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Seltsame Geschichten, Der Untergang des Carnatic - 03

Der Untergang des Carnatic - 03

Das Abenteuer des Kapitäns Clifford hat ein so hochdramatisches Ende genommen, daß ich noch jetzt nicht ohne die tiefste Erschütterung daran denken kann. Bis in meine Träume hinein verfolgt mich das Erlebnis, und ich fahre in Schweiß gebadet und an allen Gliedern zitternd auf, wenn ich noch einmal sehe und höre, was ich dort sehen und hören mußte.

Die Eisverhältnisse waren heuer einer solchen Unternehmung ganz besonders günstig. Alle Nachrichten stimmten darin überein, daß das Treibeis im verflossenen Winter weit tiefer im Süden zurückgeblieben sei als in gewöhnlichen Jahren; zudem war der Lenz ausnahmsweise früh eingetreten; man durfte also mit Sicherheit darauf rechnen, daß wir dem Pol näher kommen würden, als sonst möglich war.

Unter diesen Umständen wuchs die Spannung an Bord unserer »Lady Godiva« mit jeder Stunde, und als eines Mittags der Kapitän mit heiserer Stimme und vor Aufregung bleichem Gesicht ankündigte, wir hätten heute den Breitegrad erreicht, da ging es durch uns alle wie ein Erschauern. Ich war überzeugt, der Dolmetsch der allgemeinen Stimmung zu sein, indem ich Clifford die Hand reichte und sagte: »Nun, Gott helfe uns, Kapitän. Sind wir einmal so weit, so wollen wir nicht eher ruhen, als bis wir sie gefunden haben.« Alle drängten sich um uns, und wir schüttelten uns die Hände; Clifford konnte vor Bewegung kaum ein Wort des Dankes hervorbringen, und mir standen die hellen Tränen in den Augen.

Noch segelten wir südwärts, und diesen Kurs änderten wir erst am nächsten Tage, als wir an das feste Packeis kamen; wir hielten Ausguck und betrachteten es als ein günstiges Zeichen, daß das lästige und gefährliche Treibeis nur in äußerst geringer Menge auftrat. Der Bug des Schiffes wurde jetzt nach Osten gerichtet, und wir blieben, soweit es ohne Gefahr geschehen konnte, dicht an der Grenze des Eises. Nachts wurden die Segel beschlagen, und wir legten bei, damit wir nicht etwa in der Dunkelheit am »Carnatic« vorbeifuhren.

So waren wir drei Tage gesegelt und hatten dabei auch den Längengrad erreicht, unter dem der eingefrorene »Carnatic« gelegen hatte. Wir fuhren unmittelbar über den Fleck hinweg, wo er gelegen haben mußte, und obgleich die Sonne bei heiterer Luft hell schien und weit und breit keine Spur von einem Schiff zu sehen war, hatten wir doch alle ein Gefühl, wie man es haben mag, wenn man die Nähe eines Geistes ahnt. Wir warfen das Blei und hatten mit hundertzwanzig Faden Grund; der Talg am unteren Ende des Bleies brachte Kies und Sand herauf; hier lag kein versunkenes Schiff.

Am nächsten Morgen winkte mir der Steuermann Ole Johannesen zu, um mir heimlich etwas mitzuteilen. Sein Gesicht war aschfahl. »Ich will's dem Alten nicht sagen,« flüsterte er mir zu, indem er auf den Kapitän zeigte, der mit einem Fernrohr den ganzen Horizont absuchte. »Aber Sie sollen es wissen, weil Sie von uns allen der Ungläubigste sind. Merken Sie auf meine Worte, und denken Sie daran, wenn Sie wieder zweifeln wollen: heute nachmittag werden wir den »Carnatic« sichten.«

Ich starrte den Mann mehr erschrocken als ungläubig an.

»Ja, Sie werden es erleben,« fuhr Johannesen fort. »Ich bin heute nacht aufgewacht, und da habe ich es gesehen. Der »Carnatic« schwimmt noch, und in wenigen Stunden werden seine Masten am Horizont auftauchen – dort im Nordosten – und dann ...«

»Sie haben geträumt, Mensch,« sagte ich. »Das ist der Alb – da bildet man sich ein, daß man wacht, und in Wirklichkeit schläft man ...«

»Na ja, wie Sie meinen,« erwiderte Johannesen gleichmütig. »Wir werden ja sehen. Passen Sie nur auf, wie's kommt. Ich habe deutlich den Namen »Carnatic« am Bug gesehen – so nahe war ich heran.«

»Und die Frau des Kapitäns?«

»Davon weiß ich nichts. Das Gesicht erlosch mit dem Augenblick, da wir das Boot aus setzten. Aber aus dem Nebel ist dann noch ein anderes Bild aufgestiegen ...« Er neigte sich zu mir und flüsterte mir etwas ins Ohr, was mich bis an die Lippen erbleichen machte.

Das Mittagessen ging sehr schweigsam vorüber; Clifford war von einer Unruhe erfaßt, als habe er ebenso wie Johannesen eine Ahnung, daß die Erfüllung seiner Wünsche unmittelbar bevorstehe. Kaum hatte er einige Löffel Hühnersuppe gegessen, als er aufstand und, mich mit einem Blick wegen seiner Rastlosigkeit um Entschuldigung bittend, wieder auf das Verdeck eilte. Johannesen sah ihm gedankenvoll nach und nickte. »Wir haben noch eine Stunde Zeit,« sagte er. »Lassen Sie uns essen; wer weiß, ob wir nachher noch Appetit haben!«

Trotzdem beeilten auch wir uns nach Möglichkeit und folgten dann dem Kapitän nach oben. Merkwürdig! Die gesamte Mannschaft war von demselben Fieber verzehrender Ungeduld ergriffen und stand vollzählig an Deck, vom Bug und über das Bollwerk nach Nordosten blickend.

Vier Glasen zum Zeichen der abgelaufenen vollen Stunde schlug der Mann am Steuer an; es war ein Uhr nachmittags. Das Fieber meiner Erwartung war auf einen unerträglichen Grad gestiegen. Noch eine Viertelstunde verging, während der wir eher einer Versammlung von Trappisten als von redenden Menschen glichen, und dann ertönte vom Mastkorb herunter der Ruf:

» Ship ahoy!«

Ein Schiff in diesen Breiten! Es konnte kein anderes sein.

Johannesen stand bei mir – stumm sahen wir beide uns an – jedem war der letzte Blutstropfen aus dem Gesichte gewichen.

»Wo?« rief der Kapitän hinauf.

Der Mann wies mit der Hand nach links und vorn, Clifford sprang ans Steuer und drehte selbst das Rad, bis der Bug des Schiffes gerade nach dem Himmelsstriche wies, wo unser Ausguck das Schiff gesichtet hatte.

»So – stetig!« unterwies Clifford den Mann am Steuer. »Nord- Nord-West – 2 West ...«

»Ay, ay,« erwiderte der Matrose.

Der Kapitän nahm nun sein Fernrohr und stieg selbst in den Mastkorb hinauf. Johannesen und ich mochten ihm nicht folgen, denn es war in Cliffords Gesicht etwas, was uns zurückhielt.

Fünf Minuten sah der Kapitän unausgesetzt nach der Gegend, wo das fremde Schiff sichtbar war; dann schob er das Fernrohr zusammen, sah noch einmal nach den Segeln, von denen wir alle führten, die wir nur führen konnten, und kam langsam und oft haltmachend herunter.

»Es ist ein Dreimaster,« sagte er. »Und es ist – ich kenne ihn – es ist der »Carnatic«. Ja, ich kenne ihn – er ist es.«

Und nun zuckte es plötzlich in seinem bis dahin starren Gesicht, und die Tränen stürzten ihm unaufhaltsam aus den Augen; er nahm seine Mütze ab und hielt sie, wie betend, in den gefalteten Händen vor das Gesicht. Von den Matrosen wischten sich einige mit dem Ärmel über die Augen, andere starrten unverwandt ins Weite – die Masten knarrten, der Wind pfiff im Tauwerk – sonst war es an Bord der »Lady Godiva« still wie in einer Kirche.

Das Kielwasser schäumte und gurgelte hinter unsrem Heck in schnurgerader Linie – der Steuerer hielt die Richtung mit eiserner Kraft inne – nach einer Viertelstunde konnte man die drei Mastspitzen mit bloßem Auge erkennen – noch eine Viertelstunde weiter, und wir sahen, daß der Fremde segel- und steuerlos in der Dünung schlingerte.

Das Boot wurde hergerichtet, um gleich zu Wasser gelassen zu werden, sobald wir dem verlassenen Schiffe so nahe gekommen sein würden, daß eine weitere Annäherung gefährlich wurde.

Es war fast keine Überraschung mehr für uns, als wir nach Verlauf von anderthalb Stunden den vom Wetter hart mitgenommenen Rumpf so weit unterscheiden konnten, daß sein Zustand das jahrelange Verlassensein des Dreimasters zur Gewißheit machte. Nun drehte sich der Rumpf schwerfällig ein wenig, und der letzte Zweifel schwand: dort stand es in verblichenen goldenen Buchstaben: » Carnatic«.

Der Untergang des __Carnatic__ - 03 Η πτώση του Καρνάτιου - 03 The downfall of the Carnatic - 03 La caída del Carnatic - 03 De ondergang van de Karnatische Zee - 03 Upadek Carnatic - 03 A queda do Carnatic - 03 Падение Карнатика - 03

Das Abenteuer des Kapitäns Clifford hat ein so hochdramatisches Ende genommen, daß ich noch jetzt nicht ohne die tiefste Erschütterung daran denken kann. Bis in meine Träume hinein verfolgt mich das Erlebnis, und ich fahre in Schweiß gebadet und an allen Gliedern zitternd auf, wenn ich noch einmal sehe und höre, was ich dort sehen und hören mußte.

Die Eisverhältnisse waren heuer einer solchen Unternehmung ganz besonders günstig. Alle Nachrichten stimmten darin überein, daß das Treibeis im verflossenen Winter weit tiefer im Süden zurückgeblieben sei als in gewöhnlichen Jahren; zudem war der Lenz ausnahmsweise früh eingetreten; man durfte also mit Sicherheit darauf rechnen, daß wir dem Pol näher kommen würden, als sonst möglich war.

Unter diesen Umständen wuchs die Spannung an Bord unserer »__Lady Godiva__« mit jeder Stunde, und als eines Mittags der Kapitän mit heiserer Stimme und vor Aufregung bleichem Gesicht ankündigte, wir hätten heute den Breitegrad erreicht, da ging es durch uns alle wie ein Erschauern. Ich war überzeugt, der Dolmetsch der allgemeinen Stimmung zu sein, indem ich Clifford die Hand reichte und sagte: »Nun, Gott helfe uns, Kapitän. Sind wir einmal so weit, so wollen wir nicht eher ruhen, als bis wir sie gefunden haben.« Alle drängten sich um uns, und wir schüttelten uns die Hände; Clifford konnte vor Bewegung kaum ein Wort des Dankes hervorbringen, und mir standen die hellen Tränen in den Augen.

Noch segelten wir südwärts, und diesen Kurs änderten wir erst am nächsten Tage, als wir an das feste Packeis kamen; wir hielten Ausguck und betrachteten es als ein günstiges Zeichen, daß das lästige und gefährliche Treibeis nur in äußerst geringer Menge auftrat. Der Bug des Schiffes wurde jetzt nach Osten gerichtet, und wir blieben, soweit es ohne Gefahr geschehen konnte, dicht an der Grenze des Eises. Nachts wurden die Segel beschlagen, und wir legten bei, damit wir nicht etwa in der Dunkelheit am »__Carnatic__« vorbeifuhren.

So waren wir drei Tage gesegelt und hatten dabei auch den Längengrad erreicht, unter dem der eingefrorene »__Carnatic__« gelegen hatte. Wir fuhren unmittelbar über den Fleck hinweg, wo er gelegen haben mußte, und obgleich die Sonne bei heiterer Luft hell schien und weit und breit keine Spur von einem Schiff zu sehen war, hatten wir doch alle ein Gefühl, wie man es haben mag, wenn man die Nähe eines Geistes ahnt. Wir warfen das Blei und hatten mit hundertzwanzig Faden Grund; der Talg am unteren Ende des Bleies brachte Kies und Sand herauf; hier lag kein versunkenes Schiff.

Am nächsten Morgen winkte mir der Steuermann Ole Johannesen zu, um mir heimlich etwas mitzuteilen. Sein Gesicht war aschfahl. »Ich will's dem Alten nicht sagen,« flüsterte er mir zu, indem er auf den Kapitän zeigte, der mit einem Fernrohr den ganzen Horizont absuchte. »Aber Sie sollen es wissen, weil Sie von uns allen der Ungläubigste sind. Merken Sie auf meine Worte, und denken Sie daran, wenn Sie wieder zweifeln wollen: heute nachmittag werden wir den »__Carnatic__« sichten.«

Ich starrte den Mann mehr erschrocken als ungläubig an.

»Ja, Sie werden es erleben,« fuhr Johannesen fort. »Ich bin heute nacht aufgewacht, und da habe ich es gesehen. Der »__Carnatic__« schwimmt noch, und in wenigen Stunden werden seine Masten am Horizont auftauchen – dort im Nordosten – und dann ...«

»Sie haben geträumt, Mensch,« sagte ich. »Das ist der Alb – da bildet man sich ein, daß man wacht, und in Wirklichkeit schläft man ...«

»Na ja, wie Sie meinen,« erwiderte Johannesen gleichmütig. »Wir werden ja sehen. Passen Sie nur auf, wie's kommt. Ich habe deutlich den Namen »__Carnatic__« am Bug gesehen – so nahe war ich heran.«

»Und die Frau des Kapitäns?«

»Davon weiß ich nichts. Das Gesicht erlosch mit dem Augenblick, da wir das Boot aus setzten. Aber aus dem Nebel ist dann noch ein anderes Bild aufgestiegen ...« Er neigte sich zu mir und flüsterte mir etwas ins Ohr, was mich bis an die Lippen erbleichen machte.

Das Mittagessen ging sehr schweigsam vorüber; Clifford war von einer Unruhe erfaßt, als habe er ebenso wie Johannesen eine Ahnung, daß die Erfüllung seiner Wünsche unmittelbar bevorstehe. Kaum hatte er einige Löffel Hühnersuppe gegessen, als er aufstand und, mich mit einem Blick wegen seiner Rastlosigkeit um Entschuldigung bittend, wieder auf das Verdeck eilte. Johannesen sah ihm gedankenvoll nach und nickte. »Wir haben noch eine Stunde Zeit,« sagte er. »Lassen Sie uns essen; wer weiß, ob wir nachher noch Appetit haben!«

Trotzdem beeilten auch wir uns nach Möglichkeit und folgten dann dem Kapitän nach oben. Merkwürdig! Die gesamte Mannschaft war von demselben Fieber verzehrender Ungeduld ergriffen und stand vollzählig an Deck, vom Bug und über das Bollwerk nach Nordosten blickend.

Vier Glasen zum Zeichen der abgelaufenen vollen Stunde schlug der Mann am Steuer an; es war ein Uhr nachmittags. Das Fieber meiner Erwartung war auf einen unerträglichen Grad gestiegen. Noch eine Viertelstunde verging, während der wir eher einer Versammlung von Trappisten als von redenden Menschen glichen, und dann ertönte vom Mastkorb herunter der Ruf:

» Ship ahoy!«

Ein Schiff in diesen Breiten! A ship in these latitudes! Es konnte kein anderes sein.

Johannesen stand bei mir – stumm sahen wir beide uns an – jedem war der letzte Blutstropfen aus dem Gesichte gewichen.

»Wo?« rief der Kapitän hinauf.

Der Mann wies mit der Hand nach links und vorn, Clifford sprang ans Steuer und drehte selbst das Rad, bis der Bug des Schiffes gerade nach dem Himmelsstriche wies, wo unser Ausguck das Schiff gesichtet hatte.

»So – stetig!« unterwies Clifford den Mann am Steuer. »Nord- Nord-West – 2 West ...«

»Ay, ay,« erwiderte der Matrose.

Der Kapitän nahm nun sein Fernrohr und stieg selbst in den Mastkorb hinauf. Johannesen und ich mochten ihm nicht folgen, denn es war in Cliffords Gesicht etwas, was uns zurückhielt.

Fünf Minuten sah der Kapitän unausgesetzt nach der Gegend, wo das fremde Schiff sichtbar war; dann schob er das Fernrohr zusammen, sah noch einmal nach den Segeln, von denen wir alle führten, die wir nur führen konnten, und kam langsam und oft haltmachend herunter.

»Es ist ein Dreimaster,« sagte er. »Und es ist – ich kenne ihn – es ist der »__Carnatic__«. Ja, ich kenne ihn – er ist es.«

Und nun zuckte es plötzlich in seinem bis dahin starren Gesicht, und die Tränen stürzten ihm unaufhaltsam aus den Augen; er nahm seine Mütze ab und hielt sie, wie betend, in den gefalteten Händen vor das Gesicht. Von den Matrosen wischten sich einige mit dem Ärmel über die Augen, andere starrten unverwandt ins Weite – die Masten knarrten, der Wind pfiff im Tauwerk – sonst war es an Bord der »__Lady Godiva__« still wie in einer Kirche.

Das Kielwasser schäumte und gurgelte hinter unsrem Heck in schnurgerader Linie – der Steuerer hielt die Richtung mit eiserner Kraft inne – nach einer Viertelstunde konnte man die drei Mastspitzen mit bloßem Auge erkennen – noch eine Viertelstunde weiter, und wir sahen, daß der Fremde segel- und steuerlos in der Dünung schlingerte.

Das Boot wurde hergerichtet, um gleich zu Wasser gelassen zu werden, sobald wir dem verlassenen Schiffe so nahe gekommen sein würden, daß eine weitere Annäherung gefährlich wurde. The boat was prepared to be launched as soon as we would have come so close to the abandoned ship that a further approach became dangerous.

Es war fast keine Überraschung mehr für uns, als wir nach Verlauf von anderthalb Stunden den vom Wetter hart mitgenommenen Rumpf so weit unterscheiden konnten, daß sein Zustand das jahrelange Verlassensein des Dreimasters zur Gewißheit machte. Nun drehte sich der Rumpf schwerfällig ein wenig, und der letzte Zweifel schwand: dort stand es in verblichenen goldenen Buchstaben: » __Carnatic__«.