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2020-7 Imported from YouTube, Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens · Precht

Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens · Precht

Hört, hört! Da hat offenbar jemand verstanden, was der Geist ist.

Und dieser jemand hat ein neues Buch herausgebracht. Das macht doch neugierig.

Ich unterbreche meine kleine Videoreihe zur Philosophie des Geistes, um mir dieses Buch mal

genauer anzusehen, in der Hoffnung auf Antworten dazu, »was Geist, Bewusstsein oder Gefühle sind«

und warum Rechenmaschinen sie nicht entwickeln können.

Erstmal, mit der quasi-philosophischen Denkschule Deichkind gefragt: Wer sagt denn das?

Sein Name ist Richard David Precht. 55 Jahre alt, mehrfacher Bestsellerautor,

einmaliger Fernsehpreisträger und das wohl bekannteste Gesichter der deutschen Philosophie

– oder dem, was es davon in die Massenmedien schafft.

Gemein gesagt:

Nun, dass sich jemand aus dem Elfenbeinturm schwingt und versucht, Philosophie auf anderem Wege

als in Form voraussetzungsreicher Fachbücher zu vermitteln, daran habe ich natürlich nichts auszusetzen

– liebes YouTube-Publikum.

In diesem Sinne: Willkommen zu einer philosophischen Buchkritik.

Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens, so der Titel dieses neuen Buchs von Precht.

Große Themen, die der Autor darin bespricht, und doch handelt es sich, als ein Essay von knapp 250 Seiten,

um ein vergleichsweise kleines Werk.

Im Vergleich, zum Beispiel, zu Prechts bis dato dreiteiliger Philosophie-Geschichte mit über 1.800 Seiten,

zu welcher der vierte und letzte Band im nächsten Jahr veröffentlicht wird.

Der Essay über Künstliche Intelligenz (kurz KI) und Lebenssinn ist am 15. Juni 2020

im Goldmann Verlag, mit einem Vorwort vom April dieses Jahres – und ist damit

so aktuell, dass auch die Corona-Krise zur Sprache kommt.

Darin, wie fast alle Lebensbereiche von ihnen betroffen sind, ähneln sich das Virus und die KI gewissermaßen,

was sich in der breiten Palette an Fragen widerspiegelt, die Precht aufwirft und zum Teil beantwortet.

In diesem Beitrag will ich das Buch unter die Lupe nehmen,

mit Fokus auf dem ersten Themenbereich, der KI, und dazu auch ein paar

externe Einsichten zur KI miteinbeziehen. Wie immer gilt: Literaturangaben und Quellen finden sich im Blog.

Der Link zum Skript und eine klickbare Kapitelübersicht zum Video gibt's unten in der Description.

Wird ein etwas längerer Beitrag heute, also... hier erstmal, für Ungeduldige, die Kurzfassung:

Precht hat ein weiteres, leicht verdauliches, gut verständliches, meinungsstarkes Buch verfasst,

das gekonnt mit der Sprache spielt und Spitzen setzt.

Er macht auf wichtige große Themen und kleine Details aufmerksam, bezieht Position,

stellt aktuelle Probleme zur Diskussion und nimmt (wie in »Warum gibt es alles und nicht nichts?«)

mal wieder Bezug auf die Mumins, womit mein Herz immer noch leicht zu gewinnen ist.

Der Fokus des Buchs wird ausdrücklich abgesteckt:

Die zentrale These aus »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« hat Precht in einem Beitrag

für DIE ZEIT prägnant zusammengefasst:

Roboter können keine Moral. Moral lasse sich prinzipiell nicht programmieren und daher werde KI

den Menschen nie in den Schatten stellen.

(Der Mensch kann sich nur selbst in den Schatten stellen, wie das Bild zum Beitrag zeigt.)

Bei einem solchen Buch, das in knapper Form klare Ansagen zu solch kontroversen Themen macht,

da wundert's nicht, dass es auch Angriffsfläche bietet und auf Kritik stößt.

Mich selbst hat die Lektüre stellenweise sehr geärgert – doch dazu gleich mehr.

Banale Sache vorweg: Trotz der Kürze des Essays fällt das Fehlen von Kapitelübersicht, Sach-

und Personenregister bei der näheren Auseinandersetzung mit dem Inhalt als nervig auf.

Das suchende Blättern im Buch ist ohne eigene Lesemarken nicht gerade effizient.

Aber Effizienz ist ja eh so eine Sache, die der Autor eher kritisch betrachtet.

Super Gag. Hat sich gelohnt.

In der Digitalausgabe wird dieser formale Makel durch die Suchfunktion kompensiert,

die E-Book-Reader oder die Blick-ins-Buch-Option bei Amazon zuweilen bereitstellen – ob dabei schon KI

zum Einsatz kommt? Was ist KI überhaupt?

Mit einer Definition seines Kernbegriffs hält sich Prechts Essay nicht lange auf. Der Autor stellt klar:

Das würde natürlich zu weit führen, auch hier.

Den Begriff kurz zu definieren kann trotzdem nicht schaden, damit wir immerhin alle im Bilde sind,

wovon wir im Folgenden reden. Wen das nicht interessiert, einfach ins übernächste Kapitel springen

– denn wir nehmen die Definition in zwei Schritten vor.

Zunächst wollen wir wissen:

Eine allgemeingültige Definition, was Intelligenz ist, die gibt es nicht.

Das macht die Definition von künstlicher Intelligenz nicht einfacher.

Doch wenn auch keine allgemeingültige, so gibt's immerhin ein paar, wie ich finde, gute Definitionen.

2007 erschien ein Artikel mit einer Sammlung von rund 70 Erklärungen zu Intelligenz.

Die Quintessenz davon, in der die Merkmale des Begriffs zusammengefasst sind,

ergibt folgende weit gefasste Definition:

Der englische Begriff »agent« hat im philosophischen Kontext zwei Bedeutungen,

womit wir die Definition ins Deutsche übersetzt so wiedergeben können:

Ziele können alles Mögliche sein, von Zeitvertreib (ein Spiel spielen, 'nen Ball ins Tor schießen),

über sozialen Austausch (einen Kontakt pflegen, einen Artgenossen entlausen)

bis hin zum nackten Überleben (Nahrung finden oder vor Gefahr fliehen).

Das Fundament für eine Welt, in der Ziele verfolgt werden können, ist Information.

Die Geschichte der Intelligenz beginnt mit der Fähigkeit, Informationen zu verschlüsseln.

Eine weitere, enger gefasste Definition stammt von Fatmi und Young und lautet wie folgt:

Soviel zur Intelligenz allgemein. Mit der weit gefassten Definition dürfte Precht gemäß der Argumentation

in seinem Buch nicht übereinstimmen.

Auf den Grund dazu gehe ich im Abschnitt über »Die Intelligenz der Evolution« ein.

Kommen wir zunächst zum zweiten Schritt.

Künstliche Intelligenz ist, wenn Maschinen besagte Fähigkeiten beherrschen,

wobei ein Unterschied zwischen schwacher und starker KI gemacht wird. Ey Alexa, was ist schwache KI?

Das ist schwache KI: Eine künstliche Intelligenz, die auf einen bestimmten Aufgabenbereich beschränkt ist

und (heute noch) schnell an dessen Grenzen gerät. Was ist da gerade passiert?

Meine menschliche Intelligenz hat sich das Ziel gefasst, eine Antwort auf eine Frage zu bekommen.

Dabei habe ich von meiner Fähigkeit Gebrauch gemacht,

die nötigen Informationen zum Erreichen dieses Ziels zu verschlüsseln.

Als Code diente mir die natürliche Sprache.

Das Ding in der Ecke ist mit Mikrofonen ausgestattet und ans Internet angeschlossen,

so dass es mein Gelaber aufzeichnen und an die Cloud schicken kann,

in der eine KI das Ziel verfolgt, den Sprachcode zu entschlüsseln, enthaltene Infos daraufhin auszulesen,

welche Befehle oder Fragen sie liefern und ihrerseits neue Informationen zu verschlüsseln,

die bestenfalls eine richtige Reaktion oder Antwort darstellen.

Klappt mal besser, mal schlechter, wie gerade gehört.

Deshalb steht Alexa in der Ecke: weil sie sich schämen soll. Schwache KI... shame, shame, sh-

Schwache KI ließe sich auch so definieren:

Jede KI, an die wir uns gewöhnt haben – ob Schachcomputer oder Navi – ist schwache KI.

Anders gesagt: Schwache KI ist jede Art von künstlicher Intelligenz, die es bereits gibt.

Bisher kann KI froh sein, keine Gefühle zu haben – denn sonst würde sie wohl wie die Maulende Myrte

ein trauriges Dasein fristen, nur halt eher im PC, statt im WC.

Als Ende der 90er Jahre zum Beispiel erstmals eine KI gegen den menschlichen Weltmeister

im Schach gewann, da stieg nicht etwa unser Respekt vor der KI, sondern es sank unser Ansehen fürs Schach:

Scheint wohl doch kein Spiel für schlaue Leute zu sein, wenn so'n dummer Computer das hinkriegt.

Und dieser Computer ist natürlich allenfalls schwache KI. Noch'n Beispiel!

Wieder weist Precht sehr entschieden darauf hin, wer da was »nicht entfernt« versteht.

Aber hat Precht denn verstanden, was Go ist?

Nicht nur der Computer, sondern auch die Menschen können sich nicht erklären, was sie da tun.

An anderer Stelle schreibt Precht, dass auch »die Qualität von Liebe«

ohne Gefühle nicht erklärbar sei (S. 31) – als wenn sie's mit Gefühlen wäre.

Heißt das nun, ein Computer spürt, welcher Zug der richtige ist? Nein.

Doch er kann Millionen Male gegen sich selbst spielen.

Na ja, wie gesagt: schwache KI. Als starke KI würden wir ein System bezeichnen, dessen intellektuelle Fähigkeiten

an die des Menschen heranreichen oder sie gar überflügeln.

Ist das Aufkommen einer solchen KI in absehbarer Zeit zu erwarten?

Precht meint, die Wahrscheinlichkeit sei »verschwindend gering«. (S. 113)

Aber schauen wir doch in sein Buch erstmal rein.

Zum Auftakt von »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« stellt Precht zwei Linien

oder Bewegungen gegenüber.

Die eine Bewegung wolle den Kapitalismus überwinden und zurück zur belebten Natur.

Die andere Bewegung wolle den Menschen überwinden, mit technischen Mitteln,

und im Zuge dessen die Natur hinter sich lassen.

Die philosophischen Denkrichtungen dazu sind der Transhumanismus und der Posthumanismus,

an denen Precht harsche Kritik übt.

Ein Aspekt des Transhumanismus ist etwa das Enhancement, also die stetige Verbesserung

des Menschen, sei's chirurgisch, technologisch, pharmakologisch... schwierige Themen.

Das ist ja grad' das Geile an der Demokratie.

Precht erzählt, parallel zueinander, die Geschichten besagter Bewegungen – also die des

Umweltbewusstseins in den westlichen Industriestaaten und die des informationstechnischen Fortschritts

durch künstliche Intelligenz.

Den Ausgangspunkt bildet der Dartmouth-Workshop im Jahr 1956.

Das war ein Forschungsprojekt zum Thema Künstliche Intelligenz, im Rahmen dessen dieser Begriff

überhaupt erstmals im akademischen Kontext verwendet wurde.

Die Vermutung, ob Computer in der Lage sein könnten, menschliche Intelligenz nachzuahmen, die wurde

wohlgemerkt schon viel früher gehegt, etwa im 19. Jahrhundert von der Mathematikerin Ada Lovelace.

Unter anderem. Für ein paar Sommerwochen erscheint dieses Ziel aus heutiger Sicht,

gelinde gesagt, etwas überheblich formuliert:

Und was war? Viel mehr als Brainstorming kam nicht dabei rum.

Seitdem sind über sechs Jahrzehnte vergangen, »in denen Maschinen lang und mühevoll« dazulernten,

schreibt Precht.

Klingt nach viel Zeit und wenig Fortschritt, doch wenn wir im Vergleich betrachten würden, wie die Menschen

lang und mühevoll dazulernten, kämen wir auf einen Zeitraum von nicht sechs Jahrzehnten,

sondern mehr als sechzig Jahrtausende, insofern: ja, Maschinen lernen langsam – aber mit dem Menschen

als Maßstab und Vorbild ein Wunder, dass sie überhaupt lernen.

Precht stellt jedenfalls fest, dass es zu wenige Menschen gebe, die sich sowohl um die Umweltfrage

als auch um den technischen Fortschritt durch KI scherten, weshalb zwischen diesen beiden Bewegungen

»die Kluft [...] unserer Zeit« verlaufe. (S. 21)

Da spricht Precht einen relevanten Punkt an, der auch bei einer Fachtagung zum Thema Transhumanismus

im Jahr 2018 schon auf der Tagesordnung stand.

Damals war es Andre Banning, der zu dem Schluss kam:

Der ganze Beitrag ist nachzulesen im Sammelband Designobjekt Mensch, der sich deutlich sachlicher,

aber – klar – auch trockener liest, als Prechts gerne mal polemisierender Essay

über »IT-Gurus und Techno-Utopisten« in einer »Vernunftkrise« (S. 21).

Untergraben wird das ernste Pochen auf die Problematik

in dem Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens«

mal wieder vom konfusen Umgang mit Zahlen und Verweisen.

Darauf gehe ich etwas detaillierter im Blogbeitrag zu diesem Video ein, auch mit ein paar Beispielen.

Die Beispiele kommen direkt aus dem ersten Kapitel – damit war ich früh skeptisch und wachsam gestimmt,

was Prechts weitere Angaben und Argumentation angeht.

Und so sehr mir das Buch insgesamt eine interessante Lektüre war,

so wenig hat mich Precht letztlich für seinen Standpunkt gewonnen – nicht nur, aber auch wegen

solcher formalen Unstimmigkeiten, die nun mal nicht Herzblut und Sorgfalt vermuten lassen,

sondern eher 'ne Blitzrecherche fürs x-te Buch, passt schon.

Prechtige Bilanz!

Nun ist es für seine Bücher nicht ungewöhnlich, dass die Endnoten ein Sammelsurium von Belegen und Links

ganz unterschiedlicher Qualität und Relevanz sind.

Ähnlich etwa in »Jäger, Hirten, Kritiker«, Prechts »Utopie für die digitale Gesellschaft« aus 2018.

Auch in meiner Buchkritik zu seinem Bestseller »Wer bin ich und wenn ja, wie viele?« hatte ich ja

am Umgang mit Fakten und Verweisen rumgekrittelt.

Drum sei dran erinnert, dass auch Prechts neues Buch ja keine wissenschaftliche Abhandlung sein will,

sondern ein Essay – und ein Essay ist, dem Begriff nach, eben ein kurzer Versuch, die eigenen Gedanken

zu einem Thema darzulegen – so, wie es Precht schon seit Jahrzehnten unternimmt.

Ein Thema, das immer zieht und spürbar immer dringender wird, ist das, was uns Menschen

als menschlich auszeichnet – und ob uns diese Merkmale bald streitig gemacht werden könnten.

Es ist die alte Frage der philosophischen Anthropologie: Was ist der Mensch?

2500 Jahre lang habe, so fasst Precht grob vereinfacht zusammen, die Antwort der westlichen Kultur gelautet,

der Mensch sei »das Andere der Natur« – doch Precht erklärt den Menschen (immer noch, wie schon

in »Jäger, Hirten, Kritiker«) zum »Anderen der künstlichen Intelligenz«.

Und während zuvor die Rationalität des Menschen als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben und

idealisiert worden war, macht Precht dasselbe nun mit der Emotionalität des Menschen:

Künstliche Intelligenz hingegen empfinde keine Werte. Was KI alles nicht kann und nicht ist,

darüber wird in diesem Kapitel ausführlich sinniert – im Präsenz, wohlgemerkt.

Dieses Zitat ist selbst zwei Jahrzehnte alt und stammt aus einem Buch von Ray Kurzweil.

Precht kennt es und zitiert auch daraus – jedoch nur, um den Inhalt als Hokuspokus abzutun

und den »Propheten« Kurzweil mit dem Zauberer Merlin zu vergleichen.

Es stimmt, dass Kurzweil viele falsche Vorhersagen gemacht hat.

Doch mit, wenn auch nicht so konkret ausgemalten, Vorhersagen ist Precht selbst

nicht gerade zurückhaltend. Dass etwa seine Gegenwartsbetrachtung trotz besagter Entwicklungen

in der Computertechnik auch noch in 20 Jahren gültig bleiben sollte, da scheint er sich sicher zu sein.

Einen biologischen Grund dafür sieht Precht darin, dass unsere emotionale Seite nicht nur von Affekten

im Gehirn ausginge, sondern auch von unseren Darmbakterien zum Beispiel – dem ganzen

komplexen Organismus, den unser menschlicher Körper bildet. Hinzukämen unsere Erziehung

und viele andere Faktoren, während KI weder Gemeinschaft noch soziale Kultur kenne.

Für unsere Moral heißt das, wie Precht mit Bezug auf Hume, Haidt und Mead schreibt:

So kommt Precht zu seiner These, dass Moral nicht programmierbar sei.

Wenn wir nun von den vielen »großartigen Fähigkeiten« der Menschen so einige schon den Maschinen

beigebracht haben – Lesen, Schreiben, Rechnen, Muster erkennen und Musik komponieren zum Beispiel –

dann bleibt die Frage, welche Fähigkeiten denn wirklich prinzipiell nicht

von Maschinen übernommen werden können.

Für Precht sind es die »stummen« Fähigkeiten, »die uns im Alltag zumeist gar nicht deutlich werden.«

Wieder: Präsenz. Abgesehen davon, dass die Aussage von Donald Knuth über die Gedankenlosigkeit

künstlicher Intelligenz, aus – im KI-Kontext – ferner Vergangenheit stammt, nämlich dem Jahr 1981.

Allerdings: Rund 40 Jahre später sagte Knuth im KI-Podcast mit Lex Fridman vor ein paar Monaten noch,

dass er nach wie vor nichts sehe, das sich dem annähere, was er als »Intelligenz« bezeichnen würde.

Im selben Interview räumt er aber die Möglichkeit ein, dass sich etwas kreieren lässt, ohne es exakt

verstanden zu haben – er selbst als Experte für Informatik tue das andauernd.

Nun bin ich weder Experte für Informatik allgemein, noch fürs Teilgebiet KI – das lässt sich aber, nichts für ungut,

vermutlich auch über Precht sagen.

Mir jedenfalls leuchtet noch nicht ein, weshalb die vergleichsweise kleine »Datenwelt« der KI

nicht irgendwann einen kritischen Punkt hin zur Komplexität unserer Welt überschreiten könnte,

die doch auch gewissermaßen eine Datenwelt ist – selbst, wenn wir gedankenlos in ihr herumtapsen.

Precht unterscheidet zwischen der objektiven Realität, der subjektiven Realität unserer Sinneswahrnehmungen

und der Realität, die wir digital rekonstruieren, damit KI sie auslesen kann, womit es sich dabei stets

um eine »Welt aus dritter Hand« handele.

Nichtsdestotrotz bewegt sich eine solche KI ja durchaus, wie wir, in der objektiven Realität,

und nimmt sie, ähnlich wie wir, irgendwie wahr.

Was sonst macht etwa eine KI, die einen Tes-la im Autopilot-Modus steuert

und mit GPS-System, hochauflösenden Kameras, Laser- und Radar-Sensoren die Umgebung scannt,

statt mit ein paar Augen und Ohren?

Dabei beherrschen »aus Daten lernende Software in Verbindung mit steuerungsfähiger Hardware

den Dreischritt von Erkennen, Erkenntnis und Umsetzung in eine Handlung immer besser«,

wie Thomas Ramge schreibt, im 2018 erschienen Reclam-Heftchen »Mensch und Maschine«:

Das ist beeindruckend,

und es bringt uns zu einem beliebten Thema von Precht: dem autonomen Fahren.

Ob im eingangs erwähnten ZEIT-Artikel, im Saartalk, in dem etwas tendenziösen Beitrag

von »titel thesen temperamente« oder in seiner eigenen Sendung zum Thema KI schon im vergangenen Jahr

– in der Vorbereitungsphase und auf den Promo-Stationen für sein neues Buch,

da durfte das autonome Fahren mal als ausführliches Beispiel, aber doch wenigstens als Stichwort herhalten,

zu der Grenze, die Precht ziehen möchte: Bis hierher und nicht weiter.

Das dazugehörige Beispiel dürfte den meisten bekannt sein.

Ein autonom fahrender Wagen gerät in eine brenzlige Lage, einen unvermeidbaren Unfall.

Die KI im Cockpit muss binnen Sekunden entscheiden, ob sie in das jugendliche Pärchen lenkt,

das gerade sein erstes Date hat, oder die drei nicht mehr ganz so jugendlichen Damen, die ihre Rollatoren

zurück zum Altenheim schieben. Welche Leben sind nun mehr wert?

Ein Mensch würde diese Entscheidung im Falle eines Unfalls gar nicht treffen können,

sondern instinktiv, impulsiv, irgendwie das Lenkrad rumreißen oder auf die Bremse treten.

Eine KI könnte die einen Leben gegen die anderen verrechnen, nach welchen Faktoren auch immer,

und ein rationales Urteil fällen – binnen Millisekunden.

Die Befähigung zu einer solchen Hochrechnung von Lebenswert ist eine »ethische« Programmierung.

Und genau hier sagt Precht: Stopp!

Ein klares »Nein« zu jeder »ethischen« Programmierung sei »die nächstliegende und zugleich

am meisten reflektierte Lösung« (S. 166).

Aber einen Lebensalgorithmus denn?

Entscheidet KI, die medizinische Diagnosen vornimmt oder ein Flugzeug landet – was ja schon vorkommt

– nicht auch über Leben und Tod? Indirekter halt? Obwohl, auch ziemlich direkt... wenn sie's falsch macht.

Ich weiß nicht. So »relativ einfach« finde ich diese Grenze hin zum Richten über Lebensschicksale nicht.

Einen Eindruck davon, wie subtil und fließend der Übergang von segensreicher zu alptraumhafter KI

sein kann, den vermittelt die Schriftstellerin und Techno-Soziologin Zeynep Tufekci in ihrem TED-Talk

über KI-gesteuerte Online-Werbung.

Hab' den Vortrag mal unten verlinkt.

Jenes Dilemma eines unvermeidbar tödlichen Unfalls weiß Precht in seinem Buch natürlich zu lösen,

mit einer simplen, regelbasierten Antwort, die doch »hundertmal besser« sei, als das programmierte

Abschätzen menschlichen Lebens.

Diese Attitüde eigentlich einfacher Antworten zu diesem komplexen Themenbereich zieht sich so durchs Buch.

Precht serviert eine vermeintlich unverrückbare Haltung, die anstelle eigenen Denkens

auch einfach dankend übernommen werden kann:

Wenn Moral aber prinzipiell nicht programmiert ist, dann müsste Precht doch gar nicht davor warnen.

Mich persönlich stimmt es skeptisch, wenn sich ein Philosoph einen so klaren Durchblick zutraut,

wo etliche Fachleute leisere Töne anschlagen.

Ein Fachmann, der eher nicht so leise Töne anschlägt, ist besagter Ray Kurzweil.

Der Erfinder, Futurist und Entwicklungsleiter bei Google versteht gewiss einiges von künstlicher Intelligenz

und dem menschlichen Denken.

Dass er dennoch auf viel Kritik stößt, hängt mit den erwähnten Vorhersagen zusammen,

die er so gerne raushaut.

Wie oft und sehr er mit seinen Thesen daneben liegen kann, das hat die Zeit mittlerweile gezeigt.

Seit 1999, dem Veröffentlichungsjahr von Kurzweils Buch, auf das Precht sich bezieht,

haben sich etliche Vorhersagen als falsch erwiesen. Doch Kurzweil hat ja weitere Bücher geschrieben,

etwa sein umfangreiches Werk »Menschheit 2.0« aus dem Jahr 2005

und »Das Geheimnis des menschlichen Denkens« von 2012, in dem er sehr detailliert und fundiert

Einblicke in das Reserve Engineering gibt, also die Rekonstruktion des menschlichen Gehirns.

Eine solche Einschätzung disqualifiziert Precht eigentlich, überhaupt noch zum Thema KI

angehört zu werden – denn dass sich Kurzweil, bei all seinen wilden Thesen, nicht ernsthaft

mit dem Gehirn beschäftige, scheint mir (mit Prechts Worten) wirklich eine »haltlose Behauptung«.

Im Anschluss an dieses Zitat, auf Seite 70, lässt Precht sich noch weiter über das Wesen von Gehirnen

und das Verhältnis von Körper und Geist aus – und suggeriert mit jedem weiteren Satz,

sehr viel Ahnung von einem Thema zu haben, über das

A) niemand genau Bescheid weiß, weil es noch ungeklärte Fragen der Wissenschaft betrifft, und

B) Precht erst recht wenig zu wissen scheint.

Wie gesagt: Das Thema ist komplex. Was sagt uns das?

Genau – woher dann all die Gewissheiten über Ungewisses? Und damit meine ich nicht einmal

die wirklich belanglosen Gewissheiten, die da manche Zeile füllen. Sätze wie...

Das sind keine Erkenntnisse, sondern Plattitüden,

die von den »Hightech-Visionären« auch gar nicht behauptet werden.

Und eine Schlussfolgerung wie die, dass die Substanzlehre von Descartes »definitiv falsch« sei

und »deshalb« das Bewusstsein nicht in eine Maschine übertragen werden könne (S. 71),

die vermengt dermaßen abwegig neuzeitliche Geistphilosophie und fortwährende Gehirnforschung,

dass der Gehalt dieser Aussage gleich Null ist. Oder? Vielleicht versteh' ich‘s auch einfach nicht

– dann erkläre es mir bitte jemand.

Prechts Motiv hinter solchen Tiraden gegen den »Technofundamentalismus mit Scheuklappen« (S. 77)

ist immerhin nicht subtil zwischen den Zeilen verpackt.

Precht will beruhigen, seine Leser*innen und vielleicht auch sich selbst.

Deshalb pickt er sich auf einem weiten Forschungsfeld die schillerndsten und umstrittensten Figuren heraus

– wie Nick Bostrom oder eben Ray Kurzweil – und reitet ein wenig auf deren Visionen herum.

Doch selbst die Bücher eines Ray Kurzweil sind sehr lehr- und kenntnisreich und längst nicht nur

absurde Spekulationen eines enthusiastischen Optimisten. Dass Precht sich einerseits daran stört,

die »IT-Gurus« würden sich nicht ums Öko-Desaster scheren und dass

der »schwedische Fantast« Nick Bostrom z. B. ein dickes Buch über Superin-telligenz schreiben könne,

ohne die Zerstörung der Umwelt zu erwähnen, aber andererseits selbst ein Buch über KI und

»künftiges Menschsein in einer immer technisierten Welt« zu schreiben, ohne auf Nanotechnik

und Quantencomputer einzugehen, ergibt ein schiefes Bild.

Randnotiz: Am 20. Juli erscheint »Die verwundbare Welt«, ein neues Buch von Bostrom, in dem sich

der schwedische Philosoph tatsächlich mal mit Klimafragen auseinanderzusetzen scheint

– doch das scheint tatsächlich nur so.

Vielmehr handelt es sich um einen 2019 veröffentlichten Fachartikel mit düsteren Zukunftsszenarien,

bei denen das Klima kaum eine Rolle spielt.

Ist einfach zeitgeistig beworben, das 100-Seiten-Büchlein. Zurück zum Thema:

Gerade Kurzweils Menschheit 2.0 gibt thematisch so viel mehr her, was sich kritisieren ließe

– warum erwähnt Precht es nicht einmal, sondern strampelt sich nur an dem Buch

»Die Intelligenz der Evolution ab, das wie gesagt aus den 90er Jahren stammt?

Es ist nicht so, dass Precht das viel gewichtigere Werk »Menschheit 2.0« nicht auf dem Schirm hätte

– er empfiehlt es zumindest in seinem Buch »Jäger, Hirten, Kritiker«.

Ein Grund, weshalb Precht auf dem alten Buch her-umreitet, ist sicher dieses eine Thema, das ihn so stört,

und das in einer neuen Ausgabe so deutlich in den Fokus gerückt ist.

Als dieses Buch am 1. Januar 1999 erschien, da lautete der deutsche Titel »Homo s@piens«.

Trug damals übrigens nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit von Kurzweils Prophezeiungen bei,

dass im Anhang ein Buch über UFOs beworben wurde, aber ok.

2016 wurde dann das gleiche Buch irreführenderweise nochmal unter anderem Titel herausgebracht:

»Die Intelligenz der Evolution«.

Dieser Titel weist auf Kurzweils These hin, dass die Evolution intelligent sei – was Precht so gar nicht passt.

Wenn Darwin (ähnlich wie Adam Smith) die Natur anthropomorphisiert, also als Akteurin vermenschlicht,

indem er schreibt »nature does«, die Natur täte dies und das, dann weiß Precht das zu entschuldigen (S. 99).

Wenn Kurzweil jedoch der Evolution ein Ziel unterstellt und damit scheinbar als handelnde Akteurin beschreibt,

dann wird der Autor beim Wort genommen und durch die Manege gezogen:

Kurzweils Vermenschlichung der Evolution erinnere geradezu an die Bibel.

Darf ich kurz ein Zitat von Kurzweil dagegenhalten, der schreibt:

Kurzweil beschreibt die Evolution nicht als »unendlich intelligent«, sondern gerade intelligent genug,

um den Ball ins Rollen zu bringen. »Dass alles Leben nach mehr und mehr Intelligenz strebt«, so Precht,

das sei ja an Muscheln zum Beispiel nicht abzulesen.

Aber »dass alles Leben nach mehr und mehr Intelligenz strebt«, das behauptet Kurzweil auch nicht.

Und dass er »die Entwicklungsgeschichte selbst zum bewussten Akteur macht« stimmt so auch nicht,

es sei denn, wir nehmen seine Beschreibung der Evolution als »hervorragende Programmiererin« (S. 73)

wirklich wörtlich, was mir nicht ganz fair erscheint – angesichts dessen, dass er die Evolution

einen Satz davor noch als »intelligenten Prozess« beschreibt. Warum nicht das wörtlich nehmen?

Aber nein, Prechts Urteil steht fest:

Wer sich wirklich mit Trans- und Posthumanismus beschäftigen will, sowohl kritisch als auch differenziert,

hier ein paar Buchtipps, die weit mehr hergeben,

als Prechts enger und einseitiger Blick aufs Thema – da wären:

»Trans- und Posthumanismus zur Einführung« von Janina Loh,

»Transhumansimus, die gefährlichste Idee der Welt! ?« von Stefan Lorenz Sorgner,

»Posthumanismus« von Rosi Braidotti und »Kritik des Transhumanismus« von vier Autoren,

die »dem Transhumanismus [nicht] die technologiegeprägte Zukunft

der Gesellschaft überlassen wollen« (S. 11).

Zurück zur Intelligenz der Evolution.

Im Gesamtkontext von Kurzweils Werk erweist sich die Aktivität, die Kurzweil der Evolution zuschreibt,

als genauso wenig von Bewusstsein erfüllt, wie ein aktiver Vulkan weiß, was er tut. Hier sei nochmal

an jene Definition von Intelligenz erinnern, von der ich vorhin meinte, dass Precht damit

nicht übereinstimmen dürfte.

Die wirkende Kraft ist es, der Precht keine Intelligenz zuschreiben würde – Kurzweil hingegen schon.

Nun ist es völlig legitim, gegen Kurzweils Thesen zu argumentieren.

Wenn diese Thesen dabei jedoch auf eine Weise verpackt werden, die Kurzweils Ideen

schlichtweg falsch wiedergeben,

dann läuft die eigene Argumentation auf eine Strohmann-Argumentation hinaus.

Was ein Strohmann-Argument genau ist, dass hat Rezo ja kürzlich noch der FAZ sehr anschaulich erklärt,

das Video mit dem entsprechenden Timecode (24:00) ist unten verlinkt.

Das Evolutionsthema stand schon in besagter Sendung von Precht zur Diskussion, im Oktober 2019.

Da war der KI-Forscher Prof. Jürgen Schmidhuber zu Gast, einer der »mit Abstand wichtigsten« Pioniere

der deutschen KI-Forschung, wie Precht betonte.

Trotzdem prallten Schmidhubers Gedanken zu seinem Fachgebiet am Gastgeber ab.

Zumindest weichen Prechts Ansichten und Thesen aus der Sendung zu dem über ein halbes Jahr später

erschienenen Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« nicht mehr ab.

Stattdessen zitiert er darin seinen Gast Prof. Schmidhuber und nennt dessen Aussage weltfremd.

Wörtlich liest sich das so:

Was denkt Precht denn? Dass 95 Prozent aller KI-Forschung dahin angelegt sei,

Menschenleben kürzer, kränker und schwerer zu machen? Weil das irgendwie im Sinne

der kapitalistisch getriebenen »IT-Gurus« liege?

Es ist schon bemerkenswert, dass Precht seinem Gast erklärt, was eine Ideologie sei.

Er definiert sie im Wesentlichen als »eine einseitige Übertreibung«, mehr zum Ideologie-Begriff

gibt's im letzten Abschnitt des Beitrags »Die Zerstörung des politischen Lebens«, unten verlinkt.

Jedenfalls scheint Precht selbst von einer bestimmten Sicht auf die Welt

ideologisch voreingenommen zu sein.

In Sendeminute 27, da erzählt er:

Na, wenn das so ist, dann darf es natürlich nicht anders sein.

Prechts Faszination für die Natur und speziell für Tiere ist ja seit seinem Buch »Noahs Erbe« aus dem Jahr 2000

schon bekannt. Wenn diese Faszination tatsächlich davon abhängt, dass die Natur selbst keine Intelligenz

bzw. ein wie auch immer definiertes Ziel hat, dann sollte es sich bloß nie als anders herausstellen,

denn sonst hätte die Natur ja nicht Faszinierendes mehr zu bieten – oder wie?

Am Ende gibt es darauf, was »Geist, Bewusstsein und Gefühle« seien, keine Antwort,

die mir ein tieferes Verständnis vom Menschen vermittelt. Wer gerne Precht liest,

wird an diesem Werk trotz allem sicher Gefallen finden – wenn nicht gar wegen all dem,

was ich zu beanstanden hatte.

Womöglich macht ja genau dieses unerschütterliche Selbstbewusstsein Prechts dessen Reiz aus.

Seine Gedanken zum Sinn des Lebens habe ich hier außen vorgelassen,

um nicht noch mehr vorwegzunehmen.

Nur so viel sei gesagt: Hannah Arendts Philosophie zum Lebenssinn hat mir persönlich mehr gegeben.

Abschließend würden mich eure Gedanken zu Prechts Buch

» Künstliche Intelligenz oder der Sinn des Lebens « ...oder? UND der Sinn des Lebens...

Worüber hab' ich geredet, die letzte halbe Stunde?

Abschließend würden mich eure Gedanken zu Prechts Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens«

interessieren – oder auch nur zu den titelgebenden Themen.

Falls jemand noch Tipps hat, welche Links oder Literatur sich zur weiteren Auseinandersetzung

mit KI anbieten, gerne in die Kommentare. In zwei Wochen folgt dann, wieder nach Plan,

der Beitrag zu Descartes' Meditationen über die Ärzte-Philosophie... ÄRZTE-Philosophie.

Descartes' Meditationen über die Ärzte-Philosophie.

Joa... ach komm: Danke für die Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal! Tschüss.


Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens · Precht Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens · Precht Artificial intelligence and the meaning of life - Precht Sztuczna inteligencja i sens życia - Precht

Hört, hört! Hear hear! Da hat offenbar jemand verstanden, was der Geist ist. Apparently someone understood what the spirit is.

Und dieser jemand hat ein neues Buch herausgebracht. And that someone brought out a new book. Das macht doch neugierig. That makes you curious.

Ich unterbreche meine kleine Videoreihe zur Philosophie des Geistes, um mir dieses Buch mal I'm interrupting my little series of videos on philosophy of mind to give me this book

genauer anzusehen, in der Hoffnung auf Antworten dazu, »was Geist, Bewusstsein oder Gefühle sind« to look more closely, hoping for answers to "what mind, consciousness or feelings are"

und warum Rechenmaschinen sie nicht entwickeln können. and why adding machines cannot develop them.

Erstmal, mit der quasi-philosophischen Denkschule Deichkind gefragt: Wer sagt denn das? First of all, with the quasi-philosophical school of thought Deichkind asked: Who says that?

Sein Name ist Richard David Precht. 55 Jahre alt, mehrfacher Bestsellerautor,

einmaliger Fernsehpreisträger und das wohl bekannteste Gesichter der deutschen Philosophie

– oder dem, was es davon in die Massenmedien schafft.

Gemein gesagt:

Nun, dass sich jemand aus dem Elfenbeinturm schwingt und versucht, Philosophie auf anderem Wege Well, that someone swings out of the ivory tower and tries to find another way of philosophy Bem, aquele alguém balança para fora da torre de marfim e tenta encontrar outra forma de filosofia

als in Form voraussetzungsreicher Fachbücher zu vermitteln, daran habe ich natürlich nichts auszusetzen than to convey it in the form of specialized books with a lot of prerequisites, of course I have nothing to complain about do que transmiti-lo na forma de livros especializados com muitos requisitos, é claro que não tenho nada a reclamar

– liebes YouTube-Publikum.

In diesem Sinne: Willkommen zu einer philosophischen Buchkritik.

Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens, so der Titel dieses neuen Buchs von Precht.

Große Themen, die der Autor darin bespricht, und doch handelt es sich, als ein Essay von knapp 250 Seiten,

um ein vergleichsweise kleines Werk.

Im Vergleich, zum Beispiel, zu Prechts bis dato dreiteiliger Philosophie-Geschichte mit über 1.800 Seiten, Em comparação, por exemplo, com a história de filosofia de três partes de Precht com mais de 1.800 páginas,

zu welcher der vierte und letzte Band im nächsten Jahr veröffentlicht wird. para o qual o quarto e último volume será publicado no próximo ano.

Der Essay über Künstliche Intelligenz (kurz KI) und Lebenssinn ist am 15. Juni 2020

im Goldmann Verlag, mit einem Vorwort vom April dieses Jahres – und ist damit

so aktuell, dass auch die Corona-Krise zur Sprache kommt.

Darin, wie fast alle Lebensbereiche von ihnen betroffen sind, ähneln sich das Virus und die KI gewissermaßen,

was sich in der breiten Palette an Fragen widerspiegelt, die Precht aufwirft und zum Teil beantwortet. o que se reflete na ampla gama de questões que Precht levanta e parcialmente responde.

In diesem Beitrag will ich das Buch unter die Lupe nehmen,

mit Fokus auf dem ersten Themenbereich, der KI, und dazu auch ein paar

externe Einsichten zur KI miteinbeziehen. Wie immer gilt: Literaturangaben und Quellen finden sich im Blog. Como sempre, referências e fontes podem ser encontradas no blog.

Der Link zum Skript und eine klickbare Kapitelübersicht zum Video gibt's unten in der Description.

Wird ein etwas längerer Beitrag heute, also... hier erstmal, für Ungeduldige, die Kurzfassung:

Precht hat ein weiteres, leicht verdauliches, gut verständliches, meinungsstarkes Buch verfasst, Precht escreveu outro livro fácil de digerir, fácil de entender e opinativo,

das gekonnt mit der Sprache spielt und Spitzen setzt. que brinca habilmente com a linguagem e dá dicas.

Er macht auf wichtige große Themen und kleine Details aufmerksam, bezieht Position, He draws attention to important big issues and small details, takes a position,

stellt aktuelle Probleme zur Diskussion und nimmt (wie in »Warum gibt es alles und nicht nichts?«)

mal wieder Bezug auf die Mumins, womit mein Herz immer noch leicht zu gewinnen ist. once again reference to the Moomins, with which my heart is still easy to win.

Der Fokus des Buchs wird ausdrücklich abgesteckt:

Die zentrale These aus »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« hat Precht in einem Beitrag

für DIE ZEIT prägnant zusammengefasst:

Roboter können keine Moral. Moral lasse sich prinzipiell nicht programmieren und daher werde KI In principle, morality cannot be programmed and therefore becomes AI

den Menschen nie in den Schatten stellen.

(Der Mensch kann sich nur selbst in den Schatten stellen, wie das Bild zum Beitrag zeigt.)

Bei einem solchen Buch, das in knapper Form klare Ansagen zu solch kontroversen Themen macht,

da wundert's nicht, dass es auch Angriffsfläche bietet und auf Kritik stößt.

Mich selbst hat die Lektüre stellenweise sehr geärgert – doch dazu gleich mehr.

Banale Sache vorweg: Trotz der Kürze des Essays fällt das Fehlen von Kapitelübersicht, Sach- Banal thing in advance: Despite the brevity of the essay, the lack of a chapter overview, factual Coisa banal primeiro: apesar da brevidade do ensaio, a falta de uma visão geral do capítulo, factual

und Personenregister bei der näheren Auseinandersetzung mit dem Inhalt als nervig auf. and register of persons as annoying when examining the content.

Das suchende Blättern im Buch ist ohne eigene Lesemarken nicht gerade effizient. Pesquisar o livro não é exatamente eficiente sem suas próprias marcas de leitura.

Aber Effizienz ist ja eh so eine Sache, die der Autor eher kritisch betrachtet.

Super Gag. Hat sich gelohnt.

In der Digitalausgabe wird dieser formale Makel durch die Suchfunktion kompensiert,

die E-Book-Reader oder die Blick-ins-Buch-Option bei Amazon zuweilen bereitstellen – ob dabei schon KI às vezes fornecem o leitor de e-book ou a opção de olhar em um livro na Amazon - seja IA

zum Einsatz kommt? Was ist KI überhaupt?

Mit einer Definition seines Kernbegriffs hält sich Prechts Essay nicht lange auf. Der Autor stellt klar:

Das würde natürlich zu weit führen, auch hier.

Den Begriff kurz zu definieren kann trotzdem nicht schaden, damit wir immerhin alle im Bilde sind, Definir o termo brevemente não pode machucar, de modo que estamos todos na imagem

wovon wir im Folgenden reden. Wen das nicht interessiert, einfach ins übernächste Kapitel springen

– denn wir nehmen die Definition in zwei Schritten vor.

Zunächst wollen wir wissen:

Eine allgemeingültige Definition, was Intelligenz ist, die gibt es nicht.

Das macht die Definition von künstlicher Intelligenz nicht einfacher.

Doch wenn auch keine allgemeingültige, so gibt's immerhin ein paar, wie ich finde, gute Definitionen.

2007 erschien ein Artikel mit einer Sammlung von rund 70 Erklärungen zu Intelligenz.

Die Quintessenz davon, in der die Merkmale des Begriffs zusammengefasst sind,

ergibt folgende weit gefasste Definition: resulta na seguinte definição ampla:

Der englische Begriff »agent« hat im philosophischen Kontext zwei Bedeutungen,

womit wir die Definition ins Deutsche übersetzt so wiedergeben können:

Ziele können alles Mögliche sein, von Zeitvertreib (ein Spiel spielen, 'nen Ball ins Tor schießen),

über sozialen Austausch (einen Kontakt pflegen, einen Artgenossen entlausen) through social exchange (maintaining a contact, delousing a conspecific) por meio da troca social (manter um contato, despiolhar um membro da mesma espécie)

bis hin zum nackten Überleben (Nahrung finden oder vor Gefahr fliehen). up to bare survival (finding food or fleeing danger). até a sobrevivência nua (encontrar comida ou fugir do perigo).

Das Fundament für eine Welt, in der Ziele verfolgt werden können, ist Information. The foundation for a world in which goals can be pursued is information.

Die Geschichte der Intelligenz beginnt mit der Fähigkeit, Informationen zu verschlüsseln.

Eine weitere, enger gefasste Definition stammt von Fatmi und Young und lautet wie folgt:

Soviel zur Intelligenz allgemein. Mit der weit gefassten Definition dürfte Precht gemäß der Argumentation

in seinem Buch nicht übereinstimmen.

Auf den Grund dazu gehe ich im Abschnitt über »Die Intelligenz der Evolution« ein.

Kommen wir zunächst zum zweiten Schritt.

Künstliche Intelligenz ist, wenn Maschinen besagte Fähigkeiten beherrschen,

wobei ein Unterschied zwischen schwacher und starker KI gemacht wird. em que uma distinção é feita entre IA fraca e forte. Ey Alexa, was ist schwache KI?

Das ist schwache KI: Eine künstliche Intelligenz, die auf einen bestimmten Aufgabenbereich beschränkt ist Isso é IA fraca: uma inteligência artificial que é limitada a uma determinada área de responsabilidade

und (heute noch) schnell an dessen Grenzen gerät. Was ist da gerade passiert?

Meine menschliche Intelligenz hat sich das Ziel gefasst, eine Antwort auf eine Frage zu bekommen.

Dabei habe ich von meiner Fähigkeit Gebrauch gemacht,

die nötigen Informationen zum Erreichen dieses Ziels zu verschlüsseln.

Als Code diente mir die natürliche Sprache.

Das Ding in der Ecke ist mit Mikrofonen ausgestattet und ans Internet angeschlossen,

so dass es mein Gelaber aufzeichnen und an die Cloud schicken kann, so that it can record my talk and send it to the cloud, para que possa gravar minha palestra e enviá-la para a nuvem,

in der eine KI das Ziel verfolgt, den Sprachcode zu entschlüsseln, enthaltene Infos daraufhin auszulesen, em que uma IA busca o objetivo de descriptografar o código da linguagem e, em seguida, ler as informações que ele contém,

welche Befehle oder Fragen sie liefern und ihrerseits neue Informationen zu verschlüsseln,

die bestenfalls eine richtige Reaktion oder Antwort darstellen.

Klappt mal besser, mal schlechter, wie gerade gehört.

Deshalb steht Alexa in der Ecke: weil sie sich schämen soll. That's why Alexa is in the corner: because she should be ashamed. Schwache KI... shame, shame, sh-

Schwache KI ließe sich auch so definieren:

Jede KI, an die wir uns gewöhnt haben – ob Schachcomputer oder Navi – ist schwache KI.

Anders gesagt: Schwache KI ist jede Art von künstlicher Intelligenz, die es bereits gibt.

Bisher kann KI froh sein, keine Gefühle zu haben – denn sonst würde sie wohl wie die Maulende Myrte So far, AI can be happy not to have any feelings - otherwise it would probably be like Moaning Myrtle Até agora, a IA pode ficar feliz por não ter nenhum sentimento - caso contrário, provavelmente seria como Moaning Myrtle

ein trauriges Dasein fristen, nur halt eher im PC, statt im WC.

Als Ende der 90er Jahre zum Beispiel erstmals eine KI gegen den menschlichen Weltmeister No final dos anos 90, por exemplo, pela primeira vez uma IA contra o campeão mundial humano

im Schach gewann, da stieg nicht etwa unser Respekt vor der KI, sondern es sank unser Ansehen fürs Schach:

Scheint wohl doch kein Spiel für schlaue Leute zu sein, wenn so'n dummer Computer das hinkriegt. Não parece um jogo para pessoas inteligentes quando um computador tão estúpido pode fazer isso.

Und dieser Computer ist natürlich allenfalls schwache KI. Noch'n Beispiel!

Wieder weist Precht sehr entschieden darauf hin, wer da was »nicht entfernt« versteht.

Aber hat Precht denn verstanden, was Go ist?

Nicht nur der Computer, sondern auch die Menschen können sich nicht erklären, was sie da tun.

An anderer Stelle schreibt Precht, dass auch »die Qualität von Liebe«

ohne Gefühle nicht erklärbar sei (S. 31) – als wenn sie's mit Gefühlen wäre.

Heißt das nun, ein Computer spürt, welcher Zug der richtige ist? Isso significa que um computador pode sentir qual movimento é o correto? Nein.

Doch er kann Millionen Male gegen sich selbst spielen.

Na ja, wie gesagt: schwache KI. Als starke KI würden wir ein System bezeichnen, dessen intellektuelle Fähigkeiten

an die des Menschen heranreichen oder sie gar überflügeln.

Ist das Aufkommen einer solchen KI in absehbarer Zeit zu erwarten?

Precht meint, die Wahrscheinlichkeit sei »verschwindend gering«. (S. 113)

Aber schauen wir doch in sein Buch erstmal rein.

Zum Auftakt von »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« stellt Precht zwei Linien

oder Bewegungen gegenüber.

Die eine Bewegung wolle den Kapitalismus überwinden und zurück zur belebten Natur. One movement wants to overcome capitalism and return to animate nature.

Die andere Bewegung wolle den Menschen überwinden, mit technischen Mitteln,

und im Zuge dessen die Natur hinter sich lassen.

Die philosophischen Denkrichtungen dazu sind der Transhumanismus und der Posthumanismus,

an denen Precht harsche Kritik übt.

Ein Aspekt des Transhumanismus ist etwa das Enhancement, also die stetige Verbesserung

des Menschen, sei's chirurgisch, technologisch, pharmakologisch... schwierige Themen.

Das ist ja grad' das Geile an der Demokratie.

Precht erzählt, parallel zueinander, die Geschichten besagter Bewegungen – also die des Paralelo um ao outro, Precht conta as histórias de ditos movimentos - isto é, do

Umweltbewusstseins in den westlichen Industriestaaten und die des informationstechnischen Fortschritts Conscientização ambiental nos países industrializados ocidentais e do progresso da tecnologia da informação

durch künstliche Intelligenz.

Den Ausgangspunkt bildet der Dartmouth-Workshop im Jahr 1956.

Das war ein Forschungsprojekt zum Thema Künstliche Intelligenz, im Rahmen dessen dieser Begriff Tratava-se de um projeto de pesquisa sobre o tema inteligência artificial, no contexto do qual este termo

überhaupt erstmals im akademischen Kontext verwendet wurde.

Die Vermutung, ob Computer in der Lage sein könnten, menschliche Intelligenz nachzuahmen, die wurde

wohlgemerkt schon viel früher gehegt, etwa im 19. Lembre-se, estimado muito antes, por volta do dia 19 Jahrhundert von der Mathematikerin Ada Lovelace.

Unter anderem. Für ein paar Sommerwochen erscheint dieses Ziel aus heutiger Sicht, Por algumas semanas de verão, essa meta aparece da perspectiva de hoje,

gelinde gesagt, etwas überheblich formuliert:

Und was war? E o que foi Viel mehr als Brainstorming kam nicht dabei rum.

Seitdem sind über sechs Jahrzehnte vergangen, »in denen Maschinen lang und mühevoll« dazulernten, Mais de seis décadas se passaram desde então, "nas quais as máquinas aprenderam muito e por muito tempo"

schreibt Precht.

Klingt nach viel Zeit und wenig Fortschritt, doch wenn wir im Vergleich betrachten würden, wie die Menschen

lang und mühevoll dazulernten, kämen wir auf einen Zeitraum von nicht sechs Jahrzehnten,

sondern mehr als sechzig Jahrtausende, insofern: ja, Maschinen lernen langsam – aber mit dem Menschen

als Maßstab und Vorbild ein Wunder, dass sie überhaupt lernen.

Precht stellt jedenfalls fest, dass es zu wenige Menschen gebe, die sich sowohl um die Umweltfrage Em qualquer caso, Precht afirma que há muito poucas pessoas que se preocupam tanto com a questão ambiental

als auch um den technischen Fortschritt durch KI scherten, weshalb zwischen diesen beiden Bewegungen bem como o progresso técnico por meio de IA, motivo pelo qual entre esses dois movimentos

»die Kluft [...] unserer Zeit« verlaufe. (S. 21)

Da spricht Precht einen relevanten Punkt an, der auch bei einer Fachtagung zum Thema Transhumanismus

im Jahr 2018 schon auf der Tagesordnung stand.

Damals war es Andre Banning, der zu dem Schluss kam:

Der ganze Beitrag ist nachzulesen im Sammelband Designobjekt Mensch, der sich deutlich sachlicher, Todo o artigo pode ser lido na antologia Design Objekt Mensch, muito mais objetiva,

aber – klar – auch trockener liest, als Prechts gerne mal polemisierender Essay

über »IT-Gurus und Techno-Utopisten« in einer »Vernunftkrise« (S. 21).

Untergraben wird das ernste Pochen auf die Problematik The serious insistence on the problem is undermined

in dem Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens«

mal wieder vom konfusen Umgang mit Zahlen und Verweisen. once again from the confused handling of numbers and references.

Darauf gehe ich etwas detaillierter im Blogbeitrag zu diesem Video ein, auch mit ein paar Beispielen.

Die Beispiele kommen direkt aus dem ersten Kapitel – damit war ich früh skeptisch und wachsam gestimmt, The examples come directly from the first chapter - so I was skeptical and vigilant early on,

was Prechts weitere Angaben und Argumentation angeht. as far as Precht's further information and argumentation is concerned.

Und so sehr mir das Buch insgesamt eine interessante Lektüre war,

so wenig hat mich Precht letztlich für seinen Standpunkt gewonnen – nicht nur, aber auch wegen That is how little Precht won me over to his point of view - not only, but also because of it Foi assim que o pequeno Precht me conquistou para o seu ponto de vista - não só, mas também por causa disso

solcher formalen Unstimmigkeiten, die nun mal nicht Herzblut und Sorgfalt vermuten lassen, tais discrepâncias formais que não sugerem paixão e cuidado,

sondern eher 'ne Blitzrecherche fürs x-te Buch, passt schon.

Prechtige Bilanz! Equilíbrio magnífico!

Nun ist es für seine Bücher nicht ungewöhnlich, dass die Endnoten ein Sammelsurium von Belegen und Links Now it is not unusual for his books that the endnotes are a hodgepodge of evidence and links Agora, não é incomum para seus livros que as notas finais sejam uma mistura de evidências e links

ganz unterschiedlicher Qualität und Relevanz sind.

Ähnlich etwa in »Jäger, Hirten, Kritiker«, Prechts »Utopie für die digitale Gesellschaft« aus 2018. Semelhante, por exemplo, em »Jäger, Hirten, Kritiker«, »Utopia for the digital society« de Precht de 2018.

Auch in meiner Buchkritik zu seinem Bestseller »Wer bin ich und wenn ja, wie viele?« hatte ich ja

am Umgang mit Fakten und Verweisen rumgekrittelt. rabiscado ao lidar com fatos e referências.

Drum sei dran erinnert, dass auch Prechts neues Buch ja keine wissenschaftliche Abhandlung sein will, So it should be remembered that Precht's new book doesn't want to be a scientific treatise either,

sondern ein Essay – und ein Essay ist, dem Begriff nach, eben ein kurzer Versuch, die eigenen Gedanken

zu einem Thema darzulegen – so, wie es Precht schon seit Jahrzehnten unternimmt. sobre um tópico - assim como Precht vem fazendo há décadas.

Ein Thema, das immer zieht und spürbar immer dringender wird, ist das, was uns Menschen

als menschlich auszeichnet – und ob uns diese Merkmale bald streitig gemacht werden könnten.

Es ist die alte Frage der philosophischen Anthropologie: Was ist der Mensch?

2500 Jahre lang habe, so fasst Precht grob vereinfacht zusammen, die Antwort der westlichen Kultur gelautet,

der Mensch sei »das Andere der Natur« – doch Precht erklärt den Menschen (immer noch, wie schon

in »Jäger, Hirten, Kritiker«) zum »Anderen der künstlichen Intelligenz«.

Und während zuvor die Rationalität des Menschen als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben und

idealisiert worden war, macht Precht dasselbe nun mit der Emotionalität des Menschen:

Künstliche Intelligenz hingegen empfinde keine Werte. Was KI alles nicht kann und nicht ist,

darüber wird in diesem Kapitel ausführlich sinniert – im Präsenz, wohlgemerkt.

Dieses Zitat ist selbst zwei Jahrzehnte alt und stammt aus einem Buch von Ray Kurzweil. Esta citação já tem duas décadas e vem de um livro de Ray Kurzweil.

Precht kennt es und zitiert auch daraus – jedoch nur, um den Inhalt als Hokuspokus abzutun Precht sabe disso e também o cita - mas apenas para descartar o conteúdo como um truque

und den »Propheten« Kurzweil mit dem Zauberer Merlin zu vergleichen.

Es stimmt, dass Kurzweil viele falsche Vorhersagen gemacht hat.

Doch mit, wenn auch nicht so konkret ausgemalten, Vorhersagen ist Precht selbst Mas com, se não tão concretamente retratadas, as previsões são o próprio Precht

nicht gerade zurückhaltend. not exactly reluctant. Dass etwa seine Gegenwartsbetrachtung trotz besagter Entwicklungen

in der Computertechnik auch noch in 20 Jahren gültig bleiben sollte, da scheint er sich sicher zu sein.

Einen biologischen Grund dafür sieht Precht darin, dass unsere emotionale Seite nicht nur von Affekten

im Gehirn ausginge, sondern auch von unseren Darmbakterien zum Beispiel – dem ganzen

komplexen Organismus, den unser menschlicher Körper bildet. Hinzukämen unsere Erziehung Then there is our upbringing Depois, há a nossa educação

und viele andere Faktoren, während KI weder Gemeinschaft noch soziale Kultur kenne.

Für unsere Moral heißt das, wie Precht mit Bezug auf Hume, Haidt und Mead schreibt:

So kommt Precht zu seiner These, dass Moral nicht programmierbar sei.

Wenn wir nun von den vielen »großartigen Fähigkeiten« der Menschen so einige schon den Maschinen

beigebracht haben – Lesen, Schreiben, Rechnen, Muster erkennen und Musik komponieren zum Beispiel –

dann bleibt die Frage, welche Fähigkeiten denn wirklich prinzipiell nicht

von Maschinen übernommen werden können.

Für Precht sind es die »stummen« Fähigkeiten, »die uns im Alltag zumeist gar nicht deutlich werden.«

Wieder: Präsenz. Abgesehen davon, dass die Aussage von Donald Knuth über die Gedankenlosigkeit

künstlicher Intelligenz, aus – im KI-Kontext – ferner Vergangenheit stammt, nämlich dem Jahr 1981.

Allerdings: Rund 40 Jahre später sagte Knuth im KI-Podcast mit Lex Fridman vor ein paar Monaten noch,

dass er nach wie vor nichts sehe, das sich dem annähere, was er als »Intelligenz« bezeichnen würde. that he still does not see anything that comes close to what he would call "intelligence". que ele ainda não vê nada que se aproxime do que ele chamaria de "inteligência".

Im selben Interview räumt er aber die Möglichkeit ein, dass sich etwas kreieren lässt, ohne es exakt

verstanden zu haben – er selbst als Experte für Informatik tue das andauernd.

Nun bin ich weder Experte für Informatik allgemein, noch fürs Teilgebiet KI – das lässt sich aber, nichts für ungut,

vermutlich auch über Precht sagen.

Mir jedenfalls leuchtet noch nicht ein, weshalb die vergleichsweise kleine »Datenwelt« der KI Em qualquer caso, ainda não faz sentido para mim por que o comparativamente pequeno "mundo de dados" da IA

nicht irgendwann einen kritischen Punkt hin zur Komplexität unserer Welt überschreiten könnte,

die doch auch gewissermaßen eine Datenwelt ist – selbst, wenn wir gedankenlos in ihr herumtapsen. que também é, até certo ponto, um mundo de dados - mesmo que andemos às apalpadelas sem pensar.

Precht unterscheidet zwischen der objektiven Realität, der subjektiven Realität unserer Sinneswahrnehmungen

und der Realität, die wir digital rekonstruieren, damit KI sie auslesen kann, womit es sich dabei stets and the reality that we digitally reconstruct so that AI can read it out, whatever it is e a realidade que reconstruímos digitalmente para que a IA possa lê-la, seja ela qual for

um eine »Welt aus dritter Hand« handele. a "third-hand world".

Nichtsdestotrotz bewegt sich eine solche KI ja durchaus, wie wir, in der objektiven Realität, No entanto, tal IA se move, como fazemos, na realidade objetiva,

und nimmt sie, ähnlich wie wir, irgendwie wahr.

Was sonst macht etwa eine KI, die einen Tes-la im Autopilot-Modus steuert

und mit GPS-System, hochauflösenden Kameras, Laser- und Radar-Sensoren die Umgebung scannt, e faz a varredura do ambiente com um sistema GPS, câmeras de alta resolução, sensores a laser e radar,

statt mit ein paar Augen und Ohren?

Dabei beherrschen »aus Daten lernende Software in Verbindung mit steuerungsfähiger Hardware

den Dreischritt von Erkennen, Erkenntnis und Umsetzung in eine Handlung immer besser«,

wie Thomas Ramge schreibt, im 2018 erschienen Reclam-Heftchen »Mensch und Maschine«:

Das ist beeindruckend,

und es bringt uns zu einem beliebten Thema von Precht: dem autonomen Fahren.

Ob im eingangs erwähnten ZEIT-Artikel, im Saartalk, in dem etwas tendenziösen Beitrag Whether in the ZEIT article mentioned at the beginning, in the Saartalk, in the somewhat tendentious contribution Seja no artigo ZEIT mencionado no início, no Saartalk, na contribuição um tanto tendenciosa

von »titel thesen temperamente« oder in seiner eigenen Sendung zum Thema KI schon im vergangenen Jahr

– in der Vorbereitungsphase und auf den Promo-Stationen für sein neues Buch,

da durfte das autonome Fahren mal als ausführliches Beispiel, aber doch wenigstens als Stichwort herhalten,

zu der Grenze, die Precht ziehen möchte: Bis hierher und nicht weiter.

Das dazugehörige Beispiel dürfte den meisten bekannt sein.

Ein autonom fahrender Wagen gerät in eine brenzlige Lage, einen unvermeidbaren Unfall. An autonomously driving car is in a precarious position, an inevitable accident. Um carro que dirige autonomamente está em uma posição precária, um acidente inevitável.

Die KI im Cockpit muss binnen Sekunden entscheiden, ob sie in das jugendliche Pärchen lenkt, The AI in the cockpit has to decide within seconds whether to steer into the young couple A IA no cockpit tem que decidir em segundos se vai dirigir-se ao jovem casal

das gerade sein erstes Date hat, oder die drei nicht mehr ganz so jugendlichen Damen, die ihre Rollatoren

zurück zum Altenheim schieben. Welche Leben sind nun mehr wert?

Ein Mensch würde diese Entscheidung im Falle eines Unfalls gar nicht treffen können,

sondern instinktiv, impulsiv, irgendwie das Lenkrad rumreißen oder auf die Bremse treten.

Eine KI könnte die einen Leben gegen die anderen verrechnen, nach welchen Faktoren auch immer, Um AI pode compensar uma vida contra a outra, com base em quaisquer fatores,

und ein rationales Urteil fällen – binnen Millisekunden.

Die Befähigung zu einer solchen Hochrechnung von Lebenswert ist eine »ethische« Programmierung. A capacidade de extrapolar o valor da vida dessa forma é uma programação "ética".

Und genau hier sagt Precht: Stopp!

Ein klares »Nein« zu jeder »ethischen« Programmierung sei »die nächstliegende und zugleich Um claro "não" a qualquer programação "ética" é "o mais óbvio e ao mesmo tempo

am meisten reflektierte Lösung« (S. 166).

Aber einen Lebensalgorithmus denn?

Entscheidet KI, die medizinische Diagnosen vornimmt oder ein Flugzeug landet – was ja schon vorkommt Decide IA que faz diagnósticos médicos ou pousa um avião - o que já acontece

– nicht auch über Leben und Tod? Indirekter halt? Obwohl, auch ziemlich direkt... wenn sie's falsch macht.

Ich weiß nicht. So »relativ einfach« finde ich diese Grenze hin zum Richten über Lebensschicksale nicht.

Einen Eindruck davon, wie subtil und fließend der Übergang von segensreicher zu alptraumhafter KI Uma impressão de quão sutil e fluida é a transição de IA abençoada para pesadelo

sein kann, den vermittelt die Schriftstellerin und Techno-Soziologin Zeynep Tufekci in ihrem TED-Talk

über KI-gesteuerte Online-Werbung.

Hab' den Vortrag mal unten verlinkt.

Jenes Dilemma eines unvermeidbar tödlichen Unfalls weiß Precht in seinem Buch natürlich zu lösen, Precht naturalmente sabe como resolver esse dilema de um acidente inevitavelmente fatal em seu livro,

mit einer simplen, regelbasierten Antwort, die doch »hundertmal besser« sei, als das programmierte

Abschätzen menschlichen Lebens.

Diese Attitüde eigentlich einfacher Antworten zu diesem komplexen Themenbereich zieht sich so durchs Buch.

Precht serviert eine vermeintlich unverrückbare Haltung, die anstelle eigenen Denkens Precht serviu a uma atitude supostamente imóvel em vez de seu próprio pensamento

auch einfach dankend übernommen werden kann:

Wenn Moral aber prinzipiell nicht programmiert ist, dann müsste Precht doch gar nicht davor warnen.

Mich persönlich stimmt es skeptisch, wenn sich ein Philosoph einen so klaren Durchblick zutraut, Pessoalmente, fico cético quando um filósofo se atreve a ter uma perspectiva tão clara

wo etliche Fachleute leisere Töne anschlagen. where quite a few experts strike a quieter note. onde vários especialistas tocam tons mais baixos.

Ein Fachmann, der eher nicht so leise Töne anschlägt, ist besagter Ray Kurzweil. O referido Ray Kurzweil é um especialista que tende a não jogar tão suavemente.

Der Erfinder, Futurist und Entwicklungsleiter bei Google versteht gewiss einiges von künstlicher Intelligenz

und dem menschlichen Denken.

Dass er dennoch auf viel Kritik stößt, hängt mit den erwähnten Vorhersagen zusammen,

die er so gerne raushaut. que ele gosta de tirar.

Wie oft und sehr er mit seinen Thesen daneben liegen kann, das hat die Zeit mittlerweile gezeigt.

Seit 1999, dem Veröffentlichungsjahr von Kurzweils Buch, auf das Precht sich bezieht, Since 1999, the year Kurzweil's book was published to which Precht refers,

haben sich etliche Vorhersagen als falsch erwiesen. Doch Kurzweil hat ja weitere Bücher geschrieben,

etwa sein umfangreiches Werk »Menschheit 2.0« aus dem Jahr 2005

und »Das Geheimnis des menschlichen Denkens« von 2012, in dem er sehr detailliert und fundiert

Einblicke in das Reserve Engineering gibt, also die Rekonstruktion des menschlichen Gehirns.

Eine solche Einschätzung disqualifiziert Precht eigentlich, überhaupt noch zum Thema KI Such an assessment actually disqualifies Precht, even on the subject of AI

angehört zu werden – denn dass sich Kurzweil, bei all seinen wilden Thesen, nicht ernsthaft

mit dem Gehirn beschäftige, scheint mir (mit Prechts Worten) wirklich eine »haltlose Behauptung«.

Im Anschluss an dieses Zitat, auf Seite 70, lässt Precht sich noch weiter über das Wesen von Gehirnen

und das Verhältnis von Körper und Geist aus – und suggeriert mit jedem weiteren Satz,

sehr viel Ahnung von einem Thema zu haben, über das

A) niemand genau Bescheid weiß, weil es noch ungeklärte Fragen der Wissenschaft betrifft, und A) Ninguém sabe exatamente porque se trata de questões científicas não respondidas, e

B) Precht erst recht wenig zu wissen scheint.

Wie gesagt: Das Thema ist komplex. Was sagt uns das?

Genau – woher dann all die Gewissheiten über Ungewisses? Exatamente - de onde vêm todas as certezas sobre o desconhecido? Und damit meine ich nicht einmal

die wirklich belanglosen Gewissheiten, die da manche Zeile füllen. as certezas realmente insignificantes que preenchem algumas linhas. Sätze wie...

Das sind keine Erkenntnisse, sondern Plattitüden,

die von den »Hightech-Visionären« auch gar nicht behauptet werden.

Und eine Schlussfolgerung wie die, dass die Substanzlehre von Descartes »definitiv falsch« sei E uma conclusão como essa de que a teoria da substância de Descartes está "definitivamente errada".

und »deshalb« das Bewusstsein nicht in eine Maschine übertragen werden könne (S. 71),

die vermengt dermaßen abwegig neuzeitliche Geistphilosophie und fortwährende Gehirnforschung, que mistura uma filosofia espiritual tão absurdamente moderna e uma pesquisa contínua do cérebro,

dass der Gehalt dieser Aussage gleich Null ist. Oder? Vielleicht versteh' ich‘s auch einfach nicht

– dann erkläre es mir bitte jemand.

Prechts Motiv hinter solchen Tiraden gegen den »Technofundamentalismus mit Scheuklappen« (S. 77)

ist immerhin nicht subtil zwischen den Zeilen verpackt.

Precht will beruhigen, seine Leser*innen und vielleicht auch sich selbst.

Deshalb pickt er sich auf einem weiten Forschungsfeld die schillerndsten und umstrittensten Figuren heraus É por isso que ele escolhe as figuras mais coloridas e controversas de um amplo campo de pesquisa

– wie Nick Bostrom oder eben Ray Kurzweil – und reitet ein wenig auf deren Visionen herum.

Doch selbst die Bücher eines Ray Kurzweil sind sehr lehr- und kenntnisreich und längst nicht nur

absurde Spekulationen eines enthusiastischen Optimisten. Dass Precht sich einerseits daran stört, Que Precht incomoda por um lado,

die »IT-Gurus« würden sich nicht ums Öko-Desaster scheren und dass os "gurus de TI" não se importariam com o desastre ecológico e que

der »schwedische Fantast« Nick Bostrom z. B. ein dickes Buch über Superin-telligenz schreiben könne,

ohne die Zerstörung der Umwelt zu erwähnen, aber andererseits selbst ein Buch über KI und

»künftiges Menschsein in einer immer technisierten Welt« zu schreiben, ohne auf Nanotechnik

und Quantencomputer einzugehen, ergibt ein schiefes Bild.

Randnotiz: Am 20. Juli erscheint »Die verwundbare Welt«, ein neues Buch von Bostrom, in dem sich

der schwedische Philosoph tatsächlich mal mit Klimafragen auseinanderzusetzen scheint o filósofo sueco realmente parece lidar com as questões climáticas

– doch das scheint tatsächlich nur so.

Vielmehr handelt es sich um einen 2019 veröffentlichten Fachartikel mit düsteren Zukunftsszenarien,

bei denen das Klima kaum eine Rolle spielt.

Ist einfach zeitgeistig beworben, das 100-Seiten-Büchlein. O livreto de 100 páginas é simplesmente anunciado de forma contemporânea. Zurück zum Thema:

Gerade Kurzweils Menschheit 2.0 gibt thematisch so viel mehr her, was sich kritisieren ließe

– warum erwähnt Precht es nicht einmal, sondern strampelt sich nur an dem Buch - por que Precht nem mesmo menciona isso, apenas luta com o livro

»Die Intelligenz der Evolution ab, das wie gesagt aus den 90er Jahren stammt?

Es ist nicht so, dass Precht das viel gewichtigere Werk »Menschheit 2.0« nicht auf dem Schirm hätte Não é que Precht não tivesse a obra muito mais pesada »Menschheit 2.0« em sua tela

– er empfiehlt es zumindest in seinem Buch »Jäger, Hirten, Kritiker«.

Ein Grund, weshalb Precht auf dem alten Buch her-umreitet, ist sicher dieses eine Thema, das ihn so stört, Uma das razões pelas quais Precht anda por aí com o livro antigo é certamente este tópico que o incomoda tanto,

und das in einer neuen Ausgabe so deutlich in den Fokus gerückt ist. e isso entrou em foco tão claramente em uma nova edição.

Als dieses Buch am 1. Januar 1999 erschien, da lautete der deutsche Titel »Homo s@piens«.

Trug damals übrigens nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit von Kurzweils Prophezeiungen bei,

dass im Anhang ein Buch über UFOs beworben wurde, aber ok.

2016 wurde dann das gleiche Buch irreführenderweise nochmal unter anderem Titel herausgebracht:

»Die Intelligenz der Evolution«.

Dieser Titel weist auf Kurzweils These hin, dass die Evolution intelligent sei – was Precht so gar nicht passt.

Wenn Darwin (ähnlich wie Adam Smith) die Natur anthropomorphisiert, also als Akteurin vermenschlicht, Quando Darwin (como Adam Smith) antropomorfiza a natureza, ou seja, humaniza-a como ator,

indem er schreibt »nature does«, die Natur täte dies und das, dann weiß Precht das zu entschuldigen (S. 99).

Wenn Kurzweil jedoch der Evolution ein Ziel unterstellt und damit scheinbar als handelnde Akteurin beschreibt, No entanto, quando Kurzweil assume um objetivo de evolução e, portanto, aparentemente o descreve como um ator interino,

dann wird der Autor beim Wort genommen und durch die Manege gezogen: então, o autor é levado ao pé da letra e arrastado pelo anel:

Kurzweils Vermenschlichung der Evolution erinnere geradezu an die Bibel.

Darf ich kurz ein Zitat von Kurzweil dagegenhalten, der schreibt: Posso responder brevemente a isso com uma citação de Kurzweil, que escreve:

Kurzweil beschreibt die Evolution nicht als »unendlich intelligent«, sondern gerade intelligent genug,

um den Ball ins Rollen zu bringen. para fazer a bola rolar. »Dass alles Leben nach mehr und mehr Intelligenz strebt«, so Precht,

das sei ja an Muscheln zum Beispiel nicht abzulesen.

Aber »dass alles Leben nach mehr und mehr Intelligenz strebt«, das behauptet Kurzweil auch nicht.

Und dass er »die Entwicklungsgeschichte selbst zum bewussten Akteur macht« stimmt so auch nicht,

es sei denn, wir nehmen seine Beschreibung der Evolution als »hervorragende Programmiererin« (S. 73)

wirklich wörtlich, was mir nicht ganz fair erscheint – angesichts dessen, dass er die Evolution

einen Satz davor noch als »intelligenten Prozess« beschreibt. Warum nicht das wörtlich nehmen?

Aber nein, Prechts Urteil steht fest:

Wer sich wirklich mit Trans- und Posthumanismus beschäftigen will, sowohl kritisch als auch differenziert,

hier ein paar Buchtipps, die weit mehr hergeben,

als Prechts enger und einseitiger Blick aufs Thema – da wären:

»Trans- und Posthumanismus zur Einführung« von Janina Loh,

»Transhumansimus, die gefährlichste Idee der Welt! ?« von Stefan Lorenz Sorgner,

»Posthumanismus« von Rosi Braidotti und »Kritik des Transhumanismus« von vier Autoren,

die »dem Transhumanismus [nicht] die technologiegeprägte Zukunft o »transumanismo [não] o futuro moldado pela tecnologia

der Gesellschaft überlassen wollen« (S. 11).

Zurück zur Intelligenz der Evolution.

Im Gesamtkontext von Kurzweils Werk erweist sich die Aktivität, die Kurzweil der Evolution zuschreibt,

als genauso wenig von Bewusstsein erfüllt, wie ein aktiver Vulkan weiß, was er tut. Hier sei nochmal

an jene Definition von Intelligenz erinnern, von der ich vorhin meinte, dass Precht damit

nicht übereinstimmen dürfte.

Die wirkende Kraft ist es, der Precht keine Intelligenz zuschreiben würde – Kurzweil hingegen schon. É a força ativa à qual Precht não atribuiria inteligência - Kurzweil, por outro lado, sim.

Nun ist es völlig legitim, gegen Kurzweils Thesen zu argumentieren.

Wenn diese Thesen dabei jedoch auf eine Weise verpackt werden, die Kurzweils Ideen No entanto, se essas teses forem empacotadas de uma forma, as ideias de Kurzweil

schlichtweg falsch wiedergeben, simplesmente reproduza incorretamente,

dann läuft die eigene Argumentation auf eine Strohmann-Argumentation hinaus.

Was ein Strohmann-Argument genau ist, dass hat Rezo ja kürzlich noch der FAZ sehr anschaulich erklärt,

das Video mit dem entsprechenden Timecode (24:00) ist unten verlinkt.

Das Evolutionsthema stand schon in besagter Sendung von Precht zur Diskussion, im Oktober 2019.

Da war der KI-Forscher Prof. Jürgen Schmidhuber zu Gast, einer der »mit Abstand wichtigsten« Pioniere O convidado foi o pesquisador de IA, Prof. Jürgen Schmidhuber, um dos “de longe mais importantes” pioneiros

der deutschen KI-Forschung, wie Precht betonte.

Trotzdem prallten Schmidhubers Gedanken zu seinem Fachgebiet am Gastgeber ab. No entanto, os pensamentos de Schmidhuber sobre sua área de especialização foram refletidos pelo anfitrião.

Zumindest weichen Prechts Ansichten und Thesen aus der Sendung zu dem über ein halbes Jahr später

erschienenen Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens« nicht mehr ab.

Stattdessen zitiert er darin seinen Gast Prof. Schmidhuber und nennt dessen Aussage weltfremd. Em vez disso, ele cita seu convidado, o Prof. Schmidhuber, e chama sua declaração de não mundana.

Wörtlich liest sich das so:

Was denkt Precht denn? Dass 95 Prozent aller KI-Forschung dahin angelegt sei, Que 95 por cento de todas as pesquisas de IA visam

Menschenleben kürzer, kränker und schwerer zu machen? Weil das irgendwie im Sinne

der kapitalistisch getriebenen »IT-Gurus« liege?

Es ist schon bemerkenswert, dass Precht seinem Gast erklärt, was eine Ideologie sei.

Er definiert sie im Wesentlichen als »eine einseitige Übertreibung«, mehr zum Ideologie-Begriff

gibt's im letzten Abschnitt des Beitrags »Die Zerstörung des politischen Lebens«, unten verlinkt.

Jedenfalls scheint Precht selbst von einer bestimmten Sicht auf die Welt

ideologisch voreingenommen zu sein.

In Sendeminute 27, da erzählt er: No minuto 27, ele diz:

Na, wenn das so ist, dann darf es natürlich nicht anders sein.

Prechts Faszination für die Natur und speziell für Tiere ist ja seit seinem Buch »Noahs Erbe« aus dem Jahr 2000

schon bekannt. Wenn diese Faszination tatsächlich davon abhängt, dass die Natur selbst keine Intelligenz

bzw. ein wie auch immer definiertes Ziel hat, dann sollte es sich bloß nie als anders herausstellen,

denn sonst hätte die Natur ja nicht Faszinierendes mehr zu bieten – oder wie?

Am Ende gibt es darauf, was »Geist, Bewusstsein und Gefühle« seien, keine Antwort,

die mir ein tieferes Verständnis vom Menschen vermittelt. Wer gerne Precht liest,

wird an diesem Werk trotz allem sicher Gefallen finden – wenn nicht gar wegen all dem, certamente vai gostar deste trabalho apesar de tudo - senão por tudo isso,

was ich zu beanstanden hatte.

Womöglich macht ja genau dieses unerschütterliche Selbstbewusstsein Prechts dessen Reiz aus. Talvez seja precisamente essa autoconfiança inabalável que torna Precht tão atraente.

Seine Gedanken zum Sinn des Lebens habe ich hier außen vorgelassen, Eu deixei de fora seus pensamentos sobre o significado da vida aqui,

um nicht noch mehr vorwegzunehmen. para não antecipar ainda mais.

Nur so viel sei gesagt: Hannah Arendts Philosophie zum Lebenssinn hat mir persönlich mehr gegeben. Basta dizer: a filosofia de Hannah Arendt sobre o sentido da vida deu-me mais pessoalmente.

Abschließend würden mich eure Gedanken zu Prechts Buch Concluindo, seus pensamentos sobre o livro de Precht

» Künstliche Intelligenz oder der Sinn des Lebens « ...oder? UND der Sinn des Lebens...

Worüber hab' ich geredet, die letzte halbe Stunde?

Abschließend würden mich eure Gedanken zu Prechts Buch »Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens«

interessieren – oder auch nur zu den titelgebenden Themen.

Falls jemand noch Tipps hat, welche Links oder Literatur sich zur weiteren Auseinandersetzung

mit KI anbieten, gerne in die Kommentare. In zwei Wochen folgt dann, wieder nach Plan, Em duas semanas, novamente de acordo com o plano,

der Beitrag zu Descartes' Meditationen über die Ärzte-Philosophie... ÄRZTE-Philosophie.

Descartes' Meditationen über die Ärzte-Philosophie.

Joa... ach komm: Danke für die Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal! Tschüss.