu können.

Erzählen von Mails an die Botschaft, das Auswärtige Amt.

Schreiben. Telefonieren. Warten. Angst.

Dann haben wir die E-Mail gestern bekommen.

Wir waren erstaunt, dass wir überhaupt was bekommen.

Dann haben wir irgendwas mitgenommen.

Haben am Flughafen Gepäck verloren.

Haben gesagt: Hauptsache weg!

Wenn es den Kindern gut geht, ist egal, was da bleibt.

Familie Khuja aus Fulda war auf einer Beerdigung,

Vanessa Faizi auf einer Hochzeit.

Auch sie wartete auf die Mail, dass sie zum Flughafen kommen soll.

Aber dann Überall Checkpoints der Taliban.

Wir sind doch in Listen registriert.

Die so: "Kann ja jeder sagen, dass er aus Deutschland kommt."

Wir wollten unsere Pässe nicht zeigen, weil überall Taliban waren,

sie die zerreißen könnten.

Am Flughafen in Kabul angekommen: Chaos, Schmerzen, Schreie.

Die deutschen Pässe helfen dort nichts.

Wenn man sie hat oder nicht:

Vorne stehen die Amis und sagen, ist uns egal.

Der eine Amerikaner hatte Mitleid.

Und aus Mitleid hat er uns reingelassen.

Weil er gemerkt hat: Beide Kinder waren verängstigt.

Die haben geweint, weil es Warnschüsse gab.

Jetzt sind sie angekommen.

Denken aber an Familie und Freunde in Afghanistan.

Man kann nichts tun.

Man fühlt sich egoistisch.

Man möchte nicht egoistisch sein, wir mussten es leider tun.

Heute Nacht wird der nächste Evakuierungsflug erwartet.

Claudia Peppmüller arbeitet in Kabul für Friedensdorf International.

Sie ist heute Morgen sicher in Deutschland gelandet.

Guten Abend, Frau Peppmüller. Guten Abend.

Wie haben Sie Ihre plötzliche Abreise aus Kabul erlebt?

Es war für uns eine lange Wartezeit.

Und eine Ungewissheit.

Als die Nachricht kam, dass wir uns bereithalten sollten,

waren wir erleichtert.

Zwei Stunden danach haben wir uns auf den Weg gemacht.

Zum Flughafen.

Es war erschütternd.

Was haben Sie da gesehen?

Wir hatten im Vorfeld diese Bilder gesehen.

Wir dachten uns, dass es nicht einfach wird.

Die Stadt selber schien ausgestorben.

Es war 30 Prozent des Lebens zurück in der Stadt.

Da, wo wir hinmussten, da hin zu kommen,

war schon eine Katastrophe.

Als wir das Flughafengelände betreten haben, war Chaos.

Väter, die irgendwelche Papiere hochhielten.

Sie bedrängten die Soldaten, sie anzuschauen.

Ein Kind klebte an meinen Beinen.

Ich hatte Angst, es zu verletzen.

Weil die Menschen einfach immer näher zusammenrückten.

Alle wollten durch dieses Tor, um auf das Flughafengelände zu kommen.

Die Soldaten wussten sich nicht anders zu helfen,

als einfach in die Luft zu schießen.

Um einen Abstand hinzukriegen.

Das mit Menschen zu machen, die kriegsgewohnt sind,

da können Sie sich vorstellen, wie die reagiert haben.

Wie ging es Ihnen, als Sie in der Bundeswehrmaschine saßen

und das Flugzeug abhob Richtung Sicherheit?

Bis dahin habe ich mich zeitweise geschämt, zu sagen:

Du hast dieses riesengroße Glück, dass du da rein darfst.

Ich habe viele Menschen mit Todesangst gesehen,

weil sie in Kabul bleiben.

Und nur weil ich auf der richtigen Seite der Welt geboren bin,

hatte ich dieses Privileg.

Diese Freude kam da nicht hoch, die man hätte haben müssen.

Haben Sie Kontakt zu Mitarbeitern, zu Zurückgebliebenen in Kabul?

Was hören Sie da?

Wir hören, dass die Situation verschärfter ist.

Frauen gehen auf die Straße und demonstrieren dagegen,

dass sie wieder ins Haus zurück müssen.

Das kam bisher bei uns an.

Und dass nicht alle Versprechen, die jetzt gemacht werden,

gehalten werden.

Aber man kann noch nicht richtig beurteilen, was genau abläuft.

Viele Trittbrettfahrer nutzen momentan die Situation.

Leute geben sich auch als Taliban aus.

Was genau laufen wird, werden erst die nächsten Wochen zeigen.

Seit die Taliban die Macht übernahmen, beteuern sie,

dass sie sich geändert hätten.

Dass insbesondere auch Frauen Rechte eingeräumt werden sollen.

Doch viele trauen dem nicht.

Sie fürchten, dass die Taliban unbarmherzig mit ihnen umgehen.

Wie während ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001.

Damals durften, gemäß einer sehr rigiden Auslegung der Scharia,

Frauen etwa keiner Erwerbsarbeit nachgehen.

Schulen wurden für Mädchen geschlossen.

Frauen, die gegen die Gesetzauslegung verstießen,

drakonisch bestraft.

Ein weiterer Tag der Angst in Afghanistan.

Einwohner Dschalalabads zeigen auf den Straßen die afghanische Flagge.

Es sind offene Proteste gegen die Taliban.

Mindestens drei Menschen kommen dabei ums Leben, mehrere werden verletzt.

Chaos auch nach wie vor am Flughafen.

Es sind Schüsse zu hören, Tränengas liegt in der Luft.

Verzweifelt wenden sich Frauen an das US-Militär,

betteln darum, aus dem Land geflogen zu werden.

Viele von ihnen haben Angst, wollen nicht offen sprechen.

So wie eine Musikerin, die sogar Deutsch gelernt hat,

um dorthin ausreisen zu können.

Ich habe Angst, alle haben Angst.

Ich glaube, zu viel passiert in der Stadt und Afghanistan.

Wir alle wissen nicht, was passieren wird.

Pashtana Durrani bildet die absolute Ausnahme.

Sie bittet uns explizit darum, ihr Gesicht zu zeigen.

Die Frauenrechtlerin stellt sich offen gegen die Taliban.

Weil für sie die Errungenschaften der afghanischen Frauen

in den letzten 20 Jahren auf dem Spiel stehen.

Freiheit.

Die Freiheit steht auf dem Spiel, in die Schule zu gehen und zu wissen,

dass man wieder zurückkommt.

Die Freiheit, herausgehen zu können, sich bewegen zu können,

treffen, miteinander zu sprechen.

Mit Schülern interagieren.

Das alles steht auf dem Spiel.

Was sie meint, zeigt sich auf den Straßen Kabuls.

Die Fassaden von Geschäften, auf denen Frauen zu sehen sind,

werden überstrichen.

Aus Sorge, dass die Taliban die Läden sonst zerstören könnten.

Alleine durch ihre Präsenz

verbreiten die Taliban bei den Frauen Angst und Schrecken.

Ich habe seit vier Tagen nicht rausgegangen.

Ich habe viel Stress.

Es ist sehr gefährlich für meine Familie.

Die Taliban geben sich weltoffen.

Frauen dürften unter ihrer Herrschaft arbeiten.

Als Beispiel dafür darf eine TV-Moderatorin

gestern einen Taliban-Sprecher interviewen.

Lediglich der Hidschab wird ihr vorgeschrieben.

Es ist nicht so, dass der für uns neu wäre.

Aber dass wir nicht die Wahl haben zu entscheiden, ob wir ihn tragen,

ist alarmierend.

Es ist nicht im Sinne des Islams, eigene Vorstellungen aufzudrücken.

Bei aller Frustration: Durrani gibt sich kämpferisch.

Genug ist genug. Die Frauen retten sich jetzt selbst.

Es ist genauso unser Land wie das aller anderen.

Mit noch so einer mutigen Frau habe ich am Abend in Kabul gesprochen.

Farzana Kochai, Frauenrechtsaktivistin.

Und Abgeordnete im bislang noch nicht offiziell

aufgelösten afghanischen Parlament.

Guten Abend, Frau Kochai. Guten Abend.

Was erleben Sie gerade in Kabul?

Wurden Sie als Abgeordnete schon von der Taliban bedroht?

Wissen Sie, was ich diese Tage durchgemacht habe,

und was ich hier erfahre:

Das ist Angst, das ist Unsicherheit.

Das sind Sorgen und Bedenken.

All diese Negativität, die ein Mensch wahrnehmen kann.

Ich habe das alles durchgemacht in den letzten Tagen.

Leider, muss ich sagen.

Ich wünsche dies niemandem.

Keiner Nation weltweit.

Ich wurde bedroht.

Ich war immer wieder in den Medien, spreche eine deutliche Sprache.

Ich habe Drohanrufe erhalten.

Ich wurde gefragt: "Warum sagen Sie, dass Sie schlimme Tage durchleben?

Sie wollen doch Freiheit und Frieden.

Genau das wird kommen."

Jetzt wird mir gesagt: "Sagen Sie das nicht.

Wir hatten lange Zeit keine Regierung.

Lassen Sie uns doch auf die Zukunft hoffen.

Wir waren verloren, wir haben so viel Schlimmes durchgemacht."

Das wurde mir gesagt.

"Also sagen Sie doch, dass das Gute zurückkommt."

Ich sage, dass es nicht so ist.

Ich spreche aus, was ich denke.

Und ich wurde wiederholt bedroht.

Ich wurde angerufen und mir wurde gesagt:

"Ich komme nach Kabul und werde dich finden.

Ich weiß genau, wo du bist.

Zehn Kämpfer begleiten mich."

Dann wurde mir gesagt: "Du bist keine Abgeordnete mehr.

Dieser Status existiert für dich nicht mehr.

Also pass auf und hör gut zu, was wir dir sagen."

Die Taliban haben gesagt, sie würden keine Vergeltung üben.

Es gäbe Amnestie für alle, die Frauenrechte werden geachtet.

Frauen könnten weiter zur Schule und zur Arbeit gehen.

Wie schätzen Sie das ein?

So lautet die Ansage der Taliban.

Aber die Kämpfer scheren sich nicht darum.

Sie gehen von Haus zu Haus und fragen,

ob sich hier ein Regierungsauto in Besitz findet.

Dann muss das zurückgegeben werden.

Sie sagen, sie sind diejenigen, die an der Macht sind.

Die Taliban sagen, dass alle ihre Arbeit fortsetzen können.

Aber eine Freundin von mir, die beim Fernsehen arbeitet,

ging heute an ihren Arbeitsplatz und fand Folgendes vor:

Die männlichen Kollegen dürften weiter arbeiten,

aber meine Freundin wurde zurückgeschickt.

"Geh nach Hause, das Regime hat sich verändert."

Das wurde ihr gesagt.

Sie ist eine mutige Frau,

sie hat kürzlich auf Social Media eine Nachricht veröffentlicht:

"Die Taliban erlauben mir nicht, meine Arbeit fortzusetzen."

Es gibt eine Kluft zwischen dem, was die Taliban sagt

und was geschieht.

Wir haben Angst und fürchten um unser Leben.

Die Taliban-Führer sagen,

sie werden denen nichts antun, die kooperieren.

Aber die Kämpfer vor Ort warnen uns.

Die kommen mit ihren Gangs.

Das ist sehr schwierig.

Diese Gangs, die uns da bedrohen.

Wir haben Angst, wenn die Leute vor unserem Haus auftauchen.

Wir können uns nicht verteidigen.

Ich habe Warnungen erhalten.

Die Taliban sagen, dass das alles nicht so schlimm wird.

Aber wenn man sich anschaut, was vor Ort geschieht,

herrscht eine Kluft zwischen Worten und Taten.

Sie vertrauen den Taliban also nicht.

Selbst wenn die die letzten 20 Jahre zurückdrehen,

gibt es viele junge Menschen, die ihre Freiheiten behalten wollen.

Heute gab es Proteste in Dschalalabad.

Erwarten Sie mehr davon?

Sicherlich, ich erwarte mehr als Proteste.

Es wird einen wahren Widerstand geben.

Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

Die junge Generation ist aufgewachsen mit den Werten

wie Demokratie und Freiheit.

Man hat versucht, seine Meinung zu äußern in der jüngeren Generation.

Auch die Regierung zu kritisieren.

Man konnte die Arbeit aufnehmen, die einem persönlich gefiel.

Die junge Generation kann nicht mehr in die alten Zeiten zurückgehen.

Auch nicht unter Zwang.

Da wird es Widerstand geben.

Nicht nur Protest, wir werden Widerstand sehen gegen die Taliban.

Es sind nicht einzelne,

wir sprechen hier von Millionen von jungen Menschen.

Eine ganze Generation ist in Afghanistan herangewachsen.

Die erwarteten mehr von der Regierung,

das in ihrem Land an der Macht ist.

Frau Kochai, danke für Ihre Zeit. Alles Gute.

Danke.

Weil Gefahr im Verzug war, flog die Bundeswehr

ihre Militär-Transporter und Fallschirmjäger nach Kabul,

ohne zuvor ein Mandat vom Bundestag dafür erhalten zu haben.

Das ist in solchen Fällen möglich,

der Legitimation bedarf es dennoch, nur eben nachträglich.

Heute brachte das Kabinett diesen Grundstein ins Rollen.

Auch der Bundestag beschäftigte sich mit der Lage in Afghanistan.

Außen- und Verteidigungsausschuss kamen zu Sondersitzungen zusammen,

bei denen Kritik an der Bundesregierung geübt wurde.

Michael Stempfle.

Es sind dramatische Tage zum Ende der Legislaturperiode.

Am Abend telefoniert Merkel mit Biden zu Afghanistan.

Nach dem rasanten Machtgewinn der Taliban ist von einer Zäsur die Rede.

Eine schonungslose Analyse, als der Auswärtige Ausschuss zusammenkommt,

um zu klären:

Wie geriet die Regierung bei der Rettung der Ortskräfte

so unter Druck?

Es ist ein menschliches Drama und Katastrophe,

eine politische Katastrophe.

Ein moralisches Scheitern des Westens.

Die geostrategischen Auswirkungen sind noch nicht überschaubar.

Sitzungen, Befragungen von Ministern und viele offene Fragen.

Es hat sich noch mal in dieser Sitzung gezeigt:

Es gab nie eine echte deutsche Afghanistan-Strategie.

Es gab die vollkommene Abhängigkeit von der US-Strategie.

Man war lange nicht im Bilde, wohin die Reise gehen wird.

Ein ähnliches Bild im Verteidigungsausschuss.

Kritik vor allem von der Opposition.

Eine Verteidigungsministerin, die noch ganz andere Sorgen haben dürfte.

In Kabul geht es derzeit um Leben und Tod.

Mit Blick auf diese dramatische Situation

denken wir an diejenigen, die in Kabul auf Rettung warten.

Aber auch an unsere Soldaten, die gerade dabei sind,

diese Menschen zu retten.

Immer wieder neue Meldungen, neue Vorwürfe.

Bereits im Juni hätten Ortskräfte

aus Masar-i-Scharif ausgeflogen werden können.

Diese Rettung sei an der Bürokratie gescheitert.

Schuldzuweisungen hinter den Kulissen.

Die Visa-Vergabe laufe über das Auswärtige Amt, sagen die einen.

Die afghanische Regierung wollte Ausreisen erschweren, sagen andere.

Die SZ gibt Seehofer die Schuld.

Stimmt nicht, so sein Ministerium.

An Sicherheitsüberprüfungen seien Flüge nicht gescheitert.

Dass die Ortskräfte sich in Masar-i-Scharif oder Kundus

oder auf Fluchtwegen befinden, ist ein deutlicher Hinweis darauf:

Was jetzt passiert, ist viel zu spät.

Die Folge: Deutschland muss auf die Taliban zugehen.

Botschafter Potzel ist jetzt in Doha eingetroffen.

Er hat erste Gespräche geführt, auch mit Vertretern der Taliban.

Die Bundesregierung muss hier verhandeln.

Weil man so lange nicht gehandelt hat,

hat man sich in eine schlimmere Situation gebracht als notwendig.

Keine Rücktrittsforderungen heute.

Die Rettung von Menschenleben habe Vorrang.

Darüber herrscht in Berlin Einigkeit.

Zum politischen Berlin und der Lage in Afghanistan

hat Stephan Stuchlik diese Meinung:

Man sollte heute über eines der Grundübel

des Afghanistan-Versagens sprechen:

Die Deutschen und ihre Politiker

reden sonst kaum über Außen- und Sicherheitspolitik.

Damit kann man keinen Wahlkampf machen.

20 Jahre waren wir in Afghanistan.

16 Jahre davon war Angela Merkel Kanzlerin.

Erinnern Sie sich an eine sicherheitspolitische Grundsatzrede?

Ich nicht.

Jahr für Jahr wurden Mandate verlängert.

Der Bundeswehr wurde der Auftrag gegeben,

für Demokratie und Menschenrechte in Afghanistan zu sorgen.

Dass das nicht der eigentliche Zweck einer Armee sein kann,

wäre vielleicht wem aufgefallen, hätten wir uns wirklich unterhalten.

Diese Mandatsverlängerungen

hat der Bundestag meist in Abendsitzungen verlängert.

Debattenzeit: 30 Minuten. Abstimmung, fertig.

Wir Deutsche haben zur Sicherheitspolitik

ein Verhältnis wie Teenager zur Empfängnisverhütung.

Schon mal gehört, sicher gut zu haben, aber bitte nicht drüber reden.

Soll Deutschland eine militärische Mittelmacht sein?

Eine diplomatische Friedensmacht?

Brauchen wir Auslandseinsätze, und welche?

Das muss geklärt sein.

Sonst werden wir weiter Soldaten in Missionen schicken,

bevor wir genau wissen, warum.

Der hochgefährliche Mali-Einsatz ist nur das letzte Beispiel.

47 Mrd. Euro gibt dieses Land für seine Streitkräfte aus.

Wir sollten über den Sinn der Ausgaben streiten.

Aber wir werden uns vermutlich von der AfD und Teilen der CDU

eine Debatte aufzwängen lassen:

"Hilfe, jetzt kommen Millionen Afghanen zu uns".

Hat wenig mit der Realität zu tun,

aber damit kann man hier Wahlkampf machen.

Die Meinung von Stephan Stuchlik.

Heute begann in NRW die Schule wieder.

Da standen alle vor dem dritten Schuljahr,

das nicht alltäglich sein wird.

Erst recht nicht in den Gebieten,

die Mitte Juli von der Flut heimgesucht wurden.

Dort stört nicht nur Corona den Betrieb.

Das Hochwasser hat nicht nur Straßen,

Brücken und Wohnhäuser in Mitleidenschaft genommen.

Auch auch Schulgebäude so heftig,

dass an Unterricht darin nicht mehr zu denken ist.

Zum Beispiel in Eschweiler,

wo eine Schule bis auf Weiteres nach Würselen pendeln muss.

Jan Koch war am ersten Schultag an ungewohntem Ort dabei.

Kenan wohnte neben seiner Realschule in Eschweiler.

Durch das Hochwasser sind nun seine Schule und sein Wohnhaus weg.

Nun ist alles anders.

Nun müssen 1000 Schüler

jeden Morgen ins 15 Kilometer entfernte Würselen.

Mit dem gesponserten Bus und am ersten Tag mit Lehrerbegleitung.

Eine freistehende Realschule im Nachbarort.

Hier kriegen sie Asyl, wenn nötig bis zum Ende des Schuljahres.

Nicht nur für die Schulleiterin ein Glücksfall.

Auf stressige Wochen voller Improvisation folgen nun Vorfreude,

Anspannung, Erleichterung:

Wir freuen uns so sehr, euch wiederzusehen.

Schülerinnen und Schüler.

Unsere Lehrer, unsere Eltern.

Wir blicken alle nach vorne: einen guten Start!

Jedem, der sagt, das ist meine Schule,

dem bricht es das Herz, wenn er sieht, wie der Zustand war.

Hier sehen Sie unser Archiv im Keller, geflutet.

Klassen wären nicht mehr möbliert.

Das war unser Technikraum.

Das war bis unter die Decke geflutet.

Wie geht es weiter? Wie geht es den Jugendlichen?

Wir sind in der 10. Klasse: Abschlussklasse.

Ein Corona- und Hochwasserjahrgang.

Mag jemand mal erzählen, wie es war,

als ihr durch Eschweiler gefahren seid?

Ich erinner an den Sonntag, als ich zur Schule gekommen bin,

die Indestraße sah aus wie ein Kriegsgebiet.

Wir wohnen in so einer Senke.

Das Wasser von der Straße kam bei uns rein.

Wir sind morgens wach geworden, das Wasser stand in der Wohnung.

Was ist mit deinen Schulsachen? Weg.

Warum hast du dich nicht gemeldet? Mein Dad meinte, er kriegt das hin.

Es geht noch nicht um Mathe, Englisch, Deutsch,

sondern ums Zuhören, Aufarbeiten.

Jeder ist für jeden da.

Keiner wird ausgelacht.

Da ist der Zusammenhalt in der Klasse, der ist ganz gut.

Auch bei Kenan und Sky.

Auch hier kann es heute um nichts anderes gehen als das, was war.

Das Bemühen um ein wenig Normalität.

Ich wünsche mir, dass ich so schnell wie möglich wieder zu Hause bin

und in der alten Schule.

Doch bis das klar ist,

der Schaden von mehr als 2 Mio. Euro an ihrer Schule behoben ist:

Bis dahin führt ihr Weg hierher, per Bus statt Fahrrad.

Um den Wiederaufbau nach den Überschwemmungen zu unterstützen,

hat das Bundeskabinett einen Hilfsfonds auf den Weg gebracht.

Weitere Nachrichten mit Julia-Niharika Sen.

30 Mrd. Euro sollen fließen, um Privathaushalten und Unternehmen

in den Katastrophengebieten zu helfen und Infrastruktur wiederherzustellen.

Den größten Teil davon teilen sich der Bund und die betroffenen Länder.

Über den Aufbaufonds muss nun der Bundestag beraten,

der nächste Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommt.

Das BVerfG hat die 6 % Zinsen im Jahr auf verzögerte Steuernachzahlungen

oder -erstattungen für verfassungswidrig erklärt.

Der Satz von 6 % sei realitätsfern

angesichts der anhaltenden Niedrigzins-Phase.

Steuerbescheide können rückwirkend von 2019 an korrigiert werden.

In Deutschland beschleunigt sich der Anstieg der Corona-Neuinfektionen.

Mediziner erwarten eine größere Zahl an Intensivpatienten

in den kommenden Wochen.

Das RKI erfasste binnen eines Tages 8324 neue Fälle -

3300 mehr als vor einer Woche.

Die Inzidenz liegt jetzt bei 40,8.

In der Vorwoche hatte das RKI den Wert mit 25,1 angegeben.

Nach der Cyberattacke auf die Mobilfunktochter T-Mobile in den USA

hat die Deutsche Telekom das Ausmaß des Angriffes beziffert.

Das Datenleck sei behoben.

Näheres von Anja Kohl.

Die gute Nachricht:

Daten deutscher Telekom-Kunden wurden nicht gehackt.

In den USA jedoch wurden rund 50 Mio. Datensätze von T-Mobile geklaut.

Auch US-Sozialversicherungsnummern,

mit denen man zum Beispiel Kreditkarten bestellen kann.

Seit Corona sind Hackerangriffe noch einfacher geworden,

da mit wenig geschützten Rechnern im Homeoffice gearbeitet wird.

In nur vier Jahren ist der Schaden für deutsche Unternehmen

durch Cyberangriffe von 55 Mrd. Euro auf über 200 Mrd. Euro gestiegen.

Die Firmen reagieren.

Zwei Drittel von ihnen

haben in der Corona-Krise mehr in Cybersicherheit investiert.

Den Telekom-Aktienkurs konnte der Angriff nicht erschüttern.

Das US-Mobilfunkgeschäft boomt.

Eigentlich war der Bau woanders geplant:

Der weltberühmte Architekt Mies van der Rohe

hatte Ende der 50er ein Bürogebäude für Bacardi entworfen.

Die Rum-Firma in Santiago de Cuba.

Doch die kubanische Revolution durchkreuzte die Baupläne.

Zum Glück - für Berlin.

Statt dem Verwaltungsgebäude für Hochprozentiges in der Karibik

entstand 1968 ein Museum im Westen Berlins.

Eines, das damals für modernste und eleganteste Architektur stand.

Das für viele bis heute das Schönste der Stadt ist.

Doch auch an der Neuen Nationalgalerie

nagte der Zahn der Zeit.

So wurde saniert, sechs lange Jahre.

Am Wochenende öffnet der runderneuerte Kunsttempel. This weekend opens the retreaded temple of art.

Anke Hahn.

Der Bau wirkt filigran,

die schwarze Metalldecke scheint zu schweben.

Mies van der Rohe schuf 1968

mit der Neuen Nationalgalerie eine Architekturikone.

Für Ausstellungsmacher war die Konstruktion

schon immer eine Herausforderung.

Auch jetzt bautechnisch bei der Sanierung.

Aber es hat sich gelohnt,

meint Joachim Jäger, der Leiter der Neuen Nationalgalerie.

Einer der großen Mottos war: So viel Mies wie möglich.

Das heißt, so viel zu erhalten, wie nur geht.

Man wollte viel von der Fassade erhalten,

auch von dem Farbanstrich.

Nun erstrahlt das Haus in altem Glanz.

Welche Kunstwerke behaupten sich in diesem Raum,

den Mies van der Rohe, den hier alle Mies nennen, als Bühne bezeichnete?

Die Wahl fiel auf Alexander Korda - ein Zeitgenosse.

Beide sind die großen Revolutionäre:

Der eine hat die Architektur geöffnet, befreit, erweitert,

und Alexander Korda hat die Skulptur völlig neu gedacht.

Ihm verdanken wir die Bewegung, die Interaktion.

Ein besonderes, neues Verständnis von Skulptur.

Das darf aber nur ich.

Im Sammlungsgeschoss wirkt das Haus wieder etwas konventioneller.

Weiße Wände und Teppichboden, auch original Mies,

bringen die Werke der klassischen Moderne wirkungsvoll zur Geltung.

Die Berliner Nationalgalerie zeigt, was sie hat.

Dieses Geschoss ist besonders gut für die Malerei des 20. Jahrhunderts

und für die Skulptur.

Man sieht hier Feininger,

der eine wichtige Figur war für die Bauhaus-Bewegung.

Oder unser Hauptwerk weiter vorne von Moholy-Nagy.

Eine bedeutende Arbeit,

um die uns viele Museen der Welt beneiden.

Der Anspruch, etwas Einzigartiges zu präsentieren, ist überall zu spüren.

Hier sieht man diese Tür, die die Sammlung,

die klimatisierten Räume und den Garten verbindet.

Das gibt es in Museen auf der Welt nie.

Außenklima, Innenklima kommt direkt zusammen.

Das ist toll, dass das funktioniert.

Der Skulpturengarten, auch eine Idee von Mies van der Rohe,

war lange geschlossen, jetzt ist er wieder zugänglich.

Das Motto, so viel Mies wie möglich, scheint gelungen.

Der Meister sieht auch ganz zufrieden aus.

Zufrieden können wir hoffentlich auch mit dem Wetter sein.

Karsten Schwanke, wie sieht's aus?

Ich habe nur gute Nachrichten.

Fragt sich aber, für wen.

Ich fange an mit der Natur.

Den Gletschern gefiel der kühle Sommer sehr gut.

Hier sieht man den Sonnenblick.

Der gesamte Gletscher ist noch schneebedeckt.

So sah das vor zwei Jahren aus.

Dieses Jahr sieht alles etwas anders aus.

Die guten Nachrichten für die Menschen in Deutschland:

Die wärmere Luft aus dem Süden Europas kommt zu uns zurück.

Dann folgt aber wieder die kältere Luft vom Atlantik.

So ist der Sommer 2021.

Damit schauen wir auf die Nacht.

Da gibt es wieder Wolken und Regen.

Morgen Nachmittag etabliert sich hier ein dicker Wolkenstreifen.

Nördlich davon Sonnenschein und im Süden Wolkenlücken.

Die Temperaturen:

Die nächsten Tage:

Am Freitag noch Schauer und Gewitter.

Der Samstag kommt mit mehr Sonne daher.

Das waren die tagesthemen.

Hier bespricht Sandra Maischberger nun die Themen der Woche,

darunter auch das Thema Afghanistan.

Constantin Schreiber meldet sich um 0.05 Uhr mit dem nachtmagazin.

Wir sind morgen wieder da.

Tschüss, bleiben Sie zuversichtlich.

Copyright Untertitel: NDR 2021