Lasst uns in die Pilze gehen!
Der Pilz ist lecker oder tödlich, schön oder gefährlich, wertvoll oder billig – die Fantasie der Menschen beflügelt er seit jeher. Aber was hat er mit dem Internet zu tun? Er schießt? Ein Glückspilz, wer das versteht.
„Du Glückspilz!“, sagt Lisa zu ihrer Freundin Esther. Seit drei Stunden suchen die beiden nach einer neuen Handtasche. Esther wünscht sich eine rote Tasche mit blauen Punkten, Lisa hätte gerne eine schwarze mit weißen Streifen. Die scheint es in der ganzen Stadt nicht zu geben. Esther hingegen hat ihr Traummodell gerade in einem Geschäft gefunden und strahlt. Sie hat Glück gehabt!
Von Glückspilzen und Giftpilzen
Ein „Glückspilz“ kann ein Mensch sein. Es gibt aber auch einen wirklichen Pilz, dem nachgesagt wird, dass er Glück bringt: den Fliegenpilz. Wie das vierblättrige Kleeblatt oder das Hufeisen ist er ein Glückssymbol. Mit seiner leuchtend roten Farbe und seinen lustigen weißen Punkten sieht er besonders schön aus. Deswegen zeigen ihn viele Kinderbücher, und jeder kennt ihn. Aber nicht alles, was schön ist, ist auch bekömmlich: Den Fliegenpilz darf man nicht essen, er ist ein Giftpilz. Mindestens genauso bekannt, aber weitaus ungefährlicher, sind „die Pilzköpfe“ – den meisten auch bekannt als „Die Beatles“.
Wenn der Herbst kommt und die Bäume ihre Blätter verlieren, ist die Zeit der Pilzsammler gekommen. Viele, die sonst meist zu Hause sitzen und die Natur hauptsächlich aus dem Fernsehen kennen, „gehen“ jetzt „in die Pilze“: Mit Körbchen und Messer bepackt laufen sie durch Wälder und über Wiesen und suchen nach Speisepilzen. Nur Spezialisten allerdings entdecken die berühmten „Trüffel“. Dabei lassen sie sich meist von Trüffelschweinen helfen.
Vorsicht: giftig!
Wer nicht weiß, welcher Pilz wirklich genießbar ist, der sollte lieber die Finger von den kleinen Gewächsen lassen, die weder Tier noch Pflanze sind. Seit jeher haben Pilze die Fantasie der Menschen beflügelt. „Erdschwamm“ wurden sie früher genannt, und im 18. Jahrhundert hielt man Pilze laut dem Zedler-Lexikon für „Auswurf und überflüssige Feuchtigkeit des Erdreichs“. Viele Mythen und Erzählungen ranken sich um sie.
Johann Wolfgang Goethe hat über „Das System der Pilze und Schwämme“ geschrieben, er hat Pilze gesammelt und sich geärgert, wenn andere seine Pilze nicht essen wollten – sie trauten seinen Dichtkünsten wohl mehr als seinen Pilzkenntnissen. Und wer riskiert schon gerne eine Pilzvergiftung?
Über den Pfifferling
Esther sieht ihrer Freundin an, dass die auch gern ein bisschen Glück mit ihrer Taschensuche hätte. Sie schlägt ihr vor, zu einem kleinen Geschäft neben dem Bahnhof zu gehen: „Die haben ein schönes Angebot, probier's doch da mal!“ Lisa ist dagegen: „Ach Quatsch, was die da verkaufen, das ist doch ‚keinen Pfifferling wert‘“, lacht sie.
„Keinen Pfifferling wert“? Aber ein Pfifferling ist doch ein leckerer und besonderer Pilz, der gar nicht so preiswert ist! Macht das Sinn, was Lisa sagt? Beim Blick in die Geschichte wird klar, woher die Redewendung kommt: Der Ausdruck stammt aus einer Zeit, als Pfifferlinge massenhaft in den Wäldern zu finden waren und deswegen keinen besonders hohen Wert hatten.
Schießende Pilze
Bei gutem Pilzwetter können Pilze ganz plötzlich und in großer Zahl „aus dem Boden schießen“. Sie wachsen anders als Blumen oder Tiere: Der eigentliche Pilz versteckt sich in der Erde – und kann sehr groß werden. Das größte Lebewesen der Welt ist ein „Hallimasch“ in den USA, der mehr als 2.400 Jahre alt ist! Was wir über der Erde sehen, sind nur die Fruchtkörper der Pilze. Mit denen pflanzen sie sich fort und sie wachsen so schnell, dass oft nach wenigen Stunden ein ganzer Wald voller Pilze sein kann.
Als das Internet immer populärer wurde, „schossen“ deswegen viele junge Unternehmen „wie Pilze aus dem Boden“. Ob es sich bei ihnen – bildlich gesehen – eher um Gift- oder um Heilpilze handelt, ist eine Frage der Anschauung. Nicht fraglich dagegen ist die positive, heilsame Wirkung vieler Medikamente, die mit Hilfe von Pilzen gewonnen werden. So beruht das Penicillin auf einem Schimmelpilz. Schimmelpilze sind ebenfalls beliebt in manchen Käsesorten – der wird allerdings meist ganz einfach „Schimmelkäse“ genannt.
Ungebetene Pilze
Schimmel wiederum ist gar nicht gern gesehen: Im Bad, wenn es zu feucht, kalt und dunkel ist, wächst der Schimmelpilz gut, genau wie seine Verwandten draußen im Wald. Auch „Fußpilz“ gedeiht unter ähnlichen Bedingungen – auch er ist kein gern gesehener Gast.
Die Form des Pilzes ist für einige Wortschöpfungen verantwortlich. So gab's – hauptsächlich in früheren Zeiten den „Stopfpilz“, der beim Stopfen von Löchern in Socken und Strümpfen geholfen hat. In manchen Haushalten kann man den sicher noch sehen. Eine „Pilzwolke“ dagegen will niemand sehen. Die entsteht bei einer Kernwaffenexplosion. Dann wächst der tödliche „Atompilz“ in den Himmel.
Zunderschwamm und Pilzomelette
Esther und Lisa sind mittlerweile zuhause angekommen. Lisa hat keine Tasche gefunden und ist enttäuscht. Esther will sie aufheitern und sagt: „So, genug geschmollt. Jetzt mach ich uns was Leckeres zu essen. Dein Lieblingsessen: Pilzomelette!“ Sie kocht mit Gas und zündet die Flamme mit einem Streichholz an. Die Pilze sind in Papier verpackt, das durch einen Windstoß in Richtung Flamme geweht wird. „Pass auf! !“, ruft Lisa. „Das brennt wie Zunder, das Papier!“
Und schon wieder taucht er auf in ihrer Unterhaltung, der Pilz. Der „Zunderschwamm“ oder „Zunderpilz“ wurde früher zu Zunder verarbeitet und zum Feuer machen benutzt. Ob die beiden das wissen? Vielleicht! Auf jeden Fall versteht Esther sofort, was Lisa meint, stößt das Papier beiseite und wenige Minuten später lassen es sich die beiden schmecken. Sie fühlen sich wohl. Zwei Glückspilze!