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YouTube | GERMANIA, Oliver Polak | GERMANIA

Oliver Polak | GERMANIA

.

Wir haben in Deutschland im Bundestag mittlerweile eine Partei, die AfD,

die Sachen sagt,

wie "der Holocaust war ein Vogelschiss in der Geschichte".

In einem Land, wo es immer hieß: Nie wieder.

Und, wo du denkst: Ey, das sind Leute,

die unser Land irgendwie mitregieren? Problem!

*Titelmusik*

Mein Name ist Oliver Polak, ich wurde geboren in Papenburg im Emsland.

Und ich bin Stand-up-Comedian und Autor.

Mein Vater kommt aus Papenburg im Emsland.

Und meine Mutter aus St. Petersburg.

dass ich halt anders war.

Die Familie, in der ich aufgewachsen bin,

war die einzige jüdische Familie in Papenburg.

Und jeder wusste das irgendwie, weil Kleinstadt.

Mein Vater hatte ein sehr großes Bekleidungsgeschäft.

Und so war das irgendwie immer wieder komisch.

Man hatte immer wieder komische Begegnungen mit Kindern,

die einen in der Grundschule über den Schulhof gejagt haben.

Als Ausländer, Jude oder so. Als ich so 8, oder 9 Jahre alt war,

ist es so richtig eskaliert. Da war das total schlimm,

weil ich wusste die ganze Stunde, gleich ist die große Pause

und dann jagen die mich wieder. Sie riefen mir hinterher:

Iiehh, du hast ihn angefasst. Vorsicht, du bekommst Judenaids.

Und dann wurde das auch physisch. Mit Beine stellen, hinfliegen.

Dass Leute auf dich draufgespuckt haben.

Ja, das war dann der Horror. Du hast nur daran gedacht.

Du konntest das ja auch mit niemanden teilen, oder so.

Zuhause habe ich es nicht erzählt,

weil mein Vater 7 Jahre im Konzentrationslager war.

Und ich ihn nicht damit belasten wollte.

Und meiner Mutter habe ich es nicht erzählt, weil ich wusste,

sie wäre zur Schule gefahren und hätte dort alles angezündet.

Deswegen habe ich es einfach für mich behalten.

Mir ist in Deutschland überall, immer wieder Antisemitismus begegnet.

Auch im Beruflichen usw.

Wenn du eigentlich klassischen Stand-up machst,

ist es so, wie bei Eddie Murphy, Trevor Noah, Steve Martin

oder so Leute, die haben ihre Biografie

als Basis für ihre erste Comedyshow genommen.

Habe ich auch gemacht, und ich bin eben in Papenburg geboren.

Einzige jüdische Familie, ne!? Habe ich halt erzählt.

Und dann gab es so eine ganz seltsame Auseinandersetzung damit.

Es gab aber auch Leute, die dann eben meinten,

nur weil ich das dann so erzähle, meine Geschichte,

da dann auch Witze zu machen.

Ey, mein Vater ist auch im KZ gestorben,

oder besoffen vom Wachturm gefallen.

Oder: Musst du nicht los? Ich fragte: Äh? Wohin muss ich denn?

Der letzte Zug nach Ausschwitz fährt doch gleich.

Aber, du kannst dich auch antisemitisch verhalten,

oder Sachen sagen. Deshalb bist du ja nicht gleich ein Antisemit.

Was nervt ist halt, wenn ich Witze über mich

und meine Identität mache, impliziert das nicht,

dass du das auch so kannst.

Ich meine, wenn dein Vater z. B. gestorben ist,

und du kommst gerade von der Beerdigung

und du machst ein Witz, dass dein Vater gestorben ist,

dann heißt das nicht, dass ich dann auch einfach mal

einen raushauen kann.

Das hat manchmal auch was mit Empathie in so einem Moment zu tun.

Vor allen Dingen ist es auch gut, wenn ein Witz so eine Pointe hat.

Das ist immer ganz vorteilhaft. Ich würde sagen, je größer das Tabu,

desto besser sollte der Gag sein.

Ich glaube, dass der Antisemitismus hier immer war. Wie so ein Onkel,

der in der Ecke so in einem Schaukelstuhl wippt,

der so stillschweigend geduldet wird.

Auf dem Kudamm werden plötzlich vorm KaDeWe Israel-Fahnen verbrannt.

Oder arabische Männer, die dann in Sprechchören rufen:

Juden ins Gas.

Linke stehen auch noch drum rum. Rechte auch. Leute, die Niqab tragen,

werden wieder durch die Straßen gejagt.

Jüdischen Restaurantbesitzern wird ihre schiere Anwesenheit vorgeworfen.

Und, ja, Schüler werden auch wieder gemobbt.

Ich glaube immer, dass bei dem Thema Antisemitismus alle denken,

dass sie aufgeklärt sind.

Und ich glaube, dass es nie eine richtige Verarbeitung

in Deutschland gab.

Was fehlt, ist auch so eine echte, emotionale, empathische,

dass man mal mehr wirklich so hinschaut.

Man hat ein Mahnmal, man hat Gedenksteine.

Aber dann sieht man eben wieder,

dass Schüler ganz alleine auf dem Schulhof stehen.

Und niemand den irgendwie hilft von den anderen.

Dass sie so alleingelassen sind. Das eine ist das Theoretische.

Und das andere ist das Praktische.

Was wir machen können, ist, uns im Alltag

jeglichen Formen von Rassismus, Antisemitismus,

Homosexuellen-Feindlichkeit, Sexismus,

dass wir uns dem entgegenstellen und auch mal sagen:

Nö, ich will das nicht!

Und ich lasse das nicht zu, da wo ich bin!

*Musik*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)


Oliver Polak | GERMANIA Oliver Polak | GERMANIA Олівер Полак | НІМЕЧЧИНА

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Wir haben in Deutschland im Bundestag mittlerweile eine Partei, die AfD,

die Sachen sagt,

wie "der Holocaust war ein Vogelschiss in der Geschichte".

In einem Land, wo es immer hieß: Nie wieder.

Und, wo du denkst: Ey, das sind Leute,

die unser Land irgendwie mitregieren? Problem!

*Titelmusik*

Mein Name ist Oliver Polak, ich wurde geboren in Papenburg im Emsland.

Und ich bin Stand-up-Comedian und Autor.

Mein Vater kommt aus Papenburg im Emsland.

Und meine Mutter aus St. Petersburg.

dass ich halt anders war.

Die Familie, in der ich aufgewachsen bin,

war die einzige jüdische Familie in Papenburg.

Und jeder wusste das irgendwie, weil Kleinstadt.

Mein Vater hatte ein sehr großes Bekleidungsgeschäft.

Und so war das irgendwie immer wieder komisch.

Man hatte immer wieder komische Begegnungen mit Kindern,

die einen in der Grundschule über den Schulhof gejagt haben.

Als Ausländer, Jude oder so. Als ich so 8, oder 9 Jahre alt war,

ist es so richtig eskaliert. Da war das total schlimm,

weil ich wusste die ganze Stunde, gleich ist die große Pause

und dann jagen die mich wieder. Sie riefen mir hinterher:

Iiehh, du hast ihn angefasst. Vorsicht, du bekommst Judenaids.

Und dann wurde das auch physisch. Mit Beine stellen, hinfliegen.

Dass Leute auf dich draufgespuckt haben.

Ja, das war dann der Horror. Du hast nur daran gedacht.

Du konntest das ja auch mit niemanden teilen, oder so.

Zuhause habe ich es nicht erzählt,

weil mein Vater 7 Jahre im Konzentrationslager war.

Und ich ihn nicht damit belasten wollte.

Und meiner Mutter habe ich es nicht erzählt, weil ich wusste,

sie wäre zur Schule gefahren und hätte dort alles angezündet.

Deswegen habe ich es einfach für mich behalten.

Mir ist in Deutschland überall, immer wieder Antisemitismus begegnet.

Auch im Beruflichen usw.

Wenn du eigentlich klassischen Stand-up machst,

ist es so, wie bei Eddie Murphy, Trevor Noah, Steve Martin

oder so Leute, die haben ihre Biografie

als Basis für ihre erste Comedyshow genommen.

Habe ich auch gemacht, und ich bin eben in Papenburg geboren.

Einzige jüdische Familie, ne!? Habe ich halt erzählt.

Und dann gab es so eine ganz seltsame Auseinandersetzung damit.

Es gab aber auch Leute, die dann eben meinten,

nur weil ich das dann so erzähle, meine Geschichte,

da dann auch Witze zu machen.

Ey, mein Vater ist auch im KZ gestorben,

oder besoffen vom Wachturm gefallen.

Oder: Musst du nicht los? Ich fragte: Äh? Wohin muss ich denn?

Der letzte Zug nach Ausschwitz fährt doch gleich.

Aber, du kannst dich auch antisemitisch verhalten,

oder Sachen sagen. Deshalb bist du ja nicht gleich ein Antisemit.

Was nervt ist halt, wenn ich Witze über mich

und meine Identität mache, impliziert das nicht,

dass du das auch so kannst.

Ich meine, wenn dein Vater z. B. gestorben ist,

und du kommst gerade von der Beerdigung

und du machst ein Witz, dass dein Vater gestorben ist,

dann heißt das nicht, dass ich dann auch einfach mal

einen raushauen kann.

Das hat manchmal auch was mit Empathie in so einem Moment zu tun.

Vor allen Dingen ist es auch gut, wenn ein Witz so eine Pointe hat.

Das ist immer ganz vorteilhaft. Ich würde sagen, je größer das Tabu,

desto besser sollte der Gag sein.

Ich glaube, dass der Antisemitismus hier immer war. Wie so ein Onkel,

der in der Ecke so in einem Schaukelstuhl wippt,

der so stillschweigend geduldet wird.

Auf dem Kudamm werden plötzlich vorm KaDeWe Israel-Fahnen verbrannt.

Oder arabische Männer, die dann in Sprechchören rufen:

Juden ins Gas.

Linke stehen auch noch drum rum. Rechte auch. Leute, die Niqab tragen,

werden wieder durch die Straßen gejagt.

Jüdischen Restaurantbesitzern wird ihre schiere Anwesenheit vorgeworfen.

Und, ja, Schüler werden auch wieder gemobbt.

Ich glaube immer, dass bei dem Thema Antisemitismus alle denken,

dass sie aufgeklärt sind.

Und ich glaube, dass es nie eine richtige Verarbeitung

in Deutschland gab.

Was fehlt, ist auch so eine echte, emotionale, empathische,

dass man mal mehr wirklich so hinschaut.

Man hat ein Mahnmal, man hat Gedenksteine.

Aber dann sieht man eben wieder,

dass Schüler ganz alleine auf dem Schulhof stehen.

Und niemand den irgendwie hilft von den anderen.

Dass sie so alleingelassen sind. Das eine ist das Theoretische.

Und das andere ist das Praktische.

Was wir machen können, ist, uns im Alltag

jeglichen Formen von Rassismus, Antisemitismus,

Homosexuellen-Feindlichkeit, Sexismus,

dass wir uns dem entgegenstellen und auch mal sagen:

Nö, ich will das nicht!

Und ich lasse das nicht zu, da wo ich bin!

*Musik*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2018)