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2020 Tagesschau, Sendung: tagesthemen 27.12.2020 23:16 Uhr - Corona-Impfkampagne in Deutschland

Sendung: tagesthemen 27.12.2020 23:16 Uhr - Corona-Impfkampagne in Deutschland

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Heute im Studio: Pinar Atalay

Guten Abend.

Wir sind zurück aus der Weihnachtspause.

Ich hoffe, Sie hatten schöne Feiertage.

Wir werden in dieser Pandemie vor viele Veränderungen gestellt

und mussten uns an einiges gewöhnen.

An diese Bilder etwa:

Von heute an wird in Deutschland millionenfach gepikst.

Jede Impfung soll uns näher an ein normaleres Leben,

an eines ohne Corona-Pandemie bringen.

Trotz vieler Fragen zur Impfung und mancher Skeptiker:

Für die meisten ist der Impfstart eine Art Weihnachtsgeschenk.

Jan Koch berichtet.

Sie hofft auf eine Welt ohne Angst vor Corona.

Ich möchte nicht vorher gehen müssen,

sondern erst wissen, dass ihr alle schön leben könnt.

Dass die Welt wieder in Ordnung kommt.

Für Gertrud Vogel (92) war klar: Sie lässt sich impfen.

In einem historischen Moment steht sie im Mittelpunkt,

als eine der Ersten bundesweit.

Sie hätte nicht gedacht,

dass sie eine solche Pandemie noch mal erleben muss.

Auch Erika Löwer ist geimpft.

Ein mobiles Impf-Team kam ins Siegener Marienheim.

Die 95-Jährige machte den Anfang.

Das muss sein.

Solange ich lebe, bin ich geimpft worden.

Da gibt es nichts anderes.

Viele Politiker ließen es sich nicht nehmen,

ein Zeichen zum Impf-Beginn zu setzen.

Vor allem an Orten, wo die Inzidenz über 500 liegt,

sei der Impfstoff dringend notwendig.

Das ist schon ein Ausweg aus dieser Pandemie.

In Sachsen sehen wir, wie hoch die Infektionszahlen sind.

1,3 Millionen Impf-Dosen

sollen bis Ende 2020 bundesweit ausgeliefert werden.

Im Januar noch mal drei bis vier Millionen.

Es wird weniger ausgeliefert, als verimpft werden könnte.

Wir bekommen morgen neuen Impfstoff, am 30. und im Januar wieder.

Den werden wir auch direkt verimpfen.

Wichtig sei, schnellstmöglich viele zu impfen -

nicht nur Senioren oder medizinisches Personal.

Das Fernziel ist:

Für eine Herdenimmunität

brauchen wir Impf-Quoten von 60 bis 70 Prozent.

Das wären für Deutschland über 100 Millionen Impfungen.

In Oberfranken kam die Imagekampagne ins Stocken.

Grund war wohl ein Fehler in der Kühlkette.

In einigen Regionen fielen die Impfungen aus.

Sicherheit geht vor.

Diesen Impfstoff, der möglicherweise

nicht die erforderliche Kühlung aufgewiesen hat:

Den wollen wir nicht an unsere Bürger verimpfen.

Mehrheitlich froh waren die, die geimpft wurden.

Dass diese Privilegien erhalten, wie etwa Restaurantbesuche,

schloss Innenminister Seehofer aus.

Für Gertrud Vogel war es kein Zwang.

Sie will auch andere ermutigen, denn für sie steht fest:

Nur so kriegen wir das in den Griff.

Und junge Menschen können wieder so leben,

wie sie leben möchten.

In einer Welt ohne Angst vor Corona.

Blicken wir nach Berlin zu Christian Feld.

Innenminister Seehofer sagt,

Geimpfte sollten keine Sonderrechte genießen.

Darauf wird die Bundesregierung

in manchen Bereichen aber nur bedingt Einfluss haben?

Diese Diskussion lässt sich nicht vermeiden.

Wir hatten schon mal eine ähnliche zu Beginn der Corona-Warn-App.

Schon damals ließ man die Finger von diesen Unterscheidungen.

Wenn der Staat sagt, es gibt eine Sonderbehandlung für Geimpfte:

Da haben wir die Worte des Innenministers gehört.

Aber private Betreiber könnten das zur Voraussetzung machen.

Von ihrem Hausrecht Gebrauch machen.

Auch davor warnt Seehofer.

Er sieht da eine mögliche Spaltung der Gesellschaft.

Es betrifft momentan aber auch erst eine ganz kleine Gruppe.

Abe wenn der Anteil der Geimpften steigt,

könnte diese Diskussion aber lauter werden.

Es wollen sich einige nicht impfen lassen oder sind skeptisch.

Will die Bundesregierung da etwas unternehmen?

Es ist nicht die Rede von einer Impf-Werbekampagne.

Die Ministerpräsidenten haben sich aber auch noch nicht

kamerawirksam impfen lassen.

Sie wollen gefährdeten Gruppen den Vorrang lassen.

Und den Vorwurf vermeiden, dass sie ihre Position ausnutzen.

Wir haben im Film gehört,

dass etwa 70 Prozent reichen für die Herdenimmunität.

Auf Strecke kann dieser Anteil erreicht werden.

Wenn er aber weit darunter bleibt:

Dann müssen vielleicht die Ministerpräsidenten

auch öffentlichkeitswirksam beim Geimpftwerden vorangehen.

Der Gesundheitsminister sagte, man würde dazu bereit sein.

Eigentlich sollte heute EU-weit Impfstart sein.

Alle 27 Länder bekamen den Impfstoff schon gestern,

heute sollte es gemeinsam losgehen.

Ungarn, die Slowakei und ein Landkreis in Sachsen-Anhalt

begannen mit der Immunisierung, kaum dass der Stoff da war.

Alle eint aber die Gewissheit,

dass der Impfstoff kein schnelles Allheilmittel sein wird.

Die Neuinfektionen bleiben zunächst auf hohem Niveau.

Unsere Korrespondenten über Hoffen und Bangen

bei unseren europäischen Nachbarn:

Theresia Hofer ist die erste Österreicherin,

die geimpft wird.

Die 84-Jährige will endlich ihre Kinder,

Enkel und Urenkel wiedersehen.

Kanzler Kurz kündigt stolz eine Impfkampagne an,

mit der die Bevölkerung besser informiert werden soll.

Impfen bleibt eine persönliche Entscheidung.

In Österreich gilt seit gestern ein Lockdown

bis vermutlich Mitte Januar.

Es gelten Kontaktbeschränkungen, viele Geschäfte sind geschlossen.

Gleichzeitig sind die Skigebiete geöffnet.

Viele Menschen drängen sich hier ohne Abstand.

Einige Parkplätze und Rodelpisten wurden gesperrt.

Es gibt hier den dritten Lockdown.

Immer wieder wurde verschärft und gelockert.

Zum Vertrauen hat das nicht beigetragen.

Kanzler Kurz warnt nun vor einer weiteren Infektionswelle.

Hofft aber, dass der Impfstoff Entspannung bringt.

In Schweden kaufen sie schon wieder.

Viele Geschäfte locken nach Weihnachten mit Rabatten.

Die Regierung entschied sich gegen einen Lockdown,

stattdessen setzte sie auf die Vernunft der Menschen.

Anfangs glaubten wir an die Strategie.

Jetzt ist man verunsichert.

Wir haben Corona recht gut gemeistert.

Mit den Impfungen wird die Lage immer besser.

Diese 91-Jährige war in Schweden die Erste.

Über 8200 Menschen starben bislang an den Folgen einer Corona-Infektion:

Gemessen an der Einwohnerzahl ein Spitzenwert weltweit.

Staats-Epidemiologe Tegnell setzte lange darauf,

dass eine zweite Welle ausbleibt - vergebens.

Immer wieder steuert die Regierung nun nach:

Alkoholverbot, Versammlungsbeschränkungen.

Die Impfung ist das Licht in der Dunkelheit.

Aber damit ist die Gefahr nicht gebannt.

In einem Fernsehinterview kritisierte Schwedens König

den Sonderweg ungewohnt deutlich:

"Wir sind gescheitert, zu viele Menschen sind gestorben."

Mit dem Impfstart gibt die Regierung ein ehrgeiziges Ziel vor.

Bis zum Sommer sollen alle Erwachsenen geimpft werden.

Die erste Spritze gab's in Guadalajara,

eine Stunde nördlich von Madrid.

Ich merk nichts.

Das sagt Araceli Hidalgo (96),

die älteste Bewohnerin des Altenheims.

Trotz des Applauses schwingt Trauer mit.

In dieser Einrichtung starben 13 Menschen an Covid.

Daran erinnert diese Pflegerin.

Es macht mich traurig,

dass diese Leute die Impfung nicht mehr erleben.

Die ersten Chargen wurden gestern aus Belgien geliefert.

Knapp 2,3 Millionen Menschen

sollen in den kommenden drei Monaten geimpft werden.

Die Regierung fürchtet,

die Situation könnte sich Anfang Januar verschärfen.

Denn am Dreikönigstag wird in Spanien gefeiert

mit Bescherung und Familienbesuchen.

Die Impfkampagne beginnt an einem kritischen Punkt.

Wochenlang war die Lage ruhig.

Jetzt werden aus Katalonien,

Madrid oder von den Balearen hohe Infektionszahlen gemeldet.

Vom Kampf gegen Corona

zum Wettbewerb um wirtschaftliche Absatzmärkte und nach Afrika.

Dort markieren die Grenzen bislang nicht nur die Staaten,

sondern sind auch Handelsbarrieren, an denen Zölle anfallen.

Anfang 2021 soll sich das ändern,

dann startet die Afrikanische Freihandelszone.

Gemessen an der Zahl der Länder, es sind 54,

wird sie die größte Freihandelszone der Welt.

So möchte der Kontinent

einen besseren Anschluss an den Rest der Welt schaffen.

Mehr Wachstum, mehr Jobs, höhere Löhne:

Bei vielen ist die Hoffnung enorm.

Aber es gibt auch Verlierer, wie die Fischer an Kenias Küste.

Der Fang war mager, er musste weit rausfahren.

Wo die Fischer früher gefangen haben, werden sie vom Militär vertrieben.

Vor ihrer Insel baut die kenianische Regierung

einen riesigen Hochseehafen.

Das ist sehr gefährlich.

Die nehmen unseren Fisch und schmeißen ihn zurück ins Meer.

Sie haben es uns verboten,

in der Nähe des neuen Hafens zu fischen.

Von Fischfang und Tourismus haben sie bislang gelebt.

In ein paar Tagen startet die Afrikanische Freihandelszone.

Lamu soll ein internationaler Logistikknotenpunkt werden.

Hier sollen bald Tausende Container umgeschlagen werden.

Er ist der Chef des Mammutprojekts.

Mit dem Hafen, einer Eisenbahnlinie und Straßen

soll eine zentrale Transportachse für ganz Afrika entstehen.

Das Projekt ist wichtig,

um Afrika in den globalen Welthandel zu integrieren.

Es ist ein Baustein für die Afrikanische Freihandelszone.

In Kenias größter Saftfabrik knallen die Korken,

wenn es mit dem Freihandel losgeht.

200 Tonnen Obst verarbeiten sie jeden Tag zu Saft.

Die Marken kennt in Kenia jedes Kind.

Der Chef möchte gern in mehr afrikanische Länder exportieren.

Bislang mangelte es an Transportwegen.

Die Zölle waren das größte Problem.

Ab dem 1. Januar sollen auf 90 Prozent aller Waren

die Zölle wegfallen.

Wir hätten uns das schon gestern gewünscht.

Endlich sind es einheitliche Bedingungen.

Das eröffnet uns neue Märkte.

Die Afrikanische Freihandelszone wird die größte der Welt sein.

Es entsteht ein Binnenmarkt mit 1,2 Milliarden Menschen.

Das bietet die Chance für neue Jobs.

Afrika kann seine Abhängigkeit vom Rest der Welt verringern.

Durch die Freihandelszone könnten 30 Millionen Afrikaner

den Weg aus der Armut schaffen.

Auf der Baustelle in Lamu verdienen sie vier Euro am Tag -

unterer Durschnitt.

Beschäftigt sind sie bei chinesischen Firmen.

China hat erkannt, wie wichtig der afrikanische Markt ist.

US-Präsident Trump weigert sich,

die Verlängerung der Corona-Hilfen zu unterzeichnen.

Unser Nachrichtenüberblick:

Senatoren beider großen Parteien appellierten an den Präsidenten,

den Kompromiss zu unterzeichnen.

Durch Trumps Weigerung verlieren Millionen von Arbeitslosen

ihren Anspruch auf Hilfszahlungen.

Eine vorübergehende Stilllegung des öffentlichen Dienstes droht,

weil der Haushalt für 2021 an das Gesetz gekoppelt ist.

Trump fordert statt der Hilfen von 600 Dollar pro Person

mehr als das Dreifache.

Im Nordwesten Bosniens harren Hunderte Migranten bei Minusgraden

im ausgebrannten Flüchtlingslager Lipa aus.

Den Behörden gelang es nicht,

sie an einem anderen Ort unterzubringen.

Es gibt nur ein unbeheiztes Zelt.

Vor wenigen Tagen wurde das Lager wegen katastrophaler Zustände geräumt

und von Bewohnern in Brand gesteckt.

Auch das Jahrestreffen des Chaos Computer Clubs

findet nur virtuell statt.

Ein großes Thema ist die Datensicherheit von Smartphones,

etwa bei der Corona-Warn-App.

Linus Neumann vom Chaos Computer Club sagte:

Was den Datenschutz angehe, sei die App einwandfrei.

Wünschen könne man sich aber schnellere Warnungen.

Fußball-Bundesligist Schalke 04 hat einen neuen Trainer.

Der Schweizer Christian Gross

soll den Tabellenletzten vor dem Abstieg bewahren.

Er ist der vierte Schalker Coach in dieser Spielzeit

nach David Wagner, Manuel Baum und Huub Stevens.

Gross hatte seine Karriere in diesem Jahr eigentlich beendet.

Der Doppelagent George Blake starb im Alter von 98 Jahren in Russland.

Präsident Putin würdigte ihn als brillanten Profi

mit außergewöhnlichem Charakter und Mut.

Blake geriet als britischer Spion 1950 im Korea-Krieg in Gefangenschaft

und wurde abgeworben von der damaligen Sowjetunion.

Fast zehn Jahre lang verriet er

Geheimdienst-Operationen der Westmächte.

Dann flog er auf und wurde in Großbritannien verurteilt.

1966 gelang ihm die Flucht nach Moskau.

Der Tannenbaum "gibt Kraft und Trost zu jeder Zeit",

heißt es im Lied "Oh Tannenbaum".

Irgendwie war früher mehr Lametta und seelischer Glanz in der Stube.

Das Weihnachtsfest stand diesmal bei vielen nur im Kalender.

Die sonst gern eingeforderte Besinnlichkeit

war der Sehnsucht nach einer langen Familientafel gewichen.

Sebastian Kisters blickt auf die Gefühlslage nach dem Fest.

An dem ein geschmückter Baum allein kein ausreichender Trost war.

Die Weihnachtstage haben es verstärkt:

Aus Stille wird Leere.

Wie geht das alles weiter:

Kontaktbeschränkung, Einsamkeit, Existenzängste.

Häufiger als üblich klingelt es bei der Telefonseelsorge.

Was ich erlebe, ist, dass viele nicht wissen,

was ist und wie es ihnen geht.

Eine diffuse Gemengelage.

Da ist neu die Hoffnung,

dass die Lage sich verbessert durch die Impfungen.

Aber auch Ernüchterung: Corona hält uns im Griff.

Orientierungslos, vieles anders als gewohnt.

Selbst die erträumten Weihnachtstage voller Ruhe

waren für manche plötzlich zu ruhig.

Das ist für viele überraschend.

Die haben gedacht:

Es ist anstrengend mit Familie drumherum.

Jetzt bewerten sie es anders.

Manchmal fehlt auch das, was anstrengend ist.

Schwankend, unsicher – die Seelenlage vieler Menschen.

Das gilt auch für die Jüngeren.

Ein Wissenschafts-Team der Frankfurter Goethe-Universität

hat 7000 Studierende, Auszubildende, Schüler gefragt,

wie es ihnen gerade geht.

Diese Generation jetzt steht unter enormem Leistungsdruck.

Unter Qualifikationsdruck.

Viele Praktika zu machen, Auslandserfahrung zu sammeln.

Aber das kann nicht stattfinden, und das belastet.

In unserer Studie haben 45 Prozent der jungen Menschen Zukunftsangst.

Und weitere 25 Prozent machen sich Sorgen um ihre Zukunft.

Einsamkeit – ein Thema nicht nur bei Älteren.

Wir fühlen uns alle belastet,

warum sollte man gerade auf junge Menschen blicken?

Aber aus der Pädagogik, Soziologie und Psychologie wissen wir:

Kontakte zu Gleichaltrigen haben in der Jungendphase

einen anderen Stellenwert als im mittleren Erwachsenen-Alter.

Wie geht es weiter? Wie lange noch allein sein?

Belastende Fragen für Alt und Jung.

Doch die Forscher bemerkten etwas, das Hoffnung macht:

Kaum schien die Corona-Lage im Sommer im Griff,

waren viele Menschen mit ihrem Leben zufriedener.

Zum Wetter.

Weiße Weihnachten ist fast überall ausgefallen.

Donald Bäcker, wie macht der Winter weiter?

In höheren Lagen werden wir Fortschritte machen.

Von Westen her kommt ein Sturmtief.

Das liegt morgen über Südengland.

Bei uns liegt ein Tiefausläufer.

Der zieht von Süd nach Nord.

Das sieht man auf der Animation.

Im Flachland gibt es Regen.

Im Westen lockert es etwas auf.

In der Nacht kann es Richtung Bayern gefrierenden Regen geben.

Das Ganze zieht weiter Richtung Thüringen.

Im Westen gibt es Schneeregenschauer.

In höheren Lagen kann es Schnee geben.

Auch in Brandenburg kann es weiß werden.

Die kommenden Tage werden nass-kalt.

Am Mittwoch von Nordwesten her neuer Regen.

Danke, Donald Bäcker.

Hier folgt der Spielfilm "Die Puppenspieler - Ans Licht".

Über mittelalterliche Intrigen bei der Papstwahl

und eine gefährliche Liebe.

Wir sind morgen wieder da.

Bis dahin, gute Nacht.

Copyright Untertitel: NDR 2020


Sendung: tagesthemen 27.12.2020 23:16 Uhr - Corona-Impfkampagne in Deutschland Broadcast: tagesthemen 27.12.2020 23:16 - Corona vaccination campaign in Germany Programma: tagesthemen 27.12.2020 23:16 - Corona-vaccinatiecampagne in Duitsland

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Heute im Studio: Pinar Atalay

Guten Abend.

Wir sind zurück aus der Weihnachtspause.

Ich hoffe, Sie hatten schöne Feiertage.

Wir werden in dieser Pandemie vor viele Veränderungen gestellt

und mussten uns an einiges gewöhnen.

An diese Bilder etwa:

Von heute an wird in Deutschland millionenfach gepikst.

Jede Impfung soll uns näher an ein normaleres Leben,

an eines ohne Corona-Pandemie bringen.

Trotz vieler Fragen zur Impfung und mancher Skeptiker:

Für die meisten ist der Impfstart eine Art Weihnachtsgeschenk.

Jan Koch berichtet.

Sie hofft auf eine Welt ohne Angst vor Corona.

Ich möchte nicht vorher gehen müssen,

sondern erst wissen, dass ihr alle schön leben könnt.

Dass die Welt wieder in Ordnung kommt.

Für Gertrud Vogel (92) war klar: Sie lässt sich impfen.

In einem historischen Moment steht sie im Mittelpunkt,

als eine der Ersten bundesweit.

Sie hätte nicht gedacht,

dass sie eine solche Pandemie noch mal erleben muss.

Auch Erika Löwer ist geimpft.

Ein mobiles Impf-Team kam ins Siegener Marienheim.

Die 95-Jährige machte den Anfang.

Das muss sein.

Solange ich lebe, bin ich geimpft worden.

Da gibt es nichts anderes.

Viele Politiker ließen es sich nicht nehmen,

ein Zeichen zum Impf-Beginn zu setzen.

Vor allem an Orten, wo die Inzidenz über 500 liegt,

sei der Impfstoff dringend notwendig.

Das ist schon ein Ausweg aus dieser Pandemie.

In Sachsen sehen wir, wie hoch die Infektionszahlen sind.

1,3 Millionen Impf-Dosen

sollen bis Ende 2020 bundesweit ausgeliefert werden.

Im Januar noch mal drei bis vier Millionen.

Es wird weniger ausgeliefert, als verimpft werden könnte.

Wir bekommen morgen neuen Impfstoff, am 30. und im Januar wieder.

Den werden wir auch direkt verimpfen.

Wichtig sei, schnellstmöglich viele zu impfen -

nicht nur Senioren oder medizinisches Personal.

Das Fernziel ist:

Für eine Herdenimmunität

brauchen wir Impf-Quoten von 60 bis 70 Prozent.

Das wären für Deutschland über 100 Millionen Impfungen.

In Oberfranken kam die Imagekampagne ins Stocken.

Grund war wohl ein Fehler in der Kühlkette.

In einigen Regionen fielen die Impfungen aus.

Sicherheit geht vor.

Diesen Impfstoff, der möglicherweise

nicht die erforderliche Kühlung aufgewiesen hat:

Den wollen wir nicht an unsere Bürger verimpfen.

Mehrheitlich froh waren die, die geimpft wurden.

Dass diese Privilegien erhalten, wie etwa Restaurantbesuche,

schloss Innenminister Seehofer aus.

Für Gertrud Vogel war es kein Zwang.

Sie will auch andere ermutigen, denn für sie steht fest:

Nur so kriegen wir das in den Griff.

Und junge Menschen können wieder so leben,

wie sie leben möchten.

In einer Welt ohne Angst vor Corona.

Blicken wir nach Berlin zu Christian Feld.

Innenminister Seehofer sagt,

Geimpfte sollten keine Sonderrechte genießen.

Darauf wird die Bundesregierung

in manchen Bereichen aber nur bedingt Einfluss haben?

Diese Diskussion lässt sich nicht vermeiden.

Wir hatten schon mal eine ähnliche zu Beginn der Corona-Warn-App.

Schon damals ließ man die Finger von diesen Unterscheidungen.

Wenn der Staat sagt, es gibt eine Sonderbehandlung für Geimpfte:

Da haben wir die Worte des Innenministers gehört.

Aber private Betreiber könnten das zur Voraussetzung machen.

Von ihrem Hausrecht Gebrauch machen.

Auch davor warnt Seehofer.

Er sieht da eine mögliche Spaltung der Gesellschaft.

Es betrifft momentan aber auch erst eine ganz kleine Gruppe.

Abe wenn der Anteil der Geimpften steigt,

könnte diese Diskussion aber lauter werden.

Es wollen sich einige nicht impfen lassen oder sind skeptisch.

Will die Bundesregierung da etwas unternehmen?

Es ist nicht die Rede von einer Impf-Werbekampagne.

Die Ministerpräsidenten haben sich aber auch noch nicht

kamerawirksam impfen lassen.

Sie wollen gefährdeten Gruppen den Vorrang lassen.

Und den Vorwurf vermeiden, dass sie ihre Position ausnutzen.

Wir haben im Film gehört,

dass etwa 70 Prozent reichen für die Herdenimmunität.

Auf Strecke kann dieser Anteil erreicht werden.

Wenn er aber weit darunter bleibt:

Dann müssen vielleicht die Ministerpräsidenten

auch öffentlichkeitswirksam beim Geimpftwerden vorangehen.

Der Gesundheitsminister sagte, man würde dazu bereit sein.

Eigentlich sollte heute EU-weit Impfstart sein.

Alle 27 Länder bekamen den Impfstoff schon gestern,

heute sollte es gemeinsam losgehen.

Ungarn, die Slowakei und ein Landkreis in Sachsen-Anhalt

begannen mit der Immunisierung, kaum dass der Stoff da war.

Alle eint aber die Gewissheit,

dass der Impfstoff kein schnelles Allheilmittel sein wird.

Die Neuinfektionen bleiben zunächst auf hohem Niveau.

Unsere Korrespondenten über Hoffen und Bangen

bei unseren europäischen Nachbarn:

Theresia Hofer ist die erste Österreicherin,

die geimpft wird.

Die 84-Jährige will endlich ihre Kinder,

Enkel und Urenkel wiedersehen.

Kanzler Kurz kündigt stolz eine Impfkampagne an,

mit der die Bevölkerung besser informiert werden soll.

Impfen bleibt eine persönliche Entscheidung.

In Österreich gilt seit gestern ein Lockdown

bis vermutlich Mitte Januar.

Es gelten Kontaktbeschränkungen, viele Geschäfte sind geschlossen.

Gleichzeitig sind die Skigebiete geöffnet.

Viele Menschen drängen sich hier ohne Abstand.

Einige Parkplätze und Rodelpisten wurden gesperrt.

Es gibt hier den dritten Lockdown.

Immer wieder wurde verschärft und gelockert.

Zum Vertrauen hat das nicht beigetragen.

Kanzler Kurz warnt nun vor einer weiteren Infektionswelle.

Hofft aber, dass der Impfstoff Entspannung bringt.

In Schweden kaufen sie schon wieder.

Viele Geschäfte locken nach Weihnachten mit Rabatten.

Die Regierung entschied sich gegen einen Lockdown,

stattdessen setzte sie auf die Vernunft der Menschen.

Anfangs glaubten wir an die Strategie.

Jetzt ist man verunsichert.

Wir haben Corona recht gut gemeistert.

Mit den Impfungen wird die Lage immer besser.

Diese 91-Jährige war in Schweden die Erste.

Über 8200 Menschen starben bislang an den Folgen einer Corona-Infektion:

Gemessen an der Einwohnerzahl ein Spitzenwert weltweit.

Staats-Epidemiologe Tegnell setzte lange darauf,

dass eine zweite Welle ausbleibt - vergebens.

Immer wieder steuert die Regierung nun nach:

Alkoholverbot, Versammlungsbeschränkungen.

Die Impfung ist das Licht in der Dunkelheit.

Aber damit ist die Gefahr nicht gebannt.

In einem Fernsehinterview kritisierte Schwedens König

den Sonderweg ungewohnt deutlich:

"Wir sind gescheitert, zu viele Menschen sind gestorben."

Mit dem Impfstart gibt die Regierung ein ehrgeiziges Ziel vor.

Bis zum Sommer sollen alle Erwachsenen geimpft werden.

Die erste Spritze gab's in Guadalajara,

eine Stunde nördlich von Madrid.

Ich merk nichts.

Das sagt Araceli Hidalgo (96),

die älteste Bewohnerin des Altenheims.

Trotz des Applauses schwingt Trauer mit.

In dieser Einrichtung starben 13 Menschen an Covid.

Daran erinnert diese Pflegerin.

Es macht mich traurig,

dass diese Leute die Impfung nicht mehr erleben.

Die ersten Chargen wurden gestern aus Belgien geliefert.

Knapp 2,3 Millionen Menschen

sollen in den kommenden drei Monaten geimpft werden.

Die Regierung fürchtet,

die Situation könnte sich Anfang Januar verschärfen.

Denn am Dreikönigstag wird in Spanien gefeiert

mit Bescherung und Familienbesuchen.

Die Impfkampagne beginnt an einem kritischen Punkt.

Wochenlang war die Lage ruhig.

Jetzt werden aus Katalonien,

Madrid oder von den Balearen hohe Infektionszahlen gemeldet.

Vom Kampf gegen Corona

zum Wettbewerb um wirtschaftliche Absatzmärkte und nach Afrika.

Dort markieren die Grenzen bislang nicht nur die Staaten,

sondern sind auch Handelsbarrieren, an denen Zölle anfallen.

Anfang 2021 soll sich das ändern,

dann startet die Afrikanische Freihandelszone.

Gemessen an der Zahl der Länder, es sind 54,

wird sie die größte Freihandelszone der Welt.

So möchte der Kontinent

einen besseren Anschluss an den Rest der Welt schaffen.

Mehr Wachstum, mehr Jobs, höhere Löhne:

Bei vielen ist die Hoffnung enorm.

Aber es gibt auch Verlierer, wie die Fischer an Kenias Küste.

Der Fang war mager, er musste weit rausfahren.

Wo die Fischer früher gefangen haben, werden sie vom Militär vertrieben.

Vor ihrer Insel baut die kenianische Regierung

einen riesigen Hochseehafen.

Das ist sehr gefährlich.

Die nehmen unseren Fisch und schmeißen ihn zurück ins Meer.

Sie haben es uns verboten,

in der Nähe des neuen Hafens zu fischen.

Von Fischfang und Tourismus haben sie bislang gelebt.

In ein paar Tagen startet die Afrikanische Freihandelszone.

Lamu soll ein internationaler Logistikknotenpunkt werden.

Hier sollen bald Tausende Container umgeschlagen werden.

Er ist der Chef des Mammutprojekts.

Mit dem Hafen, einer Eisenbahnlinie und Straßen

soll eine zentrale Transportachse für ganz Afrika entstehen.

Das Projekt ist wichtig,

um Afrika in den globalen Welthandel zu integrieren.

Es ist ein Baustein für die Afrikanische Freihandelszone.

In Kenias größter Saftfabrik knallen die Korken,

wenn es mit dem Freihandel losgeht.

200 Tonnen Obst verarbeiten sie jeden Tag zu Saft.

Die Marken kennt in Kenia jedes Kind.

Der Chef möchte gern in mehr afrikanische Länder exportieren.

Bislang mangelte es an Transportwegen.

Die Zölle waren das größte Problem.

Ab dem 1. Januar sollen auf 90 Prozent aller Waren

die Zölle wegfallen.

Wir hätten uns das schon gestern gewünscht.

Endlich sind es einheitliche Bedingungen.

Das eröffnet uns neue Märkte.

Die Afrikanische Freihandelszone wird die größte der Welt sein.

Es entsteht ein Binnenmarkt mit 1,2 Milliarden Menschen.

Das bietet die Chance für neue Jobs.

Afrika kann seine Abhängigkeit vom Rest der Welt verringern.

Durch die Freihandelszone könnten 30 Millionen Afrikaner

den Weg aus der Armut schaffen.

Auf der Baustelle in Lamu verdienen sie vier Euro am Tag -

unterer Durschnitt.

Beschäftigt sind sie bei chinesischen Firmen.

China hat erkannt, wie wichtig der afrikanische Markt ist.

US-Präsident Trump weigert sich,

die Verlängerung der Corona-Hilfen zu unterzeichnen.

Unser Nachrichtenüberblick:

Senatoren beider großen Parteien appellierten an den Präsidenten,

den Kompromiss zu unterzeichnen.

Durch Trumps Weigerung verlieren Millionen von Arbeitslosen

ihren Anspruch auf Hilfszahlungen.

Eine vorübergehende Stilllegung des öffentlichen Dienstes droht,

weil der Haushalt für 2021 an das Gesetz gekoppelt ist.

Trump fordert statt der Hilfen von 600 Dollar pro Person

mehr als das Dreifache.

Im Nordwesten Bosniens harren Hunderte Migranten bei Minusgraden

im ausgebrannten Flüchtlingslager Lipa aus.

Den Behörden gelang es nicht,

sie an einem anderen Ort unterzubringen.

Es gibt nur ein unbeheiztes Zelt.

Vor wenigen Tagen wurde das Lager wegen katastrophaler Zustände geräumt

und von Bewohnern in Brand gesteckt.

Auch das Jahrestreffen des Chaos Computer Clubs

findet nur virtuell statt.

Ein großes Thema ist die Datensicherheit von Smartphones,

etwa bei der Corona-Warn-App.

Linus Neumann vom Chaos Computer Club sagte:

Was den Datenschutz angehe, sei die App einwandfrei.

Wünschen könne man sich aber schnellere Warnungen.

Fußball-Bundesligist Schalke 04 hat einen neuen Trainer.

Der Schweizer Christian Gross

soll den Tabellenletzten vor dem Abstieg bewahren.

Er ist der vierte Schalker Coach in dieser Spielzeit

nach David Wagner, Manuel Baum und Huub Stevens.

Gross hatte seine Karriere in diesem Jahr eigentlich beendet.

Der Doppelagent George Blake starb im Alter von 98 Jahren in Russland.

Präsident Putin würdigte ihn als brillanten Profi

mit außergewöhnlichem Charakter und Mut.

Blake geriet als britischer Spion 1950 im Korea-Krieg in Gefangenschaft

und wurde abgeworben von der damaligen Sowjetunion.

Fast zehn Jahre lang verriet er

Geheimdienst-Operationen der Westmächte.

Dann flog er auf und wurde in Großbritannien verurteilt.

1966 gelang ihm die Flucht nach Moskau.

Der Tannenbaum "gibt Kraft und Trost zu jeder Zeit",

heißt es im Lied "Oh Tannenbaum".

Irgendwie war früher mehr Lametta und seelischer Glanz in der Stube.

Das Weihnachtsfest stand diesmal bei vielen nur im Kalender.

Die sonst gern eingeforderte Besinnlichkeit

war der Sehnsucht nach einer langen Familientafel gewichen.

Sebastian Kisters blickt auf die Gefühlslage nach dem Fest.

An dem ein geschmückter Baum allein kein ausreichender Trost war.

Die Weihnachtstage haben es verstärkt:

Aus Stille wird Leere.

Wie geht das alles weiter:

Kontaktbeschränkung, Einsamkeit, Existenzängste.

Häufiger als üblich klingelt es bei der Telefonseelsorge.

Was ich erlebe, ist, dass viele nicht wissen,

was ist und wie es ihnen geht.

Eine diffuse Gemengelage.

Da ist neu die Hoffnung,

dass die Lage sich verbessert durch die Impfungen.

Aber auch Ernüchterung: Corona hält uns im Griff.

Orientierungslos, vieles anders als gewohnt.

Selbst die erträumten Weihnachtstage voller Ruhe

waren für manche plötzlich zu ruhig.

Das ist für viele überraschend.

Die haben gedacht:

Es ist anstrengend mit Familie drumherum.

Jetzt bewerten sie es anders.

Manchmal fehlt auch das, was anstrengend ist.

Schwankend, unsicher – die Seelenlage vieler Menschen.

Das gilt auch für die Jüngeren.

Ein Wissenschafts-Team der Frankfurter Goethe-Universität

hat 7000 Studierende, Auszubildende, Schüler gefragt,

wie es ihnen gerade geht.

Diese Generation jetzt steht unter enormem Leistungsdruck.

Unter Qualifikationsdruck.

Viele Praktika zu machen, Auslandserfahrung zu sammeln.

Aber das kann nicht stattfinden, und das belastet.

In unserer Studie haben 45 Prozent der jungen Menschen Zukunftsangst.

Und weitere 25 Prozent machen sich Sorgen um ihre Zukunft.

Einsamkeit – ein Thema nicht nur bei Älteren.

Wir fühlen uns alle belastet,

warum sollte man gerade auf junge Menschen blicken?

Aber aus der Pädagogik, Soziologie und Psychologie wissen wir:

Kontakte zu Gleichaltrigen haben in der Jungendphase

einen anderen Stellenwert als im mittleren Erwachsenen-Alter.

Wie geht es weiter? Wie lange noch allein sein?

Belastende Fragen für Alt und Jung.

Doch die Forscher bemerkten etwas, das Hoffnung macht:

Kaum schien die Corona-Lage im Sommer im Griff,

waren viele Menschen mit ihrem Leben zufriedener.

Zum Wetter.

Weiße Weihnachten ist fast überall ausgefallen.

Donald Bäcker, wie macht der Winter weiter?

In höheren Lagen werden wir Fortschritte machen.

Von Westen her kommt ein Sturmtief.

Das liegt morgen über Südengland.

Bei uns liegt ein Tiefausläufer.

Der zieht von Süd nach Nord.

Das sieht man auf der Animation.

Im Flachland gibt es Regen.

Im Westen lockert es etwas auf.

In der Nacht kann es Richtung Bayern gefrierenden Regen geben.

Das Ganze zieht weiter Richtung Thüringen.

Im Westen gibt es Schneeregenschauer.

In höheren Lagen kann es Schnee geben.

Auch in Brandenburg kann es weiß werden.

Die kommenden Tage werden nass-kalt.

Am Mittwoch von Nordwesten her neuer Regen.

Danke, Donald Bäcker.

Hier folgt der Spielfilm "Die Puppenspieler - Ans Licht".

Über mittelalterliche Intrigen bei der Papstwahl

und eine gefährliche Liebe.

Wir sind morgen wieder da.

Bis dahin, gute Nacht.

Copyright Untertitel: NDR 2020