Läuft bei uns!
Der Mensch ist geboren, sich auf zwei Beinen laufend vorwärts zu bewegen. Doch da ist er längst nicht der einzige. Laufen können auch: das Wasser, Autos, Zahnräder, Uhren – und natürlich die Nase sowie Beziehungen.
Ursprünglich soll das Wort „laufen“ mal so etwas wie „tanzen“ oder „im Kreise hüpfen“ bedeutet haben. Doch das war im Mittelalter und davor. Heute ist „laufen“ etwas sehr Zielgerichtetes. Wenn etwas läuft, funktioniert es, dann geht es voran, dann ist es richtig. „Laufen“ ist sozusagen der Inbegriff des Fortschritts, das Gegenteil von Stillstand.
Zwischen Gehen und Rennen
Der Mensch ist dafür gebaut zu laufen, tagelang, wenn es sein muss. Das meinen zumindest die Evolutionsbiologen. Die Fähigkeit, lange Strecken zu laufen, um zum Beispiel ein Tier zu jagen, war einer der großen Überlebensvorteile des Menschen in der afrikanischen Savanne.
Laufen ist Fortbewegung. Es ist schneller als „gehen“ und ein bisschen langsamer als „rennen“. Doch möglicherweise ist jemand, der schnell geht – ein sogenannter „Power Walker“ – genau so schnell wie jemand, der ruhig dahintrabt. Zur Unterscheidung von „gehen“ und „laufen“ kann uns der Duden helfen. Er definiert „laufen“ als: „sich in aufrechter Haltung auf den Füßen in schnellerem Tempo so fortbewegen, dass sich jeweils schrittweise für einen kurzen Augenblick beide Sohlen vom Boden lösen“.
Laufen oder Fahren
Wenn jemand sagt: „Ich bin den ganzen Weg zu Fuß gelaufen“, dann muss das nicht heißen, dass sie oder er die ganze Zeit gelaufen ist. In diesem Fall ist „laufen“ das Gegenteil von „fahren“ und bedeutet nur, dass man sich ohne Hilfsmittel fortbewegt hat.
Auch wer „mal eben zur Pommesbude läuft“, geht normalerweise zu Fuß. Falls der Weg weit ist und er sich dabei eine Blase gelaufen hat, dann ist die nur eine indirekte Folge der Fortbewegung. Da läuft es sich schon leichter auf Rollschuhen oder Inline Skates, und wenn es geschneit hat, kann man ja vielleicht sogar „Ski laufen“. Bei diesen gleitenden Fortbewegungen müssen die Füße ebenfalls nicht unbedingt angehoben werden oder gar beide Füße gleichzeitig in der Luft sein.
Das Wasser läuft
Auch Flüssigkeiten aller Art laufen. Zunächst läuft mal das Wasser in der Dusche. Die Badewanne kann überlaufen, nach dem Regen läuft das Wasser in der Pfütze ab und ein kaputtes Glas läuft aus. Nur Flüsse oder Bäche laufen nicht – sie fließen. Obwohl … eigentlich heißt es ja „Flusslauf“. Aber sehen wir es mal als weiteren Beweis für die manchmal unlogische deutsche Sprache.
Die Zeit hingegen kann beides, zäh dahinfließen oder ablaufen, wenn auf der Stoppuhr nur noch wenige Sekunden stehen. Das bildhafte Wasser vermag auch einiges: Es kann „das Fass zum Überlaufen bringen“, an jemandem ablaufen oder abperlen und schließlich „im Sande verlaufen“, als wäre nie etwas gewesen.
Das Auto läuft … und läuft … und läuft
Laufen kann alles, was sich in der Zeit bewegt oder verändert. Im Fernsehen läuft die siebte Staffel von „Game of Thrones“, im Theater läuft seit 30 Jahren dasselbe Stück, mein alter Mercedes läuft wie geschmiert , nur der Computer läuft mal wieder überhaupt nicht rund.
Dafür läuft mir die Zeit davon und natürlich läuft – seit ich diesen furchtbaren Schnupfen habe – meine Nase ohne Ende. Aber so läuft es halt manchmal: Mal hat man einen Lauf und mal läuft gar nichts. Das ist der Lauf der Welt, und solange der Laden halbwegs läuft, ist das egal.
Läuft!
Einmal im Jahr wird in Deutschland das Jugendwort des Jahres gewählt. Eine Jury aus Sprachwissenschaftlern, Journalisten und Bloggern kürt ein Wort, das unter Jugendlichen populär ist oder das die Jury dafür hält. Das klappt mal mehr, mal weniger gut. 2014 allerdings landete die Jury einen Treffer.
Sie wählte den Ausdruck: „Läuft bei dir“. Das kann als Aussage formuliert bedeuten, dass bei jemandem alles besonders gut klappt, oder als Frage, wie es denn so geht. Eigentlich sind diese Phrase und ihre Varianten schon älter.
Altes „laufen“ in neuen Schläuchen?
„Hey, was läuft?“ wahlweise auch: „Was geht?“ gab es schon in den 1970er Jahren, ebenso wie den Satz: „Da läuft bei mir gar nichts“. „Läuft bei dir“ war allerdings eine neue Verknappung, die inzwischen von allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen gebraucht wird. Doch es geht noch kürzer und dementsprechend heißt es heute: „Deutsch lernen – läuft!“