Raum und Zeit | Das Fermi-Paradox: Teil 8 (2018)
Raum und Zeit sind unfassbar groß.
Sind sie zu groß für jegliche Form der Interaktion zwischen zwei Kulturen?
Wir gingen in unserer Betrachtung des Fermi-Paradoxons bisher davon aus, dass hochentwickelte Zivilisationen
extrem selten sind.
Die zweite Kategorie, die wir heute näher anschauen wollten, geht davon aus, dass es
außerirdische Zivilisationen gibt, dass wir aber nicht in der Lage sind, sie zu sehen
oder mit ihnen zu kommunizieren.
Raum und Zeit werden dabei immer wieder als Abgründe dargestellt, deren Überwindung
im Grunde nicht möglich ist.
Aber stimmt das?
Ich bin Ronny, willkommen bei Raumzeit!
Vor einigen Jahren fragte ich einen befreundeten Physiker, wie er sich denn das Fermi-Paradox
erkläre.
Er dachte eine Weile nach und sagte dann: „Stell dir vor, das Universum ist ein Zimmer
in einem ganz normalen Haus.
Und dann geh davon aus, dass die gesamte Zeit seit dem Urknall eine Stunde darstellt.
Im diesem Universum entstehen immer wieder Zivilisationen – sie leben unglaublich lange,
manche eine Millionen Jahre.
In unserer Stunde aber – in unserem Zimmer – wären sie wie winzige Glühwürmchen,
die irgendwo für den Bruchteil einer Sekunde aufleuchten und dann vergehen … die Glühwürmchen
wissen nichts voneinander – sie sind zu klein und sie leben zu kurz.“
Die Zeit stellt uns schon vor das erste Problem.
Wenn in der Milchstraße über 20 Milliarden Jahre 1000 Zivilisationen entstünden, die
jeweils eine Millionen Jahre existieren, so würden nach dem Ende einer Zivilisation im
Schnitt 19 Millionen Jahre vergehen, bevor die nächste auch nur das Rad erfindet.
Dass zwei Zivilisationen gleichzeitig existieren wäre schon ein kosmischer Zufall.
Aber selbst wenn sie es täten – wie weit wären sie voneinander entfernt?
Raumzeit-Zuschauer wissen wahrscheinlich längst, wie gewaltig Distanzen im Kosmos, selbst in
unserer nächsten Umgebung sind.
Wir wollen das trotzdem nochmal visualisieren, um deutlich zu machen, welche titanische Aufgabe
interstellare Raumfahrt darstellt.
Nehmen wir mal eine sinnvolle Größe für die Erde an.
Eine Murmel mit etwa 12 Millimeter Durchmesser.
Von hier gehen wir aus.
Die Sonne wäre im Vergleich 1 Meter 40 groß.
Und sie wäre etwa 150 Meter von unserer Murmel entfernt.
Deutlich mehr als ein Fußballfeld.
Und für die echte Distanz zwischen Erde und Sonne würde ein Auto, welches ohne Pause
mit 150 km/h fährt, etwa 114 Jahre brauchen.
Ein Airbus A380 17 Jahre und die Voyager I Sonde etwas über 3 Monate.
Doch was, wenn wir nun den nächsten Stern erreichen wollen.
Proxima Centauri ist in unserem Modell 20 cm groß doch wie weit ist er von unserer
Sonne weg?
4,24 Lichtjahre trennen uns von diesem roten Zwerg.
In unserem Modell mit der 1 Meter 40 großen Sonne entspricht das … knapp 40.000 Kilometern.
Die Voyager I Sonde, die 3 Monate zur Sonne bräuchte, müsste etwa 75.000 Jahre bis zu
Proxima Centauri fliegen.
Der A380 würde etwa 4 ein halb Millionen Jahre benötigen und unser 150 km/h schnelles
Auto schließlich über 30 Millionen Jahre.
Und das war nur die Distanz zum nächsten Nachbarn, der 4,24 Lichtjahre entfernt liegt.
Die Milchstraße aber hat eine Ausdehnung von über 110.000 Lichtjahren.
Da fühlt man sich klein.
Aufgrund dieser unvorstellbaren Raumdimensionen kann man sich ein erstes Bild von den Hürden
interstellarer Raumfahrt machen.
Selbst mit signifikanten Teilen der Lichtgeschwindigkeit, sagen wir mal 10% c, ist eine interstellare
Reise nur möglich, wenn wir entweder unbemannte Sonden schicken oder aber noch unerprobte
Wege gehen.
Lebensformen müssten in Generationenraumschiffen reisen oder aber hohe Lebenserwartungen von
mehreren hundert Jahren aufweisen, um solche Reisen denkbar erscheinen zu lassen.
Hier kommen jetzt natürlich Stimmen, welche mit Überlichtgeschwindigkeit, Wurmlöchern
und möglicherweise sogar Zeitreisen argumentieren.
Dieses Lager geht davon aus, dass wir bzw. andere Zivilisationen bei genügend Zeit die
entsprechenden Technologien entwickeln würden und dann eben Faktoren wie Raum und Zeit ignorieren
könnten.
Warpantriebe und Wurmlöcher sind letztlich mathematische Konstrukte, die nicht notwendigerweise
eine physikalische Entsprechung haben müssen und wahrscheinlich nicht haben.
Aber was wäre denn, wenn Überlichtantriebe oder Reisen durch Wurmlöcher möglich wären?
Sie würden das Fermi-Paradox weiter verschärfen – denn dann wäre ja die Erforschung und
Besiedlung einer Galaxie oder gar vieler Galaxien eine deutlich leichtere Aufgabe.
Wir müssten uns noch mehr darüber wundern, dass bisher niemand hier war.
Dennoch – trotz aller Hürden, die uns Raum und Zeit auferlegen, ist es absolut möglich,
eine Galaxie zu erforschen und auch zu besiedeln.
Das ist auch kein futuristischer oder gar fiktionaler Traum sondern etwas, zu dem selbst
die Menschheit in den nächsten Jahrhunderten in der Lage sein wird.
Viele argumentieren jetzt, dass wir die Menschheit ja nicht als Maßstab für das Verhalten von
Aliens in Anschlag bringen können.
Doch es gibt Gründe dafür.
Zunächst mal besagt das anthropische Prinzip, dass wir nicht notwendigerweise etwas Besonderes
sind, wir sollten zunächst also von uns als Durchschnittsfall ausgehen.
Mehr noch: jede Zivilisation, die zu einer raumfahrenden Zivilisation wird, muss entsprechende
Technologien entwickeln.
Durch unsere gesamte Geschichte (und die Evolution hinweg) haben wir beobachtet, dass Neugier,
Ausbreitungsdrang und Forschergeist förderlich sind.
Derartige Eigenschaften stehen auch hinter quasi allen technologischen Errungenschaften.
Kolumbus fuhr nach Westen, weil er wissen wollte, ob Indien wirklich hinter diesem Ozean
liegt.
Kopernikus und Galileo traten der Kirche entgegen, weil sie den Drang verspürten, die Wirklichkeit
zu erkennen.
Solche Eigenschaften scheinen die Voraussetzung für die Entwicklung und Technologisierung
einer Zivilisation zu sein.
Wir können recht sicher davon ausgehen, dass andere intelligente Lebensformen sie teilen
werden.
Und genau hier setzt dann die Überlegung an – Raum und Zeit sind starke Argumente,
aber es muss nur eine einzige Zivilisation gegeben haben, die von Neumann Sonden losschickte,
um so über ihre, unsere Galaxie zu lernen.
Gäbe es wirklich 1000e Zivilisationen in der Milchstraße, dann wäre es recht naiv,
anzunehmen, keine von diesen hätte Interesse an einer Erkundung ihrer Galaxie.
Wir haben das Konzept der von Neumann Sonden bereits im ersten Video zum Fermi-Paradox
vorgestellt – hier nochmal in Kurzform: Von Neumann Sonden sind von einer künstlichen
Intelligenz gesteuerte Raumfahrzeuge.
Sie fliegen bspw. mit einem Fusionsionenantrieb autonom zu einem anderen Sternensystem, an
Bord haben sie einen Universal Assembler – eine Produktionseinheit, die in der Lage ist, alles
zu produzieren, was die KI beherrscht und eine Grundausstattung an Bergbauequipment.
Die Sonde erreicht das Zielsystem, landet dort auf einem geeigneten Asteroiden oder
Mond, fährt Solarpanels aus und aktiviert Bergbaudrohnen.
Mit diesen ersten Ressourcen konstruiert die Sonde Solarkraftwerke, weitere Produktionseinheiten
und fortgeschrittene Bergbaumaschinerie.
In weiteren Schritten startet die von Neumann-Sonde Drohnen – zur weiteren Ressourcengewinnung
und zur Erkundung des lokalen Systems.
Die Sonde hat nun viele Optionen, die von Erkundung bis hin zum Terraforming des gesamten
Systems reichen.
Schließlich aber konstruiert sie weitere von Neumann Sonden.
Die Replikate reisen nun weiter – potenziell werden auch einige zum Heimatsystem zurückgeschickt
– mit Informationen über das neu entdeckte Sternensystem sowie den Missionsstatus.
Solche Sonden sind für die Menschheit noch nicht konstruierbar, aber alle ihre Komponenten
sind letztlich nur Weiterentwicklungen existierender Technik, etwa Raumschifftechnik, Energieversorgung,
Künstliche Intelligenz, 3D-Printing, und so weiter.
Kann man solche Sonden auf 10% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, dann dauert es bis Proxima
Centauri eben nur noch 42 Jahre.
Schon in weniger als 100 Jahren könnten wir möglicherweise die Rückkehr einer Sonde
erwarten, gefüllt mit Daten und Bildern unseres Nachbarsystems.
Ebenso spannend: in 1 Million Jahre kann eine von Neumann Sonde die gesamte Milchstraße
durchqueren – in 2 Millionen Jahren könnten die Sonden quasi jeden Stern unserer Galaxie
bereisen und erkunden.
Diese Zeiten klingen gewaltig, sind aber kosmisch gesehen nicht mehr als ein Moment.
Wir können davon ausgehen, dass es technisch absolut möglich ist, solche Sonden zu erschaffen.
Wir können weiterhin annehmen, dass es sinnvoll ist, solche Sonden – sei es nur zur Erkundung
und Informationsgewinnung – zu konstruieren.
Ebenso ist anzunehmen, dass bereits eine einzige erfolgreiche Sonde, die in der Vergangenheit
gestartet wurde, die Galaxie in maximal 10 Millionen Jahren erfolgreich bereist hätte
– wir müssten also die alten Fabrik- und Bergbauanlagen von außerirdischen Sonden
in unserem Sonnensystem finden.
Dem ist aber nicht so.
Das Ausgangsargument aber – das mit den zu großen Distanzen und zu großen Zeiträumen
– ist hinfällig, wenn man sich klar macht, dass diese zwar für einen Menschen gewaltig,
aber technologisch durchaus zu bewältigen sind.
Wenn wir keine Dysonschwärme sehen, keine Artefakte früherer Besiedlung auf der Erde
ausgraben und wir keinerlei von Neumann Sonden oder deren Überbleibsel im Sonnensystem entdecken
können, dann muss die Erklärung dafür an anderer Stelle gesucht werden.
Und möglicherweise besteht es ja darin, dass außerirdische Zivilisationen schlicht keinen
Grund haben oder jemals hatten, ihr System zu verlassen – dass sie sich nicht in die
Größe des Raums, sondern ins Kleine hin ausbreiten.
Und wenn ihr unsere Folge dazu nicht verpassen wollt, dann abonniert Raumzeit – vergesst
die kleine Glocke nicht – und teilt unser Video mit Euren Freunden in den sozialen Netzwerken.
Wir hoffen es hat euch gefallen, danken wie immer fürs Zuschauen – und in diesem Sinne
– 42!