Von Absacker bis Zechpreller
Wer zu tief ins Glas schaut, ist nicht immer gleich ein Schluckspecht. Trotzdem sollte man sich nicht regelmäßig einen hinter die Binde gießen und obendrauf noch ein paar Absacker genehmigen. Das ist nämlich ungesund. Am Samstag war ich auf einer Party. Die Stimmung war toll, und wir haben ganz schön gebechert. Allein trinke ich ja nicht so viel, aber in geselliger Runde habe ich einen guten Zug am Leibe. Bier ist mir am liebsten; diese Alkopop-Getränke mag ich nicht, die steigen einem so schnell zu Kopf. Ein paar Leute haben sich damit allerdings richtig die Kante gegeben. Irgendwann kam Martin dann auf die Idee, seinen besten Kumpel Werner zum Wettsaufen herauszufordern. Und dann haben die beiden versucht, sich gegenseitig unter den Tisch zu trinken: Das heißt, sie haben so lange getrunken, bis einer stockbesoffen war und wirklich unter den Tisch gefallen ist. Das war Martin, er hat diese dumme Wette verloren. Werner ist trinkfest, er gewinnt bei solchen Veranstaltungen immer. Der Kerl säuft aber auch wirklich wie ein Loch – in seinen Körper passen Unmengen von Alkohol. Das ist genauso wie bei einem Loch ohne richtigen Boden, in das unendlich Wasser reinlaufen kann, ohne dass es überläuft. Die unterschätzte Droge Ich möchte nicht wissen, welchen Kater die beiden am nächsten Tag hatten. Allerdings muss ich zugeben, dass es mir auch nicht sonderlich gut ging. Ich bin ja nicht gerade der geborene Schluckspecht. Vielleicht hätte ich die Absacker weglassen sollen. Ich hatte auch viel zu tief ins Glas geschaut. Mit Aspirin und Kaffee saß ich dann am Frühstücktisch. Da fiel mein Blick auf die Zeitung. Eine Überschrift in fetten Lettern sprang mich förmlich an: „Die unterschätzte Droge Alkohol“. Ja, ja, ich weiß, dass man nicht regelmäßig einen über den Durst trinken geschweige denn sich zuschütten soll, denn Alkohol ist nicht unbedingt gesund. Aber ein Gläschen ab und zu kann doch nicht schaden, oder? Ich lese weiter: „Vermutlich zehn Millionen Menschen in Deutschland konsumieren mehr Alkohol, als ihrer Gesundheit guttut; etwa 1,8 Millionen sind im engeren Sinne alkoholabhängig. 74.000 Menschen sterben jährlich daran.“ Eine Badewanne voll Alkohol Und gleich noch mehr Statistik: 10,7 Liter reinen Alkohol tranken die Deutschen durchschnittlich im Jahr 2017. Das ergibt jährlich pro Kopf eine ganze Badewanne alkoholischer Getränke. So viel? Ich kann es gar nicht glauben. Also, ich hab bestimmt keine Badewanne ausgetrunken. Ein Gläschen in Ehren … Im Kopf geh ich die Gelegenheiten der letzten Zeit durch, an denen ich mir einen angetrunken habe. Gut, beim Après-Ski in Österreich habe ich ordentlich gepichelt, und dann war da der Betriebsausflug – da hat der Chef einen nach dem anderen ausgegeben. Okay, ich geb' zu, da hab ich mir ordentlich einen hinter die Binde gegossen, aber ich konnte doch schlecht nein sagen. Nachher halten mich die Kollegen noch für eine Spaßbremse! Wir haben dann anschließend noch einen Zug durch die Gemeinde gemacht. Das war echt prima. Und letztens beim Pfarrfest hat der Pastor immer wieder Likörchen rumgereicht. Da hab ich mir auch einen zur Brust genommen. Das wäre sonst doch unhöflich gewesen. Aber abends zuhause trinke ich fast nie, höchstens mal ein Glas Wein zum Essen oder zwei … Weiß doch schon der Volksmund: „Ein Gläschen in Ehren, kann niemand verwehren“. Trinken hebt die Stimmung Alkohol gehört eben einfach dazu, wenn es gemütlich werden soll. Ist ja auch bei Festen oder einer Runde mit Freunden so. Wenn die Gäste einen heben, werden sie lockerer und die Stimmung steigt. Die bewährte Zauberformel für einen gelungenen Abend lautet bekanntlich: „Erste Regel: Hoch den Pegel!“ Und überhaupt gehört das doch zu unserer Kultur: Man trinkt Wein oder Bier zum Essen, vielleicht auch mal ein Schnäpschen hinterher und eine Flasche Sekt, wenn es etwas zu feiern gibt. Da brauch‘ ich keinen Miesepeter-Journalisten, der mir erzählt, dass Alkohol schädlich ist. Man muss doch unterscheiden zwischen Trinken mit Genuss und geistloser Sauferei! Alkohol und Alkoholismus sind doch nicht dasselbe. Nachschub ums Eck Da fällt mir ein: Mein Vorrat ist alle! Da muss ich wohl nachher mal zum Büdchen und für Nachschub sorgen. Oder ich geh in die Stammkneipe ums Eck, da hab ich nämlich letztens vergessen zu zahlen. Nachher gelte ich noch als Zechpreller. Auf dem Weg dorthin kann ich dann gleich die Zeitung mit dem Bericht im Altpapier entsorgen. Musik: Du sagst es sei nur Bier, aber darum sind wir hier, ja, du sagst es sei nur Bier, aber wir haben das studiert./ Ich hätte gern ein stilles Wasser./ Erzähl keinen Käse, hol mal zwei Hefe, denn mit Wasser gießt man Blumen oder putzt Zähne. Die Mehrzahl von Bier ist Kasten und nicht Biere, der Zapfhahn und der Schluckspecht sind meine Lieblingstiere. Und eigentlich wollte ich mir heute einen Toyota kaufen, doch der Tag, der endete im Komasaufen./ Es ist schon spät, mein Kind, wohin des Weges, wo wollt ihr hin?“ Wir sind auf dem Weg zum Alkohol, Alkohol…