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Funkkreis. Podcast der Bundeswehr, Podcast #42: Der jüngste Freifalltruppführer der Bundeswehr

Podcast #42: Der jüngste Freifalltruppführer der Bundeswehr

Delta to all radiocheck, over, hier ist bravo, kommen, this is tango, over.

Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.

A: Wer kennt sie nicht?

Menschen, die freiwillig aus einem fliegenden Flugzeug springen.

In der Bundeswehr sind das die Fallschirmjäger.

In der Truppe haben sie daher einen besonderen Ruf.

In der heutigen Funkkreisfolge habe ich einen von ihnen zu Gast.

Er ist Oberstabsgefreiter, 29 Jahre alt und spezialisiert auf Punktlandungen.

Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna aus der Redaktion der Bundeswehr und mir sitzt

jemand gegenüber, den alle nur „Katze“ rufen.

Hallo „Katze“.

B: Hey.

A: Warum eigentlich Katze?

B: Das rührt daher, dass wir im Fallschirmspezialzug alle nur mit call signs, also Decknamen arbeiten,

und das so auch in der Öffentlichkeit einfacher ist, dass man nicht sofort mit seinem Klarnamen auftritt.

A: Du hast es ja schon gesagt, du bist aus dem Fallschirmjägerspezialzug oder Fallschirmspezialzug?

B: Fallschirmspezialzug genau.

A: Fallschirmspezialzug aus Seedorf und ihr habt eine besondere Tätigkeit.

Willst du mir dazu was erzählen?

B: Grundsätzlich hat der Fallschirmspezialzug, es gibt davon zwo in der Bundesrepublik Deutschland,

den Auftrag der Vorauskräfte.

Das bedeutet, wir sind die Ersten, die im Zielgebiet reinspringen, also per Fallschirmsprung,

und bauen dann mit Hilfe unseres Commit Control Teams eine Behelfslandebahn auf.

Sie können auch Flugplätze sichern.

Folgekräfte, also hauptsächlich dann die Hauptkräfte der Fallschirmjäger, können

dann dort per Luftfahrzeug oder per Fallschirmsprung anlanden.

A: Also das heißt, ihr seid weit vor euren eigenen Linien abgesetzt im Auftrag und wollt

möglichst schnell Verstärkung ran holen.

B: Genau.

Also der Regelfall ist so 72 Stunden vorher, sodass wir die Grundlage für einen erfolgreiche

Luft-Landeoperation stellen können.

A: O.k.

Bevor wir darauf näher eingehen, kannst du uns kurz nochmal beschreiben:

Wie bist du überhaupt dazu gekommen?

B: Also im Jahre 2010 wurde ich eingezogen in das Panzergrenadierbataillon 411 in Viereck

und hab da ganz normal meine Grundausbildung und meine Spezialgrundausbildung gemacht.

Bis irgendwann ein Flyer vom Fallschirmspezialzug reinkam, woraufhin man sich bewerben konnte.

Da habe ich mich dann mal im Internet schlau gemacht, hab mir die Anforderung angeguckt,

was man da alles so bewältigen muss, um Teil dieser Einheit werden zu können, und dachte

„Oh, das sind aber ganz schön krasse Anforderungen.“

Daraufhin habe ich mich dann beworben.

Hab ein bisschen darauf hin trainiert in meiner alten Stammeinheit.

Bin dann nach Seedorf gekommen, als Obergefreiter, hab da dann das Auswahlverfahren gemacht und

von da an ging es dann los.

A: Kannst du ungefähr sagen, was die Anforderungen sind?

B: Ich glaube das hat sich im Laufe der Jahre auch ein kleines bisschen geändert, aber

grob müsste alles gleich geblieben sein.

Man muss zum Beispiel den sieben Kilometer Gepäcklauf mit 20 Kilo Gepäck unter 52 Minuten

und Feldanzug absolvieren.

Man muss 200 Meter Kleiderschwimmen in einer bestimmten Zeit schaffen und der größte

Knackpunkt ist dann einfach die Durchschlageübung: Die ist immer so zwischen 24 und 72 Stunden

mit einer Marschleistung von so rund 80 / 90 Kilometer.

Mit allen möglichen Spielchen inbegriffen:

Also mit Verwundetentransport und Gewässerüberquerung,

Gewässerdurchquerung.

Und ja, da stößt man dann schon irgendwann auf seine körperlichen Grenzen.

A: Aber du hast alles erfolgreich durchstanden und bist jetzt sogar, soweit ich weiß, der

Jüngste Freifalltruppführer der Bundeswehr.

B: Genau, das ist richtig.

A: Was bedeutet das überhaupt, Freifalltruppführer?

B: Also man fängt an mit dem Basislehrgang.

Alle Freifalllehrgänge finden in Altenstadt in der Luftlande/Lufttransportschule statt

und da beginnt man wie gesagt ganz normal mit dem Basislehrgang.

Da lernt man dann alleine aus dem Flugzeug zu springen und irgendwann dann mit Gepäck

und Waffe und Ausrüstung.

Wenn man dann wieder in der Truppe ist und eine Mindestsprunganzahl von 150 Sprüngen

erreicht hat, besteht die Möglichkeit, dass man von seinem Teileinheitsführer auf den

nächsten Lehrgang geschickt wird und das ist dann eben der Freifalltruppführer.

A: Und Freifalltruppführer oder beziehungsweise der Freifall bedeutet auch wirklich ihr springt

aus dem Flugzeug und fallt erstmal, ohne das sich der Fallschirm automatisch öffnet?

B: Genau.

Also das Gängige ist, dass man aus 3650 Metern in Deutschland aus dem Flugzeug springt.

Alles darüber da bräuchte man dann Sauerstoff, den man dann voratmen müsste und dann bei

der befohlenen Öffnungshöhe sein Fallschirm selber manuell auslöst.

A: Das heißt ihr habt besondere Ausrüstung.

Was habt ihr denn eigentlich?

B: Zum Fallschirmsprung haben wir verschiedene Fallschirmsysteme, mit denen wir arbeiten:

Einmal der TW9 und einmal der TW7, das ist so das Gängigste.

Die Zahlen dahinter stehen für die Zellen in der Kappe, also der TW9 hat neun Zellen

und der TW7 sieben Zellen.

An dem können wir dann auch alles befestigen.

Unseren Rucksack, den wir immer nochmal extra in einem Geschirr reinpacken, dass wir den

am Fallschirm befestigen können.

Unsere Waffe wird an der Seite mit eingeschlauft.

Wir haben ein Navigationssystem vorne dran, mit GPS, Kompass und den Daten,

die man für den Sprung benötigt.

Dann hat man seinen Höhenmesser am linken Arm und das sind alles so die Ausrüstungsgegenstände,

die man benötigt, um ein Freifallfallschirmsprung durchzuführen.

A: Und wie viel Gewicht ist das so Pi mal Daumen?

B: Also grundsätzlich, wenn wir in eine Übung oder Operation reinspringen, rechnet man so

mit 80/90 Kilo plus.

Da haben wir halt wie gesagt den Fallschirm der wiegt so um die 25 Kilo, beim Rucksack

ist man auch immer mindestens bei 45 Kilo und das läppert sich dann alles zusammen.

Und so kommen wir so auf die grob 90 Kilo aufwärts sogar tatsächlich.

A: O.K, zum Körpergewicht dann auch mit.

B: Genau, zum eigenen Körpergewicht dann auch mit.

A: Hört sich auf jeden Fall spannend an.

Vielleicht kannst du ja mal kurz ein Sprungeinsatz beschreiben?

Zum Hintergrund: Wir waren dabei, als ihr eine Woche geübt habt und haben einmal euren

Funkverkehr, den ihr auch habt, aufgenommen und ich spiel mal was kurz ab und vielleicht

sagst du mal kurz was dazu.

Funkverkehr:“ Wir machen jetzt einen Linksbogen und gehen rechts auf die Landezone rein.“

A: Was habt ihr da über Funk abgesprochen?

B: Genau, es war ein relativ großer Sprung, also wir sind ja befähigt als Freifalltruppführer

eine komplette Teileinheit in der vertikalen Verbringung zu führen.

Das bedeutet der Truppführer springt meist vorne weg und alle anderen in dem Fall und

unsere Teileinheit sind 44 Mann, springen alle 43 Mann hinterher und können ins Zielgebiet

so verbracht werden.

A: Das heißt, Du hast in der Phase die Verantwortung für alle hinter dir dran?

B: Genau also das was wir jetzt in diesem Fall bei der Tonaufnahme abgespielt trainiert

haben, da waren wir ein 19-Mann Trupp und so verfahren wir auch hauptsächlich, dass

wir nicht alle gesamt in einem Trupp sind, sondern den Zug nochmal splitten, sodass es

für den Truppführer auch einfacher ist, eine kleine Landezone zu treffen.

Alle die hinter einem dranhängen müssen ja auch noch mit reinpassen.

A: Das ist ja Eure Besonderheit.

Ihr könnt ja als Freifaller eine Punktlandung durchführen.

Das unterscheidet Euch ja in der Regel von dem Fallschirmjäger der mit Automatensprung

und seiner Rundkappe rausspringt.

B:Genau.

Also wir haben die Möglichkeit im Optimalfall haben wir natürlich eine größere Landezone,

aber wenn uns jetzt nur eine Landezone von den Ausmaßen grob 200 mal 200 Metern gegeben

ist dann bleibt uns halt nicht anderes übrig und der Truppführer muss das alles für sich

so berechnen, dass auch sein ganzer Trupp hinter ihm da auch mit reinkommt.

A: Du sagst gerade berechnen, ihr müsst schon mit vielen Daten arbeiten, Wetterdaten die

vom Einsatzoffizier kommen, ihr habt eure ganzen Navigationsgeräte und müsst euch da irgendwie behelfen.

Wie fühlt sich das an für Dich in der Luft?

B: Also man ist schon ... das ist nicht immer so einfach wie es vielleicht von außen scheint,

sondern man hat auch, wie du gerade schon erwähnt hast eine Menge an Daten, die man

für sich selber so ein bisschen auswerten und erstmal verarbeiten muss.

Der Wind ist auch nicht immer gleich.

Man sagt, okay der Wind drückt jetzt immer mit 20 Knoten rum sondern der verändert sich auch.

Das muss man alles so ein bisschen mit einberechnen und wie vorhin schon erwähnt da hängt halt

noch der ganze Trupp hinten dran.

Also alleine würde man es immer in die Landezone schaffen, wenn der Wind dann dementsprechend mitspielt wie er auch berechnet wurde aber die Kunst ist dann eben einfach und wirklich

den ganzen Trupp heil ins Zielgebiet reinzuführen.

A: Wie weit ist ungefähr die Entfernung, die ihr überbrücken könntet?

B: Also wir können, wenn wir jetzt nicht nur in Deutschland Übungssprünge machen würden,

sondern auch mit Sauerstoff über 3650 Metern gehen,

könnten wir 60-80 Kilometer gleiten.

Das wäre so das Maximum was man rausholen kann. Das erfordert dann natürlich wiederum

weiteres Training, viel Ausbildung, die entsprechenden Sauerstoffgeräte müssen verfügbar sein.

A: Das heißt eigentlich ist euer Einsatz ja so gedacht, dass ihr lautlos, weit hinter

die eigenen Linien gleitet und da dort einen Flugplatz erkundet und eventuell einrichtet,

damit ihr Verstärkung weit tief nachziehen könnt?

B: Genau.

A: Vom Grundgedanken jetzt.

B: Vom Grundgedanken genau.

A:Okay.

Und was machst Du, wenn du springst, deinen Trupp hinter dir hast und etwas schief läuft?

Ich habe da nämlich auch ein Beispiel, von der einen Woche bei der wir dabei waren.

Wir hören mal kurz rein ...

[Funkspruch: Ja Springer Nummer Sechs, das Gepäck hat sich bei mir verabschiedet...]

B: Ja, das ist natürlich ein gutes Beispiel wie es eigentlich nicht laufen soll.

Aber, leben in der Lage, da ist halt bei dem einen Springer, obwohl der extra noch zwei

Mal kontrolliert wurde, wir machen ja am Anfang diese Sicherheitschecks um eben sowas auszuschließen,

aber das Material macht einem dann doch mal einen Strich durch die Rechnung und zwar hat

sich bei dem einen Springer das Gepäck, ich glaube das war bei einer Höhe von 700 Metern

die wir noch grob hatten hat sich das Gepäck - wir lassen das ja irgendwann ab dass es ungefähr

zwei Meter unter uns an einer Ablassleine hängt sodass wir nicht mit dem Gepäck am

Körper landen sondern wirklich sicher im Stand landen können und das Gepäck vor uns,

eine Sekunde vor uns, am Boden eintrifft.

Ja und in diesem Fall hat der Kamerad sein Gepäck abgelassen, die Ablassleine, also

der Karabiner der oben in der Ablassleine eingehakt ist, der hat nicht ganz gehalten,

ist aufgesprungen, weil das Gepäck vermutlich auch zu schwer war und oben sich vielleicht

ein wenig Stoff da zwischen der Arretierung verhakt hatte und ja in solchen Situationen

muss man dann irgendwie intuitiv handeln, aus der Situation heraus und am besten ist

es natürlich wenn der Springer selber soweit mitdenkt und auf seinem GPS was jeder ja auf

seinem NAVBoard dabei hat direkt die Stelle markert und wir und der Truppführer sich

dafür entweder entscheidet, okay, ich schicke jetzt zwei Leute an den Punkt runter wo das

Gepäck ungefähr ist, weil es kommt natürlich darauf an wessen Gepäck das ist.

Wenn das jetzt einer der CombatController ist, brauchen wir auf jeden Fall

die Ausrüstung die da drin ist.

Sollte es jetzt, in Anführungszeichen nur ein Medic oder ein Marksman von uns sein,

oder ein ganz normaler Shooter, dann kann sich der Truppführer das auch freihalten,

doch zu sagen wir landen trotzdem im Zielgebiet, wie haben nur noch so und so viel Zeit um

den Auftrag zu erfüllen, wir schaffen es nicht mehr runterzugehen ... das hält der

sich dann so ein bisschen frei.

So landet er wirklich mit dem gesamten Trupp trotzdem an der Landezone, sagt okay, das

ist dann halt so oder er schickt zwei Mann zu dem Gepäck um es zu bergen, oder es gehen

eben dementsprechend alle bem Gepäck runter.

A: Was hast Du da gefühlt in dem Moment, als Du diesen Funkspruch gehört hast?

B: Ich hab gedacht, zum Glück sind wir schon so nah an der Landezone, dass es wirklich nicht

mehr so weit ist und ja, gut dass uns das in einem Übungsszenario passiert.

So geht man dann im Kopf wirklich mal alles durch, okay, was hab ich jetzt für Möglichkeiten

und ich hab es lieber bei so einem Trainingssprung, dass mir sowas passiert als wirklich mal im Einsatz.

Ja, beim nächsten Mal werden wir dann vielleicht noch ein drittes Mal die Ausrüstung kontrollieren.

A: Okay, ja, viel Kontrolle, viel doppelten Check ist bei euch üblich.

Alles, damit ihr für euren Auftrag bestens ausgerüstet seid, der ja eigentlich erst

beginnt, wenn ihr am Boden seid.

Ihr habt ja eigentlich nur die Verbringung per Schirm, danach geht ja der infanteristische

Auftrag ganz normal los.

Dazu hatte ich heute "Katze" zu Gast.

Der hat gesprochen heute über seine Erfahrungen als der jüngste Freifalltruppführer.

Vielen Dank.

B: Gerne.

A: Wer mehr zum Funkkreis hören will, der kann über Deezer, Spotify, oder Apple Music

weitere Folgen hören.

Wer Fragen hat, oder Anregungen an uns senden will, kann über podcast@bundeswehr.de schicken.

Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna, ich melde mich ab.


Podcast #42: Der jüngste Freifalltruppführer der Bundeswehr Podcast #42: The youngest free fall squad leader of the German Armed Forces Podcast #42 : Le plus jeune chef d'équipe de chute libre de l'armée allemande

Delta to all radiocheck, over, hier ist bravo, kommen, this is tango, over.

Funkkreis, Podcast der Bundeswehr.

A: Wer kennt sie nicht?

Menschen, die freiwillig aus einem fliegenden Flugzeug springen.

In der Bundeswehr sind das die Fallschirmjäger.

In der Truppe haben sie daher einen besonderen Ruf.

In der heutigen Funkkreisfolge habe ich einen von ihnen zu Gast.

Er ist Oberstabsgefreiter, 29 Jahre alt und spezialisiert auf Punktlandungen.

Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna aus der Redaktion der Bundeswehr und mir sitzt

jemand gegenüber, den alle nur „Katze“ rufen.

Hallo „Katze“.

B: Hey.

A: Warum eigentlich Katze?

B: Das rührt daher, dass wir im Fallschirmspezialzug alle nur mit call signs, also Decknamen arbeiten,

und das so auch in der Öffentlichkeit einfacher ist, dass man nicht sofort mit seinem Klarnamen auftritt.

A: Du hast es ja schon gesagt, du bist aus dem Fallschirmjägerspezialzug oder Fallschirmspezialzug?

B: Fallschirmspezialzug genau.

A: Fallschirmspezialzug aus Seedorf und ihr habt eine besondere Tätigkeit.

Willst du mir dazu was erzählen?

B: Grundsätzlich hat der Fallschirmspezialzug, es gibt davon zwo in der Bundesrepublik Deutschland,

den Auftrag der Vorauskräfte.

Das bedeutet, wir sind die Ersten, die im Zielgebiet reinspringen, also per Fallschirmsprung,

und bauen dann mit Hilfe unseres Commit Control Teams eine Behelfslandebahn auf.

Sie können auch Flugplätze sichern.

Folgekräfte, also hauptsächlich dann die Hauptkräfte der Fallschirmjäger, können

dann dort per Luftfahrzeug oder per Fallschirmsprung anlanden.

A: Also das heißt, ihr seid weit vor euren eigenen Linien abgesetzt im Auftrag und wollt

möglichst schnell Verstärkung ran holen.

B: Genau.

Also der Regelfall ist so 72 Stunden vorher, sodass wir die Grundlage für einen erfolgreiche

Luft-Landeoperation stellen können.

A: O.k.

Bevor wir darauf näher eingehen, kannst du uns kurz nochmal beschreiben:

Wie bist du überhaupt dazu gekommen?

B: Also im Jahre 2010 wurde ich eingezogen in das Panzergrenadierbataillon 411 in Viereck

und hab da ganz normal meine Grundausbildung und meine Spezialgrundausbildung gemacht.

Bis irgendwann ein Flyer vom Fallschirmspezialzug reinkam, woraufhin man sich bewerben konnte.

Da habe ich mich dann mal im Internet schlau gemacht, hab mir die Anforderung angeguckt,

was man da alles so bewältigen muss, um Teil dieser Einheit werden zu können, und dachte

„Oh, das sind aber ganz schön krasse Anforderungen.“

Daraufhin habe ich mich dann beworben.

Hab ein bisschen darauf hin trainiert in meiner alten Stammeinheit.

Bin dann nach Seedorf gekommen, als Obergefreiter, hab da dann das Auswahlverfahren gemacht und

von da an ging es dann los.

A: Kannst du ungefähr sagen, was die Anforderungen sind?

B: Ich glaube das hat sich im Laufe der Jahre auch ein kleines bisschen geändert, aber

grob müsste alles gleich geblieben sein.

Man muss zum Beispiel den sieben Kilometer Gepäcklauf mit 20 Kilo Gepäck unter 52 Minuten

und Feldanzug absolvieren.

Man muss 200 Meter Kleiderschwimmen in einer bestimmten Zeit schaffen und der größte

Knackpunkt ist dann einfach die Durchschlageübung: Die ist immer so zwischen 24 und 72 Stunden

mit einer Marschleistung von so rund 80 / 90 Kilometer.

Mit allen möglichen Spielchen inbegriffen:

Also mit Verwundetentransport und Gewässerüberquerung,

Gewässerdurchquerung.

Und ja, da stößt man dann schon irgendwann auf seine körperlichen Grenzen.

A: Aber du hast alles erfolgreich durchstanden und bist jetzt sogar, soweit ich weiß, der

Jüngste Freifalltruppführer der Bundeswehr.

B: Genau, das ist richtig.

A: Was bedeutet das überhaupt, Freifalltruppführer?

B: Also man fängt an mit dem Basislehrgang.

Alle Freifalllehrgänge finden in Altenstadt in der Luftlande/Lufttransportschule statt

und da beginnt man wie gesagt ganz normal mit dem Basislehrgang.

Da lernt man dann alleine aus dem Flugzeug zu springen und irgendwann dann mit Gepäck

und Waffe und Ausrüstung.

Wenn man dann wieder in der Truppe ist und eine Mindestsprunganzahl von 150 Sprüngen

erreicht hat, besteht die Möglichkeit, dass man von seinem Teileinheitsführer auf den

nächsten Lehrgang geschickt wird und das ist dann eben der Freifalltruppführer.

A: Und Freifalltruppführer oder beziehungsweise der Freifall bedeutet auch wirklich ihr springt

aus dem Flugzeug und fallt erstmal, ohne das sich der Fallschirm automatisch öffnet?

B: Genau.

Also das Gängige ist, dass man aus 3650 Metern in Deutschland aus dem Flugzeug springt.

Alles darüber da bräuchte man dann Sauerstoff, den man dann voratmen müsste und dann bei

der befohlenen Öffnungshöhe sein Fallschirm selber manuell auslöst.

A: Das heißt ihr habt besondere Ausrüstung.

Was habt ihr denn eigentlich?

B: Zum Fallschirmsprung haben wir verschiedene Fallschirmsysteme, mit denen wir arbeiten:

Einmal der TW9 und einmal der TW7, das ist so das Gängigste.

Die Zahlen dahinter stehen für die Zellen in der Kappe, also der TW9 hat neun Zellen

und der TW7 sieben Zellen.

An dem können wir dann auch alles befestigen.

Unseren Rucksack, den wir immer nochmal extra in einem Geschirr reinpacken, dass wir den

am Fallschirm befestigen können.

Unsere Waffe wird an der Seite mit eingeschlauft.

Wir haben ein Navigationssystem vorne dran, mit GPS, Kompass und den Daten,

die man für den Sprung benötigt.

Dann hat man seinen Höhenmesser am linken Arm und das sind alles so die Ausrüstungsgegenstände,

die man benötigt, um ein Freifallfallschirmsprung durchzuführen.

A: Und wie viel Gewicht ist das so Pi mal Daumen?

B: Also grundsätzlich, wenn wir in eine Übung oder Operation reinspringen, rechnet man so

mit 80/90 Kilo plus.

Da haben wir halt wie gesagt den Fallschirm der wiegt so um die 25 Kilo, beim Rucksack

ist man auch immer mindestens bei 45 Kilo und das läppert sich dann alles zusammen.

Und so kommen wir so auf die grob 90 Kilo aufwärts sogar tatsächlich.

A: O.K, zum Körpergewicht dann auch mit.

B: Genau, zum eigenen Körpergewicht dann auch mit.

A: Hört sich auf jeden Fall spannend an.

Vielleicht kannst du ja mal kurz ein Sprungeinsatz beschreiben?

Zum Hintergrund: Wir waren dabei, als ihr eine Woche geübt habt und haben einmal euren

Funkverkehr, den ihr auch habt, aufgenommen und ich spiel mal was kurz ab und vielleicht

sagst du mal kurz was dazu.

Funkverkehr:“ Wir machen jetzt einen Linksbogen und gehen rechts auf die Landezone rein.“

A: Was habt ihr da über Funk abgesprochen?

B: Genau, es war ein relativ großer Sprung, also wir sind ja befähigt als Freifalltruppführer

eine komplette Teileinheit in der vertikalen Verbringung zu führen.

Das bedeutet der Truppführer springt meist vorne weg und alle anderen in dem Fall und

unsere Teileinheit sind 44 Mann, springen alle 43 Mann hinterher und können ins Zielgebiet

so verbracht werden.

A: Das heißt, Du hast in der Phase die Verantwortung für alle hinter dir dran?

B: Genau also das was wir jetzt in diesem Fall bei der Tonaufnahme abgespielt trainiert

haben, da waren wir ein 19-Mann Trupp und so verfahren wir auch hauptsächlich, dass

wir nicht alle gesamt in einem Trupp sind, sondern den Zug nochmal splitten, sodass es

für den Truppführer auch einfacher ist, eine kleine Landezone zu treffen.

Alle die hinter einem dranhängen müssen ja auch noch mit reinpassen.

A: Das ist ja Eure Besonderheit.

Ihr könnt ja als Freifaller eine Punktlandung durchführen.

Das unterscheidet Euch ja in der Regel von dem Fallschirmjäger der mit Automatensprung

und seiner Rundkappe rausspringt.

B:Genau.

Also wir haben die Möglichkeit im Optimalfall haben wir natürlich eine größere Landezone,

aber wenn uns jetzt nur eine Landezone von den Ausmaßen grob 200 mal 200 Metern gegeben

ist dann bleibt uns halt nicht anderes übrig und der Truppführer muss das alles für sich

so berechnen, dass auch sein ganzer Trupp hinter ihm da auch mit reinkommt.

A: Du sagst gerade berechnen, ihr müsst schon mit vielen Daten arbeiten, Wetterdaten die

vom Einsatzoffizier kommen, ihr habt eure ganzen Navigationsgeräte und müsst euch da irgendwie behelfen.

Wie fühlt sich das an für Dich in der Luft?

B: Also man ist schon ... das ist nicht immer so einfach wie es vielleicht von außen scheint,

sondern man hat auch, wie du gerade schon erwähnt hast eine Menge an Daten, die man

für sich selber so ein bisschen auswerten und erstmal verarbeiten muss.

Der Wind ist auch nicht immer gleich.

Man sagt, okay der Wind drückt jetzt immer mit 20 Knoten rum sondern der verändert sich auch.

Das muss man alles so ein bisschen mit einberechnen und wie vorhin schon erwähnt da hängt halt

noch der ganze Trupp hinten dran.

Also alleine würde man es immer in die Landezone schaffen, wenn der Wind dann dementsprechend mitspielt wie er auch berechnet wurde aber die Kunst ist dann eben einfach und wirklich

den ganzen Trupp heil ins Zielgebiet reinzuführen.

A: Wie weit ist ungefähr die Entfernung, die ihr überbrücken könntet?

B: Also wir können, wenn wir jetzt nicht nur in Deutschland Übungssprünge machen würden,

sondern auch mit Sauerstoff über 3650 Metern gehen,

könnten wir 60-80 Kilometer gleiten.

Das wäre so das Maximum was man rausholen kann. Das erfordert dann natürlich wiederum

weiteres Training, viel Ausbildung, die entsprechenden Sauerstoffgeräte müssen verfügbar sein.

A: Das heißt eigentlich ist euer Einsatz ja so gedacht, dass ihr lautlos, weit hinter

die eigenen Linien gleitet und da dort einen Flugplatz erkundet und eventuell einrichtet,

damit ihr Verstärkung weit tief nachziehen könnt?

B: Genau.

A: Vom Grundgedanken jetzt.

B: Vom Grundgedanken genau.

A:Okay.

Und was machst Du, wenn du springst, deinen Trupp hinter dir hast und etwas schief läuft?

Ich habe da nämlich auch ein Beispiel, von der einen Woche bei der wir dabei waren.

Wir hören mal kurz rein ...

[Funkspruch: Ja Springer Nummer Sechs, das Gepäck hat sich bei mir verabschiedet...]

B: Ja, das ist natürlich ein gutes Beispiel wie es eigentlich nicht laufen soll.

Aber, leben in der Lage, da ist halt bei dem einen Springer, obwohl der extra noch zwei

Mal kontrolliert wurde, wir machen ja am Anfang diese Sicherheitschecks um eben sowas auszuschließen,

aber das Material macht einem dann doch mal einen Strich durch die Rechnung und zwar hat

sich bei dem einen Springer das Gepäck, ich glaube das war bei einer Höhe von 700 Metern

die wir noch grob hatten hat sich das Gepäck - wir lassen das ja irgendwann ab dass es ungefähr

zwei Meter unter uns an einer Ablassleine hängt sodass wir nicht mit dem Gepäck am

Körper landen sondern wirklich sicher im Stand landen können und das Gepäck vor uns,

eine Sekunde vor uns, am Boden eintrifft.

Ja und in diesem Fall hat der Kamerad sein Gepäck abgelassen, die Ablassleine, also

der Karabiner der oben in der Ablassleine eingehakt ist, der hat nicht ganz gehalten,

ist aufgesprungen, weil das Gepäck vermutlich auch zu schwer war und oben sich vielleicht

ein wenig Stoff da zwischen der Arretierung verhakt hatte und ja in solchen Situationen

muss man dann irgendwie intuitiv handeln, aus der Situation heraus und am besten ist

es natürlich wenn der Springer selber soweit mitdenkt und auf seinem GPS was jeder ja auf

seinem NAVBoard dabei hat direkt die Stelle markert und wir und der Truppführer sich

dafür entweder entscheidet, okay, ich schicke jetzt zwei Leute an den Punkt runter wo das

Gepäck ungefähr ist, weil es kommt natürlich darauf an wessen Gepäck das ist.

Wenn das jetzt einer der CombatController ist, brauchen wir auf jeden Fall

die Ausrüstung die da drin ist.

Sollte es jetzt, in Anführungszeichen nur ein Medic oder ein Marksman von uns sein,

oder ein ganz normaler Shooter, dann kann sich der Truppführer das auch freihalten,

doch zu sagen wir landen trotzdem im Zielgebiet, wie haben nur noch so und so viel Zeit um

den Auftrag zu erfüllen, wir schaffen es nicht mehr runterzugehen ... das hält der

sich dann so ein bisschen frei.

So landet er wirklich mit dem gesamten Trupp trotzdem an der Landezone, sagt okay, das

ist dann halt so oder er schickt zwei Mann zu dem Gepäck um es zu bergen, oder es gehen

eben dementsprechend alle bem Gepäck runter.

A: Was hast Du da gefühlt in dem Moment, als Du diesen Funkspruch gehört hast?

B: Ich hab gedacht, zum Glück sind wir schon so nah an der Landezone, dass es wirklich nicht

mehr so weit ist und ja, gut dass uns das in einem Übungsszenario passiert.

So geht man dann im Kopf wirklich mal alles durch, okay, was hab ich jetzt für Möglichkeiten

und ich hab es lieber bei so einem Trainingssprung, dass mir sowas passiert als wirklich mal im Einsatz.

Ja, beim nächsten Mal werden wir dann vielleicht noch ein drittes Mal die Ausrüstung kontrollieren.

A: Okay, ja, viel Kontrolle, viel doppelten Check ist bei euch üblich.

Alles, damit ihr für euren Auftrag bestens ausgerüstet seid, der ja eigentlich erst

beginnt, wenn ihr am Boden seid.

Ihr habt ja eigentlich nur die Verbringung per Schirm, danach geht ja der infanteristische

Auftrag ganz normal los.

Dazu hatte ich heute "Katze" zu Gast.

Der hat gesprochen heute über seine Erfahrungen als der jüngste Freifalltruppführer.

Vielen Dank.

B: Gerne.

A: Wer mehr zum Funkkreis hören will, der kann über Deezer, Spotify, oder Apple Music

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Wer Fragen hat, oder Anregungen an uns senden will, kann über podcast@bundeswehr.de schicken.

Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna, ich melde mich ab.