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2020-7 Imported from YouTube, Betrug: Kampf den Kaffeefahrten | NDR Doku | DIE REPORTAGE

Betrug: Kampf den Kaffeefahrten | NDR Doku | DIE REPORTAGE

Eine Ausflugsfahrt umsonst - mit Gratisessen und Geschenken.

Solche Einladungen erhalten viele in diesen Tagen.

Wer mitfährt, wird oft böse überrascht.

Wer das nicht kauft, läuft blindlings in die Demenz rein.

Statt eines Ausflugs ist es eine Verkaufsveranstaltung -

in meist abgelegenen Gasthöfen.

Das ist doch ... Betrug!

Er kämpft gegen diesen Betrug: Ex-Polizeikommissar Bernhard Stitz.

Wenn mal wieder Senioren über's Ohr gehauen werden,

greift er ein.

Wir stoppen jetzt die Veranstaltung,

gehen da rein und machen den Laden dicht.

Stitz verdirbt den Veranstaltern immer wieder das Geschäft.

Einschüchtern lässt er sich nicht.

Sie können heute abgemahnt werden als Mitstörer, nach diesem Gesetz.

Untertitel: Norddeutscher Rundfunk 2018

Lagebesprechung in der Küche der Bethmanns.

Uwe und Susanne haben eine Einladung erhalten.

Eine Ausflugsfahrt mit Schiffstour - gratis.

Sie sind skeptisch und informierten Bernhard Stitz –

ein Tipp der Verbraucherzentrale.

Nach meiner Erfahrung:

Diese Schiffstour wird nicht stattfinden,

nicht enttäuscht sein.

Die Bethmanns fahren trotzdem mit.

Bernhard Stitz brieft sie, wie sie sich verhalten sollen.

Ich vermute, gleich wird ein einsam gelegener Gasthof angesteuert.

Wenn sich einer von euch gleich mal zu fragen traut,

was mit der Schiffstour ist? Sehr gerne.

Der Spruch ist typisch wieder für die Ganoven.

Auch Karin (77) ist mit dabei.

Sie kämpft seit Jahren mit Bernhard Stitz gegen Kaffeefahrten.

Wir halten Verbindung draußen.

Sobald es hier zu einem Verkauf kommen wird,

sind wir dabei mit Polizei und Ordnungsamt.

Ich bin mal gespannt, was heute so abgeht.

Ausgestattet mit versteckter Kamera und einem Ortungsgerät

wartet das Undercover-Team an der Bushaltestelle.

Mit ihm viele andere Teilnehmer - alles Senioren.

Die meisten von ihnen glauben an die versprochene Schifffahrt

auf dem Steinhuder Meer - ahnungslos steigen sie ein.

Fünf Millionen Deutsche jährlich

nehmen an solchen "Ausflugsfahrten" teil.

Bernhard Stitz fährt nicht mit.

Er ist zu bekannt bei den Veranstaltern dieser Reisen.

Er folgt dem Bus mit einigem Abstand.

Nach 20 Minuten die erste Nachricht:

Die Undercover-Senioren teilen mit, es soll nach Isernhagen gehen.

Soweit meine Kenntnisse reichen, ist das nicht am Steinhuder Meer.

Mal abwarten.

Der Bus fährt eine weitere Haltestelle an.

Noch mehr Teilnehmer steigen ein.

Laut Einladung sollte die Fahrt kostenlos sein.

Doch nun kassiert der Fahrer von jedem Teilnehmer drei Euro.

Warum kostet das denn jetzt was?

Das stand auf der Einladung drauf. Auf meiner nicht.

Nach meiner Erfahrung und nach über 100 Kaffeefahrten:

Die Wahrscheinlichkeit liegt nahezu bei 100 %,

dass das Versprochene nicht eingehalten wird.

Hier geht's um die Schifffahrt, in anderen Fällen um Fahrräder.

Alles Mögliche wird versprochen

aufgrund eines Jubiläums oder eines Preisausschreibens.

Versprechen müssen gehalten werden – doch meist passiert das nicht.

Achtung: Die nächste Nachricht ist eingegangen

von unseren Undercover-Agenten.

Wir fahren jetzt ...

... nach Husum in die Alte Mühle.

Husum in Niedersachsen ist gemeint.

Stitz vermutet, dass gleich ein Verkauf stattfinden wird.

Ohne Anmeldung wäre das illegal.

Erste Teilnehmer werden skeptisch.

Fahren wir noch zum Steinhuder Meer auf die Schifffahrt?

Wollen Sie da etwa nicht hin? Doch, unbedingt.

Na, sicher fahren wir dahin, das ist doch der Zweck dieser Reise.

Es gebe jetzt das Gratisfrühstück, verspricht der Veranstalter.

Bernhard Stitz beobachtet die Situation

aus einigen hundert Metern Entfernung.

Die Leute sind darauf angewiesen, dort zu bleiben.

Die können sich nirgendwo anders aufhalten.

Die nächsten zwei bis fünf Stunden,

sind sie richtig festgenagelt in diesem Gasthof.

Von hier weg kommt so leicht keiner.

Umso leichter ist es für den Verkäufer,

seine Gäste einzuschüchtern.

Einige Herrschaften bekommen einen original verpackten Handy-Computer

als Geschenk hier und heute mit nach Hause.

Aber hier im Saal sitzen einige Gäste,

die kann ich nicht leiden, von der ersten Sekunde an nicht.

Wenn ich jetzt so teure Geschenke verschenken darf,

wen suche ich mir da aus?

Doch jemanden, der mir sympathisch ist, oder nicht?

Zuckerbrot und Peitsche.

Nach diesem Prinzip laufen viele solcher Veranstaltungen.

Doch noch kann Bernhard Stitz nicht eingreifen.

Das Problem ist, das bislang nichts passiert ist.

Das Frühstück darf es geben, solange nichts verkauft wird.

Wir müssen warten, bis der Verkauf stattgefunden hat.

Bis dahin wird Stitz mit Karin in Verbindung bleiben.

Seit zwölf Jahren gehört sie zum Undercover-Team

des pensionierten Polizisten.

Gemeinsam mit Mitstreiter Rolf Jordt

hat die 77-Jährige schon einige Einsätze mitgemacht.

Ich habe schon erlebt, wenn ich zu viel gesagt habe,

dann kam der Adjutant des Redners und hat mir Bonbons hingelegt.

Dann sagte er, ich soll erst mal Bonbons lutschen und Klappe halten.

Mir hat letztens jemand gesagt, weil ich zu laut war:

"Machen Sie mal weiter so, ich schmeiß sie gleich raus."

Sobald die verkauft haben, sind die weg.

Ja, das geht ratzefatze.

Die lügen, wenn sie sich vorstellen und dann sind sie weg.

Die Einladungen ähneln sich.

Angepriesen werden Gratis-Ausflugsfahrten und Geschenke.

Für Ehepaare gibt es die doppelte Menge

und auch eine Espresso-Maschine - siehe Foto.

Ja, hier das Bild der Maschine - das ist unglaublich.

Auf der Rückseite geht's weiter.

Ja, für den Herrn, für die Dame, ein Topfset gibt's noch dazu.

Was sie nicht reinschreiben, ist, dass du nur Geschenke bekommst,

wenn du auch was gekauft hast.

Das ist ja das, was zieht.

Wenn sie das reinschreiben würden, käme ja keiner mit.

Im Grunde genommen haben sie dich damit gelockt.

Zurück am Einsatzort im niedersächsischen Husum.

Stitz ruft beim Ordnungsamt an,

ob die Verkaufsveranstaltung vorschriftsmäßig angemeldet wurde.

Wenn nicht, ist sie illegal und die Polizei kann sie auflösen.

Ist ein Wanderlager angezeigt in der Alten Mühle?

Wenn, ja ...

Ist es nicht, nein. Aha.

Es liegt keine Anmeldung vor, hier darf kein Verkauf stattfinden.

Das scheint den Veranstalter aber nicht zu stören.

Er präsentiert den Senioren jetzt eine Matratze -

für stolze 2900 Euro.

Weil das keine normale Matratze ist, die kann Demenz stoppen.

Wie geht das?

Dieser Hauptnervenstrang läuft durch die ganze Wirbelsäule.

Wenn hier zu viel Druck drauf ist,

wird unser Gehirn minderversorgt und das löst im Alter Demenz aus.

Die Matratze minimiert den Druck und stoppt die Demenz.

Also, greifen Sie zu!

Sie merken das doch, dass Sie langsam schusslig werden.

Vier Stunden redet der Verkäufer auf die Senioren ein,

doch niemand will die teure Matratze kaufen.

Und auf einmal hat es der Mann sehr eilig.

Ich muss den Bus überbrücken, der springt nicht an

und ihr wollt ja noch ans Steinhuder Meer.

Das kommt Karin merkwürdig vor, sie schlägt Alarm.

Bernhard Stitz will wissen, was da los ist

und gibt seine Tarnung auf.

Der schnauzt die Leute an, Waltraud wurde angemacht.

Und dann sagt er 13 Kunden, die das kaufen, ...

... die kriegen noch 1000 Mal Höheres an Preisen.

Du hast gar nichts bekommen - mehr.

Die Unruhe nutzt der Verkäufer, um in seinem Wagen zu verschwinden.

Bernhard Stitz fragt beim Busfahrer nach.

Schönen guten Tag, geht es noch zum Steinhuder Meer?

Ich kriege das per Telefon gesagt.

Es wurde ja versprochen.

Der Busfahrer hat gar keinen Plan, bekommt die Route am Telefon gesagt.

Auf einmal taucht die Gastwirtin auf.

Wenn Sie ihre Räumlichkeiten wider besseren Wissens

an solche Ganoven, bleiben es ja, vermieten:

Dann können Sie abgemahnt werden als Mitstörer

nach dem Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb.

Da kommen einige tausend Euro auf Sie zu.

Ich weiß nicht, ob sich das auf Dauer lohnt.

Ich habe mit dem Ordnungsamt telefoniert.

Die wissen, dass hier so was schon mal stattfand.

Die sagten, heute darf nichts stattfinden.

Am Telefon ist jetzt das Busunternehmen,

das der Veranstalter für diese Fahrt gebucht hatte.

Und es ist so abgesprochen mit dem Veranstalter?

Dass es nach der Veranstaltung im Gasthof

wieder zurück geht, ist das richtig?

Alles klar.

Gut, dann fahren Sie jetzt die Bushaltestellen zurück.

Also sollte es von Anfang an gar nicht zum Steinhuder Meer gehen.

Der Fahrer ist gebucht worden von dem Herrn da drin.

Hiermit ist die Reise beendet.

Und Geschenke haben wir auch nicht bekommen.

Das war eine Kaffeefahrt.

Da wird viel versprochen, damit die Leute hinkommen.

Sie werden hier auch bei der nächsten Fahrt

Billig-Produkte für viel Geld einkaufen können.

Bis auf ein kostenloses Frühstück wurde kein Versprechen eingehalten.

Die Ordnungsbehörde ist trotzdem nicht eingeschritten –

aus Personalmangel.

Auch Ingrid Friedrich nahm an einer Kaffeefahrt teil.

Sie hat dabei viel Geld verloren.

Die Rentnerin hat sich ein teures, aber nutzloses Nackenmassage-Gerät

aufschwatzen lassen.

Wie viel haben Sie bezahlt, 2700? Ja, 3000 sollte es kosten.

Und dann hat er damit geködert,

wenn man Barzahlung macht, würde er 300 runter gehen.

Weil Ingrid Friedrich kein Bargeld bei sich hat,

wird sie von einem Helfer von der Reisegruppe getrennt.

Der hat mich tatsächlich nach Hause, nach Lüneburg gefahren.

Ich hatte zu Hause das Geld nicht, musste zu meiner Sparkasse.

"Sie brauchen nur zu zeigen, wo es langgeht ..."

Die Geldübergabe lässt sich Ingrid Friedrich quittieren.

Doch eine einfache Unterschrift nützt ihr nichts.

Leider kein Adressat dabei - kein Name, kein Widerspruch.

Er sagte, ich kriege alles zugeschickt.

So haben die Ganoven gearbeitet vor 30 Jahren schon.

Ärgerlich, dass die immer damit durchkommen.

Weil's noch zu viel Doofe gibt.

Es reicht ein Einziger, und in diesem Fall reichten Sie ja,

um ihm einen Gewinn zu machen.

Einen ziemlich großen sogar.

Im Internet findet Bernhard Stitz ein vergleichbares Produkt

für gerade mal 55 Euro.

Jetzt ärgert's mich natürlich noch mehr.

Hat man das Geld rausgeschmissen und es bringt nichts.

Ich hatte gehofft, hast du eine kleine Erleichterung,

kannst durch den Tag besser leben.

Aber dass das gar nichts ist, damit habe ich auch nicht gerechnet.

Sie stehen aber nicht alleine da.

Wir machen in der Sache, was wir können.

Und mal schauen: Wir bleiben in Verbindung.

Sie bekommen gleich noch meine Telefonnummer. Und ...

Ich überlege mir das oft auch abends im Bett:

Kannst du noch was unternehmen?

Ich bin zu spät darauf gekommen, dass ich zur Polizei gehen könnte.

Weil ich mir dachte, die sagen ja auch,

wenn du so blöde bist, brauchst du gar nicht zu kommen.

Genau darauf setzen die Verkäufer.

Nur die wenigsten Fälle werden bei der Polizei angezeigt.

Aber Bernhard Stitz wird diesen Fall weiter verfolgen.

Eine Woche später der nächste Einsatz für die Rentner:

Lagebesprechung am Morgen.

Eine fantastische Einladung heute: 880 Euro werden versprochen.

Die wirst du leider nicht bekommen.

Die will ich haben, wenn's da steht! Ja, ein Anrecht hast du drauf.

Was versprochen wird, muss es eingehalten werden.

Frag bitte gleich mal danach, wie es aussieht mit den 880 Euro.

Und wenn der Verkauf stattfindet, bitte Bescheid geben, SMS schicken.

Dann kann ich die Polizei auch mit ins Boot holen.

Die Vorgehensweise ist wie gehabt: Karin gibt sich als Teilnehmerin aus.

Begleitet wird sie diesmal nur von einem Kameramann.

Der Reisebus fährt zwei weitere Haltestellen an.

Insgesamt steigen 17 Senioren ein.

Dann geht es über die Autobahn.

Erst zwei Stunden später

teilt der Busfahrer den Zielort mit.

Es geht zu einem Gasthof ins niedersächsische Dorfmark.

Sie werden sehnsüchtig erwartet,

ich habe schon zwei Anrufe bekommen, wo wir bleiben.

Wenn wir ankommen, nimmt Sie der Veranstalter in Empfang.

Also von den Leuten, von denen Sie eingeladen wurden,

von denen Sie Post bekommen haben.

Bernhard, wir fahren nach Dorfmark zur Post.

Dann nähert sich der Bus seinem Ziel.

Nur der Busfahrer steigt aus, die Senioren müssen warten.

Bernhard Stitz ist auf seiner Beobachtungsposition.

Nach fünf Minuten verlassen Verkäufer und Busfahrer den Gasthof.

Die Reisegruppe wird weggefahren - ungewöhnlich.

Stitz fragt bei den Gastwirten nach.

Moin, ich komm zu spät. Was?

Hier sollte doch eine Veranstaltung stattfinden.

Keine Ahnung.

Sind Sie der Gastwirt hier? Ja.

Der Gastwirt gibt sich ahnungslos.

Er weiß von nichts.

Als ich ihn darauf ansprach, dass er auch nichts sagen müsste,

schmunzelte er.

Natürlich weiß er davon, was hier stattgefunden wäre.

Was Bernhard Stitz nicht ahnt:

Schon bald wird er diesen Gastwirt wiedersehen.

Der Reisebus fährt zurück nach Hamburg,

liefert die Teilnehmer wieder ab.

Warum die Veranstalter die heutige Fahrt abgebrochen haben,

weiß Stitz nicht.

Ich denke, dass sie den Busfahrer gebrieft haben:

Achte darauf, wenn dir irgendwas komisch vorkommt.

Möglichweise ist ...

... unser Wagen zweimal dem Busfahrer aufgefallen.

Das würde schon reichen, um Bescheid zu geben,

mir is irgendwas nicht geheuer.

Und dann wird das auch schon mal abgeblasen.

Gerade im Frühsommer finden viele solcher "Ausflugsfahrten" statt.

Etwa fünf Millionen Menschen fahren jährlich mit.

Auch Stitz' Mutter wurde zum Opfer.

Seitdem warnt er unermüdlich:

Ihr werdet da gnadenlos abgezockt, betrogen.

Hier ist wieder ein Artikel,

prägt euch das ein für die nächste Kaffeefahrt.

Ich kann das den Leuten gar nicht ausreden.

Die fahren raus, aufgrund ihrer Einsamkeit.

Aber sagt Nein.

Ein Drohbrief von Kaffeefahrt-Betreibern –

Alltag für Stitz.

Dieser Satz: Du stehst auf der Fahndungsliste,

das nächste Mal gibt's den Arsch voll.

Mir als Polizeibeamten zu drohen, Schläge anzudrohen,

ist kontraproduktiv.

Ich fahr jetzt mit, seit dem Jahr 2000,

und fahr sie alle an die Wand, diese Veranstaltungen.

Der Drohbrief kam an seine Privatadresse.

Inzwischen ist Bernhard Stitz zum Schutz seiner Familie umgezogen

und hat Sicherheitsmaßnahmen getroffen.

Ich habe mich behördlich sperren lassen.

Man bekommt meine Adresse schwer raus.

Ich habe zu Hause Sicherungsmaßnahmen vorgenommen.

Ich habe einen fantastischen Wachhund hier,

der anschlägt beim leisesten Geräusch.

Ich kann gut schlafen, ruhig schlafen!

Ein neuer Einsatz für Bernhard Stitz.

Nach dem Reinfall beim letzten Mal

will er diesmal noch vorsichtiger vorgehen.

Der Ex-Kommissar wartet deshalb einige Kilometer entfernt

auf eine Nachricht von Undercover-Agentin Karin.

Es soll nach Dorfmark gehen.

Hm, wenn mich nicht alles täuscht, ist dieses Dorfmark das Dorfmark,

wo wir vor einiger Zeit schon mal aufgeflogen sind.

Das wäre ein Hammer.

Diesmal findet die Verfolgung mit größtmöglichem Abstand statt.

Nur dank eines GPS-Signals sieht Bernhard Stitz,

wo der Bus gerade langfährt.

Wir wissen ja vom letzten Mal, dass die Veranstalter

auf jede Unregelmäßigkeit reagieren und sofort abblasen.

Insofern müssen wir heute auf jede Auffälligkeit verzichten.

Es geht über die Autobahn.

Nach zwei Stunden meldet sich Karin erneut.

Diesmal mit einer konkreten Zieladresse.

Das gibt's doch gar nicht.

Es geht wieder zu dem Ort und auch zu der Gaststätte,

bei der wir neulich waren, zur Post.

Der ist besonders dreist, der Gastwirt.

Ich hatte ihm gesagt, was auf ihn zukommt.

Heute kommt das auf ihn zu, da wird er sich wundern.

Der Reisebus hat sein Ziel erreicht

und die Senioren werden in den Gasthof gelotst.

Drinnen sind schon einige Produkte ausgestellt.

Laut Einladung soll es die heute alle geschenkt geben.

Und der Verkäufer macht sogar noch zusätzliche Versprechen.

Halten Sie sich fest!

Als kleines Dankeschön, dass Sie mir heute zuhören,

darf ich jetzt jedem Reisegast, der mitgefahren ist,

eine nagelneue, wunderschöne Schmuckkollektion schenken.

Das Ganze ist 98 Euro wert.

Ich darf es euch zu einer einmaligen Schutzgebühr

von nur 49,90 Euro - schenken!

Auch Karin bekommt eine Schmuckschatulle.

Doch geschenkt gibt es hier nichts.

Und hier auch einmal 50. Wieso 50?

50 Euro kostet die Schutzgebühr. Soll ich bezahlen? Klar.

Dann will ich den nicht. Dann lass dir das nicht geben.

Du musst mal zuhören und nicht mehr stören.

Jetzt habe ich die Schnauze voll von dir.

Dann ist das Hauptprodukt an der Reihe.

Über vier Stunden klärt der Verkäufer

die Senioren über die Vorteile eines teuren Vitaminsaftes auf.

Karin heuchelt Interesse

und lässt sich den Preis vom Verkaufshelfer erklären.

Schaut mal, normalerweise kostet die Vitaminkur 2498 Euro.

Weil Sie das Glück haben, hier zu sein,

bekommen Sie einmal 500 Euro Rabatt.

Dann noch einmal 700 Euro Nachlass.

Wenn ich das gleich abziehe, sind es nur noch 1298 Euro.

Und dann bekommen Sie noch ein Geschenk

kostenlos von der Werbefirma auch noch mal dazu.

Sie hatten Interesse an den Kochtöpfen, die lege ich drauf.

Das müsste ich hier unterschreiben? Das Angebot gilt nur jetzt.

Um bei einem Verkauf rechtzeitig eingreifen zu können,

kontaktiert Bernhard Stitz vorsorglich die Ordnungsbehörde.

Dort scheint die Gaststätte längst bekannt zu sein.

Man sehe aber keinen akuten Handlungsbedarf,

prüfe den Sachverhalt derzeit.

Hier passieren Straftaten.

Sie sehen ja die Leute, das sind Opfer.

Diese Opfer muss man schützen.

Denen werden da billige Vitamine verkauft.

Das wird heute auch der Fall sein.

Die kriegt man überall im Discounter für ein, zwei Euro.

Die werden für 1200 Euro verkauft. Da sind wir im Bereich der Straftat.

Wenn man da nicht gegen angehen kann,

weiß ich nicht, was noch noch passieren muss.

Keine Hilfe von der Ordnungsbehörde.

Dann meldet sich Karin: Der Vitaminsaft wurde verkauft.

Bernhard.

Okay, ich rufe die Polizei an.

Danke schön.

Mein Name ist Bernhard Stitz,

ich möchte einen Betrug melden, der in diesem Moment stattfindet.

Billige Vitamine werden hier für 1200 Euro verkauft.

Okay, danke schön. Tschüss.

Ha! Sehr schön.

Kollegen kommen hin. Ich freu mich!

Stitz empfängt die Ermittler

ein paar Hundert Meter vor dem Einsatzort.

Bernhard Stitz, Polizeibeamter im Ruhestand.

Vielen Dank.

Einige Sekunden, nachdem die Polizei den Gasthof gestürmt hat,

steht Stitz vor verschlossener Tür.

Hinter der Glastür das Ehepaar, das den Gasthof führt.

Machen Sie die Tür auf. Ich mach gar nichts.

Is doch alles legal hier.

Sie haben das doch angemeldet bei der Ordnungsbehörde.

Dass die Gastwirtin uns nicht reinlassen will,

spricht für sich.

Sie hat ein schlechtes Gewissen - zu Recht.

Wenn sie ihre Räumlichkeiten Straftätern zur Verfügung stellt,

ist das sehr ungünstig, freundlich formuliert.

Drinnen beendet die Polizei die Veranstaltung.

Den Verkäufern und den Gastwirten drohen 1000 Euro Bußgeld.

Während die Ermittler alle Personaldaten aufnehmen,

kassiert die Wirtin das angebliche Gratis-Mittagessen ab.

Dann geht's für die Senioren über den Hinterhof zum Bus.

Finden Sie das wirklich schön, was Sie hier machen?

Senioren zu einer Treibjagd zu fahren,

dass man die abzocken kann?

Und dann werden sie freiwillig von Straftätern über den Tisch gezogen.

Sie sind beteiligt.

Hier will noch jemand mit!

Die Dame will mit.

Dieser Busfahrer ist einer von den Bösen.

Er schiebt seine Verantwortung auf die Senioren.

"Die fahren ja alle freiwillig mit, sind alle alt genug."

Aber was mit denen hier passiert, das sieht er nicht.

Das will er nicht sehen.

Stitz findet: Busfahrer und Wirte machen sich mitschuldig.

Erfolgreiche Einsätze bedeuten für Bernhard Stitz

immer etwas Nacharbeit.

Fast drei Wochen sind vergangen.

Zu Hause verfolgte der pensionierte Polizist

die Arbeit seiner Kollegen.

Es gibt gute Nachrichten:

Die Käuferin hat noch im Beisein der Polizei

den Kaufvertrag rückgängig gemacht, er wurde zerrissen.

Die Polizei hat, was mich freut, auch eine Strafanzeige geschrieben

und zur Staatsanwaltschaft weitergereicht.

Mit der Bitte, eine Entscheidung zu treffen,

inwieweit weiterermittelt werden soll.

Vier Wochen später ist Bernhard Stitz

erneut zu Gast bei Ingrid Friedrich.

Die Rentnerin hatte sich bei einer Kaffeefahrt

ein nutzloses Massagegerät für 2700 Euro aufschwatzen lassen.

Auf Anraten von Stitz hatte sie den Betrug angezeigt.

Wenn ich richtig verstanden habe, haben Sie keine gute Nachricht?

Sie haben Post bekommen.

Die haben mir geschrieben, das Verfahren sei eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft? Darf ich das Schreiben mal sehen?

Ja, gerne.

"Das Verfahren wurde eingestellt,

weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.

Wenn keine neuen Anhaltspunkte bekannt werden,

ist das Thema durch."

Der Vorgang wird nicht gleich geschreddert,

aber den rührt keiner mehr an.

Kein Staatsanwalt, kein Polizist.

Das ist weg das Geld, das werden Sie nie wiedersehen.

Das muss ich Ihnen mitteilen, keine Hoffnung.

Jetzt kriegste die Schläge dafür, wenn man so blöde ist.

Hoffentlich machste das nicht wieder.

Bernhard Stitz kann in diesem Fall nichts mehr tun.

Versprechen Sie mir, nicht mehr mitzufahren.

Und wenn, üben Sie, Nein zu sagen: Nein, nein, nein.

Von nichts beeinflussen lassen.

Sie werden da betrogen.

Vielen Dank. Ich werde an Ihre Worte denken.

Für Ingrid Friedrich war es die letzte Kaffeefahrt.

Bernhard Stitz wird weiterhin im Einsatz sein.

Auch, wenn er nicht in jedem Fall helfen kann,

will er es den Geschäftemachern so schwer wie möglich machen.

Copyright Untertitel: NDR 2018


Betrug: Kampf den Kaffeefahrten | NDR Doku | DIE REPORTAGE Fraud: Fight the coffee runs | NDR Doku | DIE REPORTAGE

Eine Ausflugsfahrt umsonst - mit Gratisessen und Geschenken.

Solche Einladungen erhalten viele in diesen Tagen.

Wer mitfährt, wird oft böse überrascht.

Wer das nicht kauft, läuft blindlings in die Demenz rein.

Statt eines Ausflugs ist es eine Verkaufsveranstaltung -

in meist abgelegenen Gasthöfen.

Das ist doch ... Betrug!

Er kämpft gegen diesen Betrug: Ex-Polizeikommissar Bernhard Stitz.

Wenn mal wieder Senioren über's Ohr gehauen werden,

greift er ein.

Wir stoppen jetzt die Veranstaltung,

gehen da rein und machen den Laden dicht.

Stitz verdirbt den Veranstaltern immer wieder das Geschäft.

Einschüchtern lässt er sich nicht.

Sie können heute abgemahnt werden als Mitstörer, nach diesem Gesetz.

Untertitel: Norddeutscher Rundfunk 2018

Lagebesprechung in der Küche der Bethmanns.

Uwe und Susanne haben eine Einladung erhalten.

Eine Ausflugsfahrt mit Schiffstour - gratis.

Sie sind skeptisch und informierten Bernhard Stitz –

ein Tipp der Verbraucherzentrale.

Nach meiner Erfahrung:

Diese Schiffstour wird nicht stattfinden,

nicht enttäuscht sein.

Die Bethmanns fahren trotzdem mit.

Bernhard Stitz brieft sie, wie sie sich verhalten sollen.

Ich vermute, gleich wird ein einsam gelegener Gasthof angesteuert.

Wenn sich einer von euch gleich mal zu fragen traut,

was mit der Schiffstour ist? Sehr gerne.

Der Spruch ist typisch wieder für die Ganoven.

Auch Karin (77) ist mit dabei.

Sie kämpft seit Jahren mit Bernhard Stitz gegen Kaffeefahrten.

Wir halten Verbindung draußen.

Sobald es hier zu einem Verkauf kommen wird,

sind wir dabei mit Polizei und Ordnungsamt.

Ich bin mal gespannt, was heute so abgeht.

Ausgestattet mit versteckter Kamera und einem Ortungsgerät

wartet das Undercover-Team an der Bushaltestelle.

Mit ihm viele andere Teilnehmer - alles Senioren.

Die meisten von ihnen glauben an die versprochene Schifffahrt

auf dem Steinhuder Meer - ahnungslos steigen sie ein.

Fünf Millionen Deutsche jährlich

nehmen an solchen "Ausflugsfahrten" teil.

Bernhard Stitz fährt nicht mit.

Er ist zu bekannt bei den Veranstaltern dieser Reisen.

Er folgt dem Bus mit einigem Abstand.

Nach 20 Minuten die erste Nachricht:

Die Undercover-Senioren teilen mit, es soll nach Isernhagen gehen.

Soweit meine Kenntnisse reichen, ist das nicht am Steinhuder Meer.

Mal abwarten.

Der Bus fährt eine weitere Haltestelle an.

Noch mehr Teilnehmer steigen ein.

Laut Einladung sollte die Fahrt kostenlos sein.

Doch nun kassiert der Fahrer von jedem Teilnehmer drei Euro.

Warum kostet das denn jetzt was?

Das stand auf der Einladung drauf. Auf meiner nicht.

Nach meiner Erfahrung und nach über 100 Kaffeefahrten:

Die Wahrscheinlichkeit liegt nahezu bei 100 %,

dass das Versprochene nicht eingehalten wird.

Hier geht's um die Schifffahrt, in anderen Fällen um Fahrräder.

Alles Mögliche wird versprochen

aufgrund eines Jubiläums oder eines Preisausschreibens.

Versprechen müssen gehalten werden – doch meist passiert das nicht.

Achtung: Die nächste Nachricht ist eingegangen

von unseren Undercover-Agenten.

Wir fahren jetzt ...

... nach Husum in die Alte Mühle.

Husum in Niedersachsen ist gemeint.

Stitz vermutet, dass gleich ein Verkauf stattfinden wird.

Ohne Anmeldung wäre das illegal.

Erste Teilnehmer werden skeptisch.

Fahren wir noch zum Steinhuder Meer auf die Schifffahrt?

Wollen Sie da etwa nicht hin? Doch, unbedingt.

Na, sicher fahren wir dahin, das ist doch der Zweck dieser Reise.

Es gebe jetzt das Gratisfrühstück, verspricht der Veranstalter.

Bernhard Stitz beobachtet die Situation

aus einigen hundert Metern Entfernung.

Die Leute sind darauf angewiesen, dort zu bleiben.

Die können sich nirgendwo anders aufhalten.

Die nächsten zwei bis fünf Stunden,

sind sie richtig festgenagelt in diesem Gasthof.

Von hier weg kommt so leicht keiner.

Umso leichter ist es für den Verkäufer,

seine Gäste einzuschüchtern.

Einige Herrschaften bekommen einen original verpackten Handy-Computer

als Geschenk hier und heute mit nach Hause.

Aber hier im Saal sitzen einige Gäste,

die kann ich nicht leiden, von der ersten Sekunde an nicht.

Wenn ich jetzt so teure Geschenke verschenken darf,

wen suche ich mir da aus?

Doch jemanden, der mir sympathisch ist, oder nicht?

Zuckerbrot und Peitsche.

Nach diesem Prinzip laufen viele solcher Veranstaltungen.

Doch noch kann Bernhard Stitz nicht eingreifen.

Das Problem ist, das bislang nichts passiert ist.

Das Frühstück darf es geben, solange nichts verkauft wird.

Wir müssen warten, bis der Verkauf stattgefunden hat.

Bis dahin wird Stitz mit Karin in Verbindung bleiben.

Seit zwölf Jahren gehört sie zum Undercover-Team

des pensionierten Polizisten.

Gemeinsam mit Mitstreiter Rolf Jordt

hat die 77-Jährige schon einige Einsätze mitgemacht.

Ich habe schon erlebt, wenn ich zu viel gesagt habe,

dann kam der Adjutant des Redners und hat mir Bonbons hingelegt.

Dann sagte er, ich soll erst mal Bonbons lutschen und Klappe halten.

Mir hat letztens jemand gesagt, weil ich zu laut war:

"Machen Sie mal weiter so, ich schmeiß sie gleich raus."

Sobald die verkauft haben, sind die weg.

Ja, das geht ratzefatze.

Die lügen, wenn sie sich vorstellen und dann sind sie weg.

Die Einladungen ähneln sich.

Angepriesen werden Gratis-Ausflugsfahrten und Geschenke.

Für Ehepaare gibt es die doppelte Menge

und auch eine Espresso-Maschine - siehe Foto.

Ja, hier das Bild der Maschine - das ist unglaublich.

Auf der Rückseite geht's weiter.

Ja, für den Herrn, für die Dame, ein Topfset gibt's noch dazu.

Was sie nicht reinschreiben, ist, dass du nur Geschenke bekommst,

wenn du auch was gekauft hast.

Das ist ja das, was zieht.

Wenn sie das reinschreiben würden, käme ja keiner mit.

Im Grunde genommen haben sie dich damit gelockt.

Zurück am Einsatzort im niedersächsischen Husum.

Stitz ruft beim Ordnungsamt an,

ob die Verkaufsveranstaltung vorschriftsmäßig angemeldet wurde.

Wenn nicht, ist sie illegal und die Polizei kann sie auflösen.

Ist ein Wanderlager angezeigt in der Alten Mühle?

Wenn, ja ...

Ist es nicht, nein. Aha.

Es liegt keine Anmeldung vor, hier darf kein Verkauf stattfinden.

Das scheint den Veranstalter aber nicht zu stören.

Er präsentiert den Senioren jetzt eine Matratze -

für stolze 2900 Euro.

Weil das keine normale Matratze ist, die kann Demenz stoppen.

Wie geht das?

Dieser Hauptnervenstrang läuft durch die ganze Wirbelsäule.

Wenn hier zu viel Druck drauf ist,

wird unser Gehirn minderversorgt und das löst im Alter Demenz aus.

Die Matratze minimiert den Druck und stoppt die Demenz.

Also, greifen Sie zu!

Sie merken das doch, dass Sie langsam schusslig werden.

Vier Stunden redet der Verkäufer auf die Senioren ein,

doch niemand will die teure Matratze kaufen.

Und auf einmal hat es der Mann sehr eilig.

Ich muss den Bus überbrücken, der springt nicht an

und ihr wollt ja noch ans Steinhuder Meer.

Das kommt Karin merkwürdig vor, sie schlägt Alarm.

Bernhard Stitz will wissen, was da los ist

und gibt seine Tarnung auf.

Der schnauzt die Leute an, Waltraud wurde angemacht.

Und dann sagt er 13 Kunden, die das kaufen, ...

... die kriegen noch 1000 Mal Höheres an Preisen.

Du hast gar nichts bekommen - mehr.

Die Unruhe nutzt der Verkäufer, um in seinem Wagen zu verschwinden.

Bernhard Stitz fragt beim Busfahrer nach.

Schönen guten Tag, geht es noch zum Steinhuder Meer?

Ich kriege das per Telefon gesagt.

Es wurde ja versprochen.

Der Busfahrer hat gar keinen Plan, bekommt die Route am Telefon gesagt.

Auf einmal taucht die Gastwirtin auf.

Wenn Sie ihre Räumlichkeiten wider besseren Wissens

an solche Ganoven, bleiben es ja, vermieten:

Dann können Sie abgemahnt werden als Mitstörer

nach dem Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb.

Da kommen einige tausend Euro auf Sie zu.

Ich weiß nicht, ob sich das auf Dauer lohnt.

Ich habe mit dem Ordnungsamt telefoniert.

Die wissen, dass hier so was schon mal stattfand.

Die sagten, heute darf nichts stattfinden.

Am Telefon ist jetzt das Busunternehmen,

das der Veranstalter für diese Fahrt gebucht hatte.

Und es ist so abgesprochen mit dem Veranstalter?

Dass es nach der Veranstaltung im Gasthof

wieder zurück geht, ist das richtig?

Alles klar.

Gut, dann fahren Sie jetzt die Bushaltestellen zurück.

Also sollte es von Anfang an gar nicht zum Steinhuder Meer gehen.

Der Fahrer ist gebucht worden von dem Herrn da drin.

Hiermit ist die Reise beendet.

Und Geschenke haben wir auch nicht bekommen.

Das war eine Kaffeefahrt.

Da wird viel versprochen, damit die Leute hinkommen.

Sie werden hier auch bei der nächsten Fahrt

Billig-Produkte für viel Geld einkaufen können.

Bis auf ein kostenloses Frühstück wurde kein Versprechen eingehalten.

Die Ordnungsbehörde ist trotzdem nicht eingeschritten –

aus Personalmangel.

Auch Ingrid Friedrich nahm an einer Kaffeefahrt teil.

Sie hat dabei viel Geld verloren.

Die Rentnerin hat sich ein teures, aber nutzloses Nackenmassage-Gerät

aufschwatzen lassen.

Wie viel haben Sie bezahlt, 2700? Ja, 3000 sollte es kosten.

Und dann hat er damit geködert,

wenn man Barzahlung macht, würde er 300 runter gehen.

Weil Ingrid Friedrich kein Bargeld bei sich hat,

wird sie von einem Helfer von der Reisegruppe getrennt.

Der hat mich tatsächlich nach Hause, nach Lüneburg gefahren.

Ich hatte zu Hause das Geld nicht, musste zu meiner Sparkasse.

"Sie brauchen nur zu zeigen, wo es langgeht ..."

Die Geldübergabe lässt sich Ingrid Friedrich quittieren.

Doch eine einfache Unterschrift nützt ihr nichts.

Leider kein Adressat dabei - kein Name, kein Widerspruch.

Er sagte, ich kriege alles zugeschickt.

So haben die Ganoven gearbeitet vor 30 Jahren schon.

Ärgerlich, dass die immer damit durchkommen.

Weil's noch zu viel Doofe gibt.

Es reicht ein Einziger, und in diesem Fall reichten Sie ja,

um ihm einen Gewinn zu machen.

Einen ziemlich großen sogar.

Im Internet findet Bernhard Stitz ein vergleichbares Produkt

für gerade mal 55 Euro.

Jetzt ärgert's mich natürlich noch mehr.

Hat man das Geld rausgeschmissen und es bringt nichts.

Ich hatte gehofft, hast du eine kleine Erleichterung,

kannst durch den Tag besser leben.

Aber dass das gar nichts ist, damit habe ich auch nicht gerechnet.

Sie stehen aber nicht alleine da.

Wir machen in der Sache, was wir können.

Und mal schauen: Wir bleiben in Verbindung.

Sie bekommen gleich noch meine Telefonnummer. Und ...

Ich überlege mir das oft auch abends im Bett:

Kannst du noch was unternehmen?

Ich bin zu spät darauf gekommen, dass ich zur Polizei gehen könnte.

Weil ich mir dachte, die sagen ja auch,

wenn du so blöde bist, brauchst du gar nicht zu kommen.

Genau darauf setzen die Verkäufer.

Nur die wenigsten Fälle werden bei der Polizei angezeigt.

Aber Bernhard Stitz wird diesen Fall weiter verfolgen.

Eine Woche später der nächste Einsatz für die Rentner:

Lagebesprechung am Morgen.

Eine fantastische Einladung heute: 880 Euro werden versprochen.

Die wirst du leider nicht bekommen.

Die will ich haben, wenn's da steht! Ja, ein Anrecht hast du drauf.

Was versprochen wird, muss es eingehalten werden.

Frag bitte gleich mal danach, wie es aussieht mit den 880 Euro.

Und wenn der Verkauf stattfindet, bitte Bescheid geben, SMS schicken.

Dann kann ich die Polizei auch mit ins Boot holen.

Die Vorgehensweise ist wie gehabt: Karin gibt sich als Teilnehmerin aus.

Begleitet wird sie diesmal nur von einem Kameramann.

Der Reisebus fährt zwei weitere Haltestellen an.

Insgesamt steigen 17 Senioren ein.

Dann geht es über die Autobahn.

Erst zwei Stunden später

teilt der Busfahrer den Zielort mit.

Es geht zu einem Gasthof ins niedersächsische Dorfmark.

Sie werden sehnsüchtig erwartet,

ich habe schon zwei Anrufe bekommen, wo wir bleiben.

Wenn wir ankommen, nimmt Sie der Veranstalter in Empfang.

Also von den Leuten, von denen Sie eingeladen wurden,

von denen Sie Post bekommen haben.

Bernhard, wir fahren nach Dorfmark zur Post.

Dann nähert sich der Bus seinem Ziel.

Nur der Busfahrer steigt aus, die Senioren müssen warten.

Bernhard Stitz ist auf seiner Beobachtungsposition.

Nach fünf Minuten verlassen Verkäufer und Busfahrer den Gasthof.

Die Reisegruppe wird weggefahren - ungewöhnlich.

Stitz fragt bei den Gastwirten nach.

Moin, ich komm zu spät. Was?

Hier sollte doch eine Veranstaltung stattfinden.

Keine Ahnung.

Sind Sie der Gastwirt hier? Ja.

Der Gastwirt gibt sich ahnungslos.

Er weiß von nichts.

Als ich ihn darauf ansprach, dass er auch nichts sagen müsste,

schmunzelte er.

Natürlich weiß er davon, was hier stattgefunden wäre.

Was Bernhard Stitz nicht ahnt:

Schon bald wird er diesen Gastwirt wiedersehen.

Der Reisebus fährt zurück nach Hamburg,

liefert die Teilnehmer wieder ab.

Warum die Veranstalter die heutige Fahrt abgebrochen haben,

weiß Stitz nicht.

Ich denke, dass sie den Busfahrer gebrieft haben:

Achte darauf, wenn dir irgendwas komisch vorkommt.

Möglichweise ist ...

... unser Wagen zweimal dem Busfahrer aufgefallen.

Das würde schon reichen, um Bescheid zu geben,

mir is irgendwas nicht geheuer.

Und dann wird das auch schon mal abgeblasen.

Gerade im Frühsommer finden viele solcher "Ausflugsfahrten" statt.

Etwa fünf Millionen Menschen fahren jährlich mit.

Auch Stitz' Mutter wurde zum Opfer.

Seitdem warnt er unermüdlich:

Ihr werdet da gnadenlos abgezockt, betrogen.

Hier ist wieder ein Artikel,

prägt euch das ein für die nächste Kaffeefahrt.

Ich kann das den Leuten gar nicht ausreden.

Die fahren raus, aufgrund ihrer Einsamkeit.

Aber sagt Nein.

Ein Drohbrief von Kaffeefahrt-Betreibern –

Alltag für Stitz.

Dieser Satz: Du stehst auf der Fahndungsliste,

das nächste Mal gibt's den Arsch voll.

Mir als Polizeibeamten zu drohen, Schläge anzudrohen,

ist kontraproduktiv.

Ich fahr jetzt mit, seit dem Jahr 2000,

und fahr sie alle an die Wand, diese Veranstaltungen.

Der Drohbrief kam an seine Privatadresse.

Inzwischen ist Bernhard Stitz zum Schutz seiner Familie umgezogen

und hat Sicherheitsmaßnahmen getroffen.

Ich habe mich behördlich sperren lassen.

Man bekommt meine Adresse schwer raus.

Ich habe zu Hause Sicherungsmaßnahmen vorgenommen.

Ich habe einen fantastischen Wachhund hier,

der anschlägt beim leisesten Geräusch.

Ich kann gut schlafen, ruhig schlafen!

Ein neuer Einsatz für Bernhard Stitz.

Nach dem Reinfall beim letzten Mal

will er diesmal noch vorsichtiger vorgehen.

Der Ex-Kommissar wartet deshalb einige Kilometer entfernt

auf eine Nachricht von Undercover-Agentin Karin.

Es soll nach Dorfmark gehen.

Hm, wenn mich nicht alles täuscht, ist dieses Dorfmark das Dorfmark,

wo wir vor einiger Zeit schon mal aufgeflogen sind.

Das wäre ein Hammer.

Diesmal findet die Verfolgung mit größtmöglichem Abstand statt.

Nur dank eines GPS-Signals sieht Bernhard Stitz,

wo der Bus gerade langfährt.

Wir wissen ja vom letzten Mal, dass die Veranstalter

auf jede Unregelmäßigkeit reagieren und sofort abblasen.

Insofern müssen wir heute auf jede Auffälligkeit verzichten.

Es geht über die Autobahn.

Nach zwei Stunden meldet sich Karin erneut.

Diesmal mit einer konkreten Zieladresse.

Das gibt's doch gar nicht.

Es geht wieder zu dem Ort und auch zu der Gaststätte,

bei der wir neulich waren, zur Post.

Der ist besonders dreist, der Gastwirt.

Ich hatte ihm gesagt, was auf ihn zukommt.

Heute kommt das auf ihn zu, da wird er sich wundern.

Der Reisebus hat sein Ziel erreicht

und die Senioren werden in den Gasthof gelotst.

Drinnen sind schon einige Produkte ausgestellt.

Laut Einladung soll es die heute alle geschenkt geben.

Und der Verkäufer macht sogar noch zusätzliche Versprechen.

Halten Sie sich fest!

Als kleines Dankeschön, dass Sie mir heute zuhören,

darf ich jetzt jedem Reisegast, der mitgefahren ist,

eine nagelneue, wunderschöne Schmuckkollektion schenken.

Das Ganze ist 98 Euro wert.

Ich darf es euch zu einer einmaligen Schutzgebühr

von nur 49,90 Euro - schenken!

Auch Karin bekommt eine Schmuckschatulle.

Doch geschenkt gibt es hier nichts.

Und hier auch einmal 50. Wieso 50?

50 Euro kostet die Schutzgebühr. Soll ich bezahlen? Klar.

Dann will ich den nicht. Dann lass dir das nicht geben.

Du musst mal zuhören und nicht mehr stören.

Jetzt habe ich die Schnauze voll von dir.

Dann ist das Hauptprodukt an der Reihe.

Über vier Stunden klärt der Verkäufer

die Senioren über die Vorteile eines teuren Vitaminsaftes auf.

Karin heuchelt Interesse

und lässt sich den Preis vom Verkaufshelfer erklären.

Schaut mal, normalerweise kostet die Vitaminkur 2498 Euro.

Weil Sie das Glück haben, hier zu sein,

bekommen Sie einmal 500 Euro Rabatt.

Dann noch einmal 700 Euro Nachlass.

Wenn ich das gleich abziehe, sind es nur noch 1298 Euro.

Und dann bekommen Sie noch ein Geschenk

kostenlos von der Werbefirma auch noch mal dazu.

Sie hatten Interesse an den Kochtöpfen, die lege ich drauf.

Das müsste ich hier unterschreiben? Das Angebot gilt nur jetzt.

Um bei einem Verkauf rechtzeitig eingreifen zu können,

kontaktiert Bernhard Stitz vorsorglich die Ordnungsbehörde.

Dort scheint die Gaststätte längst bekannt zu sein.

Man sehe aber keinen akuten Handlungsbedarf,

prüfe den Sachverhalt derzeit.

Hier passieren Straftaten.

Sie sehen ja die Leute, das sind Opfer.

Diese Opfer muss man schützen.

Denen werden da billige Vitamine verkauft.

Das wird heute auch der Fall sein.

Die kriegt man überall im Discounter für ein, zwei Euro.

Die werden für 1200 Euro verkauft. Da sind wir im Bereich der Straftat.

Wenn man da nicht gegen angehen kann,

weiß ich nicht, was noch noch passieren muss.

Keine Hilfe von der Ordnungsbehörde.

Dann meldet sich Karin: Der Vitaminsaft wurde verkauft.

Bernhard.

Okay, ich rufe die Polizei an.

Danke schön.

Mein Name ist Bernhard Stitz,

ich möchte einen Betrug melden, der in diesem Moment stattfindet.

Billige Vitamine werden hier für 1200 Euro verkauft.

Okay, danke schön. Tschüss.

Ha! Sehr schön.

Kollegen kommen hin. Ich freu mich!

Stitz empfängt die Ermittler

ein paar Hundert Meter vor dem Einsatzort.

Bernhard Stitz, Polizeibeamter im Ruhestand.

Vielen Dank.

Einige Sekunden, nachdem die Polizei den Gasthof gestürmt hat,

steht Stitz vor verschlossener Tür.

Hinter der Glastür das Ehepaar, das den Gasthof führt.

Machen Sie die Tür auf. Ich mach gar nichts.

Is doch alles legal hier.

Sie haben das doch angemeldet bei der Ordnungsbehörde.

Dass die Gastwirtin uns nicht reinlassen will,

spricht für sich.

Sie hat ein schlechtes Gewissen - zu Recht.

Wenn sie ihre Räumlichkeiten Straftätern zur Verfügung stellt,

ist das sehr ungünstig, freundlich formuliert.

Drinnen beendet die Polizei die Veranstaltung.

Den Verkäufern und den Gastwirten drohen 1000 Euro Bußgeld.

Während die Ermittler alle Personaldaten aufnehmen,

kassiert die Wirtin das angebliche Gratis-Mittagessen ab.

Dann geht's für die Senioren über den Hinterhof zum Bus.

Finden Sie das wirklich schön, was Sie hier machen?

Senioren zu einer Treibjagd zu fahren,

dass man die abzocken kann?

Und dann werden sie freiwillig von Straftätern über den Tisch gezogen.

Sie sind beteiligt.

Hier will noch jemand mit!

Die Dame will mit.

Dieser Busfahrer ist einer von den Bösen.

Er schiebt seine Verantwortung auf die Senioren.

"Die fahren ja alle freiwillig mit, sind alle alt genug."

Aber was mit denen hier passiert, das sieht er nicht.

Das will er nicht sehen.

Stitz findet: Busfahrer und Wirte machen sich mitschuldig.

Erfolgreiche Einsätze bedeuten für Bernhard Stitz

immer etwas Nacharbeit.

Fast drei Wochen sind vergangen.

Zu Hause verfolgte der pensionierte Polizist

die Arbeit seiner Kollegen.

Es gibt gute Nachrichten:

Die Käuferin hat noch im Beisein der Polizei

den Kaufvertrag rückgängig gemacht, er wurde zerrissen.

Die Polizei hat, was mich freut, auch eine Strafanzeige geschrieben

und zur Staatsanwaltschaft weitergereicht.

Mit der Bitte, eine Entscheidung zu treffen,

inwieweit weiterermittelt werden soll.

Vier Wochen später ist Bernhard Stitz

erneut zu Gast bei Ingrid Friedrich.

Die Rentnerin hatte sich bei einer Kaffeefahrt

ein nutzloses Massagegerät für 2700 Euro aufschwatzen lassen.

Auf Anraten von Stitz hatte sie den Betrug angezeigt.

Wenn ich richtig verstanden habe, haben Sie keine gute Nachricht?

Sie haben Post bekommen.

Die haben mir geschrieben, das Verfahren sei eingestellt.

Die Staatsanwaltschaft? Darf ich das Schreiben mal sehen?

Ja, gerne.

"Das Verfahren wurde eingestellt,

weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.

Wenn keine neuen Anhaltspunkte bekannt werden,

ist das Thema durch."

Der Vorgang wird nicht gleich geschreddert,

aber den rührt keiner mehr an.

Kein Staatsanwalt, kein Polizist.

Das ist weg das Geld, das werden Sie nie wiedersehen.

Das muss ich Ihnen mitteilen, keine Hoffnung.

Jetzt kriegste die Schläge dafür, wenn man so blöde ist.

Hoffentlich machste das nicht wieder.

Bernhard Stitz kann in diesem Fall nichts mehr tun.

Versprechen Sie mir, nicht mehr mitzufahren.

Und wenn, üben Sie, Nein zu sagen: Nein, nein, nein.

Von nichts beeinflussen lassen.

Sie werden da betrogen.

Vielen Dank. Ich werde an Ihre Worte denken.

Für Ingrid Friedrich war es die letzte Kaffeefahrt.

Bernhard Stitz wird weiterhin im Einsatz sein.

Auch, wenn er nicht in jedem Fall helfen kann,

will er es den Geschäftemachern so schwer wie möglich machen.

Copyright Untertitel: NDR 2018