Was ist Positiver Frieden?
Frieden an sich wird eigentlich vor allen Dingen als die Abwesenheit von
Krieg und damit von direkter, organisierter, militärischer Gewalt
verstanden. Das ist aber eine negative Definition
von Frieden, weil sie Konfliktursachen komplett außen vor lässt.
Und deswegen hilft diese negative Definition von Frieden auch nicht dabei,
Konflikte zu lösen oder zukünftig zu vermeiden und auch nicht,
friedenspolitische Konzepte an sich zu entwickeln. Um zu friedenspolitischen
Konzepten zu kommen, hat Johan Galtung neben der negativen Definition von
Frieden auch eine positive Definition von Frieden entwickelt. Und das heißt bei
ihm, auch strukturelle Ursachen von Gewalt zu vermeiden. Strukturelle Gewalt
schließt für Johan Galtung alle Formen der Diskriminierung, Ausgrenzung,
Ungerechtigkeit - also zum Beispiel Hunger - aber auch Umweltzerstörung, oder auch
die Einschränkung von Pressefreiheit, oder von
emanzipatorischen Entwicklungen mit ein. Positiver Frieden ist für Johan Galtung
sowohl ein produktiver als auch dynamischer Prozess.
Ich glaube dass es bei ihm vor allen Dingen darum geht, dass wir alle
aus unseren Denkmustern ausbrechen um wirklich dann zu ganz neuen,
friedenspolitischen Ansätzen zu kommen und auch vielleicht zu ganz neuen
Lösungen. Für Johan Galtung ist es wichtig - aber nicht nur für ihn, sondern
auch für andere, die sich später an seinen Konzepten orientiert haben -,
dass strukturelle Gewalt nicht nur eine andere Umschreibung von Ursachen
von Gewalt ist, sondern dass Strukturen selbst gewaltvoll sein können, wenn sie
Ungleichheit bedeuten. Oder wenn sie
Menschen davon abhalten, ihr tatsächliches oder auch nur vermutetes
Entwicklungspotenzial zu entfalten. In diesem Sinn ist Ungleichheit nicht
nur ein Phänomen von struktureller Gewalt sondern Ungleichheit an sich ist
Gewalt. Das zeigt sein Gewalt-Dreieck ganz schön.
Da ist ganz oben auf der Spitze
die direkte Gewalt, also das was Krieg für uns gemeinhin bedeutet. Wenn wir von
Krieg sprechen in der Welt, geht es meistens um militärische
Auseinandersetzung. Und er meint aber, dass für einen Frieden
die unsichtbaren Faktoren, also kulturelle Faktoren und auch strukturelle Ursachen
genau so wichtig sind. Wir brauchen nur auf Deutschland zu
gucken: Da ist ja Bildung zum Beispiel ein ganz großes Thema und
es wird immer gesagt, dass Menschen aus bildungsfernen Schichten, Kinder aus
armen Familien, nicht das Potenzial haben, sich beruflich oder auch
akademisch so zu entwickeln wie andere. Das ist ein Grund,
warum man in Deutschland auf keinen Fall von positivem Frieden sprechen kann.
Zum Zweiten ist Deutschland auch ein Akteur, der Kriege unterstützt durch
eigene Kriegseinsätze und durch Rüstungsexporte.
Da trägt Deutschland dazu bei, dass ein Leben in positivem Frieden weder hier
noch anderswo möglich ist. Um zu positiven, linken, friedenspolitischen
Ansätzen zu kommen ist es wichtig sich vor Augen zu führen, dass das was wir
gemeinhin als linke Friedenspolitik verstehen,
im galtungschen Sinne eigentlich negativer Frieden ist. Also wir sagen «Keine
Interventionen!», wir sagen «Keine Waffenexporte!», «Keine Zusammenarbeit mit
Diktatoren!» und ähnliches. Das ist nicht das, was Johan Galtung
als positiver Frieden definiert hat. Wir haben ungefähr seit einem Jahr
ein Dossier «Positiver Frieden» auf der Webseite der Stiftung und dort versuchen
wir nicht nur Beiträge über Konflikte in bestimmten Regionen
der Welt zu veröffentlichen, sondern stellen gerade diese strukturellen Ursachen
von Gewalt in den Vordergrund. Um mehr über positiven Frieden zu
erfahren, kannst du auf die Webseite der Stiftung gehen: