So findest Du Dein richtiges Lauftempo | SWR Sport
Mit dem Laufen anfangen, der Gesundheit zuliebe, sich überwinden, sich quälen,
bis zum ersten Mal das große Rauschgefühl eintritt. Viele suchen sie vergeblich,
die Freude am Laufen. Stattdessen sticht die Seite, brennt die Lunge,
schmerzen die Beine. Es am Anfang zu übertreiben ist der beste Weg, die Motivation gegen die Wand
zu fahren. Zu schnell zu viel gewollt. Sport erklärt wie du richtig läufst.
Die Gute Nachricht: Du brauchst zum Laufen nicht mehr als ein paar Sportschuhe. Alles andere,
Funktionskleidung, Pulsuhren, GPS-Tracker – sind
für den Einstieg kein Muss – mach es wie Rocky Balboa – mit Baumwolle zum Ziel.
Und dieses Ziel heißt Verbesserung der „Grundlagen-Ausdauer“.
Je nach Fitnesszustand können schon - 3-mal die Woche 30-45 Minuten Gehen
oder Joggen eine Leistungssteigerung bewirken.
Also: Geh es langsam an! Muskeln, Knochen, Bänder und Sehnen,
der Rücken und das Herz-Kreislauf-System, müssen sich erst an die neue Belastung
gewöhnen. Bei jedem Laufschritt wirkt das fünffache unseres Körpergewichts auf den
Bewegungsapparat – klar, dass sich das zu Beginn nicht so richtig rund anfühlt.
Übrigens: Ärzte raten allen Ärzte Ü35 Jogger-Neustartern zu
einen Gesundheitscheck bevor sie mit dem Joggen loslegen.
Der einfachste Weg zur Grundlagenausdauer führt über LSD. Nicht der Droge,
der Eselsbrücke. "LSD" steht für Long, Slow, Distance. Also:
Lange laufen, langsam laufen, dafür weiter Laufen, das ist der Schlüssel zum Erfolg.
Aber was bedeutet langsam laufen? Langsam Laufen bedeutet,
dass du dein individuelles Dauerlauftempo finden musst. Ein Tempo, bei dem deine
Muskeln nicht übersäuern. Also Laufen im sogenannten "aeroben Bereich".
Als aerob werden Stoffwechselvorgänge im Organismus bezeichnet, die unter Beteiligung
von Sauerstoff ablaufen. Um die Muskeln in deinem Körper mit Energie zu versorgen,
reicht normalerweise die Atmung. Der aufgenommene Sauerstoff wird in den Muskeln weiterverarbeitet
und versorgt sie mit Energie. Auch bei Belastungen im niedrigen Bereich ist die Sauerstoffaufnahme
ausreichend. Wird die Belastung aber höher, etwa weil du schneller läufst, müssen sich
die Muskeln Energie aus anderen Quellen besorgen, da der aufgenommene Sauerstoff für den erhöhten
Energiebedarf nicht mehr ausreicht. Jetzt kommen anaerobe Stoffwechselvorgänge ins Spiel.
Bei dieser Art der Energiebereitstellung entsteht verstärkt Milchsäure im Blut – sie ist für die
Übersäuerung der Muskeln verantwortlich. Diese Übersäuerung kann man an den Laktatwerten ablesen.
Das Problem: ist der Laktatwert zu hoch, "übersäuern" die Muskeln,
werden fest, ermüden, du kannst nicht mehr weiterlaufen – und am Tag danach
tut alles weh. Waden und Beine schmerzen, der Muskelkater jault, der Frust ist da.
Wann aus aerober Aktivität eine anaerobe Aktivität wird,
das ist individuell sehr unterschiedlich und durch Training veränderbar. Grundsätzlich gilt:
Training im langsamen oder gemäßigten Tempo ist überwiegend aerob, schnelles
und intensives Training hauptsächlich anaerob.
Du solltest also darauf achten im "grünen Bereich" zu laufen,
knapp unterhalb der anaeroben Schwelle. Wie dir das gelingt? Dazu gleich mehr.
Schauen wir uns zuerst an,
wie man technisch richtig läuft. Denn Laufen ist nicht gleich Laufen:
Entscheidend sind Armarbeit, Rumpfhaltung, Hüftstreckung und Fußarbeit.
Wichtig bei der Armarbeit ist das Läuferdreieck: Die Bewegung kommt aus den Schultern, die Arme
sind seitlich am Körper die Ellbogen haben ein Winkel kleiner als 90 Grad. Die Arme sind
nicht zu eng vor dem Körper angewinkelt. Die Hände kreuzen nicht oder hängen lasch herunter.
Ideal ist ein stabiler leicht vorgeneigter Oberkörper. Also nicht wie ein Bogen nach
hinten gespannt, oder zu weit nach vorne gebeugt. Die Hüfte ist gestreckt, das schont die Knie.
Über die Verse abrollen ist ok so lange das keine Schmerzen in Knie
und Rücken auslöst. Über den Mittelfuß abrollen ist besser.
Wer Barfuß über die Wiese rennt macht das automatisch richtig. Probiere es mal aus.
Zurück zum "grünen Bereich" – laufen im aeroben Zustand, ohne, dass die Muskeln übersäuern.
Jeder muss für sich selbst herausfinden, welches sein optimales Lauftempo ist.
Dazu gibt es viele Wege, nicht jeder ist gleich gut, drei wollen wir uns anschauen.
• Die professionelle Leistungsdiagnostik
• Herzfrequenz und Faustformel
• Und: Das Laufen nach Gefühl
Die einfachste Methode zuerst: "Laufen nach Gefühl"
"Laufen, statt Schnaufen" – "Lächeln statt hecheln",
"angenehm anstrengend" heißen die Merksätze - suche dir einen aus.
Dahinter steckt die Idee des Wohlfühltempos: Wähle dein Lauftempo so, dass du dich nebenher
noch in ganzen Sätzen unterhalten kannst. Du schwitzt leicht, hast aber das Gefühl,
dass du ewig so weiterlaufen könntest. So wie damals Forrest Gump.
Es ist völlig okay, wenn Du mit Walken beginnst. Oder wenn Du
Laufen und Gehen kombinierst. Etwa im Rhythmus: Fünf Minuten laufen,
zwei Minuten gehen und das – abhängig von deinem persönlichen Fitnesslevel mindestens
30 Minuten, dann ein Tag Pause, drei Einheiten pro Woche.
Gerade am Anfang steigt die Leistungskurve steil an. Schon nach wenigen Wochen regelmäßigen
Trainings kommst du weniger außer Atem. Steigerungen um 20, 30 ja 40% sind möglich,
denn Dein Körper kann den Sauerstoff, den die Lungen liefern, besser aufnehmen und umsetzen.
Die Energiekraftwerke in den Muskeln, die Mitochondrien, werden
leistungsfähiger. Zucker und Fettsäuren werden effektiver verbrannt. Das Ergebnis:
Du fühlst dich fitter und die Wahrscheinlichkeit ist groß,
dass du den Schweinehund besiegst. Also versuche mindestens 4 Wochen durchzuhalten.
Wer regelmäßig läuft lebt länger.
Bei Einer US-Langzeitstudie wurden 50-Jährige 20 Jahre lang begleitet, also bis sie 70 Jahre
alt waren. 34% der Nichtläufer sind gestorben aber nur 15% der Läufer!
Wer mit 30 oder 40 anfängt zu joggen, kann sein Leben um 3-4 Jahre verlängern.
Ein Grund: Das Herz. Es wird leistungsstärker. Das Risiko für Herzkreislauferkrankungen sinkt.
Das Risiko an Herzkreislauferkrankungen zu sterben sinkt sogar um 40%.
Zurück zu den drei Wegen, dein optimales Lauftempo zu finden. Laufen nach Gefühl
war nicht sonderlich kompliziert – anders sieht es mit der zweiten Methode aus:
Herzfrequenz und Faustformel
Um mit Hilfe der Herzfrequenz im grünen Bereich zu laufen, musst du deine Herzfrequenz kennen.
Der einfachste Weg zu deiner Herzfrequenz führt über Brustgurt und Puls-Uhr. Fitnessuhren mit
Handgelenkmessung hingegen sind beim Laufen oft zu ungenau.
Alternativ kannst du es über die klassische Methode lösen: Miss deinen Puls am Handgelenk
oder an der Halsschlagader – mit zwei Fingern. So geht's: 15 Sekunden messen,
den Wert mit 4 multiplizieren. Das ergibt dann die Herzfrequenz in einer Minute.
Das Problem: der Belastungspuls von 140, 160 oder 180 sagt zunächst nur wenig darüber aus, ob du Dich
überforderst oder nicht, ob die Sauerstoffaufnahme zur Energiebereitstellung ausreicht und nicht zu
viel Milchsäure/Laktat im Blut ausgeschüttet wird. Du musst diesen Belastungspuls in ein
Verhältnis zum Laktatwert setzen. Da du deine Laktatwerte für den Trainingsbereich
ohne aufwendigen Test nicht kennst, hilft dir dabei eine recht einfache Faustformel:
Puls 220 - Lebensalter = Maximalpulswert (Maximale Herzfrequenz)
Achtung dieser Maximalpuls ist nicht dein Zielwert, sondern der Richtwert.
70-85 % davon entsprechen dem Trainingspuls, den Mann oder Frau für die Verbesserung der
Grundlagenausdauer wählen sollte. Wo noch nicht zu viel Laktat gebildet wird. Nach
dieser Formel sollte ein 20-Jähriger also mit maximal 170 Schlägen pro Minute laufen,
eine 50-Jährige mit maximal 145 Schlägen pro Minute.
Diese Faustformel trifft aber nur auf ca. 70% der Läuferinnen und Läufer zu. Knapp
jeder Dritte fällt durchs Raster – läuft Gefahr zu schnell zu laufen.
Du willst es zu 100 Prozent richtig machen? Dann wird es Zeit das große Besteck auszupacken:
Methode Nummer 3: Die Leistungsdiagnostik.
Du lässt deine Herzfrequenz für das optimale
Training bei einem Sportmediziner feststellen! Kosten: ca. 180 Euro.
Am Anfang steht ein Gesundheits-Check: Gewicht,
Größe, Blutdruck, Ruhepuls, BMI, Körperfettanteile werden gemessen.
Dann geht es aufs Laufband zum Belastungs-EKG. Herzfrequenz und Blutdruck
werden beim Dauerlauf gemessen und der berühmte Laktattest wird gemacht.
Bei einem Stufentest wird immer wieder ein Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen gezapft: 3 Minuten Laufen
mit 4km/h - dann Blutzapfen – die nächsten 3 Minuten wird bei 6km/h gejoggt es wird flotter,
so geht das in 2km/h Stufen immer weiter, bis man seine Höchstgeschwindigkeit erreicht hat.
Dann werden die Blutproben ausgewertet und Laktat,
Herzfrequenz und Tempo werden in Relation gesetzt. Die Kurvenverläufe zeigen an, ab welchem Tempo,
welcher Herzfrequenz zu viel Laktat gebildet wird, der Muskel übersäuert. Auf diese Art lässt sich die
exakte individuelle Herzfrequenz ermitteln, die dir ein Training im "Grünen Bereich" garantiert.
Ob Leistungsdiagnostik, Faustformel oder Laufen nach Gefühl. Du kannst Deinen Weg finden,
Du kannst IHN besiegen: Den inneren Schweinehund. Höre auf deinen Körper, gehe es langsam an,
verschaffe dir Erfolgserlebnisse,
halte mindestens vier Wochen durch. Finde deinen Rhythmus - Danach läuft es von allein.