Was ist Hedonismus? (Sade, Epikur, Utilitarismus)
Was ist Hedonismus?
Hedonismus ist eine Art von Moralphilosophie, eine ethische Grundposition.
„Hedone“ ist das altgriechische Wort für Lust.
Hedonismus ist also die Ethik, bei der die Lust im Mittelpunkt steht.
Im Hedonismus wird das Gute mit der Lust identifiziert und das Schlechte mit dem Leid.
Ein Hedonist strebt daher jederzeit nach Lust und vermeidet das Leid und es gibt für ihn
keine anderen moralischen Werte außer der Lust.
Nun klingt das einerseits recht naheliegend, denn wir alle streben nach Lust und meiden
das Leid.
Aber trotzdem ist das Luststreben aus der allgemeinen moralischen Sicht nicht besonders
anerkannt.
Man denkt dabei leicht an Sexorgien, Drogen, Völlerei und sonstiges exzessives Verhalten.
Und tatsächlich gibt es Hedonisten, die den Exzess preisen.
Der französische Denker Marquis de Sade zum Beispiel sagte:
„Alles ist gut, wenn es exzessiv ist.“
Von ihm stammt auch der Ausspruch: „Der Lebenskünstler und der Feinschmecker
wissen, dass man ein Schwein sein muss, um Trüffel zu finden.“
Und Schweinereien leistete sich der Marquis regelmäßig.
Er fand seine Lust zum Beispiel darin, Prostituierte in seinem Schloss zu quälen.
Der Sadismus trägt seitdem seinen Namen.
Doch diese hässlichen Auswüchse des Luststrebens sind lediglich eine extreme Form des Hedonismus.
Andere Philosophen lehrten bescheidenere und sozialere Formen des Hedonismus.
Epikur zum Beispiel ging es gerade nicht um den Exzess, im Gegenteil.
Ihm ging es um die dauerhafte Lust und er meinte, das Verlangen nach dem Exzess stelle
geradezu ein Hindernis dar, um wahre und dauerhafte Lust zu erreichen.
Epikur meinte: „Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.“
Und mahnte damit zur Genügsamkeit.
Für ihn war Lust der Normalzustand des Menschen.
Das einzige, was die Lust trübt, sind körperliche Schmerzen und seelische Unruhe.
Um körperliche Schmerzen zu vermeiden, genügt ein einfaches gesundes Leben und um seelische
Unruhe zu vermeiden, sollte man tugendhaft im Kreis seiner Freunde leben und sich von
unnötigen Ängsten und Begierden befreien.
Das Ziel der Epikureer war, eine unerschütterliche Seelenruhe, Ataraxia genannt, zu erlangen.
Erst im Zustand der Ataraxia ist man nicht mehr von äußeren Bedingungen abhängig und
daher fähig, dauerhafte Lust zu empfinden.
Obwohl der epikureische Hedonismus in keinster Weise Vergnügungssucht und Lustexzesse unterstützt,
haftet ihm dennoch der Vorwurf an, eine egoistische Moral zu sein.
Epikur ging es nicht darum, das Wohl der Allgemeinheit zu befördern – im Gegenteil.
Er rät dazu, sich aus der Öffentlichkeit und Politik zu entfernen und still im Privaten
zu leben, um für sich selbst Seelenruhe und dauerhafte Lust erlangen zu können.
Aber Hedonismus muss nicht egoistisch sein.
Er ist nur egoistisch, solange man ausschließlich nach Lust für sich selbst strebt und dabei
die Lust und das Leid der anderen außer Acht lässt.
Wenn man allerdings jederzeit die Lust aller Beteiligten zu maximieren versucht, praktiziert
man eine nicht-egoistische Form des Hedonismus.
Diese Art des Hedonismus, bei der es um die Lust aller geht, wird „Utilitarismus“
genannt.
Sein Begründer Jeremy Bentham meinte: „Der einzige und allein zu rechtfertigende
Endzweck ist das größte Glück der größten Zahl.“
Jeder Mensch sollte demnach so handeln, dass seine Handlung die maximale Lust für die
maximale Anzahl an Menschen zur Folge hat.
Natürlich muss das nebenbei erzeugte Leid auch noch in die Rechnung aufgenommen werden.
Bentham schlug daher ein mathematisches „Lustkalkül“ vor, mit dem der moralische Wert einer Handlung
bemessen werden soll: Wenn ich zum Beispiel meiner Tochter ein Eis
kaufe, dann erzeugt diese Handlung viel Lust bei meiner Tochter, und auch ich selbst freue
mich.
Auch der Eisverkäufer hat Lustgewinn, weil er Geld verdient.
Wenn das Nachbarskind aber kein Eis bekommt, dann wird es unglücklich zuschauen, meine
Handlung hat also auch Leid erzeugt.
Deshalb habe ich selbst gemischte Gefühle.
Wenn man nun die Lust aller Beteiligten addiert und das erzeugte Leid subtrahiert, erhält
man die sogenannte „utility“, also den Nutzen der Handlung.
Viermal Plus und zweimal Minus ergibt ein doppeltes Plus.
In diesem Fall sollte ich den Nutzen meiner Handlung maximieren, indem ich auch dem Nachbarskind
ein Eis kaufe.
Dann wandelt sich sein Leid in Freude und auch bei mir verschwindet das Mitleid, was
den Nutzen auf 6 Plus katapultiert.
Der Utilitarismus ist eine durchaus moderne und anerkannte Form des Hedonismus und in
vielen moralischen und politischen Debatten wird utilitaristisch argumentiert.
Aber natürlich bietet auch der Utilitarismus Ansatzpunkte für Kritik.
So liegt ein grundsätzliches Problem darin, die Lust zu messen und damit den Nutzen einer
Handlung tatsächlich zu berechnen.
Ein zweiter Kritikpunkt ist die Ungerechtigkeit, die im Utilitarismus auftreten kann.
Ein Utilitarist müsste unter Umständen einen Unschuldigen töten, um mit seinen Organen
5 Kranke zu retten.
Dann hätte er zwar die Gesamtlust aller Beteiligten maximiert, aber auf Kosten der Gerechtigkeit.
Ein dritter Kritikpunkt richtet sich gegen den Hedonismus schlechthin: Dass Lust der
einzige moralische Wert sein soll, ist für viele nicht akzeptabel.
Dreht sich wirklich alles nur um Lustgewinn?
Wo bleiben da andere Werte wie beispielsweise Fortschritt, Wahrheit und Freiheit?