Hassen für die Massen: Comedian @Michael Buchinger hasst beruflich | TRU DOKU
. Ich glaube, Hassen tut gut, weil man es im Alltag nicht wirklich soll? Es hat mich genervt, weil dieses Wort "lieben" so missbraucht wurde.
Wenn man selbst im Internet viel herum hated,
natürlich kriegt man dann Kritik.
Sie hat mich begrüßt als Schwuchtel.
Mein Verhalten war nicht fair. Ich würde das so nicht wieder machen.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk, 2020
Mein Name ist Michi Buchinger. Ich bin 27 Jahre alt.
Ich wohne in Wien. Und ich bin Influencer.
Man könnte mich wahrscheinlich von YouTube kennen.
Da mache ich seit 2009 regelmäßig lustige Videos.
Versuche, die Leute ein bisschen zu bespaßen.
Mein größter YouTube-Erfolg war wohl mein Format: Michaels Hassliste.
Da rege ich mich regelmäßig über Dinge auf,
die ich in meinem Alltag sehr nervig finde.
Hallo friends, Michael Buchinger hier.
Ich nehme meinen Kaffee weder mit Milch noch mit Zucker.
Dafür aber mit einer gehörigen Prise Hass.
Es gibt so viele Songs über Liebe, und keinen einzigen über Hass.
Hass - Hass - Hass - Hass - Hass - Hass - Hass!
Herzlich willkommen auf Michaels Hassliste.
Die Idee zu den Hasslisten ist mir eingefallen,
da YouTube zu diesem Zeitpunkt ein sehr positiver Ort war.
Die Leute haben immer so Favoriten-Videos gemacht,
wo sie am Ende jedes Monats sagen,
was ihnen im vergangenen Monat besonders gefallen hat.
Es hat mich genervt, dass dieses Wort "lieben" so missbraucht wurde.
Ich liebe meinen Lippenstift. Wer sagt denn das?
Das stimmt ja nicht.
Ich liebe vielleicht meinen Freund oder meine Mutter oder mein Umfeld.
Die Menschen die ich gern habe. Aber doch keinen Lippenstift.
Ich bin heute in Berlin, weil ich hier einen Comedy-Auftritt habe.
Da nehme ich euch später mit.
Ich freu mich, bin aber auch nervös.
Wir befinden uns gerade am Hermannplatz.
Das ist einer meiner meistgehassten Orte hier in Berlin.
Das hat verschiedene Gründe.
Wenn ich die Zeitungen aufgeschlagen habe, war immer zu lesen:
Messerstecherei. Blutbad am Hermannplatz.
Es gab einen Fall, wo eine Frau einen Hund gebissen
und einen Mann getreten hat.
Was ich nicht verstehe.
Denn wenn, dann beiß ich den Mann und trete den Hund.
Ich beiß doch keinen Hund. Komplett eigenartig.
*Rap-Musik*
Ich weiß nicht, welchen Filter ich über den Hermannplatz legen müsste,
damit der halbwegs schön aussieht. Ich glaube, der existiert nicht.
Mit Berlin verbindet mich, dass ich 2015 mal 4 Monate hier gewohnt habe.
In einer YouTuber-WG.
Was genauso crazy war, wie es auch klingt.
Meine Berlin-Zeit war nicht die absolut beste Zeit meines Lebens.
Ich habe mich nie so richtig zu Hause gefühlt.
Ich bekomme doch einige negative Kommentare
auf meinen Social-Media-Kanälen.
Damit ist ja auch zu rechnen.
Wenn man selbst im Internet sehr viel herum hated
oder sehr viel meckert.
Natürlich kriegt man dann Kritik.
Damit kann ich mittlerweile auch umgehen.
Und da ist schon einiges dabei, was manchmal etwas heftig ist.
Die Kommentare, die mir dann doch nahe gehen, sind jene,
die mit meinen Unsicherheiten spielen
und vielleicht etwas schildern, was ich selbst über mich glauben könnte.
Wenn jemand sagt, du bist absolut potthässlich,
denke ich: no, obviously not.
Aber wenn jemand schreibt: oh, früher fand ich dich viel lustiger.
Heute wirkst du wie ein müder, alter Mann.
Dann denke ich: Hm, stimmt.
Mit 16 war ich tatsächlich um einiges aufgeweckter,
als ich heute bin.
Wir sind hier gerade im Wedding. Das ist ein ganz besonderer Ort.
Ich finde, es ist ein sehr wohlklingender Teil Berlins.
Aber ich finde es hier überhaupt nicht schön.
Es ist einfach viel los. Es sind sehr viele Menschen.
Es ist sehr windig.
Ich stehe auf einer Brücke.
Brücken sind für mich generell so ein Thema. Du spürst jede Bewegung.
Ich habe Angst, jede Sekunde zu sterben.
Hier unten fährt die S-Bahn, die Ringbahn durch.
Ich finde es nervig, ich hasse die Ringbahn ganz besonders.
Hier gibt es diesen Gesundbrunnen.
Das klingt wie eine Wohlfühloase. Ist es aber nicht.
Es ist, als hätte jemand zugehört.
All die Dinge, die ich hasse, öffentliche Verkehrsmittel, Wind,
Brücken, viele Menschen.
Und hat sie einfach im Wedding kombiniert. Schön.
Ab und zu kommt die Kritik,
dass ich mit meinen Hasslisten zur Hasskultur beitrage.
Das sehe ich nicht wirklich so,
weil das für mich 2 verschiedene Paar Schuhe sind.
Das eine soll unterhalten und ist witzig gemeint.
Soll nicht allzu ernst genommen werden.
Und ich finde diese Hasskommentare, die ich dann manchmal lese,
Hasspostings auf Twitter und Co.,
die sind selten lustig und klingen schon sehr ernst.
Die Leute wünschen sich gewisse Gruppen an Menschen tot.
Oder dass die das Land verlassen. Dass es denen ganz schlecht geht.
Das bin nicht ich.
Meine Art des Hassens, mein Michi way of Haas, ist eher:
Dampf ablassen.
Sich über Dinge aufregen, die man nervig findet.
Und danach ist es dann auch wieder gut.
Dann ist es wie aus der Welt, wenn man sich einmal kurz
darüber aufgeregt hat.
Und das finde ich sehr befreiend.
Wir befinden uns jetzt in Kreuzberg.
Hier hatte ich wirklich ganz viele Termine bei jungen Startups,
die sich selbst bezeichnen als das Netflix für Hunde.
An Kreuzberg hasse ich, dass hier sehr viele Menschen sehr cool sind
oder glauben, sehr cool zu sein.
In meiner Schulzeit ist mir auf jeden Fall Hass begegnet.
Du bist eine Schwuchtel.
Wie bist du schon wieder angezogen? Kleiner Homo.
Das war natürlich sehr unangenehm. Und ist mir schon nahe gegangen.
Denn meine Mitschülerinnen und Mitschüler haben schnell gerafft,
dass ich schwul bin.
Ich war mir dessen selbst noch gar nicht so bewusst.
Und sie haben mich dann immer wieder darauf aufmerksam gemacht.
Aber nicht auf die nette Art und Weise.
Sondern sie haben mir so Namen hinterher gerufen.
Oder mich bewusst ausgegrenzt.
Und das hat mich schon immer sehr gekränkt.
In meinem Jahrgang gab es ein Mädchen,
mit dem hatte ich gemeinsam Unterricht.
Jeden Morgen oder immer, wenn wir uns gesehen haben,
hat sie mich begrüßt mit: Hey Schwuchtel, na wie geht's?
Ich habe mir das einige Monate lang angehört.
Dann habe ich was getan, auf das ich nicht sonderlich stolz bin,
aber ich dachte, es ist Zeit für eine Retourkutsche.
Ich muss mich wehren, muss den Spieß umdrehen
und mir ein Alleinstellungsmerkmal an ihr suchen,
auf das ich sie hinweisen kann.
Sie hatte sehr voluminöse Lippen, würde ich sagen.
Eine riesige Frisur.
Und ich dachte, es sieht ein bisschen aus wie ein Huhn.
Wie ein kleines Hühnchen.
Und ich habe dann angefangen, sie als Hühnerfrau zu bezeichnen.
Sie begrüßte mich als Schwuchtel.
Ich habe gesagt, hey Hühnerfrau, na, wie geht's?
Dann hab ich gegackert.
Und ich habe schon in ihren Augen einen leichten Schmerz wahrgenommen.
Es war ja eine komplett irre Situation.
Sie sagt Schwuchtel, ich gacker zurück.
Es war ein gutes Tool, diesen Hass zu nehmen und gegen sie zu wenden.
Weil ich mir dachte, ich möchte ihr einfach zeigen, wie es sich anfühlt,
gemobbt zu werden.
Vielleicht versteht sie dann, wie ich mich fühle.
Ich glaub, mein Verhalten war nicht fair.
Würde ich so nicht wieder machen.
Nur, weil dich jemand attackiert,
musst du ja nicht sofort zurück attackieren.
Du kannst auch sagen, okay, es berührt mich nicht.
Ich möchte mich nicht auf dein Niveau hinab begeben.
Wir befinden uns gerade im Volkspark Hasenheide.
Ich hasse an diesem Platz, dass ...
ein Park sollte ja ein schöner Ort sein.
Und irgendwie nimmt die Hasenheide alles,
was einen Park zu einem schönen Ort macht und kehrt es um.
Es ist, finde ich, nicht grün genug, die Bäume sind nicht wirklich schön.
Hier hinten wird gebaut. Es ist sehr viel Asphalt.
*Musik*
Ich glaube, die Idee zu meinem Bühnenprogramm kam aus ...
Ich war schon ein bisschen frustriert von YouTube.
Ich fand es eigenartig, ständig von einem Algorithmus abhängig zu sein,
der bestimmt, wie gut ein Video jetzt angezeigt wird oder nicht.
Und dachte mir, ich möchte irgendwie endlich mal diese Barriere
des Bildschirms durchbrechen.
Und ich möchte auch gern das direkte Feedback der Menschen.
Ich bin bereit für den Soundcheck.
Und ich teste gerne aus, wie weit ich vorm Licht hergehen kann.
Wenn ich hier bin, bin ich schon fast dunkel?
Hallo.
Ich bin vor dem Auftritt in Berlin ein bisschen nervös.
Ich bin schon in Deutschland aufgetreten. Allerdings in München.
Nichts gegen München, aber München ist halt fast Österreich.
Es tut mir leid. Wir sind uns sehr ähnlich.
Berlin ist dann doch noch mal was anderes.
Ich find es schön, ihn endlich mal live zu sehen.
Ich bin extra hergefahren aus Magdeburg.
Habe gehofft, dass er mal nach Berlin kommt.
Und gleich die erste Chance ergriffen.
Der Hass, den Michi verbreitet, ist mir deswegen so sympathisch,
weil man sich mit ihm identifizieren kann
und es so Alltagssituationen sind,
die in deinem ganzen Leben vorkommen.
Wenn man das gleiche hasst, das macht einen fast sympathischer,
als wenn man das gleiche mag. Irgendswie total paradox.
Hello friends. Michael Buchinger hier.
Die Leute sagen immer, Michi, hassen ist so ein starkes Wort.
Ich finde nicht.
Ich finde, Fisting ist ein starkes Wort.
Und ... genau.
Bitte seid offen.
Ich bin zufrieden mit dem heutigen Abend. Die Leute haben sehr gelacht.
Es ist nicht so, als hätten gewisse Witze nicht funktioniert.
Sie haben dort gelacht, wo sie hätten lachen sollen.
Ich stelle mich dort mal hin.
Das schaut einigermaßen okay aus.
Schön euch zu sehen.
Wollt ihr was von mir? - Kannst du das signieren?
Sehr gerne.
Für Malte.
Vielen Dank. - Danke sehr.
Es war ein sehr schöner Abend. - Das freut mich zu hören.
Viel Spaß noch in Berlin. - Danke.
Generell finde ich, es gibt zu viel Hass.
Wir alle sollten ein bisschen netter sein.
Besonders im Internet, besonders auf Twitter.
Und besonders, wenn man Dinge anonym postet.
Das sind absolut tolle T-Shirts, wow.
Ich hoffe, dieses Video hat euch gefallen.
Wenn dem so ist, gebt ihm einen Daumen nach oben.
Und sagt mir in den Kommentaren, was euch
in letzter Zeit tierisch genervt hat.
Es tut gut, Dampf abzulassen.
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