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2021 Tagesschau, tagesthemen 27.09.2021, 22:15 Uhr - Gemischte Reaktionen in der Bevölkerung nach Bundestagswahl, Stimmung in der Union

tagesthemen 27.09.2021, 22:15 Uhr - Gemischte Reaktionen in der Bevölkerung nach Bundestagswahl, Stimmung in der Union

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.09.2021)

Guten Abend.

Eine besondere Ausgabe der tagesthemen

nach dieser besonderen Bundestagswahl.

Am Tag danach, an dem wir noch nicht schlauer sind,

wer künftig Deutschland regieren wird.

Fest steht nur: Die Wahl knapp gewonnen hat die SPD.

Das sieht man auch gut an dieser Deutschland-Karte,

die die Wahlkreise der Republik zeigt.

Hier sieht man, welche Partei da jeweils bei den Zweitstimmen,

den Kanzler-Stimmen, vorne liegt.

Und wir sehen, Deutschland ist sehr rot,

vor allem im Norden und im Westen.

Darüber wollen wir gleich mit Wahlsieger Olaf Scholz reden.

Der Süden ist dagegen traditionell schwarz gefärbt.

Aber dennoch Kater-Stimmung bei der Union.

Denn das historisch schlechteste Wahlergebnis führt dazu,

dass es vielerorts wie ein Flickenteppich aussieht.

Schon hat in der Union der Machtkampf begonnen.

Regieren oder doch Opposition?

Auch darauf wollen wir eingehen.

Das Rumoren bei CDU/CSU hat auch damit zu tun,

was sich im Osten der Republik abgespielt hat.

Dort liegt nun die AfD in vielen Wahlkreisen vor der CDU.

Woran liegt das?

Auch dazu mehr in der Sendung.

Und wie blicken die Wählerinnen und Wähler,

die für diese politische Landkarte verantwortlich sind, aufs Ergebnis?

Marie Blöcher hat Eindrücke gesammelt.

Viel zu viel durcheinander, kein klares Bild.

Je mehr Parteien, desto mehr Einflüsse - das gefällt mir.

Viele Köche verderben den Brei.

Drei unter einen Hut zu bekommen ist schwieriger wie zwei.

Eine Koalition, ich hoffe,

mit Union, FDP und wohl oder übel die Grünen.

Ich war ehrlich gesagt enttäuscht.

Ich habe erwartet, dass die Grünen deutlich besser abschneiden.

Ehrlich: Die Grünen müssen nicht dabei sein.

Mit der Ampel käme mal frischer Wind in die Regierung.

Das wäre vielleicht ein guter Anfang.

Ich wünsche mir keine Große Koalition.

Genau so - keine Große Koalition.

Es ist sehr viel wert,

dass weder die Linken noch die AfD eine Chance hatten.

Ich hoffe, dass der Scholz den Kanzler stellt.

Weil ich von Herrn Laschek gar nichts halte.

Dat wird wohl dauern bis Weihnachten,

bis die sich gefunden haben.

Ich hoffe, die Pragmatiker setzen sich durch.

Dass man ohne Ego-Politur eine Regierung bildet,

die uns weiterhilft.

Die SPD mag die Wahl knapp gewonnen haben.

Aber der Blick heute geht vor allem auf das Drama,

das sich in der Union anbahnt.

Gestern Abend leitete Armin Laschet aus dem Wahlergebnis noch

einen Regierungsauftrag für die Union ab.

Am Tag danach scheint davon nicht viel übrig zu sein.

Dennoch sieht Laschet weiter über eine schwarz-grün-gelbe Koalition

den Weg ins Kanzleramt.

Die Frage ist:

Inwieweit hält er noch alle Fäden in der Partei in der Hand?

In der beginnt es am Tag nach der Niederlage zu brodeln.

Kirsten Girschick.

Noch hängt sie, die Wahlwerbung an der CDU-Zentrale.

Aber CDU wählen - das wollten ja zu wenige.

Am morgen Forderung nach Konsequenzen:

Es sind Fehlentscheidungen gemacht worden.

Inhaltlich in der Regierung und in der personellen Aufstellung.

Auch Fehler im Wahlkampf.

Die haben zum schlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten geführt.

Wenn wir so weitermachen,

habe ich große Sorgen, was in vier Jahren übrig bleibt.

An die nächsten vier Jahre kann er noch nicht denken.

Es gilt, die nächsten Tage oder Wochen zu überstehen.

Am ehesten in der Regierung.

Das klingt nicht mehr so fordernd wie gestern Abend.

Auch wenn es so geschrieben wurde.

Mein Wortlaut war präzise.

Der zweite hat keinen Anspruch.

Es ist eine Situation, wo's nur einem Punkt Unterschied gibt.

Da sagten die beiden kleinen Partner:

Das ist nicht automatisch so, dass einer das beanspruchen kann.

Immerhin konnte der in der CDU- Vorstandssitzung

mit dieser Haltung für Ruhe sorgen.

Auch in der Sitzung hat daran keiner Zweifel geäußert,

dass die Union ihre Bereitschaft erklären muss.

Auch Söder spricht nicht mehr von einem Regierungs-Auftrag.

Wir machen das Angebot in erster Linie aus Verantwortung.

Wir glauben, dass eine Beteiligung an der Regierung für die Union

für unser Land mehr Ertrag bringt, als das Gegenteil.

Um jeden Preis an der Macht -

das könne die CDU zerreißen, fürchten manche.

Wir sind 'ne große Volkspartei.

Ich will nicht den Weg von anderen Parteien gehen.

Das ist eine existenzielle Frage.

Wir wissen um unsere Verantwortung.

Deswegen gehen wir's an mit voller Wucht.

Existenziell ist die Frage auch für Parteichef Laschet.

Momentan noch geschützt vom Schwebezustand,

ob es nicht doch für eine Jamaika-Regierung langt.

Ich habe zu keinem Zeitpunkt jemanden gehört,

der seinen Rücktritt forderte.

Alle wissen, dass der Wahlkampf nicht optimal lief.

Allerdings - außerhalb des Zirkels der CDU-Parteispitze

gibt es Stimmen, die persönliche Konsequenzen des Parteichefs fordern.

Manchmal ist es wie bei des Königs neue Kleider.

Jeder denkt, der muss doch mal Verantwortung übernehmen.

Der muss zurücktreten - macht er aber nicht.

Der im Januar unterlegene Kandidat für den Parteivorsitz

wagt sich im ARD-Brennpunkt halb aus der Deckung.

Wir müssen uns wieder ganz anders in der Gesellschaft verankert.

Eine Frage von Themen, Kommunikation und Personen.

Die für Dienstag geplante Wahl eines Fraktionsvorsitzenden

stellt Röttgen infrage.

Morgen sollte es nicht entschieden werden.

Wird denn morgen der Vorsitzende einer Fraktion gewählt -

oder der Oppositionsführer?

Derweil muss Laschet am Abend noch zu einer Vorstandssitzung -

in seinem Landesverband NRW.

Hier heißt es am Ende:

Laschet werde den Prozess seiner eigenen Nachfolge moderieren.

Das einzuordnen hilft uns unsere Unions-Expertin im Hauptstadtstudio,

Kristin Schwietzer.

Ist Laschet Ende dieser Woche noch Parteivorsitzender?

Am Ende dieser Woche glaube ich das schon.

Danach wird es eng.

Man stellte ihm heute ein Ultimatum.

Er könne versuchen, eine Koalition zustande zu bringen.

Er ist dann angezählt.

Auch die Unterstützer von ihm haben sich rar gemacht.

Menschen wie Volker Bouffier, der immer an seiner Seite stand,

sagte, einen richtigen Auftrag haben wir nicht.

Es gibt erste Rücktrittsforderungen aus der Jungen Union.

Das ist nicht die erste Reihe.

Aber ein deutliches Zeichen großer Unzufriedenheit

mit dem Parteivorsitzenden, oder dem "Kandidaten".

Laschet hat nicht nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen

und ihn Ralph Brinkhaus überlassen.

Und er hat auf Druck zurückgenommen, was er gestern gesagt hat:

Dass er einen Regierungsauftrag habe für die Union.

Wie viel Macht hat Armin Laschet noch in der Partei?

Das ist interessant.

Das war wie ein Härtetest für ihn.

Er hätte auch darauf bestehen können, dass er verhandeln will.

Er hat aber keine Truppen hinter sich stehen.

Einige fragen sich in der Partei,

warum er nicht nach dem Vorsitz griff.

Er stellte den Grünen und der FDP heute quasi einen Blankoscheck aus.

Ist das ein Zeichen von Schwäche?

Oder ist das ein Versuch, dass die ihn noch retten?

Das ist seine einzige Chance.

Das sollte man nicht unterschätzen.

Armin Laschet und Christian Lindner verstehen sich gut.

Das ist ein Pluspunkt für ihn.

Lindner hat bei ihm das Gefühl,

dass er in der Koalition ein Gesicht hat.

Dass die Liberalen dort präsent sind.

Dass er auch die Kleinparteien glänzen lässt.

Das ist seine Chance.

Die muss er ergreifen, wenn er Parteivorsitzender bleiben will.

Wie ist die Stimmung in den Gremien der Union?

Wie groß ist der Anteil derer, die sagen,

man solle doch lieber in die Opposition gehen?

Das ist schwer auszumachen.

Er hat Unterstützer, die haben sich aber rar gemacht.

Einige sind enttäuscht über den Wahlkampf.

Die haben jetzt auch keine Mandate im Bundesvorstand mehr.

Andererseits gibt es einen großen Wunsch

nach einem Generationenwechsel in der Union.

Da wurde Jens Spahn schon aktiv.

Ist das ganz uneigennützig?

Das würde ich nicht sagen.

Man sagt ihm ja durchaus Ambitionen nach.

Dass er Interesse am Parteivorsitz hat.

Es gibt auch Drängen in der Partei, sich modern aufzustellen.

Wir haben es am Anfang schon gesehen:

Nach Zweitstimmen hat die CDU

keinen einzigen Wahlkreis im Osten der Republik gewonnen.

Immer wieder mahnten die ostdeutschen Landesverbände an:

Die Parteiführung solle sich mehr um den Osten kümmern,

gerade wegen der starken Konkurrenz der AfD.

Doch die Landtagswahlen 2019 in Sachsen, kürzlich in Sachsen-Anhalt

gewannen die Christdemokraten ohne große Unterstützung aus Berlin.

Als ob der Kater seit gestern Abend nicht schon groß genug wäre:

Der Blick nach Sachsen und Thüringen

zeigt weitestgehend eine CDU in schwerem Fahrwasser.

Friederike Rohmann.

Altenbeuthen - Dorfidylle im südwestlichen Thüringen.

207 Einwohner, 120 gültige Wahlstimmen -

über die Hälfte für die AfD.

Erklärungsversuche.

Es war Protest, weil sich keiner um die Leute hier kümmert.

Viele sind auf die AfD umgeschwungen,

weil die anderen es nicht auf die Reihe bekommen haben.

Gerade mit der Corona-Politik.

Das ist vielen auf die Nerven gegangen.

Wenn man jetzt hört: das mit dem Benzin.

Auf den Dörfern ist man angewiesen auf ein Auto.

Jeder muss fahren auf Arbeit.

Das greift ins Geld.

Da muss man überlegen, das hat nichts mit rechts zu tun.

Gewonnen hat die AfD nicht nur das kleine Altenbeuthen.

Mit 24 % der Stimmen wurde sie stärkste Kraft in Thüringen.

Und legte damit im Vergleich zur letzten Bundestagswahl zu.

Protest sei längst nicht mehr der Hauptgrund

für die stabilen AfD-Zustimmungswerte im Osten, so Beobachterinnen.

Die AfD bindet auch Wähler, die Furcht vor Veränderung haben.

In einem Wahlkampf, in dem der Wandel auf der Agenda stand,

ist das in Ostdeutschland ein wichtiger Punkt.

Auch in Sachsen liegt die AfD erneut vorn.

Hier gewann sie die meisten Direktmandate.

Wie im Erzgebirge:

Über 31 % stimmten hier für den AfD-Kandidaten.

Bitter für Alexander Krauß.

Die letzten vier Jahre vertrat er seine Region

für die CDU im Bundestag.

Und rechnete fest mit seiner Wiederwahl.

Denn die CDU hatte diesen Wahlkreis seit 30 Jahren jedes Mal gewonnen.

Dass es nicht geklappt hat, liegt laut Krauß

vor allem an Armin Laschet.

Die Gesamt-Tendenz war, dass es eine Unbeliebtheit

des Spitzenkandidaten auf Bundesebene gab.

Das hat bei uns durchgeschlagen.

Armin Laschet hat einen guten Wahlkampf gemacht.

Aber im Endeffekt ist der Kandidat bei den Menschen nicht angekommen.

Über acht Prozentpunkte hat die CDU

bei den Erststimmen in Sachsen verloren.

Das macht den Erfolg der AfD noch sichtbarer.

Zehn der 16 Direktmandate gingen an sie.

Alle aus dem ländlichen Raum.

Auch in der Landeshauptstadt

hätte es fast für ein Direktmandat der AfD gereicht.

Im Wahlkreis Dresden 2 hatte der CDU-Kandidat

nur einen Vorsprung von 39 Stimmen.

Er ist einer von nur vier CDU-Direktkandidaten

in ihrer einstigen Hochburg Sachsen.

Sehen wir hier die Stärke der AfD oder die Schwäche der Union?

Wir sehen eine besondere Schwäche der Union.

Wir erinnern uns an die Sätze von Reiner Haseloff.

2015 und 2016 sagte er,

es dürfe sich keine Kraft neben der Union etablieren.

Es ist der Union nicht gelungen, die AfD auf Distanz zu halten.

Wir haben es an diesem Wahlergebnis gesehen.

Erste zaghafte Rücktrittsforderungen

kamen von der Jungen Union in Sachsen.

Sachsen-Ministerpräsident Kretschmer äußerte sich auch sehr kritisch

zu Laschets Wahlkampfstrategie in Bezug auf den Osten.

Gibt er so dem Kandidaten

die alleinige Schuld an den Stimmverlusten?

Er versucht, Schaden von sich abzuwenden.

Er weiß, wie schwer es ist, Wahlen zu gewinnen.

Sein Vorgänger scheiterte mit der AfD.

Sie wissen und stehen seit Monaten und Jahren bei der eigenen Partei

auf der Matte.

Sie sagen, wir brauchen mehr Themen für den Osten.

In den letzten Jahren hat man den ländlichen Raum vernachlässigt.

Was kann die CDU tun,

um in Sachsen und Thüringen Terrain zurückzugewinnen?

Sie müssen dieselbe Aufgabe leisten.

Sie müssen die Strukturen im ländlichen Raum stärken.

Sie müssen dafür sorgen, dass die AfD nicht erstarkt.

Sie brauchen klare Konzepte, auch für Ostdeutschland.

So sehr die Union in Sachsen und Thüringen

die AfD davonziehen lassen musste:

So anders sieht es meist in den westdeutschen Bundesländern aus.

Obwohl sie ihr Ergebnis von 2017 weitgehend halten konnte,

ist die AfD ihre Rolle als stärkste Oppositionsfraktion nun los.

Wie die Parteispitze das Abschneiden beurteilt, macht auch deutlich,

wie uneins man ist.

Martin Schmidt.

Tag eins nach der Bundestagswahl:

In anderen Parteien Tag der Blumensträuße - nicht in der AfD.

Die Führungsriege: zerstritten.

Parteiinterner Machtkampf um die Deutungshoheit:

Ausgetragen vor Journalisten.

Ich bin stolz auf unseren Wahlkampf,

der die richtigen Themen angesprochen hat.

Und ich bin stolz auf das Ergebnis und auch auf die Partei.

Das wird man nicht als Erfolg vermelden können.

Versuche, sich das in einer Art von Altparteienmanier schönreden,

darf es nicht geben.

Ich lasse mir und uns das Ergebnis nicht schlechtreden, von niemandem.

Denn wir haben nun mal ein solides Ergebnis gefahren.

Gestern Abend: keine große Jubelstimmung.

Die AfD verliert, bleibt mit 10,3 % nur knapp zweistellig.

Das soll analysiert werden, intern.

Meuthen spricht dennoch vom teils falschen Wahlprogramm,

Weidel dagegen von Personaldebatten, die geschadet hätten.

Sie kündigt zudem an, künftig mit Chrupalla

die Fraktion leiten zu wollen – und bekommt prompt Widerspruch.

Wir avisieren eine Doppelspitze in der Fraktion,

werden als Duo antreten.

Ich halte es für keine gute Praxis, im Doppelpack anzutreten.

In unserer Partei hat es Tradition, Einzelwahlverfahren durchzuführen.

Schon Mittwoch soll diese Verfahrensfrage inklusive Wahl

in der neuen Fraktion geklärt werden.

Einige wollen Chrupalla, Weidel aber nicht.

Die nächste parteiinterne Machtprobe steht bevor.

Kommen wir zu denen, auf die es jetzt ankommt

und die sich aussuchen können, wen sie sich als Kanzler wünschen.

Wäre es bei dieser Bundestagswahl

nur nach den jungen Wählerinnen und Wählern gegangen:

Dann lägen zwei andere Parteien vorne.

Bei den 18- bis 24-Jährigen erhielten die Grünen 23 %,

die FDP 21 %.

Beide weit vor der SPD mit 15 % und der Union mit nur 10 %.

Die nächste Generation wünscht sich mehr Grün-Gelb in der Regierung.

Aber wie daraus eine gemeinsame Sache wird,

ist noch alles andere als ausgemacht.

Schließlich erklärte Grünen-Co-Chef Robert Habeck schon mal,

da träfen Welten aufeinander.

Oder doch nicht?

Über grün-gelbe Befindlichkeiten: Julie Kurz.

Grün.

Gelb.

Zwei Farben, zwei Parteien.

Einst hatten sie eher Berührungsängste.

Nun soll die Annäherung folgen.

Gesucht: eine gemeinsame Erzählung, eine Idee.

Zaghafte Schritte aufeinander zu auf den jeweiligen Pressekonferenzen:

Parallelen bei der Rhetorik, den Signalwörtern von FDP und Grünen:

Aufbruch, Erneuerung.

Es muss was Neues entstehen.

Dieses neue Entstehen ist kompliziert,

aber auch extrem reizvoll.

Es könnte schlimmere Antworten für Deutschland geben,

als dass was Neues entsteht in einer neuen Zeit.

Deshalb ist es sinnvoll,

dass diese beide zuerst miteinander das Gespräch suchen, um zu prüfen:

Ob daraus bei allen Unterschieden

ein fortschrittliches Zentrum einer neuen Koalition werden könnte.

Die Progressiven, die Fortschrittlichen.

Es könnte die gesuchte gemeinsame Erzählung werden.

Beide Parteien überzeugten v.a. junge Wähler.

Gerade bei Fragen des Zusammenlebens

gibt es Überschneidungen in den Wahlprogrammen.

Beiden ist der Respekt vor individuellen Lebensformen wichtig,

wie die Ehe für alle.

Beide fordern mehr Tempo bei Digitalisierung,

wollen Bürgerrechte stärken.

Auch eine erleichterte Zuwanderung wollen sowohl FDP als auch Grüne.

Pola Lehmann vergleicht die Entwicklung der Parteiprogramme

seit der Nachkriegszeit.

Wenn wir uns die Programme von FDP und Grüne anschauen, sehen wir,

dass sie bei soziokulturellen Fragen besonders nah beieinander stehen.

Und dass die Wahlprogramme da viel Potenzial für Koalitionen bieten.

Bei sozio-ökonomischen Themen ist das schwieriger.

Da verläuft eine scharfe Trennlinie zwischen grün und gelb.

Beide Parteien haben verschiedene Weltsichten bei der Frage:

Welche Rolle spielt der Staat und welche der Markt?

Boris Mijatovic zieht erstmals für die Grünen in den Bundestag ein.

Ihn sorgt, das in puncto Klimaschutz

diese Politikstile nicht zusammenfinden könnten.

Was die Regierung leisten muss, ist Klima-effektiv zu handeln.

Ich glaub nicht, dass das der Markt alleine kann.

Das sagt die FDP.

Aber ich glaub, wir brauchen 'nen staatlichen Aufbruch

für eine ökologische Grenze bei der Marktwirtschaft.

Auch beim Geld sind sich beide gar nicht einig.

Die FDP will auch heute von der Idee der Grünen nichts wissen,

Steuern zu erhöhen und die Schuldenbremse aufzuweichen.

Wir haben zwei Leitplanken:

Mit der FDP wird es keine höheren Steuern geben,

mit der Ausnahme Google etc.

Und keine Aufweichung der Schuldenbremse in der Verfassung.

Große Differenzen, aber auch gemeinsamer Zukunftswille.

Am Ende dürfte auch das Motiv der Verantwortung an Bedeutung gewinnen.

Denn ohne die Annäherung der beiden Farben

dürfte es wohl keine neue Regierung geben.

Grüne und FDP müssen also ins Boot geholt werden

für eine Regierungskoalition.

Darüber haben wir am Abend mit dem Mann gesprochen,

der das schaffen will:

Olaf Scholz, Kanzlerkandidat und Wahlsieger von der SPD.

Herr Scholz,

das Kanzleramt greifbar nah und dennoch könnten Sie draußen bleiben.

Ich bin zuversichtlich,

die Wähler haben ein klares Votum abgegeben.

Sie gaben drei Parteien zusätzliche Stimmen.

Der SPD sehr viel, wir sind stärkste Partei.

Mit gut einem Prozentpunkt mehr als der Union ...

Bei der CDU/CSU ging es nach unten. Ein klares Votum.

Aus Sicht der Wähler sind die CDU und CSU abgewählt.

Es ist die Aufgabe derjenigen, die die zusätzlichen Stimmen bekamen,

gemeinsam eine Regierung zu bilden.

Das wird gelingen mit Pragmatismus und Kooperationsbereitschaft.

Aber wie fühlt sich das an?

Nicht Sie bilden eine Koalition, sondern die Grünen und FDP ...

Und SPD! ... suchen sich einen Kanzler aus.

Die verhandeln jetzt und sagen dann Ihnen, ob Sie Kanzler werden.

Es wird gute Gespräche geben.

Es ist notwendig, Vertrauen zu fassen.

Das geht nicht wie unter schwarz-gelber Regierung,

wo alle über Gurkentruppen diskutiert haben.

Wo man einander beschuldigte.

Es geht nicht wie bei den Jamaika-Verhandlungen.

Alle müssen wissen, dass sie respektvoll behandelt werden

und das Vertrauen für die ganze Zeit einer Regierung reicht.

Wer zusammen einen Regierung bildet,

sollte das Ziel haben, gemeinsam wiedergewählt zu werden.

Das habe ich vor.

In Schleswig-Holstein ist das 2017 aber genau so ausgegangen.

Am Ende wurde es nicht der SPD-Mann, der damals schon siegessicher war.

Diesmal haben die Wähler klar gesprochen.

Sie wollen einen Regierungswechsel.

Umfragen vor der Wahl wie auch jetzt zeigen,

dass man die SPD als Regierungspartei möchte.

Die meisten Bürger wünschen, dass ich Kanzler werde.

Auch das muss berücksichtigt werden.

Offenbar ist das eine Frage des Preises.

Herr Laschet hat heute

den Grünen und der FDP fast schon einen Blanko-Scheck ausgestellt.

Den Grünen beim Klimaschutz, der FDP bei der Finanzpolitik.

Was haben Sie im Angebot?

Koalitionsverhandlungen finden zwischen Koalitionsparteien statt,

nicht in der Öffentlichkeit.

Unsere Ziele stehen in unserem Programm.

Uns verbindet eine gemeinsame Idee von Fortschritt.

Das unterscheidet die SPD, die Grünen und die FDP

von anderen Parteien:

Wir haben eine konkrete Idee

von der Modernisierung unserer Gesellschaft in den 20er-Jahren.

Die SPD hat eine Fortschrittsidee, die mit Respekt zu tun hat

und wirtschaftlicher Modernisierung unseres Landes.

Die Grünen haben auch diese Ideen,

mit großem Schwerpunkt auf Klimaschutz.

Das ist uns auch wichtig.

Bei der FDP stehen Bürgerrechte und technologische Modernisierung

im Fokus - was auch mit den anderen beiden geht.

Gerade unter dem Thema des Fortschritts ist es möglich,

etwas zustande zu bringen, das unser Land voranbringt.

Aber wer ist dann Koch und Kellner?

Herr Laschet klingt, als wollte er alles anbieten,

solange er regieren kann.

Bei Ihnen klingt es so, "wir geben den Ton an".

Diese Metaphern bringen nichts.

Ich fühle mich damit nicht wohl.

Es geht darum, eine Regierung zu bilden.

Die SPD hat ein starkes Mandat bekommen.

Die Wähler haben gesagt, die SPD soll die Regierung führen.

Das kann man aus allem lesen.

Wir werden unseren Beitrag leisten, dass das auch gelingt.

Aber es geht ja nicht nur um eine Zweckgemeinschaft,

sondern um eine Regierung.

Robert Habeck sagte, es geht um ein faires Miteinander.

Ihren grünen Koalitionspartner in Hamburg bezeichneten Sie

als Erster Bürgermeister als "Anbau" Ihres roten Hauses.

Klingt nicht nach Wohngemeinschaft.

Das war eine gute Zusammenarbeit, die bis heute hält.

Das scheint ja nicht so schlecht gelaufen zu sein.

Die Grünen konnten viele Projekte nicht durchkriegen:

Die Stadtbahn, City-Maut, Umweltzone ...

Die Grünen hatten nicht viel zu melden.

Kommen Sie denen jetzt entgegen?

Man muss die Idee aus dem Kopf kriegen,

dass es bei uns nicht um Demokratie geht.

Die Bürger haben gesprochen.

Manche politische Debatte sieht so aus,

als denken Geschäftsführer sich in Hinterzimmern etwas aus.

Das geht unter den Parteien - aber nicht gegenüber den Bürgern.

Die Demokratie hat ermöglicht:

Anders als es manche dachten, wurde die SPD an die Spitze gewählt.

Sie hat die meisten Stimmen bekommen.

Die Demokratie macht auch möglich,

dass eine Regierungsbildung stattfindet.

Im Sinne der Bürger wäre das eine zwischen SPD, Grünen und FDP.

Da geht es besonders um Vertrauen, sagte Habeck.

Die Grünen haben ganz bewusst nach dem Scheitern von Jamaika

vor vier Jahren den Kontakt zu Lindner aufgebaut.

Haben Sie das auch gemacht?

Ich finde gut, dass es diese Gespräche gab und geben wird.

Ich habe mit diesen Parteien immer gute Gespräche geführt

und auch Verfassungsänderungen verhandelt.

Haben Sie sich auch unterhalten

mit Christian Lindner und Annalena Baerbock?

Wir haben gesprochen.

Was jetzt stattfinden muss ist sehr ernsthaft:

Den Auftrag der Bürger umsetzen -

in einer vertrauensvollen Atmosphäre.

Es muss darum gehen, was für das Land wichtig ist.

Haben Sie eine vertrauensvolle Verbindung zu diesen beiden?

Man muss sich ja auch menschlich verstehen.

Ich empfinde das so und ich glaube, die auch.

Entscheidend ist, das jetzt hinzukriegen.

Das wird gelingen.

Es geht um konkrete Politik.

Wenn wir die Weichen für die Zukunft falsch stellen,

kann das bedeuten:

Irgendwann schauen wir traurig auf den Wohlstand woanders.

Konkrete Politik - nehmen Sie uns konkret mit:

Wie geht es in den nächsten Tagen weiter?

Wie ist der Zeitplan, wen rufen Sie an?

Ich werde Ihnen weder erzählen, mit wem ich schon telefoniert habe,

noch, wann die nächsten Gespräche anstehen.

Wieso nicht?

Das werde ich rechtzeitig bekannt geben.

Eine Zusammenarbeit beginnt damit, dass man dieses Spiel nicht spielt.

Danke, Olaf Scholz.

Zum Ergebnis dieser Bundestagswahl und den Folgen v.a. für die Union

hat Rainald Becker vom SWR folgende Meinung:

Manchmal ist es gut, sich am Tag nach der Wahl mit Fakten zu beschäftigen.

Dazu gehört, dass das Amt des Bundestagspräsidenten

traditionell von der stärksten Fraktion besetzt wird.

Das ist im neuen Bundestag die SPD.

Unions-Kanzlerkandidat Laschet ist es also nicht gelungen,

seinem wichtigsten Unterstützer Wolfgang Schäuble das Amt zu sichern.

Vielleicht wäre es im Gegenzug gut,

wenn die gewichtigste Stimme der CDU dem Kanzlerkandidaten sagen würde:

"Isch over, Armin."

Was die CDU braucht, ist ein Neustart, personell und inhaltlich.

Sie braucht jemanden, der dem Parteivorsitzenden genau das sagt.

Zur Wahrheit gehört auch die Erkenntnis:

Die CDU ist keine Volkspartei mehr, Armin Laschet als Kanzler einer,

wie er es nennt, "Zukunftskoalition" kaum vorstell- und vermittelbar.

Es drängt sich der Verdacht auf, im Adenauer-Haus treffen sich derzeit

Phrasenautomatik und Realitätsverlust.

Dabei wäre die Union vielleicht gut beraten,

sich an die 70er zu erinnern.

Und für die nächste Legislatur

auf Erneuerung in der Opposition zu setzen.

Zumindest bei der kleineren Schwesterpartei CSU

scheint man sich diesem Gedanken nicht mehr ganz verweigern zu wollen.

Jedenfalls hieß es heute aus München

mit Blick auf mögliche Sondierungsgespräche:

Die Union dürfe sich nicht verbiegen.

Vielleicht wäre der Union auch einfach zu empfehlen,

sich an Ex-SPD-Kanzler Schröder zu erinnern:

Und bei diesem Ergebnis einfach mal die "Kirche im Dorf" zu lassen.

Die Meinung von Rainald Becker.

Rund um die Zukunft des Kanzleramts ist es noch nebulös.

Karsten, haben wir wenigstens beim Wetter klare Sicht?

Ich freue mich, dass ich euch beide heute sehe.

Ein seltener Anblick.

Das klart die Sicht auf das Wetter auf.

Wenn wir schon in Richtung Herbst gehen, geht das nicht ohne Nebel.

Ich habe mal ein paar Daten rausgesucht.

Das ist der Stand von 19.55 Uhr.

Das ist eine Kaltfront.

Das hier ist ein Regenband.

Verfolgen wir, wie sich das in den letzten zwei Stunden bewegte.

Das ging nach Osten voran.

Das hier ist übrigens noch kein Regen.

DA fällt der Regen zwar aus den Wolken,

aber die Tropfen verdunsten.

Ich habe zwei Temperaturen herausgesucht.

In Aachen ist die Kaltfront durch.

Im Westen reißt der Himmel gerade auf.

Die zwölf Grad sind nur der Anfang.

Dann wird es kälter.

Im Westen wird es daher neblig.

Der Herbst ist da.

Er bringt auch sonnige Seiten.

Hier sind die Sonnenstunden von Erfurt.

Es gibt am Mittwoch noch einige Wolken.

Am Donnerstag und Freitag wird es verbreitet in Deutschland sonnig.

Damit schauen wir auf das Wetter:

Wir sehen dieses Regenband der Kaltfront.

Das wandert nach Osten ab.

In der Mitte und im Süden schwächt es ab.

Tagsüber wird die Sonne scheinen.

Diese dunklen Wolken sind wahrscheinlich nicht ganz so dunkel.

Die sind recht hoch.

Da kann die Sonne noch durchscheinen.

Für die meisten Menschen gibt es morgen einen trockenen Tag.

Hier sind die Temperaturen für die Nacht.

Im Westen, wo es klar wird, wo es neblig wird,

gibt es meist einstellige Werte.

Tagsüber müssen wir die 20 Grad suchen.

Am ehesten wird es in Niederbayern warm.

Die weiteren Aussichten:

Der nächste Mittwoch bringt das nächste Tief.

Am Donnerstag kann es stürmisch werden.

Danke, Karsten Schwanke.

Hier geht's weiter mit der Story im Ersten:

70 Jahre Bundesverfassungsgericht und seine brisanten Fälle.

Das nachtmagazin gibt's um 0.20 Uhr mit Kirsten Gerhard.

Ingo gibt's morgen wieder aus dem Hamburger tagesthemen-Studio.

Könnte morgen ein nervenaufreibender Nachrichtentag werden.

Wir blicken auf die Entscheidung in der Fraktion.

Wir schauen auf die Machtfrage.

Einen Tag später soll es zu ersten Sondierungsgesprächen

zwischen Grünen und FDP kommen.

Die Bundestagswahl wird uns noch weiter beschäftigen.

Das war es von uns.

Heute im Duo.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 27.09.2021, 22:15 Uhr - Gemischte Reaktionen in der Bevölkerung nach Bundestagswahl, Stimmung in der Union

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.09.2021)

Guten Abend.

Eine besondere Ausgabe der tagesthemen

nach dieser besonderen Bundestagswahl.

Am Tag danach, an dem wir noch nicht schlauer sind,

wer künftig Deutschland regieren wird.

Fest steht nur: Die Wahl knapp gewonnen hat die SPD.

Das sieht man auch gut an dieser Deutschland-Karte,

die die Wahlkreise der Republik zeigt.

Hier sieht man, welche Partei da jeweils bei den Zweitstimmen,

den Kanzler-Stimmen, vorne liegt.

Und wir sehen, Deutschland ist sehr rot,

vor allem im Norden und im Westen.

Darüber wollen wir gleich mit Wahlsieger Olaf Scholz reden.

Der Süden ist dagegen traditionell schwarz gefärbt.

Aber dennoch Kater-Stimmung bei der Union.

Denn das historisch schlechteste Wahlergebnis führt dazu,

dass es vielerorts wie ein Flickenteppich aussieht.

Schon hat in der Union der Machtkampf begonnen.

Regieren oder doch Opposition?

Auch darauf wollen wir eingehen.

Das Rumoren bei CDU/CSU hat auch damit zu tun,

was sich im Osten der Republik abgespielt hat.

Dort liegt nun die AfD in vielen Wahlkreisen vor der CDU.

Woran liegt das?

Auch dazu mehr in der Sendung.

Und wie blicken die Wählerinnen und Wähler,

die für diese politische Landkarte verantwortlich sind, aufs Ergebnis?

Marie Blöcher hat Eindrücke gesammelt.

Viel zu viel durcheinander, kein klares Bild.

Je mehr Parteien, desto mehr Einflüsse - das gefällt mir.

Viele Köche verderben den Brei.

Drei unter einen Hut zu bekommen ist schwieriger wie zwei.

Eine Koalition, ich hoffe,

mit Union, FDP und wohl oder übel die Grünen.

Ich war ehrlich gesagt enttäuscht.

Ich habe erwartet, dass die Grünen deutlich besser abschneiden.

Ehrlich: Die Grünen müssen nicht dabei sein.

Mit der Ampel käme mal frischer Wind in die Regierung.

Das wäre vielleicht ein guter Anfang.

Ich wünsche mir keine Große Koalition.

Genau so - keine Große Koalition.

Es ist sehr viel wert,

dass weder die Linken noch die AfD eine Chance hatten.

Ich hoffe, dass der Scholz den Kanzler stellt.

Weil ich von Herrn Laschek gar nichts halte.

Dat wird wohl dauern bis Weihnachten,

bis die sich gefunden haben.

Ich hoffe, die Pragmatiker setzen sich durch.

Dass man ohne Ego-Politur eine Regierung bildet,

die uns weiterhilft.

Die SPD mag die Wahl knapp gewonnen haben.

Aber der Blick heute geht vor allem auf das Drama,

das sich in der Union anbahnt.

Gestern Abend leitete Armin Laschet aus dem Wahlergebnis noch

einen Regierungsauftrag für die Union ab.

Am Tag danach scheint davon nicht viel übrig zu sein.

Dennoch sieht Laschet weiter über eine schwarz-grün-gelbe Koalition

den Weg ins Kanzleramt.

Die Frage ist:

Inwieweit hält er noch alle Fäden in der Partei in der Hand?

In der beginnt es am Tag nach der Niederlage zu brodeln.

Kirsten Girschick.

Noch hängt sie, die Wahlwerbung an der CDU-Zentrale.

Aber CDU wählen - das wollten ja zu wenige.

Am morgen Forderung nach Konsequenzen:

Es sind Fehlentscheidungen gemacht worden.

Inhaltlich in der Regierung und in der personellen Aufstellung.

Auch Fehler im Wahlkampf.

Die haben zum schlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten geführt.

Wenn wir so weitermachen,

habe ich große Sorgen, was in vier Jahren übrig bleibt.

An die nächsten vier Jahre kann er noch nicht denken.

Es gilt, die nächsten Tage oder Wochen zu überstehen.

Am ehesten in der Regierung.

Das klingt nicht mehr so fordernd wie gestern Abend.

Auch wenn es so geschrieben wurde.

Mein Wortlaut war präzise.

Der zweite hat keinen Anspruch.

Es ist eine Situation, wo's nur einem Punkt Unterschied gibt.

Da sagten die beiden kleinen Partner:

Das ist nicht automatisch so, dass einer das beanspruchen kann.

Immerhin konnte der in der CDU- Vorstandssitzung

mit dieser Haltung für Ruhe sorgen.

Auch in der Sitzung hat daran keiner Zweifel geäußert,

dass die Union ihre Bereitschaft erklären muss.

Auch Söder spricht nicht mehr von einem Regierungs-Auftrag.

Wir machen das Angebot in erster Linie aus Verantwortung.

Wir glauben, dass eine Beteiligung an der Regierung für die Union

für unser Land mehr Ertrag bringt, als das Gegenteil.

Um jeden Preis an der Macht -

das könne die CDU zerreißen, fürchten manche.

Wir sind 'ne große Volkspartei.

Ich will nicht den Weg von anderen Parteien gehen.

Das ist eine existenzielle Frage.

Wir wissen um unsere Verantwortung.

Deswegen gehen wir's an mit voller Wucht.

Existenziell ist die Frage auch für Parteichef Laschet.

Momentan noch geschützt vom Schwebezustand,

ob es nicht doch für eine Jamaika-Regierung langt.

Ich habe zu keinem Zeitpunkt jemanden gehört,

der seinen Rücktritt forderte.

Alle wissen, dass der Wahlkampf nicht optimal lief.

Allerdings - außerhalb des Zirkels der CDU-Parteispitze

gibt es Stimmen, die persönliche Konsequenzen des Parteichefs fordern.

Manchmal ist es wie bei des Königs neue Kleider.

Jeder denkt, der muss doch mal Verantwortung übernehmen.

Der muss zurücktreten - macht er aber nicht.

Der im Januar unterlegene Kandidat für den Parteivorsitz

wagt sich im ARD-Brennpunkt halb aus der Deckung.

Wir müssen uns wieder ganz anders in der Gesellschaft verankert.

Eine Frage von Themen, Kommunikation und Personen.

Die für Dienstag geplante Wahl eines Fraktionsvorsitzenden

stellt Röttgen infrage.

Morgen sollte es nicht entschieden werden.

Wird denn morgen der Vorsitzende einer Fraktion gewählt -

oder der Oppositionsführer?

Derweil muss Laschet am Abend noch zu einer Vorstandssitzung -

in seinem Landesverband NRW.

Hier heißt es am Ende:

Laschet werde den Prozess seiner eigenen Nachfolge moderieren.

Das einzuordnen hilft uns unsere Unions-Expertin im Hauptstadtstudio,

Kristin Schwietzer.

Ist Laschet Ende dieser Woche noch Parteivorsitzender?

Am Ende dieser Woche glaube ich das schon.

Danach wird es eng.

Man stellte ihm heute ein Ultimatum.

Er könne versuchen, eine Koalition zustande zu bringen.

Er ist dann angezählt.

Auch die Unterstützer von ihm haben sich rar gemacht.

Menschen wie Volker Bouffier, der immer an seiner Seite stand,

sagte, einen richtigen Auftrag haben wir nicht.

Es gibt erste Rücktrittsforderungen aus der Jungen Union.

Das ist nicht die erste Reihe.

Aber ein deutliches Zeichen großer Unzufriedenheit

mit dem Parteivorsitzenden, oder dem "Kandidaten".

Laschet hat nicht nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen

und ihn Ralph Brinkhaus überlassen.

Und er hat auf Druck zurückgenommen, was er gestern gesagt hat:

Dass er einen Regierungsauftrag habe für die Union.

Wie viel Macht hat Armin Laschet noch in der Partei?

Das ist interessant.

Das war wie ein Härtetest für ihn.

Er hätte auch darauf bestehen können, dass er verhandeln will.

Er hat aber keine Truppen hinter sich stehen.

Einige fragen sich in der Partei,

warum er nicht nach dem Vorsitz griff.

Er stellte den Grünen und der FDP heute quasi einen Blankoscheck aus.

Ist das ein Zeichen von Schwäche?

Oder ist das ein Versuch, dass die ihn noch retten?

Das ist seine einzige Chance.

Das sollte man nicht unterschätzen.

Armin Laschet und Christian Lindner verstehen sich gut.

Das ist ein Pluspunkt für ihn.

Lindner hat bei ihm das Gefühl,

dass er in der Koalition ein Gesicht hat.

Dass die Liberalen dort präsent sind.

Dass er auch die Kleinparteien glänzen lässt.

Das ist seine Chance.

Die muss er ergreifen, wenn er Parteivorsitzender bleiben will.

Wie ist die Stimmung in den Gremien der Union?

Wie groß ist der Anteil derer, die sagen,

man solle doch lieber in die Opposition gehen?

Das ist schwer auszumachen.

Er hat Unterstützer, die haben sich aber rar gemacht.

Einige sind enttäuscht über den Wahlkampf.

Die haben jetzt auch keine Mandate im Bundesvorstand mehr.

Andererseits gibt es einen großen Wunsch

nach einem Generationenwechsel in der Union.

Da wurde Jens Spahn schon aktiv.

Ist das ganz uneigennützig?

Das würde ich nicht sagen.

Man sagt ihm ja durchaus Ambitionen nach.

Dass er Interesse am Parteivorsitz hat.

Es gibt auch Drängen in der Partei, sich modern aufzustellen.

Wir haben es am Anfang schon gesehen:

Nach Zweitstimmen hat die CDU

keinen einzigen Wahlkreis im Osten der Republik gewonnen.

Immer wieder mahnten die ostdeutschen Landesverbände an:

Die Parteiführung solle sich mehr um den Osten kümmern,

gerade wegen der starken Konkurrenz der AfD.

Doch die Landtagswahlen 2019 in Sachsen, kürzlich in Sachsen-Anhalt

gewannen die Christdemokraten ohne große Unterstützung aus Berlin.

Als ob der Kater seit gestern Abend nicht schon groß genug wäre:

Der Blick nach Sachsen und Thüringen

zeigt weitestgehend eine CDU in schwerem Fahrwasser.

Friederike Rohmann.

Altenbeuthen - Dorfidylle im südwestlichen Thüringen.

207 Einwohner, 120 gültige Wahlstimmen -

über die Hälfte für die AfD.

Erklärungsversuche.

Es war Protest, weil sich keiner um die Leute hier kümmert.

Viele sind auf die AfD umgeschwungen,

weil die anderen es nicht auf die Reihe bekommen haben.

Gerade mit der Corona-Politik.

Das ist vielen auf die Nerven gegangen.

Wenn man jetzt hört: das mit dem Benzin.

Auf den Dörfern ist man angewiesen auf ein Auto.

Jeder muss fahren auf Arbeit.

Das greift ins Geld.

Da muss man überlegen, das hat nichts mit rechts zu tun.

Gewonnen hat die AfD nicht nur das kleine Altenbeuthen.

Mit 24 % der Stimmen wurde sie stärkste Kraft in Thüringen.

Und legte damit im Vergleich zur letzten Bundestagswahl zu.

Protest sei längst nicht mehr der Hauptgrund

für die stabilen AfD-Zustimmungswerte im Osten, so Beobachterinnen.

Die AfD bindet auch Wähler, die Furcht vor Veränderung haben.

In einem Wahlkampf, in dem der Wandel auf der Agenda stand,

ist das in Ostdeutschland ein wichtiger Punkt.

Auch in Sachsen liegt die AfD erneut vorn.

Hier gewann sie die meisten Direktmandate.

Wie im Erzgebirge:

Über 31 % stimmten hier für den AfD-Kandidaten.

Bitter für Alexander Krauß.

Die letzten vier Jahre vertrat er seine Region

für die CDU im Bundestag.

Und rechnete fest mit seiner Wiederwahl.

Denn die CDU hatte diesen Wahlkreis seit 30 Jahren jedes Mal gewonnen.

Dass es nicht geklappt hat, liegt laut Krauß

vor allem an Armin Laschet.

Die Gesamt-Tendenz war, dass es eine Unbeliebtheit

des Spitzenkandidaten auf Bundesebene gab.

Das hat bei uns durchgeschlagen.

Armin Laschet hat einen guten Wahlkampf gemacht.

Aber im Endeffekt ist der Kandidat bei den Menschen nicht angekommen.

Über acht Prozentpunkte hat die CDU

bei den Erststimmen in Sachsen verloren.

Das macht den Erfolg der AfD noch sichtbarer.

Zehn der 16 Direktmandate gingen an sie.

Alle aus dem ländlichen Raum.

Auch in der Landeshauptstadt

hätte es fast für ein Direktmandat der AfD gereicht.

Im Wahlkreis Dresden 2 hatte der CDU-Kandidat

nur einen Vorsprung von 39 Stimmen.

Er ist einer von nur vier CDU-Direktkandidaten

in ihrer einstigen Hochburg Sachsen.

Sehen wir hier die Stärke der AfD oder die Schwäche der Union?

Wir sehen eine besondere Schwäche der Union.

Wir erinnern uns an die Sätze von Reiner Haseloff.

2015 und 2016 sagte er,

es dürfe sich keine Kraft neben der Union etablieren.

Es ist der Union nicht gelungen, die AfD auf Distanz zu halten.

Wir haben es an diesem Wahlergebnis gesehen.

Erste zaghafte Rücktrittsforderungen

kamen von der Jungen Union in Sachsen.

Sachsen-Ministerpräsident Kretschmer äußerte sich auch sehr kritisch

zu Laschets Wahlkampfstrategie in Bezug auf den Osten.

Gibt er so dem Kandidaten

die alleinige Schuld an den Stimmverlusten?

Er versucht, Schaden von sich abzuwenden.

Er weiß, wie schwer es ist, Wahlen zu gewinnen.

Sein Vorgänger scheiterte mit der AfD.

Sie wissen und stehen seit Monaten und Jahren bei der eigenen Partei

auf der Matte.

Sie sagen, wir brauchen mehr Themen für den Osten.

In den letzten Jahren hat man den ländlichen Raum vernachlässigt.

Was kann die CDU tun,

um in Sachsen und Thüringen Terrain zurückzugewinnen?

Sie müssen dieselbe Aufgabe leisten.

Sie müssen die Strukturen im ländlichen Raum stärken.

Sie müssen dafür sorgen, dass die AfD nicht erstarkt.

Sie brauchen klare Konzepte, auch für Ostdeutschland.

So sehr die Union in Sachsen und Thüringen

die AfD davonziehen lassen musste:

So anders sieht es meist in den westdeutschen Bundesländern aus.

Obwohl sie ihr Ergebnis von 2017 weitgehend halten konnte,

ist die AfD ihre Rolle als stärkste Oppositionsfraktion nun los.

Wie die Parteispitze das Abschneiden beurteilt, macht auch deutlich,

wie uneins man ist.

Martin Schmidt.

Tag eins nach der Bundestagswahl:

In anderen Parteien Tag der Blumensträuße - nicht in der AfD.

Die Führungsriege: zerstritten.

Parteiinterner Machtkampf um die Deutungshoheit:

Ausgetragen vor Journalisten.

Ich bin stolz auf unseren Wahlkampf,

der die richtigen Themen angesprochen hat.

Und ich bin stolz auf das Ergebnis und auch auf die Partei.

Das wird man nicht als Erfolg vermelden können.

Versuche, sich das in einer Art von Altparteienmanier schönreden,

darf es nicht geben.

Ich lasse mir und uns das Ergebnis nicht schlechtreden, von niemandem.

Denn wir haben nun mal ein solides Ergebnis gefahren.

Gestern Abend: keine große Jubelstimmung.

Die AfD verliert, bleibt mit 10,3 % nur knapp zweistellig.

Das soll analysiert werden, intern.

Meuthen spricht dennoch vom teils falschen Wahlprogramm,

Weidel dagegen von Personaldebatten, die geschadet hätten.

Sie kündigt zudem an, künftig mit Chrupalla

die Fraktion leiten zu wollen – und bekommt prompt Widerspruch.

Wir avisieren eine Doppelspitze in der Fraktion,

werden als Duo antreten.

Ich halte es für keine gute Praxis, im Doppelpack anzutreten.

In unserer Partei hat es Tradition, Einzelwahlverfahren durchzuführen.

Schon Mittwoch soll diese Verfahrensfrage inklusive Wahl

in der neuen Fraktion geklärt werden.

Einige wollen Chrupalla, Weidel aber nicht.

Die nächste parteiinterne Machtprobe steht bevor.

Kommen wir zu denen, auf die es jetzt ankommt

und die sich aussuchen können, wen sie sich als Kanzler wünschen.

Wäre es bei dieser Bundestagswahl

nur nach den jungen Wählerinnen und Wählern gegangen:

Dann lägen zwei andere Parteien vorne.

Bei den 18- bis 24-Jährigen erhielten die Grünen 23 %,

die FDP 21 %.

Beide weit vor der SPD mit 15 % und der Union mit nur 10 %.

Die nächste Generation wünscht sich mehr Grün-Gelb in der Regierung.

Aber wie daraus eine gemeinsame Sache wird,

ist noch alles andere als ausgemacht.

Schließlich erklärte Grünen-Co-Chef Robert Habeck schon mal,

da träfen Welten aufeinander.

Oder doch nicht?

Über grün-gelbe Befindlichkeiten: Julie Kurz.

Grün.

Gelb.

Zwei Farben, zwei Parteien.

Einst hatten sie eher Berührungsängste.

Nun soll die Annäherung folgen.

Gesucht: eine gemeinsame Erzählung, eine Idee.

Zaghafte Schritte aufeinander zu auf den jeweiligen Pressekonferenzen:

Parallelen bei der Rhetorik, den Signalwörtern von FDP und Grünen:

Aufbruch, Erneuerung.

Es muss was Neues entstehen.

Dieses neue Entstehen ist kompliziert,

aber auch extrem reizvoll.

Es könnte schlimmere Antworten für Deutschland geben,

als dass was Neues entsteht in einer neuen Zeit.

Deshalb ist es sinnvoll,

dass diese beide zuerst miteinander das Gespräch suchen, um zu prüfen:

Ob daraus bei allen Unterschieden

ein fortschrittliches Zentrum einer neuen Koalition werden könnte.

Die Progressiven, die Fortschrittlichen.

Es könnte die gesuchte gemeinsame Erzählung werden.

Beide Parteien überzeugten v.a. junge Wähler.

Gerade bei Fragen des Zusammenlebens

gibt es Überschneidungen in den Wahlprogrammen.

Beiden ist der Respekt vor individuellen Lebensformen wichtig,

wie die Ehe für alle.

Beide fordern mehr Tempo bei Digitalisierung,

wollen Bürgerrechte stärken.

Auch eine erleichterte Zuwanderung wollen sowohl FDP als auch Grüne.

Pola Lehmann vergleicht die Entwicklung der Parteiprogramme

seit der Nachkriegszeit.

Wenn wir uns die Programme von FDP und Grüne anschauen, sehen wir,

dass sie bei soziokulturellen Fragen besonders nah beieinander stehen.

Und dass die Wahlprogramme da viel Potenzial für Koalitionen bieten.

Bei sozio-ökonomischen Themen ist das schwieriger.

Da verläuft eine scharfe Trennlinie zwischen grün und gelb.

Beide Parteien haben verschiedene Weltsichten bei der Frage:

Welche Rolle spielt der Staat und welche der Markt?

Boris Mijatovic zieht erstmals für die Grünen in den Bundestag ein.

Ihn sorgt, das in puncto Klimaschutz

diese Politikstile nicht zusammenfinden könnten.

Was die Regierung leisten muss, ist Klima-effektiv zu handeln.

Ich glaub nicht, dass das der Markt alleine kann.

Das sagt die FDP.

Aber ich glaub, wir brauchen 'nen staatlichen Aufbruch

für eine ökologische Grenze bei der Marktwirtschaft.

Auch beim Geld sind sich beide gar nicht einig.

Die FDP will auch heute von der Idee der Grünen nichts wissen,

Steuern zu erhöhen und die Schuldenbremse aufzuweichen.

Wir haben zwei Leitplanken:

Mit der FDP wird es keine höheren Steuern geben,

mit der Ausnahme Google etc.

Und keine Aufweichung der Schuldenbremse in der Verfassung.

Große Differenzen, aber auch gemeinsamer Zukunftswille.

Am Ende dürfte auch das Motiv der Verantwortung an Bedeutung gewinnen.

Denn ohne die Annäherung der beiden Farben

dürfte es wohl keine neue Regierung geben.

Grüne und FDP müssen also ins Boot geholt werden

für eine Regierungskoalition.

Darüber haben wir am Abend mit dem Mann gesprochen,

der das schaffen will:

Olaf Scholz, Kanzlerkandidat und Wahlsieger von der SPD.

Herr Scholz,

das Kanzleramt greifbar nah und dennoch könnten Sie draußen bleiben.

Ich bin zuversichtlich,

die Wähler haben ein klares Votum abgegeben.

Sie gaben drei Parteien zusätzliche Stimmen.

Der SPD sehr viel, wir sind stärkste Partei.

Mit gut einem Prozentpunkt mehr als der Union ...

Bei der CDU/CSU ging es nach unten. Ein klares Votum.

Aus Sicht der Wähler sind die CDU und CSU abgewählt.

Es ist die Aufgabe derjenigen, die die zusätzlichen Stimmen bekamen,

gemeinsam eine Regierung zu bilden.

Das wird gelingen mit Pragmatismus und Kooperationsbereitschaft.

Aber wie fühlt sich das an?

Nicht Sie bilden eine Koalition, sondern die Grünen und FDP ...

Und SPD! ... suchen sich einen Kanzler aus.

Die verhandeln jetzt und sagen dann Ihnen, ob Sie Kanzler werden.

Es wird gute Gespräche geben.

Es ist notwendig, Vertrauen zu fassen.

Das geht nicht wie unter schwarz-gelber Regierung,

wo alle über Gurkentruppen diskutiert haben.

Wo man einander beschuldigte.

Es geht nicht wie bei den Jamaika-Verhandlungen.

Alle müssen wissen, dass sie respektvoll behandelt werden

und das Vertrauen für die ganze Zeit einer Regierung reicht.

Wer zusammen einen Regierung bildet,

sollte das Ziel haben, gemeinsam wiedergewählt zu werden.

Das habe ich vor.

In Schleswig-Holstein ist das 2017 aber genau so ausgegangen.

Am Ende wurde es nicht der SPD-Mann, der damals schon siegessicher war.

Diesmal haben die Wähler klar gesprochen.

Sie wollen einen Regierungswechsel.

Umfragen vor der Wahl wie auch jetzt zeigen,

dass man die SPD als Regierungspartei möchte.

Die meisten Bürger wünschen, dass ich Kanzler werde.

Auch das muss berücksichtigt werden.

Offenbar ist das eine Frage des Preises.

Herr Laschet hat heute

den Grünen und der FDP fast schon einen Blanko-Scheck ausgestellt.

Den Grünen beim Klimaschutz, der FDP bei der Finanzpolitik.

Was haben Sie im Angebot?

Koalitionsverhandlungen finden zwischen Koalitionsparteien statt,

nicht in der Öffentlichkeit.

Unsere Ziele stehen in unserem Programm.

Uns verbindet eine gemeinsame Idee von Fortschritt.

Das unterscheidet die SPD, die Grünen und die FDP

von anderen Parteien:

Wir haben eine konkrete Idee

von der Modernisierung unserer Gesellschaft in den 20er-Jahren.

Die SPD hat eine Fortschrittsidee, die mit Respekt zu tun hat

und wirtschaftlicher Modernisierung unseres Landes.

Die Grünen haben auch diese Ideen,

mit großem Schwerpunkt auf Klimaschutz.

Das ist uns auch wichtig.

Bei der FDP stehen Bürgerrechte und technologische Modernisierung

im Fokus - was auch mit den anderen beiden geht.

Gerade unter dem Thema des Fortschritts ist es möglich,

etwas zustande zu bringen, das unser Land voranbringt.

Aber wer ist dann Koch und Kellner?

Herr Laschet klingt, als wollte er alles anbieten,

solange er regieren kann.

Bei Ihnen klingt es so, "wir geben den Ton an".

Diese Metaphern bringen nichts.

Ich fühle mich damit nicht wohl.

Es geht darum, eine Regierung zu bilden.

Die SPD hat ein starkes Mandat bekommen.

Die Wähler haben gesagt, die SPD soll die Regierung führen.

Das kann man aus allem lesen.

Wir werden unseren Beitrag leisten, dass das auch gelingt.

Aber es geht ja nicht nur um eine Zweckgemeinschaft,

sondern um eine Regierung.

Robert Habeck sagte, es geht um ein faires Miteinander.

Ihren grünen Koalitionspartner in Hamburg bezeichneten Sie

als Erster Bürgermeister als "Anbau" Ihres roten Hauses.

Klingt nicht nach Wohngemeinschaft.

Das war eine gute Zusammenarbeit, die bis heute hält.

Das scheint ja nicht so schlecht gelaufen zu sein.

Die Grünen konnten viele Projekte nicht durchkriegen:

Die Stadtbahn, City-Maut, Umweltzone ...

Die Grünen hatten nicht viel zu melden.

Kommen Sie denen jetzt entgegen?

Man muss die Idee aus dem Kopf kriegen,

dass es bei uns nicht um Demokratie geht.

Die Bürger haben gesprochen.

Manche politische Debatte sieht so aus,

als denken Geschäftsführer sich in Hinterzimmern etwas aus.

Das geht unter den Parteien - aber nicht gegenüber den Bürgern.

Die Demokratie hat ermöglicht:

Anders als es manche dachten, wurde die SPD an die Spitze gewählt.

Sie hat die meisten Stimmen bekommen.

Die Demokratie macht auch möglich,

dass eine Regierungsbildung stattfindet.

Im Sinne der Bürger wäre das eine zwischen SPD, Grünen und FDP.

Da geht es besonders um Vertrauen, sagte Habeck.

Die Grünen haben ganz bewusst nach dem Scheitern von Jamaika

vor vier Jahren den Kontakt zu Lindner aufgebaut.

Haben Sie das auch gemacht?

Ich finde gut, dass es diese Gespräche gab und geben wird.

Ich habe mit diesen Parteien immer gute Gespräche geführt

und auch Verfassungsänderungen verhandelt.

Haben Sie sich auch unterhalten

mit Christian Lindner und Annalena Baerbock?

Wir haben gesprochen.

Was jetzt stattfinden muss ist sehr ernsthaft:

Den Auftrag der Bürger umsetzen -

in einer vertrauensvollen Atmosphäre.

Es muss darum gehen, was für das Land wichtig ist.

Haben Sie eine vertrauensvolle Verbindung zu diesen beiden?

Man muss sich ja auch menschlich verstehen.

Ich empfinde das so und ich glaube, die auch.

Entscheidend ist, das jetzt hinzukriegen.

Das wird gelingen.

Es geht um konkrete Politik.

Wenn wir die Weichen für die Zukunft falsch stellen,

kann das bedeuten:

Irgendwann schauen wir traurig auf den Wohlstand woanders.

Konkrete Politik - nehmen Sie uns konkret mit:

Wie geht es in den nächsten Tagen weiter?

Wie ist der Zeitplan, wen rufen Sie an?

Ich werde Ihnen weder erzählen, mit wem ich schon telefoniert habe,

noch, wann die nächsten Gespräche anstehen.

Wieso nicht?

Das werde ich rechtzeitig bekannt geben.

Eine Zusammenarbeit beginnt damit, dass man dieses Spiel nicht spielt.

Danke, Olaf Scholz.

Zum Ergebnis dieser Bundestagswahl und den Folgen v.a. für die Union

hat Rainald Becker vom SWR folgende Meinung:

Manchmal ist es gut, sich am Tag nach der Wahl mit Fakten zu beschäftigen.

Dazu gehört, dass das Amt des Bundestagspräsidenten

traditionell von der stärksten Fraktion besetzt wird.

Das ist im neuen Bundestag die SPD.

Unions-Kanzlerkandidat Laschet ist es also nicht gelungen,

seinem wichtigsten Unterstützer Wolfgang Schäuble das Amt zu sichern.

Vielleicht wäre es im Gegenzug gut,

wenn die gewichtigste Stimme der CDU dem Kanzlerkandidaten sagen würde:

"Isch over, Armin."

Was die CDU braucht, ist ein Neustart, personell und inhaltlich.

Sie braucht jemanden, der dem Parteivorsitzenden genau das sagt.

Zur Wahrheit gehört auch die Erkenntnis:

Die CDU ist keine Volkspartei mehr, Armin Laschet als Kanzler einer,

wie er es nennt, "Zukunftskoalition" kaum vorstell- und vermittelbar.

Es drängt sich der Verdacht auf, im Adenauer-Haus treffen sich derzeit

Phrasenautomatik und Realitätsverlust.

Dabei wäre die Union vielleicht gut beraten,

sich an die 70er zu erinnern.

Und für die nächste Legislatur

auf Erneuerung in der Opposition zu setzen.

Zumindest bei der kleineren Schwesterpartei CSU

scheint man sich diesem Gedanken nicht mehr ganz verweigern zu wollen.

Jedenfalls hieß es heute aus München

mit Blick auf mögliche Sondierungsgespräche:

Die Union dürfe sich nicht verbiegen.

Vielleicht wäre der Union auch einfach zu empfehlen,

sich an Ex-SPD-Kanzler Schröder zu erinnern:

Und bei diesem Ergebnis einfach mal die "Kirche im Dorf" zu lassen.

Die Meinung von Rainald Becker.

Rund um die Zukunft des Kanzleramts ist es noch nebulös.

Karsten, haben wir wenigstens beim Wetter klare Sicht?

Ich freue mich, dass ich euch beide heute sehe.

Ein seltener Anblick.

Das klart die Sicht auf das Wetter auf.

Wenn wir schon in Richtung Herbst gehen, geht das nicht ohne Nebel.

Ich habe mal ein paar Daten rausgesucht.

Das ist der Stand von 19.55 Uhr.

Das ist eine Kaltfront.

Das hier ist ein Regenband.

Verfolgen wir, wie sich das in den letzten zwei Stunden bewegte.

Das ging nach Osten voran.

Das hier ist übrigens noch kein Regen.

DA fällt der Regen zwar aus den Wolken,

aber die Tropfen verdunsten.

Ich habe zwei Temperaturen herausgesucht.

In Aachen ist die Kaltfront durch.

Im Westen reißt der Himmel gerade auf.

Die zwölf Grad sind nur der Anfang.

Dann wird es kälter.

Im Westen wird es daher neblig.

Der Herbst ist da.

Er bringt auch sonnige Seiten.

Hier sind die Sonnenstunden von Erfurt.

Es gibt am Mittwoch noch einige Wolken.

Am Donnerstag und Freitag wird es verbreitet in Deutschland sonnig.

Damit schauen wir auf das Wetter:

Wir sehen dieses Regenband der Kaltfront.

Das wandert nach Osten ab.

In der Mitte und im Süden schwächt es ab.

Tagsüber wird die Sonne scheinen.

Diese dunklen Wolken sind wahrscheinlich nicht ganz so dunkel.

Die sind recht hoch.

Da kann die Sonne noch durchscheinen.

Für die meisten Menschen gibt es morgen einen trockenen Tag.

Hier sind die Temperaturen für die Nacht.

Im Westen, wo es klar wird, wo es neblig wird,

gibt es meist einstellige Werte.

Tagsüber müssen wir die 20 Grad suchen.

Am ehesten wird es in Niederbayern warm.

Die weiteren Aussichten:

Der nächste Mittwoch bringt das nächste Tief.

Am Donnerstag kann es stürmisch werden.

Danke, Karsten Schwanke.

Hier geht's weiter mit der Story im Ersten:

70 Jahre Bundesverfassungsgericht und seine brisanten Fälle.

Das nachtmagazin gibt's um 0.20 Uhr mit Kirsten Gerhard.

Ingo gibt's morgen wieder aus dem Hamburger tagesthemen-Studio.

Könnte morgen ein nervenaufreibender Nachrichtentag werden.

Wir blicken auf die Entscheidung in der Fraktion.

Wir schauen auf die Machtfrage.

Einen Tag später soll es zu ersten Sondierungsgesprächen

zwischen Grünen und FDP kommen.

Die Bundestagswahl wird uns noch weiter beschäftigen.

Das war es von uns.

Heute im Duo.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Copyright Untertitel: NDR 2021