Mobile-Games: So tricksen Gardenscapes & Co.| reporter
. Jawollo! Warum machen die das eigentlich?
Warum machen die mit was Werbung, was im Spiel nicht vorkommt?
Für 109 Euro?
Durch ihre Marketingabteilung erreichen sie Unsummen von Menschen.
Ben: Kennt ihr das? Ihr seid auf YouTube oder Insta unterwegs
und euch wird Werbung für Handyspiele angezeigt,
bei denen man Minirätsel lösen muss.
Da gibt's Räume und dann muss man an diesen Dingern ziehen.
Und dann muss man an 'nen Schatz rankommen.
Mich triggert das total,
v.a. weil die sich in der Werbung immer völlig doof anstellen.
Ich würde das echt gerne spielen, aber wenn ich dann auf den Store gehe
und mir das runterladen will, sehe ich, da sieht das Spiel anders aus.
U.a. wie Candy Crush.
Ich fühle mich da ein bisschen verarscht
und glaube, ich bin damit nicht allein.
Denn in den Bewertungen kritisieren das auch viele.
Und auch ihr habt bei uns im Community-Tab auf YouTube,
als wir euch solche Werbung gezeigt haben, gesagt: Das nervt uns hart.
Grund genug für mich, mal genauer hinzuschauen.
Warum machen die das? Und darf man mit etwas werben,
was im eigentlichen Spiel gar nicht drin ist?
Zwei Spiele werden mir besonders häufig angezeigt.
Einmal Hero Wars, das ist das hier.
Und einmal Gardenscapes.
Die Rätsel, die beworben werden, sehen ja ziemlich ähnlich aus.
Ich will wissen,
wie viel von diesen Rätseln steckt im eigentlichen Game.
Deshalb werde ich mir beide runterladen und das testen.
Aber weil das wahrscheinlich 'ne Weile dauern wird,
mach ich das zu Hause.
So, die Stunde der Wahrheit ist gekommen.
Ich fang an mit Gardenscapes.
Man sieht hier auch schon: über 100 Mio. Downloads.
Ich öffne.
Playrix.
Das ist wohl der Hersteller.
So, okay, jetzt hat man hier diese Villa mit so 'nem Garten,
der ist irgendwie nicht in Schuss und den soll man jetzt wieder aufbauen.
Das erste, was man hier sieht:
nicht mit Rätseln, sondern mit Candy Crush offensichtlich.
Gott, das wird jetzt peinlich, wenn ich mich hier doof anstelle.
* Musik *
Für das Abschließen dieses Levels ... Oh mein Gott!
Da ist so 'n Rätsel und ich hab noch gar nicht so lange gespielt.
Okay, gucken.
So, ich kann jetzt aussuchen: Schnorchel oder Tape.
Schnorchel war gut, okay.
So, jetzt hier ...
Und mit der Schwimmente schwimmen wir jetzt nach oben oder was?
Okay - aber immerhin, man muss sagen, es gibt das Rätsel.
Das kam jetzt irgendwie völlig plötzlich.
Als Belohnung für 'n Spiel. Jetzt bin ich mal gespannt,
wenn diese Rätsel jetzt relativ häufig kommen,
nach jedem dieser Candy-Crush-Spiele,
könnte man immerhin sagen: Ja, ist 'n Teil des Spielprinzips.
Wir können mal gucken, wann das nächste Rätsel kommt.
Wenn man sich fragt, wie verdienen die damit Geld?
Natürlich gibt es hier einen In-Game-Shop.
Bei dem kann man eben dann auch
irgendwelche Power-Ups und die Münzen und sowas kaufen.
Alter, bis zu 109 Euro - ist das Top-Angebot?!
Für 109 Euro?
Okay, ja.
* Musik *
Minispiel?
Was für 'n Minispiel?
Gebt mir 'n Rätsel!
Jawollo!
Oh mein Gott!
Oh Gott, endlich!
Ja, okay.
Ich hab jetzt locker 'ne Stunde oder so dieses Spiel gespielt.
Locker 'ne Stunde.
Jetzt darf ich endlich noch mal so 'n Minirätsel machen.
Also ehrlich gesagt, das sieht auch schon ...
Ju, das macht Spaß.
Okay.
Man kann auf jeden Fall festhalten,
man muss unfassbar viel das eigentliche Spiel spielen,
um dann hin und wieder Alibi-Rätsel zu kriegen.
Ich hab jetzt richtig Lust,
das andere Spiel auch noch auszuprobieren.
* Musik *
Auch hier muss man sagen, die Rätsel gibt's.
Die kommen hin und wieder mal vor, sozusagen als Bonus auf der Karte.
Aber sie spielen im Prinzip im Spiel kaum eine Rolle.
Naja, ich würde sagen, zurück ins Büro.
Also, wir wissen jetzt, die Rätsel gibt es zwar,
sie machen aber einen sehr, sehr kleinen Teil der Spiele aus.
Auf der anderen Seite dominieren sie nach meinem Gefühl
trotzdem die Werbung.
Auf das Gefühl will ich mich aber nicht verlassen.
Deshalb habe ich dem Ganzen hinterher recherchiert.
Dafür gibt's ein super Tool, nämlich die Facebook-Werbebibliothek.
In der, ich hab das mal auf den großen Bildschirm geworfen,
damit ihr das besser sehen könnt,
kann man nämlich nachschauen, welche Werbung ein Spiel
bzw. erst mal die Seite schaltet.
Und da ist bei Hero Wars auch schon ziemlich eindeutig,
wenn man da mal guckt, die haben gerade 69 Werbungen online,
und die sehen alle ziemlich ähnlich aus und das sind alles Rätsel.
Für unser zweites Beispiel, Gardenscapes,
hab ich auch mal 'ne Anfrage gemacht.
Und da gibt es ca. 1.100 Anzeigen.
Und auch da ein ziemlich eindeutiges Bild:
Alles, was uns hier angezeigt wird, sind Rätsel.
Deshalb habe ich jetzt mal mir gedacht,
ich schreibe die Macher von Gardenscapes,
das ist ja das viel größere Spiel, einfach mal an und frage die:
Warum macht ihr das so?
Ich bin sehr gespannt, ob die mir antworten.
Das Coole ist, selbst wenn die uns nicht antworten,
haben wir 'ne Chance, rauszufinden, warum die das machen.
Als wir den Community-Aufruf gemacht haben,
hat uns einer von euch geschrieben.
Und der arbeitet in der Spielebranche und hat also Insiderwissen.
Und mit dem bin ich auch zum Skypen verabredet.
Den werden wir dann mal fragen: Warum machen die das eigentlich?
Vorher will ich mich aber mit der Landesmedienanstalt treffen.
Die sind dafür zuständig,
was Werbung auf solchen Plattformen darf.
Die können mir vielleicht auch sagen, ist das illegal
oder irreführend, was die machen.
Das ist Laura Brahm von der Landesmedienanstalt.
Die hat sich netterweise Zeit für uns genommen.
Aus dem Home-Office, im Park haben wir uns getroffen.
Mich würde mal ganz allgemein interessieren:
Ist das verboten oder problematisch,
wenn man Werbung mit Spielinhalten macht,
z.B. auf YouTube, Facebook oder Instagram,
die im Spiel gar nicht drin sind?
Laura: Wenn Spielinhalte beworben werden,
die im eigentlichen Spiel überhaupt nicht vorkommen,
dann kann man von irreführender Werbung sprechen,
wenn der Nutzer animiert wird,
sich das Spiel aufgrund der Werbung herunterzuladen.
B: Ist das denn auch illegal oder strafbar?
Was kann passieren, wenn man das macht?
L: Ein Wettbewerber kann gegen einen Konkurrenten vorgehen
und ihn auffordern, solche Werbung zu unterlassen.
Wir als Medienaufsicht gucken auf das Medium,
was die entsprechende Werbung verbreitet und können,
wenn wir solche Werbung feststellen, an den Veranstalter herantreten
und ihn auffordern, solche Werbung zu unterlassen.
B: In unserem Beispiel ist es so,
dass diese Spielinhalte nur ganz am Rande vorkommen.
Ich hab das ausprobiert,
man spielt so 'ne Stunde und kriegt dann ein Rätsel.
Reicht das im Prinzip schon aus, um zu sagen,
das ist dann schon nicht mehr eindeutig irreführend?
L: Es ist immer eine Einzelfallbetrachtung.
Ist die Rolle so untergeordnet, dass man sagen kann,
es kommt quasi gar nicht mehr drin vor,
könnte man von irreführender Werbung sprechen.
B: Aber im Prinzip ist es so,
dass dadurch, dass sie dieses Element so reinwerfen ins Spiel,
haben sie sich quasi einen Sicherheitsanker gesetzt.
Damit sichern sie sich ab und können sagen: Nö, ist doch drin.
L: Es mutet für mich auf den ersten Blick so an, ja.
B: Alles klar, ich danke dir für die Informationen,
B: dass du dir Zeit genommen hast. L: Bis zum nächsten Mal.
B: Okay, es sieht so aus, als würden die sich damit retten,
dass das Spielelement so ein bisschen im Spiel drin ist.
Mich interessiert aber immer noch, warum machen die das?
Warum machen die mit was Werbung, was im Spiel nicht vorkommt?
Und ich hoffe, dass unser Insider Justus,
mit dem werden wir gleich skypen,
uns da ein bisschen auf die Sprünge helfen kann.
B: Justus! Hi! Justus: Moin!
B: Du arbeitest ja in der Mobile Games-Branche
und kennst solche Werbung auch schon länger.
Kannst du mir erklären:
Warum machen die so Werbung, wie sie Werbung machen?
Also mit 'nem Spielinhalt, der im eigentlichen Spiel nicht drin ist.
J: Das erste Ziel bei Mobile-Games ist, immer neue Nutzer zu akquirieren.
Und das Problem ist aktuell, der Markt ist so gesättigt
und es gibt zu viele Anbieter, dass du was Neues finden musst,
um neue Nutzer zu finden.
Und diese Puzzlespiele, die wir gerade aktuell in der Werbung sehen,
sind super geeignet dafür,
weil sie zum einen klassische Clickbaits sind.
Hey, schau, die haben dieses Level, ich schaff's nicht.
Was schaffst du? Und du weißt, du schaffst das.
Und deswegen klickst du es an,
landest direkt auf der Store-Page und lädst es runter.
Und wenn nur ein Bruchteil hängenbleibt,
wird das schon als Erfolg gewertet.
B: Mich triggert das halt voll.
Ich sehe diese Rätsel und denke so: Yeah, das will ich spielen!
Warum machen die dann nicht einfach solche Spiele?
J: Die wollen ja kein neues Spiel entwickeln.
Sie wollen ihr bestehendes Spielkonzept,
das sie schon entwickelt haben, immer wieder neu vermarkten.
Und dafür entwickeln sie einfach neue Varianten.
Von Homescapes, Wildscapes, Gardenscapes, tun das Konzept rein
und machen einfach 'ne schöne Spielwelt drumherum.
B: Also quasi immer die Spielwelt und dann das eigentliche Spielprinzip,
Candy Crush, was sich gut replizieren lässt.
B: Das kann man tausendfach aufsetzen. J: Genau.
B: Warum machen die dann diese ...
Ich meine, klar, sie wollen ihre alten Spiele immer wieder aufwärmen
und nutzen dann Clickbait-Werbung, um die Leute da hinzukriegen.
Aber warum machen die denn nicht solche Rätselspiele,
wenn das so gut funktioniert?
J: Man liest zwar immer: Ich würde voll gern dieses Rätselspiel spielen,
aber das Problem ist: Diese Rätselspiele sind so simpel,
dass man damit niemanden halten könnte.
Die Rätsel löst du vielleicht innerhalb von ein paar Sekunden
und es würde nicht funktionieren.
B: Lohnt sich das so richtig für Playrix, das so zu machen?
J: Ja, definitiv. Du hast einen geringen Aufwand,
den du betreiben musst, um das Kernspielprinzip zu entwickeln.
Aber durch dieses Clickbait und die Marketingabteilung
erreichen sie einfach Unsummen von Menschen.
B: Ja, krass. Für mich ist eigentlich die krasseste Erkenntnis
aus dem Gespräch, dass quasi diese Rätseldinger gut funktionieren
als Werbung wegen diesem psychologischen Effekt.
B: Aber nicht gut als Spielprinzip. J: Genau.
B: Justus, vielen Dank für deine Einblicke. J: Sehr, sehr gerne.
B: Ciao, ciao! J: Tschö, tschö!
B: Das Gespräch mit Justus war schon ziemlich aufschlussreich.
Und das ist auch gut so,
weil mir Playrix leider bis heute überhaupt nicht geantwortet hat.
Ich glaube nicht, dass da noch was kommt.
Ich wollte trotzdem nicht locker lassen und dachte mir,
ich recherchiere dem Geld noch ein bisschen hinterher.
Die sind zwar nicht an der Börse,
die veröffentlichten nicht so einfach ihre Zahlen.
Aber es gibt Tools, mit denen man nachvollziehen kann,
wie viel Geld mit einem Mobile Game umgesetzt wird.
Wir gucken noch einmal auf den Screen,
weil man das da schön zeigen kann.
Für Gardenscapes alleine, das ist ja eins von ihren Spielen,
die haben ja verschiedene Spiele, gucken wir jetzt mal im Google-Store.
Und da haben wir 29 Mio. Umsatz im März.
Also in einem Monat 29 Mio. US-Dollar Umsatz.
Dazu kommt noch der iTunes-Store für die Apple-Nutzer
mit 26 Mio. Dollar Umsatz in einem Monat.
Das bedeutet, dass die 55 Mio. Dollar mit dem einen Spiel umsetzen.
Und das ist dann auch die Erklärung,
warum sie es so machen, wie sie es machen.
Es funktioniert einfach ganz hervorragend!
Und sie verdienen Unmengen Geld damit,
das immergleiche Spiel herauszubringen
und es mit Clickbaits zu bewerben. Also Masse statt Klasse!
Das einzige, worauf man hoffen kann,
ist, dass die Werbung mit den Rätseln irgendwann
keine Leute mehr zieht und sie sich deshalb etwas Neues überlegen.
Ob das dann was mit dem eigentlichen Spiel zu tun haben wird,
ist aber trotzdem fraglich.
Triggert euch die Werbung auch so sehr wie mich?
Nervt es euch deshalb auch so sehr, dass die Spiele gar nicht so sind?
Schreib mir das mal in die Kommentare. Und Funfact:
Ich hab bei meinen Recherchen ein Spiel gefunden,
das das Spielprinzip dieser Werbung umsetzt.
Muss aber auch sagen, ich hab's ausprobiert:
Es ist nicht so wahnsinnig spannend.
Wenn ihr lieber gut unterhalten werden wollt,
dann schaut bei unseren Kollegen von "STRG_F" vorbei.
Die haben was über Free-to-Play-Mobile-Games gemacht.
Und wenn ihr bis hier dran geblieben seid,
lasst dem Video gern 'n Like da, teilt es,
damit helft ihr uns sehr.
Ich würd sagen, wir sehen uns beim nächsten Mal.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2020)