Hermann Göring – Ein Psychogramm | Hermann Göring ist Hitlers wichtigster Komplize. Der Zweite Mann im Dritten Reich
Hermann Göring ist Hitlers wichtigster Komplize. Der Zweite Mann im „Dritten Reich“ will von allem das meiste: Macht, Luxus, Drogen.
Er ist der wohl schillerndste Charakter im Nationalsozialismus – und verstrickt in alle Verbrechen des Regimes.
Viele, die ihn kannten, nannten Hermann Göring einen Blender.
Was ist Fassade, was Wirklichkeit? Wer war dieser Mann?
"Es heißt oft, Göring habe zwei Gesichter gehabt. Dass er auf der einen Seite umgänglich, jovial und auf der anderen Seite rücksichtslos und brutal war.
Ich sehe keine zwei Gesichter. Für mich ist das alles Teil eines Charakters. Er ist ein großspuriger, lautstarker Angeber.
Aber dieser Angeber ist brutal und rücksichtslos und er weiß, was er will.
Er war ehrgeizig und er war intelligent. Ich glaube sogar, höchstwahrscheinlich der intelligenteste Nazi-Führer.
Er war immer bereit, Dinge zu tun, die korrupt oder sogar kriminell waren.
Und so gab es bei ihm diese kuriose Mischung aus einem machtbewußten Politiker und einer Person, die genausogut eine Räuberbande hätte führen können."
Görings Aufstieg zu einem der mächtigsten Männer im NS-Staat wäre ohne Hitler nicht denkbar.
Ihm verdankt er alles. Ihm verschreibt er sein Leben.
Im Ersten Weltkrieg ist Göring hochdekorierter Jagdflieger - und nach der Niederlage am Boden zerstört.
Da begegnet er Anfang der 20er Jahre Hitler. Der greift mit seiner rechtsradikalen Splitterpartei nach der Macht -
und Göring erkennt seine Chance. Er marschiert mit – als Chef der Sturmabteilung SA.
Später hilft er Hitler in der Gesellschaft Fuß zu fassen.
Öffnet Türen zum Adel und zur Hochfinanz.
So spielt er beim Aufstieg der Nazis eine zentrale Rolle – als „Politischer Bevollmächtigter in der Reichshauptstadt“.
Zwischen Göring und Hitler entsteht ein Band, das sich nie ganz lösen wird.
"Etwas anderes, das Hitler an Göring so schätzte, war die Tatsache, dass in Krisensituationen, wenn Hitler fast schon panisch wurde,
weil er unsicher war oder nicht wusste, was er tun sollte, Göring kam und sagte:
„Ja, wir können es schaffen! Wir können die Macht an uns reißen!".
Das war 1932. Und so wurde Göring für Hitler eine sehr wichtige Figur, da er in Krisensituationen für ihn eine Stütze war."
Am 30. Januar 1933 wird Hitler Kanzler und Göring Minister ohne Geschäftsbereich.
Noch wichtiger aber ist: Als Ministerpräsident von Preußen hat Göring Macht über die Polizei.
“Ich werde mit eisernem Besen auskehren und alle diejenigen, die ausschließlich wegen ihrer roten oder schwarzen Gesinnung
und zur Unterdrückung aller nationalen Bestrebungen in Amt und Würden sitzen, hinausfegen.”
Oppositionelle werden auf Görings Befehl mit äußerster Brutalität verfolgt, kommen in die ersten Konzentrationslager.
Göring gründet die berüchtigte Geheime Staatspolizei Gestapo, die er später an Himmler abgibt.
Am Mord an der SA-Führung, die nach mehr Macht gedrängt hatte, ist er maßgeblich beteiligt.
Göring sei eiskalt, sagt Hitler und macht ihn 1934 per Geheimerlass zum Nachfolger im Falle seines Todes.
Der „Zweite Mann“ häuft immer mehr Macht und Ämter an.
Göring ist Oberbefehlshaber der neuen Luftwaffe, die im Geheimen aufgebaut wird.
1936 wird er „Beauftragter für den Vierjahresplan“ und damit verantwortlich für Wirtschaft und Rüstung.
Sein Auftrag: Hitlers Angriffskrieg vorbereiten. Er hat es weit gebracht.
"Eines der Geheimnisse für Görings politischen Erfolg war: Er konnte gut mit anderen Menschen, hatte Humor. Er konnte auch über sich selber lachen.
Er war offensichtlich eine menschliche Person mit Schwächen. Er war groß, dick und lachte darüber.
Göring war der einzige Politiker in dieser Zeit, den man mögen konnte – wenn man all die brutalen Aspekte seines Charakters ausblendet."
Über einen anderen Wesenszug seiner Persönlichkeit sagt Göring selbst: „Ich bin eben ein Mensch der Renaissance. Ich liebe die Pracht.“
Göring gilt als einer der reichsten Männer Europas. Sein Auto. Seine Yacht. Seine Villa.
Sinnbild seines steilen Aufstiegs ist das schlossartige Anwesen Carinhall in der Schorfheide bei Berlin,
benannt nach seiner verstorbenen Frau Carin - finanziert von Industrie und Staat.
In diesen Hallen, hier eine Rekonstruktion, repräsentiert Göring seine Vorstellung von imperialer Größe.
So hätte es laut Bauplanung aussehen sollen.
Carinhall ist voll mit kostbarer Kunst.
Auch davon kann er nicht genug bekommen. 47 00:05:36,000 --> 00:05:41,000 "Wir wissen aus seiner Biografie, dass er eine Persönlichkeit war, die alles haben wollte, also eine eher manisch expansive Persönlichkeit war, aber auch eine süchtige Persönlichkeit in vielen Bereichen offenkundig.
Da sieht der das Bild und da geht in ihm `was vor, sozusagen, was ihn dann in die Nähe bringt von den literarischen Gestalten,
wie dem Bibliomanen von Flaubert, der ja tötet und töten lässt, um in den Besitz bestimmter Büchern zu kommen."
Tatsächlich stammen viele Kunstwerke, die sich Göring aneignet aus jüdischem Besitz.
1940, nach Frankreichs Niederlage, fährt der manische Sammler zum „einkaufen“, wie er es nennt, nach Paris – und nimmt sich, was er will.
Rubens, Cranach, Velazquez. Vieles aus dem Besitz geflohener Pariser Juden.
Gezeigt werden soll die Raubkunst aus ganz Europa im geplanten „Hermann Göring Museum“ in der Schorfheide.
Es bleibt ein Luftschloss, wird nie gebaut.
Exzentrisch war Göring schon immer.
„Ja, mein Cäsar, kommst Du mich besuchen? ...kommst Du mich besuchen, ja?“
Was die Bilder mit Leopardenbaby Cäsar nicht zeigen: Göring ist drogensüchtig.
Die Krankheit beginnt 1923 bei Hitlers Putschversuch in München.
Göring marschiert an Hitlers Seite Richtung Feldherrenhalle. Bayerische Landespolizei eröffnet das Feuer.
Ein Zivilist, vier Polizisten, 15 Putschisten sterben.
Göring wird schwer verwundet. Gegen die Schmerzen bekommt er Morphium – und wird süchtig.
Mit seiner Frau Carin flieht er zu deren Familie nach Schweden.
Dort wird er in einer Nervenheilanstalt auf Entzug gesetzt, wird gewalttätig und in eine Zwangsjacke gesteckt.
Der Befund der schwedischen Ärzte lautet:
Göring sei selbstmordgefährdet, depressiv, egozentrisch, judenhassend, ein „brutaler Hysteriker mit schwachem Charakter“.
Und süchtig – sein Leben lang.
"Er nahm die Drogen immer abends mit großen Augen runter und man wusste, na, eine Krankenschwester hatte er auch im Hause zur ständigen Verfügung,
und die hab ich mal gefragt: Was ist denn das mit den Augen?
Und die hat mich eingeweiht in die Tatsache, dass er morphiumsüchtig sei.
Aber am nächsten Morgen, wenn er runterkam, da stand er um achte wieder da, angezogen und ganz frisch und alles, und da merkte man ihm nichts mehr an." 72 00:08:34,000 --> 00:08:39,000 Ein andere Konstante in seinem Leben ist: Politisch und militärisch versagt er meist. Als Oberbefehlshaber der Luftwaffe verspricht er, was nicht zu halten ist.
1940 in Dünkirchen gelingt es trotz Görings Versicherungen nicht, die Flucht von 338.000 britischen und französischen Soldaten zu verhindern.
Auch die Luftherrschaft über England – von Göring versprochen – bleibt ein Wunschtraum.
In der Schlacht um Stalingrad sagt Göring zu, 500 Tonnen Nachschub pro Tag für die eingekesselte 6. Armee zu liefern. Nur ein Fünftel kommt an.
Ist Göring seinen Aufgaben nicht gewachsen?
Seine Luftwaffe kann kaum etwas ausrichten gegen die Angriffe alliierter Bomberverbände.
In Hamburg im Juli `43 erreicht die Opferzahl mit 40.000 Toten apokalyptische Ausmaße.
Er hatte versprochen, die Menschen und ihre Städte vor Zerstörung zu bewahren.
Er ist ein Blender, aber auch ein Verbrecher.
Bei Kriegsende stellt sich Göring der US-Army und geht in Gefangenschaft.
Er glaubt, in Deutschland weiterhin eine wichtige Rolle spielen zu können.
Die Berichte aus den KZs seien „reine Propaganda“, behauptet er.
"Es gibt keinen Zweifel, dass Göring in alles verwickelt war, was das Regime zu verantworten hatte.
Er ist ein weiterer NS-Führer, der in sehr viele Verbrechen des Regimes verstrickt war."
Dokumente, die das Schicksal von Millionen Menschen besiegeln, tragen auch seine Unterschrift – wie die Nürnberger Rassengesetze.
„Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten!“
Er will sich Hitler gegenüber als treuer Gefolgsmann profilieren – auch wenn es um die Ermordung der Juden geht. 90 00:10:53,000 --> 00:11:01,000 Im Luftfahrtministerium holt sich Reinhard Heydrich, Chef des Sicherheitsdienstes der SS, bei Göring eine entscheidende Unterschrift. Am 31. Juli 1941 ermächtigt Göring Heydrich „die Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa“ vorzubereiten.
Göring trägt Mitschuld an der Versklavung und Ermordung von Millionen Menschen.
"Heydrich holt sich bei Göring die Unterschrift, kann darauf hin, weil er jetzt legitimiert ist,
die entsprechenden Ministerien einberufen zu einer gemeinsamen Sitzung, das ist die berühmte Wannseekonferenz,
und in dieser Wannseekonferenz, wo Eichmann Protokoll führt, wird festgelegt,
wie viele Juden aus den einzelnen besetzten Ländern im Rahmen der Endlösung vernichtet werden sollen." 97 00:11:51,000 --> 00:11:56,000 Am 20. November `45 beginnen die „Nürnberger Prozesse“ gegen die Hauptkriegsverbrecher. Hermann Göring ist Angeklagter Nummer eins.
Erstmals in der Geschichte werden Politiker und Militärs nach einem Krieg persönlich für Tod und Verbrechen zur Verantwortung gezogen.
„Sie müssen sich schuldig oder nicht schuldig bekennen.“
„Ich bekenne mich im Sinne der Anklage nicht schuldig.“
Vor Gericht wird die Beweislast gegen Göring von Tag zu Tag erdrückender.
Ernest Michel stammt aus einer jüdischen Familie in Mannheim.
Er überlebte Ausschwitz und berichtet als Reporter von den Nürnberger Prozessen.
"Da gab es einen ganz besonderen Moment, an den ich mich gut erinnere.
Als die russische Anklage einen Film mit dem Titel „Auschwitz“ zeigte. Der Saal wurde abgedunkelt.
Und da war Auschwitz! Dort, wo ich gewesen war! Und jetzt ist es ein Film in Nürnberg beim Prozess."
Für den millionenfachen Mord ist Hermann Göring mitverantwortlich.
Reue zeigt er nicht.
"Die Nazis hatten die Gaskammern und die Krematorien schon gesprengt, aber die Reste waren noch zu sehen.
Und dann ging das Licht an und da saßen sie – und lachten!"
Göring wird in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zum Tod durch den Strang verurteilt.
Am Ende seiner Karriere steht der Selbstmord mit einer Giftkapsel.
Göring ein machtgieriger Suchtmensch, ein Blender, der viel versprach und wenig hielt.
Und ein Täter, der schwerste Verbrechen beging.
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