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DDR, Honecker, Ulbricht, Mielke - die Wandlitz-Siedlung | Geheimnisvolle Orte | Dokumentation | DDR - YouTube (2)

Honecker, Ulbricht, Mielke - die Wandlitz-Siedlung | Geheimnisvolle Orte | Dokumentation | DDR - YouTube (2)

Wir waren zwar keine Uniformträger,

wir trugen entsprechend unsere Berufsbekleidung,

aber wir hatten in unseren Schränken

auch eine Uniform zu hängen, so dass wir jederzeit

auch militärisch eingesetzt werden konnten.

Mehrfach im Jahr absolviert er Orientierungsläufe

und militärische Übungen, mit Schießtraining.

Lothar Herzog muss seine Pistole

auch bei Staatsempfängen bei sich tragen, aus Angst vor Attentaten.

Ja, das war eine besonders irre Idee,

als man uns die Pistole in die Hand drückte und sagte:

"Seht zu, wie ihr die irgendwo verstaut."

Ich habe sie dann in meiner Hosentasche immer getragen.

Und als sie mich eines Tages so störte, dass ich sie ablegte,

im Regierungszug im Kühlfach, da habe ich sie,

als wir ausstiegen und etwas Hektik war, vergessen.

Das frühere Klubhaus ist heute das Kurhaus der Brandenburg-Klinik.

Für Lothar Herzog ein Ort mit vielen Erinnerungen.

Hier treffen sich in den 1960ern

einige Spitzengenossen abends zum Bier und Skatspiel.

Auch Erich Apel,

der einflussreiche Leiter der Staatlichen Plankommission,

mit seinem Sekretär und besten Freund Günter Mittag.

Sie diskutieren nicht selten über das "Neue Ökonomische System

der Planung und Leitung", genannt NÖSPL.

Mehr Markt-, weniger Planwirtschaft.

Apel soll die neuen Wirtschaftsreformen durchsetzen.

Er ist Ulbrichts wichtigster Mann.

Er hatte die schwierige Aufgabe,

z.B. mit der Sowjetunion

diesen neuen Handelsvertrag für 5 Jahre auszuhandeln.

Und die Bedingungen dafür hatten sich sehr verschlechtert.

Die Sowjetunion war selber in einer Krise

und hatte schon 1964 angefangen,

verschiedene Sachen nicht mehr in die DDR zu liefern,

z.B. Weizen, Butter, Fleisch.

Bei Erdöl gab es Rückstände, bei Walzstahl gab es Rückstände.

Und Apel hat versucht, für den nächsten 5-Jahresplan

optimale Liefermengen auszuhandeln.

Und die Sowjetunion hatte ihrerseits ein Konzept,

das darauf abzielte, die eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten

notfalls auf Kosten der Bündnispartner zu lösen.

Apels Reformpläne werden boykottiert,

vor allem von Erich Honecker und Günter Mittag.

Auf einer Sitzung am 2. Dezember 1965

werden Apels Plan-Entwürfe kritisch diskutiert.

Am selben Abend kommt Erich Apel mit seiner Frau Christa

von einem Spaziergang in der Waldsiedlung,

sie schauen noch im Klubhaus vorbei, dort treffen sie auf Günter Mittag.

Nach kurzer Zeit wird das Gespräch sehr laut.

Christa Apel hat sich schnell aus dieser Runde verabschiedet,

als sie merkte, dass es um politische Dinge ging.

Sie hat noch mitbekommen, wie Günter Mittag sich damit brüstete,

dass er an Apels Stelle

bei dem kürzlichen inoffiziellen Besuch Breschnews

mit in der Gesprächsrunde war,

und dass er diese Delegation begleiten konnte.

Und er sagte, Breschnew hat sich wieder beschwert über Apel,

der nicht bereit sei, die russischen Interessen zu akzeptieren.

Am nächsten Morgen fährt Erich Apel wie immer

aus der Waldsiedlung nach Berlin in sein Büro,

bespricht nächste Termine mit seinem Fahrer und will am Nachmittag

den Handelsvertrag mit der Sowjetunion unterschreiben.

Er führt noch einige Telefonate.

Dann versucht ihn Ministerpräsident Willi Stoph zu erreichen.

Vergeblich. * Telefon klingelt *

Die Sekretärin findet Erich Apel mit Kopfschuss,

zurückgelehnt im Bürostuhl.

Der herbeigerufene Arzt stellt fest, ...

... dass der Tod schon vor seinem Eintreffen eintrat

und ärztliche Hilfeleistung nicht mehr infrage kam.

Das Erstaunliche ist, dass Apel noch die Pistole in der Hand hatte.

Monika Kaiser hat jahrelang die Umstände des Todes untersucht.

Zweifel am Suizid tauchen auf.

Akribisch listet sie Widersprüche auf:

Die Stasi-Untersuchungskommission findet einen veränderten Tatort vor,

der Tote liegt auf einer Liege, die Pistole in der Schublade.

In der Aktentasche ein volles Patronenkästchen.

Nicht eine Kugel fehlt.

Ich glaube, die Frage, ob Apel Selbstmord begangen hat

oder ob er Opfer eines politischen Auftragsmords wurde,

wird man heute nicht mehr 100%ig beantworten können.

Offiziell heißt es:

Ein tragischer Unglücksfall infolge einer Kurzschlusshandlung.

Walter Ulbricht ordnet ein Staatsbegräbnis an.

Danach muss Ehefrau Christa Apel

die Waldsiedlung mit ihrer Tochter verlassen.

Sie hat mir immer erzählt, sie war stolz darauf,

dass Erich Honecker beim Auszug ihr seine Telefonnummer hinterließ

und sagte: "Christa, wenn du irgendwelche Probleme hast,

kannst du mich anrufen."

Christa Apel wird es nie tun.

Und es wird sich auch sonst kein Genosse des Politbüros

bei ihr melden, auch nicht sein "bester Freund" Günter Mittag.

Der macht weiter Karriere.

Günter Mittag wird Apels Jagdhütte übernehmen

und sich einen neuen Jagdfreund suchen: Erich Honecker.

Zweimal die Woche gehen beide gemeinsam zur Jagd.

Bei diesen Treffen ziehen sie die Strippen gegen Walter Ulbricht.

Mit Jagdfreund und Kreml-Chef Leonid Breschnew

trifft sich Honecker schon seit 1965 in der Schorfheide

und sichert sich so langfristig

die Unterstützung für Ulbrichts Entmachtung.

Ende April 1971 kommt es zum Showdown.

Nach ihrer gemeinsamen Rückkehr vom Parteitag in Moskau

erholen sich die Konkurrenten getrennt, Ulbricht in Groß Dölln,

Honecker in seinem Jagdhaus "Wildfang" in der Schorfheide.

Dann fordert Erich Honecker seinen Personenschutz auf,

ihn nach Groß Dölln zu begleiten, mit Maschinenpistolen.

So erinnert sich Markus Wolf, Aufklärungschef der Staatsicherheit,

an den Machtwechsel.

Monika Kaiser findet dafür keine Beweise.

Die Akten von Ulbricht erzählen eine ganz andere Geschichte.

Eigentlich gab es dafür keine Veranlassung,

denn schon 1969 hatte Ulbricht das erste Mal Breschnew mitgeteilt,

dass er nicht mehr lange den Job machen kann als Erster Sekretär.

Damals hatte Breschnew ihm gesagt,

er möge bitte noch bleiben in der Funktion,

denn so kurz nach den Ereignissen der CSSR 1968

wollte Breschnew keinen zweiten Rücktritt haben.

Und Ulbricht versprach zu warten.

Doch jetzt hat "Kronprinz" Honecker die Unterstützung Moskaus.

Seine Intrigen im obersten Machtzirkel sind erfolgreich.

Am 3. Mai 1971

erklärt Ulbricht offiziell seinen Rücktritt.

Der ehemals erste Mann im Staat zieht freiwillig

aus der Waldsiedlung aus

und stirbt zwei Jahre später in Groß Dölln.

Mit diesem Machtwechsel beginnt eine Zeitenwende,

auch in der Waldsiedlung, das sichtbarste Zeichen:

Das sogenannte Ladenkombinat mit all den Verheißungen des Westens.

Ein Warenangebot für jährlich bis zu 8 Mio. D-Mark.

Hier gibt es alles, was es im Alltag der DDR nicht zu kaufen gibt.

Heute spurlos verschwunden,

überdeckt mit einem Bau der Brandenburg-Klinik.

Das ist heute nicht mehr wiederzuerkennen,

der alte Funktionärsshop,

das war ein ebenerdiges Gebäude, zunächst gerade,

später noch ein angebautes Winkelobjekt.

Hier waren ganz zu Anfang Friseur und alles Mögliche drin.

Das Angebot hat sich im Laufe der Jahre deutlich verwestlicht.

Mitte der 1970er wird das sogenannte Ladenkombinat erweitert.

Ebenso das Angebot, selbst Zucker und Mehl kommen nun aus dem Westen.

Schon in der 1960ern gehören West-Waren

im kleineren Umfang zur Sonderversorgung.

Bei Zollkontrollen werden dafür West-Pakete beschlagnahmt.

Pakete, die von West nach Ost gingen, wurden geöffnet

von der Staatssicherheit, es wurde aus den Paketen einiges entwendet,

das tauchte dann im Ladenkombinat wieder auf.

Nach dem Grundlagen-Vertrag mit der Bundesrepublik 1972

ist damit Schluss, die West-Waren müssen anders beschafft werden.

Schon 1965 gründet die Stasi eine eigene Handelsfirma, die LETEX.

Die kauft über Stasi-Mann Alexander Schalck-Golodkowski

die West-Produkte nur für die Waldsiedlung.

Spezialwünsche werden an seine Frau gerichtet,

Sigrid Schalck-Golodkowski.

Ihre "Gruppe Schlegelstraße" fährt, als Privatleute getarnt,

ab 1977 zum Ku'damm und kauft ein.

Kostüme für Margot Honecker, Babyausstattung für Tochter Sonja.

Immer genehmigt vom Stasi-Chef selbst, Erich Mielke.

Besonders umfangreich sind die Akten fürs Haus 11,

das war das "Haus Honecker", wo Sonja Honecker scheinbar

ihre ganze Umstandskleidung und die Erstausstattung fürs Baby

in West-Berlin besorgen lässt.

Das war besonders attraktiv, weil der Umtauschkurs so war,

dass man 1,5 Ostmark für eine Westmark zahlte.

Also das Ladenkombinat war insgesamt eine Einrichtung,

ein Geschäft, das Miese machte, und zwar mit jedem Verkauf.

Inoffiziell war für DDR-Bürger ein Umtauschkurs von 1:10 üblich.

Honeckers Parallelwelt wird davon nicht berührt.

Wann Bernd Brückner seinen Tag in der Waldsiedlung

mit Erich Honecker begann, weiß der Personenschützer heute noch.

Montags 8:30 Uhr, dienstags 7:45 Uhr,

mittwochs 8:30 Uhr, donnerstags 7:45 Uhr,

freitags 8:30 Uhr.

Honeckers Wagen setzt sich vom Haus 11 in Bewegung.

Drei Klopfzeichen ins Mikro,

und die Kolonne am Tor ist zur Abfahrt bereit.

Da wussten wir, der Alte ist eingestiegen,

die rollen los, gleich kommen sie um die Ecke.

Dann starteten wir den Motor,

das Führungsfahrzeug fuhr vorne vor und blockierte den übrigen Verkehr.

Dann wurde von uns ein codierter Funkspruch abgesetzt

und dann fuhren wir ohne Sondersignal in die Stadt.

* wiederholtes Signal *

* unverständlich *

Der Weg von Wandlitz nach Berlin

wird zum Sinnbild der Kluft zwischen Volk und Herrschaft.

Das zeigt sich daran, dass die SED-Führung sich allmählich

immer stärker von den wirklichen Problemen der DDR-Gesellschaft

entfernte, auch in ihrem privaten Lebensstil,

dass sie nicht mehr realisierte, wie sie dort in Wandlitz lebt,

sich weit entfernt auch von ihren proklamierten politischen Zielen.

Es war eine doppelte Abschottung.

Die Abschottung durch den Zaun und die Bewachung,

und die Distanz zur Gesellschaft, man hat die DDR-Gesellschaft

eigentlich nur noch aus den Fenstern der Limousinen wahrgenommen,

mit denen das Politbüro einzeln morgens nach Berlin gefahren wurde.

Und die Begegnungen mit der DDR-Wirklichkeit

waren hochgradig inszeniert und vorbereitet,

so dass dieser Kontakt nach und nach verloren ging.

Insofern hat sich auch Wandlitz verselbständigt.

In die Waldsiedlung zieht 1976

Konrad Naumann, der Berliner SED-Chef,

mit seiner späteren Frau Vera Oelschlegel.

Ins Haus 16, nur eine Stele erinnert noch daran.

Das war allerdings hart.

Das war ein Ghetto, in das man da gesperrt wurde,

noch dazu ein hässliches.

Für die Schauspielerin Vera Oelschlegel

ist die Waldsiedlung eine seelenlose Ansammlung

von Streichholzschachteln mit Dienstboten-Eingang,

ausgestattet mit Einbauschränken und schwarzen Mosaikböden.

Eine fertige Wohnung, nicht nach ihrem Geschmack.

Ihre Nachbarn sind und bleiben ihr fremd:

Erich Mielke und Günter Schabowski.

Man sieht sich und geht sich aus dem Weg.

Jeder hatte sein Lehen und passte auf,

dass der andere ihm nicht in die Suppe spuckt.

Man hatte Angst, sich durch ein Wort oder einen Satz zu verraten.

Es wurden nur Zweckbündnisse geschlossen,

ansonsten isolierte man sich sehr.

Doch auch Naumann und seine Frau arrangieren sich

mit der sozialen Kälte und dem Privilegien-System.

Konrad Naumann wird eines der teuersten Freizeitobjekte

am Parsteiner See für sich bauen lassen,

mit allen Luxus-Raffinessen, an denen es der Waldsiedlung mangelt.

Alles bezahlt auf Staatskosten, ausgeführt von Mielkes Leuten.

In der DDR gab es ein fein gestuftes System

der Privilegien für Kader,

die in verschiedenen Institutionen von Regierung und Partei arbeiteten.

Jede Position war mit bestimmten Kompetenzen,

aber auch mit solchen Privilegien versehen.

Das trifft fürs Politbüro ganz besonders zu.

Zu diesem System gehörte, dass man es nur solange genießen konnte,

wie man Teil dieser Nomenklatura war.

Der Fall Naumann zeigt das sehr deutlich.

Konrad Naumann, seit Jahrzehnten treuer Gefolgsmann Honeckers,

er sieht sich als sein Thronfolger und als unangreifbar.

Der Bezirks-Chef der Berliner SED ist beliebt bei den Arbeitern,

wagt hier und da kritische Worte.

All seine Eskapaden, seine Sauf-Gelage, seine Affären

werden vom Generalsekretär gedeckt, doch mit einer aufmüpfigen Rede

in der Akademie der Gesellschaftswissenschaften

überspannt er den Bogen.

Auf der Politbüro-Sitzung am 5. November 1985

wird er runtergeputzt wie kein Genosse vor ihm.

Nach dieser Politbüro-Sitzung gab es eine wahnsinnige Szene.

Er ging ins Badezimmer,

drehte sämtliche Wasserhähne auf,

stellte das Radio an, zog mich auf den Boden,

setzte sich neben mich und erzählte mir,

dass er nunmehr abgesetzt sei, so ins Ohr.

Das heißt, er wusste, wie sehr das Haus verwanzt ist,

wie sehr alles abgehört worden ist.

Die ganzen Jahre, wo ich da gewohnt habe,

sind wir sozusagen ständig quasi öffentlich gewesen.

Es haben sich bisher keine Belege dafür gefunden,

dass die Waldsiedlung systematisch

von der Staatssicherheit überwacht wurde,

im Sinne von Abhör-Anlagen oder ähnlichem.

Aber ich nehme diesen Befund, die Erzählung von Vera Oelschlegel,

eher als Indiz für das Misstrauen, das in der Waldsiedlung herrschte.

Und die Stasi war ja in der Waldsiedlung schon vor Ort.

Der oberste Chef dieses kleinen Imperiums war Erich Mielke,

die Bediensteten waren angestellte Mitarbeiter

der Staatssicherheit, das ganze Bewachungspersonal.

Die Stasi musste nicht erst nach Wandlitz kommen, die war schon da.

Mit dem Rauswurf aus dem Politbüro verliert Konrad Naumann alles.

Er muss die Freizeitvilla verlassen, seine Dienstwaffe abgeben,

sein Auto, seinen Chauffeur,

und umgehend aus der Waldsiedlung ausziehen.

Die Zeit der Gratulationen, wie hier noch 1978,

bei der das Politbüro in Reih und Glied antritt,

ist endgültig vorbei.

Auch die Frage des Zugangs zum inneren Zirkel der Macht:

Honecker ließ den Mann dann nicht mehr an sich ran.

Naumann wird ins Partei-Archiv nach Potsdam verbannt.

Der geschasste SED-Genosse: eine Persona non grata.

Honecker wird nie wieder ein Wort mit ihm wechseln.


Honecker, Ulbricht, Mielke - die Wandlitz-Siedlung | Geheimnisvolle Orte | Dokumentation | DDR - YouTube (2) Honecker, Ulbricht, Mielke - the Wandlitz settlement | Mysterious Places | Documentary | GDR - YouTube (2)

Wir waren zwar keine Uniformträger,

wir trugen entsprechend unsere Berufsbekleidung,

aber wir hatten in unseren Schränken

auch eine Uniform zu hängen, so dass wir jederzeit

auch militärisch eingesetzt werden konnten.

Mehrfach im Jahr absolviert er Orientierungsläufe

und militärische Übungen, mit Schießtraining.

Lothar Herzog muss seine Pistole

auch bei Staatsempfängen bei sich tragen, aus Angst vor Attentaten.

Ja, das war eine besonders irre Idee,

als man uns die Pistole in die Hand drückte und sagte:

"Seht zu, wie ihr die irgendwo verstaut."

Ich habe sie dann in meiner Hosentasche immer getragen.

Und als sie mich eines Tages so störte, dass ich sie ablegte,

im Regierungszug im Kühlfach, da habe ich sie,

als wir ausstiegen und etwas Hektik war, vergessen.

Das frühere Klubhaus ist heute das Kurhaus der Brandenburg-Klinik.

Für Lothar Herzog ein Ort mit vielen Erinnerungen.

Hier treffen sich in den 1960ern

einige Spitzengenossen abends zum Bier und Skatspiel.

Auch Erich Apel,

der einflussreiche Leiter der Staatlichen Plankommission,

mit seinem Sekretär und besten Freund Günter Mittag.

Sie diskutieren nicht selten über das "Neue Ökonomische System

der Planung und Leitung", genannt NÖSPL.

Mehr Markt-, weniger Planwirtschaft.

Apel soll die neuen Wirtschaftsreformen durchsetzen.

Er ist Ulbrichts wichtigster Mann.

Er hatte die schwierige Aufgabe,

z.B. mit der Sowjetunion

diesen neuen Handelsvertrag für 5 Jahre auszuhandeln.

Und die Bedingungen dafür hatten sich sehr verschlechtert.

Die Sowjetunion war selber in einer Krise

und hatte schon 1964 angefangen,

verschiedene Sachen nicht mehr in die DDR zu liefern,

z.B. Weizen, Butter, Fleisch.

Bei Erdöl gab es Rückstände, bei Walzstahl gab es Rückstände.

Und Apel hat versucht, für den nächsten 5-Jahresplan

optimale Liefermengen auszuhandeln.

Und die Sowjetunion hatte ihrerseits ein Konzept,

das darauf abzielte, die eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten

notfalls auf Kosten der Bündnispartner zu lösen.

Apels Reformpläne werden boykottiert,

vor allem von Erich Honecker und Günter Mittag.

Auf einer Sitzung am 2. Dezember 1965

werden Apels Plan-Entwürfe kritisch diskutiert.

Am selben Abend kommt Erich Apel mit seiner Frau Christa

von einem Spaziergang in der Waldsiedlung,

sie schauen noch im Klubhaus vorbei, dort treffen sie auf Günter Mittag.

Nach kurzer Zeit wird das Gespräch sehr laut.

Christa Apel hat sich schnell aus dieser Runde verabschiedet,

als sie merkte, dass es um politische Dinge ging.

Sie hat noch mitbekommen, wie Günter Mittag sich damit brüstete,

dass er an Apels Stelle

bei dem kürzlichen inoffiziellen Besuch Breschnews

mit in der Gesprächsrunde war,

und dass er diese Delegation begleiten konnte.

Und er sagte, Breschnew hat sich wieder beschwert über Apel,

der nicht bereit sei, die russischen Interessen zu akzeptieren.

Am nächsten Morgen fährt Erich Apel wie immer

aus der Waldsiedlung nach Berlin in sein Büro,

bespricht nächste Termine mit seinem Fahrer und will am Nachmittag

den Handelsvertrag mit der Sowjetunion unterschreiben.

Er führt noch einige Telefonate.

Dann versucht ihn Ministerpräsident Willi Stoph zu erreichen.

Vergeblich. * Telefon klingelt *

Die Sekretärin findet Erich Apel mit Kopfschuss,

zurückgelehnt im Bürostuhl.

Der herbeigerufene Arzt stellt fest, ...

... dass der Tod schon vor seinem Eintreffen eintrat

und ärztliche Hilfeleistung nicht mehr infrage kam.

Das Erstaunliche ist, dass Apel noch die Pistole in der Hand hatte.

Monika Kaiser hat jahrelang die Umstände des Todes untersucht.

Zweifel am Suizid tauchen auf.

Akribisch listet sie Widersprüche auf:

Die Stasi-Untersuchungskommission findet einen veränderten Tatort vor,

der Tote liegt auf einer Liege, die Pistole in der Schublade.

In der Aktentasche ein volles Patronenkästchen.

Nicht eine Kugel fehlt.

Ich glaube, die Frage, ob Apel Selbstmord begangen hat

oder ob er Opfer eines politischen Auftragsmords wurde,

wird man heute nicht mehr 100%ig beantworten können.

Offiziell heißt es:

Ein tragischer Unglücksfall infolge einer Kurzschlusshandlung.

Walter Ulbricht ordnet ein Staatsbegräbnis an.

Danach muss Ehefrau Christa Apel

die Waldsiedlung mit ihrer Tochter verlassen.

Sie hat mir immer erzählt, sie war stolz darauf,

dass Erich Honecker beim Auszug ihr seine Telefonnummer hinterließ

und sagte: "Christa, wenn du irgendwelche Probleme hast,

kannst du mich anrufen."

Christa Apel wird es nie tun.

Und es wird sich auch sonst kein Genosse des Politbüros

bei ihr melden, auch nicht sein "bester Freund" Günter Mittag.

Der macht weiter Karriere.

Günter Mittag wird Apels Jagdhütte übernehmen

und sich einen neuen Jagdfreund suchen: Erich Honecker.

Zweimal die Woche gehen beide gemeinsam zur Jagd.

Bei diesen Treffen ziehen sie die Strippen gegen Walter Ulbricht.

Mit Jagdfreund und Kreml-Chef Leonid Breschnew

trifft sich Honecker schon seit 1965 in der Schorfheide

und sichert sich so langfristig

die Unterstützung für Ulbrichts Entmachtung.

Ende April 1971 kommt es zum Showdown.

Nach ihrer gemeinsamen Rückkehr vom Parteitag in Moskau

erholen sich die Konkurrenten getrennt, Ulbricht in Groß Dölln,

Honecker in seinem Jagdhaus "Wildfang" in der Schorfheide.

Dann fordert Erich Honecker seinen Personenschutz auf,

ihn nach Groß Dölln zu begleiten, mit Maschinenpistolen.

So erinnert sich Markus Wolf, Aufklärungschef der Staatsicherheit,

an den Machtwechsel.

Monika Kaiser findet dafür keine Beweise.

Die Akten von Ulbricht erzählen eine ganz andere Geschichte.

Eigentlich gab es dafür keine Veranlassung,

denn schon 1969 hatte Ulbricht das erste Mal Breschnew mitgeteilt,

dass er nicht mehr lange den Job machen kann als Erster Sekretär.

Damals hatte Breschnew ihm gesagt,

er möge bitte noch bleiben in der Funktion,

denn so kurz nach den Ereignissen der CSSR 1968

wollte Breschnew keinen zweiten Rücktritt haben.

Und Ulbricht versprach zu warten.

Doch jetzt hat "Kronprinz" Honecker die Unterstützung Moskaus.

Seine Intrigen im obersten Machtzirkel sind erfolgreich.

Am 3. Mai 1971

erklärt Ulbricht offiziell seinen Rücktritt.

Der ehemals erste Mann im Staat zieht freiwillig

aus der Waldsiedlung aus

und stirbt zwei Jahre später in Groß Dölln.

Mit diesem Machtwechsel beginnt eine Zeitenwende,

auch in der Waldsiedlung, das sichtbarste Zeichen:

Das sogenannte Ladenkombinat mit all den Verheißungen des Westens.

Ein Warenangebot für jährlich bis zu 8 Mio. D-Mark.

Hier gibt es alles, was es im Alltag der DDR nicht zu kaufen gibt.

Heute spurlos verschwunden,

überdeckt mit einem Bau der Brandenburg-Klinik.

Das ist heute nicht mehr wiederzuerkennen,

der alte Funktionärsshop,

das war ein ebenerdiges Gebäude, zunächst gerade,

später noch ein angebautes Winkelobjekt.

Hier waren ganz zu Anfang Friseur und alles Mögliche drin.

Das Angebot hat sich im Laufe der Jahre deutlich verwestlicht.

Mitte der 1970er wird das sogenannte Ladenkombinat erweitert.

Ebenso das Angebot, selbst Zucker und Mehl kommen nun aus dem Westen.

Schon in der 1960ern gehören West-Waren

im kleineren Umfang zur Sonderversorgung.

Bei Zollkontrollen werden dafür West-Pakete beschlagnahmt.

Pakete, die von West nach Ost gingen, wurden geöffnet

von der Staatssicherheit, es wurde aus den Paketen einiges entwendet,

das tauchte dann im Ladenkombinat wieder auf.

Nach dem Grundlagen-Vertrag mit der Bundesrepublik 1972

ist damit Schluss, die West-Waren müssen anders beschafft werden.

Schon 1965 gründet die Stasi eine eigene Handelsfirma, die LETEX.

Die kauft über Stasi-Mann Alexander Schalck-Golodkowski

die West-Produkte nur für die Waldsiedlung.

Spezialwünsche werden an seine Frau gerichtet,

Sigrid Schalck-Golodkowski.

Ihre "Gruppe Schlegelstraße" fährt, als Privatleute getarnt,

ab 1977 zum Ku'damm und kauft ein.

Kostüme für Margot Honecker, Babyausstattung für Tochter Sonja.

Immer genehmigt vom Stasi-Chef selbst, Erich Mielke.

Besonders umfangreich sind die Akten fürs Haus 11,

das war das "Haus Honecker", wo Sonja Honecker scheinbar

ihre ganze Umstandskleidung und die Erstausstattung fürs Baby

in West-Berlin besorgen lässt.

Das war besonders attraktiv, weil der Umtauschkurs so war,

dass man 1,5 Ostmark für eine Westmark zahlte.

Also das Ladenkombinat war insgesamt eine Einrichtung,

ein Geschäft, das Miese machte, und zwar mit jedem Verkauf.

Inoffiziell war für DDR-Bürger ein Umtauschkurs von 1:10 üblich.

Honeckers Parallelwelt wird davon nicht berührt.

Wann Bernd Brückner seinen Tag in der Waldsiedlung

mit Erich Honecker begann, weiß der Personenschützer heute noch.

Montags 8:30 Uhr, dienstags 7:45 Uhr,

mittwochs 8:30 Uhr, donnerstags 7:45 Uhr,

freitags 8:30 Uhr.

Honeckers Wagen setzt sich vom Haus 11 in Bewegung.

Drei Klopfzeichen ins Mikro,

und die Kolonne am Tor ist zur Abfahrt bereit.

Da wussten wir, der Alte ist eingestiegen,

die rollen los, gleich kommen sie um die Ecke.

Dann starteten wir den Motor,

das Führungsfahrzeug fuhr vorne vor und blockierte den übrigen Verkehr.

Dann wurde von uns ein codierter Funkspruch abgesetzt

und dann fuhren wir ohne Sondersignal in die Stadt.

* wiederholtes Signal *

* unverständlich *

Der Weg von Wandlitz nach Berlin

wird zum Sinnbild der Kluft zwischen Volk und Herrschaft.

Das zeigt sich daran, dass die SED-Führung sich allmählich

immer stärker von den wirklichen Problemen der DDR-Gesellschaft

entfernte, auch in ihrem privaten Lebensstil,

dass sie nicht mehr realisierte, wie sie dort in Wandlitz lebt,

sich weit entfernt auch von ihren proklamierten politischen Zielen.

Es war eine doppelte Abschottung.

Die Abschottung durch den Zaun und die Bewachung,

und die Distanz zur Gesellschaft, man hat die DDR-Gesellschaft

eigentlich nur noch aus den Fenstern der Limousinen wahrgenommen,

mit denen das Politbüro einzeln morgens nach Berlin gefahren wurde.

Und die Begegnungen mit der DDR-Wirklichkeit

waren hochgradig inszeniert und vorbereitet,

so dass dieser Kontakt nach und nach verloren ging.

Insofern hat sich auch Wandlitz verselbständigt.

In die Waldsiedlung zieht 1976

Konrad Naumann, der Berliner SED-Chef,

mit seiner späteren Frau Vera Oelschlegel.

Ins Haus 16, nur eine Stele erinnert noch daran.

Das war allerdings hart.

Das war ein Ghetto, in das man da gesperrt wurde,

noch dazu ein hässliches.

Für die Schauspielerin Vera Oelschlegel

ist die Waldsiedlung eine seelenlose Ansammlung

von Streichholzschachteln mit Dienstboten-Eingang,

ausgestattet mit Einbauschränken und schwarzen Mosaikböden.

Eine fertige Wohnung, nicht nach ihrem Geschmack.

Ihre Nachbarn sind und bleiben ihr fremd:

Erich Mielke und Günter Schabowski.

Man sieht sich und geht sich aus dem Weg.

Jeder hatte sein Lehen und passte auf,

dass der andere ihm nicht in die Suppe spuckt.

Man hatte Angst, sich durch ein Wort oder einen Satz zu verraten.

Es wurden nur Zweckbündnisse geschlossen,

ansonsten isolierte man sich sehr.

Doch auch Naumann und seine Frau arrangieren sich

mit der sozialen Kälte und dem Privilegien-System.

Konrad Naumann wird eines der teuersten Freizeitobjekte

am Parsteiner See für sich bauen lassen,

mit allen Luxus-Raffinessen, an denen es der Waldsiedlung mangelt.

Alles bezahlt auf Staatskosten, ausgeführt von Mielkes Leuten.

In der DDR gab es ein fein gestuftes System

der Privilegien für Kader,

die in verschiedenen Institutionen von Regierung und Partei arbeiteten.

Jede Position war mit bestimmten Kompetenzen,

aber auch mit solchen Privilegien versehen.

Das trifft fürs Politbüro ganz besonders zu.

Zu diesem System gehörte, dass man es nur solange genießen konnte,

wie man Teil dieser Nomenklatura war.

Der Fall Naumann zeigt das sehr deutlich.

Konrad Naumann, seit Jahrzehnten treuer Gefolgsmann Honeckers,

er sieht sich als sein Thronfolger und als unangreifbar.

Der Bezirks-Chef der Berliner SED ist beliebt bei den Arbeitern,

wagt hier und da kritische Worte.

All seine Eskapaden, seine Sauf-Gelage, seine Affären

werden vom Generalsekretär gedeckt, doch mit einer aufmüpfigen Rede

in der Akademie der Gesellschaftswissenschaften

überspannt er den Bogen.

Auf der Politbüro-Sitzung am 5. November 1985

wird er runtergeputzt wie kein Genosse vor ihm.

Nach dieser Politbüro-Sitzung gab es eine wahnsinnige Szene.

Er ging ins Badezimmer,

drehte sämtliche Wasserhähne auf,

stellte das Radio an, zog mich auf den Boden,

setzte sich neben mich und erzählte mir,

dass er nunmehr abgesetzt sei, so ins Ohr.

Das heißt, er wusste, wie sehr das Haus verwanzt ist,

wie sehr alles abgehört worden ist.

Die ganzen Jahre, wo ich da gewohnt habe,

sind wir sozusagen ständig quasi öffentlich gewesen.

Es haben sich bisher keine Belege dafür gefunden,

dass die Waldsiedlung systematisch

von der Staatssicherheit überwacht wurde,

im Sinne von Abhör-Anlagen oder ähnlichem.

Aber ich nehme diesen Befund, die Erzählung von Vera Oelschlegel,

eher als Indiz für das Misstrauen, das in der Waldsiedlung herrschte.

Und die Stasi war ja in der Waldsiedlung schon vor Ort.

Der oberste Chef dieses kleinen Imperiums war Erich Mielke,

die Bediensteten waren angestellte Mitarbeiter

der Staatssicherheit, das ganze Bewachungspersonal.

Die Stasi musste nicht erst nach Wandlitz kommen, die war schon da.

Mit dem Rauswurf aus dem Politbüro verliert Konrad Naumann alles.

Er muss die Freizeitvilla verlassen, seine Dienstwaffe abgeben,

sein Auto, seinen Chauffeur,

und umgehend aus der Waldsiedlung ausziehen.

Die Zeit der Gratulationen, wie hier noch 1978,

bei der das Politbüro in Reih und Glied antritt,

ist endgültig vorbei.

Auch die Frage des Zugangs zum inneren Zirkel der Macht:

Honecker ließ den Mann dann nicht mehr an sich ran.

Naumann wird ins Partei-Archiv nach Potsdam verbannt.

Der geschasste SED-Genosse: eine Persona non grata.

Honecker wird nie wieder ein Wort mit ihm wechseln.