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YouTube | GERMANIA, Faisal Kawusi über Diskriminierung im Show-Business, Clubtüren und Comedy-Anfang

Faisal Kawusi über Diskriminierung im Show-Business, Clubtüren und Comedy-Anfang

.

Denkst du, ich bin erfolgreich, weil ich so talentiert bin?

Nein, ich bin erfolgreich, weil ich ein großer, dicker Afghane bin.

Diskriminierung ist der Grund, warum ich erfolgreich bin.

*Titelmelodie*

Mein Name ist Faisal Kawusi, ich bin 28 Jahre alt.

Bin in der Nähe von Frankfurt am Main aufgewachsen,

wohne mittlerweile in Köln und habe afghanische Wurzeln.

Ich bin Stand-up-Comedian.

Bei meiner Mutter ist das Schlimmste, was passieren kann,

dass einer nicht satt wird oder dass ihm das Essen nicht schmeckt.

Das ist so worst case für meine Mutter.

Das ist eine Seite von Afghanistan, die kein Mensch in Deutschland kennt.

Aber wir haben echt geiles Essen.

Ich muss sagen, ich meine, von klein auf hatte ich deutsche Kumpels,

und wenn ich da zum Essen war, ließ das ziemlich zu wünschen übrig.

Da gab's dann irgendwie für 4 Personen

ein Fischfilet und Kartoffeln.

So ein Fischfilet habe ich allein gegessen. Mein Bruder genauso.

Ich war voll geschockt, was ist das denn?

Dann war ich mal zu Weihnachten eingeladen und dachte,

boah Alter, das ist Weihnachten.

Das ist der deutsche Feiertag, der christliche Feiertag,

das große Finale des Jahres -

da packen die Deutschen den Schwanz auf den Tisch.

Es wird richtig das Essen ausgepackt, jetzt geht's zur Sache.

Habe extra den ganzen Tag nichts gegessen,

okay, heute Abend geben wir Gas.

Und dann kam ich dahin,

und dann gab es da Wurst und Kartoffelsalat.

Und ich war so enttäuscht. (Lacht)

Das Image von Weihnachten ist für mich für alle Zeit,

bröckelt das jetzt.

Ich werde ab jetzt immer,

wenn ich von jemandem zu Weihnachten eingeladen werde,

Cheeseburger in der Tasche haben,. Weil du weißt nicht, was passiert.

Wenn ich Teppiche sehe, fühle ich mich immer wohl.

Ich bin mit Teppichen aufgewachsen.

Bin es gewohnt, auf einem Teppich zu sitzen,

einfach im Schneidersitz auf dem Boden.

Wenn früher die Family zusammenkam, hatte nicht jeder einen Sitzplatz.

Dann hockt man sich auf den Boden.

In Afghanistan gab es gar keine genauen Sitzplätze.

Dann nimmst du Teppich, drumherum sind Matratzen,

da hockst du dich drauf und unterhältst dich.

Deswegen ist das immer für mich ein Stückweit zu Hause.

Auch Picknicke. Wenn wir früher Picknick waren,

hat jeder einen Teppich mitgebracht, dann hatten wir eine riesige Fläche.

Und dann wurde erst gegrillt, danach hat man Musik gemacht und getanzt.

Das war immer ein lustiges Bild.

Auf dem Grillplatz ganz viele Menschen, ganz viele Familien,

und die Afghanen packen die Musikinstrumente aus.

Und dann wird gesungen und getanzt.

Ja, ich verbinde das immer mit zu Hause.

Als ich angefangen habe mit der Comedy, war das keine große Bühne.

Habe dann irgendwie bei einer offenen Bühne in Frankfurt

damals angerufen und gefragt, ob ich auftreten kann.

Sie haben gesagt, ja, komm vorbei.

Und bin ich dort hingegangen und dann waren da 7 Zuschauer.

Meine 2 Geschwister, 4 Angestellte

und ein Taxifahrer, der Pause gemacht hat.

Und der ist auch noch mittendrin gegangen, so richtig entwürdigend.

Richtig ins Gesicht gespuckt, du bist scheiße.

Ich bin dort aufgetreten,

habe Blut geleckt, weil ich dachte, das ist geil.

Aber habe dann erfahren, dass es ein SM-Szenetreff ist.

Als der Besitzer zu mir kam und meinte, hey, super Auftritt, blabla,

mir hast du gefallen und einer meiner Frauen hast du auch gut gefallen.

Und ich so: Was? Was meinst du, wie viele Frauen hast du denn?

Dann sagt er: 4.

Ich so: Bist du auch Moslem, oder was?

Und er: Nee, wir sind hier ein SM-Szeneclub,

wir teilen und dies und das.

Und dann war ich erst mal so verwirrt.

Ich war damals 20, noch sehr jung.

Und dann sitze ich dort, und dieser Key Moment war,

als er dann, dieser Typ, da saß

und neben ihm auf den Boden eine junge Dame mit einem Hundehalsband,

legt ihren kurz auf seinen Schoß und er streichelt ihn.

Das war wie in einem Bösewicht-Film,

wo der Typ dann sagt, ich habe Sie erwartet.

Dann habe ich's gecheckt, wow, shit Alter.

Das war schön. Ich werde ihnen immer dankbar sein,

dass sie mir diese Bühne geboten haben.

Ich war, vor einem Jahr ziemlich genau war das,

habe ich eine Show gehabt in München,

und ein alter Freund von mir,

den ich von der Schule kenne, wohnt jetzt dort.

Dann habe ich gesagt, komm vorbei, komm zur Show,

und danach machen wir uns noch einen schönen Abend.

Dann sind wir in einen Club und dann standen wir an der Tür

und der Türsteher sagt zu mir den Standardsatz,

den ich schon so oft gehört habe, der löst bei mir Vietnam-Flashbacks aus:

"Heute nur Gästeliste."

Ich dachte so: Fick dich Gästeliste, erzähl mir keinen Schweiß.

Ich weiß genau, was abgeht.

Du hast mich abgecheckt, hast einen Kanaken gesehen

und einfach selbst für dich entschieden: nein.

Ich habe mich dann verabschiedet mit den Worten:

"Alles klar, ihr Narren."

Es ist so entwürdigend, wenn du als erwachsener Mensch dich zurechtmachst

und dann fährst du dahin, stehst dort Schlange an der Tür,

und dann kommst du dran und dann wirst du von irgend so einem Typen

voll so beobachtet, abgecheckt,

und dann hörst du halt ein "nein, du kommst nicht rein."

Wir sind Kanaks, für uns ist das alles immer schwierig.

Deswegen waren wir auch immer so rausgeputzt.

Wir waren immer angezogen,

als würden wir zu einer Mafia-Weihnachtsfeier gehen,

weil wir so schick wie möglich aussehen wollten,

damit wir irgendwie reinkommen.

Deswegen habe ich irgendwann angefangen, mit denen zu sprechen.

Einfach 3-5 Wörter oder Sätze raushauen.

Weil dann hat der gecheckt, wenn er nicht ein Arschloch war,

hat er gecheckt, okay, der Typ ist cool, der macht keinen Stress,

der kann sich ausdrücken - komm rein, viel Spaß.

Hat aber auch nicht jedes Mal fasziniert.

Das Showbusiness,

also diskriminierender könnte etwas nicht sein als das Showbusiness.

Ich habe halt Glück, ich bin auf der Sonnenseite.

Aber es wird immer danach geguckt,

okay, wir brauchen noch einen Kanaken,

okay, wir brauchen noch eine hübsche Frau,

okay, wir brauchen noch einen Transsexuellen.

Die sind auch immer gerne gesehen.

Ich bin aber der Glückliche.

Weil lange Zeit war der Kanaken-Komiker immer der Türke.

Das war sehr interessant.

Kaya und Bülent haben das Ding ausgeschlachtet.

Und der ist jetzt ein bisschen langweilig geworden, der Türke.

Und dann kommt da plötzlich so ein großer, dicker, vollbärtiger Afghane,

ein Typ, optisch,

und dann sagen die: Ja, super, jetzt ist er dran.

Für mich ist es natürlich super. Ich habe Spaß.

Ich werde auch niemals, in der aktuellen Zeit,

niemals irgendeine Primetime-Sendung

auf einem großen deutschen Sender moderieren. Niemals.

Weil du siehst auch bei den großen Sendern niemals ein Kanaken-Gesicht.

Sei es "Dancing on Ice" oder "Let's Dance" oder "Dschungelcamp".

Dass immer die Deutschen.

Fernsehen v.a. wird ja für die Zuschauer gemacht.

Und unter den Zuschauern

ist halt leider der eine oder andere Rechte dabei.

Das ist einfach so, das ist die Wahrheit.

Und für die wird u.a. auch Fernsehen gemacht.

Damit man die nicht verliert, guckt man halt,

dass da nicht zu viel Kanake mit drin ist.

Showbusiness Alter, mehr Diskriminierung geht kaum.

*Titelmelodie*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2019)

Ich habe euch von meinen Erfahrungen erzählt, wie es ist,

als Kanake an der Clubtür zu stehen und wie man da diskriminiert wird.

Wenn ihr Erfahrungen habt, wenn ihr erzählen könnt,

was euch da teilweise passiert ist - Leute, wir wollen das wissen.

Schreibt es in die Kommentare. Ich lese mir alles durch. Wallah.


Faisal Kawusi über Diskriminierung im Show-Business, Clubtüren und Comedy-Anfang Faisal Kawusi on discrimination in show business, club doors and comedy beginnings Faisal Kawusi sulla discriminazione nel mondo dello spettacolo, sulle porte dei club e sugli inizi della comicità

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Denkst du, ich bin erfolgreich, weil ich so talentiert bin?

Nein, ich bin erfolgreich, weil ich ein großer, dicker Afghane bin.

Diskriminierung ist der Grund, warum ich erfolgreich bin.

*Titelmelodie*

Mein Name ist Faisal Kawusi, ich bin 28 Jahre alt.

Bin in der Nähe von Frankfurt am Main aufgewachsen,

wohne mittlerweile in Köln und habe afghanische Wurzeln.

Ich bin Stand-up-Comedian.

Bei meiner Mutter ist das Schlimmste, was passieren kann,

dass einer nicht satt wird oder dass ihm das Essen nicht schmeckt.

Das ist so worst case für meine Mutter.

Das ist eine Seite von Afghanistan, die kein Mensch in Deutschland kennt.

Aber wir haben echt geiles Essen.

Ich muss sagen, ich meine, von klein auf hatte ich deutsche Kumpels,

und wenn ich da zum Essen war, ließ das ziemlich zu wünschen übrig.

Da gab's dann irgendwie für 4 Personen

ein Fischfilet und Kartoffeln.

So ein Fischfilet habe ich allein gegessen. Mein Bruder genauso.

Ich war voll geschockt, was ist das denn?

Dann war ich mal zu Weihnachten eingeladen und dachte,

boah Alter, das ist Weihnachten.

Das ist der deutsche Feiertag, der christliche Feiertag,

das große Finale des Jahres -

da packen die Deutschen den Schwanz auf den Tisch.

Es wird richtig das Essen ausgepackt, jetzt geht's zur Sache.

Habe extra den ganzen Tag nichts gegessen,

okay, heute Abend geben wir Gas.

Und dann kam ich dahin,

und dann gab es da Wurst und Kartoffelsalat.

Und ich war so enttäuscht. (Lacht)

Das Image von Weihnachten ist für mich für alle Zeit,

bröckelt das jetzt.

Ich werde ab jetzt immer,

wenn ich von jemandem zu Weihnachten eingeladen werde,

Cheeseburger in der Tasche haben,. Weil du weißt nicht, was passiert.

Wenn ich Teppiche sehe, fühle ich mich immer wohl.

Ich bin mit Teppichen aufgewachsen.

Bin es gewohnt, auf einem Teppich zu sitzen,

einfach im Schneidersitz auf dem Boden.

Wenn früher die Family zusammenkam, hatte nicht jeder einen Sitzplatz.

Dann hockt man sich auf den Boden.

In Afghanistan gab es gar keine genauen Sitzplätze.

Dann nimmst du Teppich, drumherum sind Matratzen,

da hockst du dich drauf und unterhältst dich.

Deswegen ist das immer für mich ein Stückweit zu Hause.

Auch Picknicke. Wenn wir früher Picknick waren,

hat jeder einen Teppich mitgebracht, dann hatten wir eine riesige Fläche.

Und dann wurde erst gegrillt, danach hat man Musik gemacht und getanzt.

Das war immer ein lustiges Bild.

Auf dem Grillplatz ganz viele Menschen, ganz viele Familien,

und die Afghanen packen die Musikinstrumente aus.

Und dann wird gesungen und getanzt.

Ja, ich verbinde das immer mit zu Hause.

Als ich angefangen habe mit der Comedy, war das keine große Bühne.

Habe dann irgendwie bei einer offenen Bühne in Frankfurt

damals angerufen und gefragt, ob ich auftreten kann.

Sie haben gesagt, ja, komm vorbei.

Und bin ich dort hingegangen und dann waren da 7 Zuschauer.

Meine 2 Geschwister, 4 Angestellte

und ein Taxifahrer, der Pause gemacht hat.

Und der ist auch noch mittendrin gegangen, so richtig entwürdigend.

Richtig ins Gesicht gespuckt, du bist scheiße.

Ich bin dort aufgetreten,

habe Blut geleckt, weil ich dachte, das ist geil.

Aber habe dann erfahren, dass es ein SM-Szenetreff ist.

Als der Besitzer zu mir kam und meinte, hey, super Auftritt, blabla,

mir hast du gefallen und einer meiner Frauen hast du auch gut gefallen.

Und ich so: Was? Was meinst du, wie viele Frauen hast du denn?

Dann sagt er: 4.

Ich so: Bist du auch Moslem, oder was?

Und er: Nee, wir sind hier ein SM-Szeneclub,

wir teilen und dies und das.

Und dann war ich erst mal so verwirrt.

Ich war damals 20, noch sehr jung.

Und dann sitze ich dort, und dieser Key Moment war,

als er dann, dieser Typ, da saß

und neben ihm auf den Boden eine junge Dame mit einem Hundehalsband,

legt ihren kurz auf seinen Schoß und er streichelt ihn.

Das war wie in einem Bösewicht-Film,

wo der Typ dann sagt, ich habe Sie erwartet.

Dann habe ich's gecheckt, wow, shit Alter.

Das war schön. Ich werde ihnen immer dankbar sein,

dass sie mir diese Bühne geboten haben.

Ich war, vor einem Jahr ziemlich genau war das,

habe ich eine Show gehabt in München,

und ein alter Freund von mir,

den ich von der Schule kenne, wohnt jetzt dort.

Dann habe ich gesagt, komm vorbei, komm zur Show,

und danach machen wir uns noch einen schönen Abend.

Dann sind wir in einen Club und dann standen wir an der Tür

und der Türsteher sagt zu mir den Standardsatz,

den ich schon so oft gehört habe, der löst bei mir Vietnam-Flashbacks aus:

"Heute nur Gästeliste."

Ich dachte so: Fick dich Gästeliste, erzähl mir keinen Schweiß.

Ich weiß genau, was abgeht.

Du hast mich abgecheckt, hast einen Kanaken gesehen

und einfach selbst für dich entschieden: nein.

Ich habe mich dann verabschiedet mit den Worten:

"Alles klar, ihr Narren."

Es ist so entwürdigend, wenn du als erwachsener Mensch dich zurechtmachst

und dann fährst du dahin, stehst dort Schlange an der Tür,

und dann kommst du dran und dann wirst du von irgend so einem Typen

voll so beobachtet, abgecheckt,

und dann hörst du halt ein "nein, du kommst nicht rein."

Wir sind Kanaks, für uns ist das alles immer schwierig.

Deswegen waren wir auch immer so rausgeputzt.

Wir waren immer angezogen,

als würden wir zu einer Mafia-Weihnachtsfeier gehen,

weil wir so schick wie möglich aussehen wollten,

damit wir irgendwie reinkommen.

Deswegen habe ich irgendwann angefangen, mit denen zu sprechen.

Einfach 3-5 Wörter oder Sätze raushauen.

Weil dann hat der gecheckt, wenn er nicht ein Arschloch war,

hat er gecheckt, okay, der Typ ist cool, der macht keinen Stress,

der kann sich ausdrücken - komm rein, viel Spaß.

Hat aber auch nicht jedes Mal fasziniert.

Das Showbusiness,

also diskriminierender könnte etwas nicht sein als das Showbusiness.

Ich habe halt Glück, ich bin auf der Sonnenseite.

Aber es wird immer danach geguckt,

okay, wir brauchen noch einen Kanaken,

okay, wir brauchen noch eine hübsche Frau,

okay, wir brauchen noch einen Transsexuellen.

Die sind auch immer gerne gesehen.

Ich bin aber der Glückliche.

Weil lange Zeit war der Kanaken-Komiker immer der Türke.

Das war sehr interessant.

Kaya und Bülent haben das Ding ausgeschlachtet.

Und der ist jetzt ein bisschen langweilig geworden, der Türke.

Und dann kommt da plötzlich so ein großer, dicker, vollbärtiger Afghane,

ein Typ, optisch,

und dann sagen die: Ja, super, jetzt ist er dran.

Für mich ist es natürlich super. Ich habe Spaß.

Ich werde auch niemals, in der aktuellen Zeit,

niemals irgendeine Primetime-Sendung

auf einem großen deutschen Sender moderieren. Niemals.

Weil du siehst auch bei den großen Sendern niemals ein Kanaken-Gesicht.

Sei es "Dancing on Ice" oder "Let's Dance" oder "Dschungelcamp".

Dass immer die Deutschen.

Fernsehen v.a. wird ja für die Zuschauer gemacht.

Und unter den Zuschauern

ist halt leider der eine oder andere Rechte dabei.

Das ist einfach so, das ist die Wahrheit.

Und für die wird u.a. auch Fernsehen gemacht.

Damit man die nicht verliert, guckt man halt,

dass da nicht zu viel Kanake mit drin ist.

Showbusiness Alter, mehr Diskriminierung geht kaum.

*Titelmelodie*

Untertitel: ARD Text im Auftrag von Funk (2019)

Ich habe euch von meinen Erfahrungen erzählt, wie es ist,

als Kanake an der Clubtür zu stehen und wie man da diskriminiert wird.

Wenn ihr Erfahrungen habt, wenn ihr erzählen könnt,

was euch da teilweise passiert ist - Leute, wir wollen das wissen.

Schreibt es in die Kommentare. Ich lese mir alles durch. Wallah.