×

We use cookies to help make LingQ better. By visiting the site, you agree to our cookie policy.


image

2021 from Youtube, Terrassenreinigung für 5.000 Euro: Die neue Abzockmasche der Familie Goman

Terrassenreinigung für 5.000 Euro: Die neue Abzockmasche der Familie Goman

Sie kommen, um zu reinigen.

Terrassensteine oder Dachziegel.

"Läuft, Jungs, läuft läuft." Manche verlangen dafür Mondpreise.

Gerne auch mit Vorkasse.

Ihre Opfer: Gutgläubige Senioren.

"Ich habe mein Leben lang gearbeitet, habe gespart.

Vorbei."

Die mutmaßlichen Abzocker stammen aus perfekt organisierten

Familienverbänden. Unter Verdacht auch Mitglieder der Familie Goman.

"Wo ist denn das ganze Geld hin?" Zum ersten Mal packt jetzt ein Insider

aus. Einer, der früher selbst mitmachte.

"Das Geschäftsmodell sieht so aus: Schnell, mit wenig Arbeit,

viel Geld kassieren."

So viel, dass einige von ihnen im Internet mit ihrem Reichtum prahlen.

Die Geschäfte auch mit der Steinreinigung: sie laufen offenbar bombig.

Heute gekauft, zwei Porsche.

Wir kontaktieren eine der Reinigungsfirmen und filmen

mit versteckter Kamera.

"Soll ich das auch aufrechnen?"

Eine Methode, die deutschlandweit funktioniert, mit Banden, die

nebenbei Hartz IV kassieren.

Auch Christel Richter aus Löbejün in Sachsen-Anhalt ist eines der

Opfer. Im vergangenen Jahr will die 82-Jährige ihre

kleine Terrasse auf Vordermann bringen.

Die beauftragte Firma veranschlagt dafür Kosten von 2.500

Euro. Den Großteil wollen die Handwerker gleich am ersten

Tag kassieren.

"Er wollte ein eine Vorkasse haben und die

hab ich dann auch rausgegeben." "Wieviel war das?"

"2.000 Euro für dieses kleine

Stückchen. Das sind 16 Quadratmeter.

Einige Platten sind locker und ich wollte,

dass die Platten rausgenommen werden und frisch

festgemacht werden, dass das alles wieder schmuck ist.

Aber dann sind sie nicht wiedergekommen.".

Gerade mal zweieinhalb Stunden

hatten die Männer die Steine mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt.

"Ich hab mein Leben lang gearbeitet.

Ich musste immer sparen, wenn ich irgendwas Neues kaufen wollte

oder irgendeine größere Sache hier am Haus gemacht werden musste.

Wir mussten immer sehen, dass wir das Geld auch haben.

Jetzt kommen die Leute und nehmen uns das Geld ab."

Die Rentnerin wurde durch eine Beilage in der Tageszeitung auf die Firma

Schubert aufmerksam.

Als sie sich wegen der nicht erbrachten Leistung beschweren will, wird

sie zunächst vertröstet.

Wenig später ist die Nummer nicht mehr erreichbar.

Spurensuche in der Reideburgerstraße in Halle.

Hier ist die Firma Schubert offiziell gemeldet.

Doch es gibt weder ein Firmenschild noch einen Briefkasten.

Nachfrage beim Nachbarn.

"Schönen guten Tag!

Wir sind von SPIEGEL TV. Wir suchen eine Firma Schubert." "Firma

Schubert?" "Gartenservice,

Hausseervice, rund ums Haus...

Schubert?

Steinreinigungen Schubert?

Nie gehört?" "Nie gehört." "Die haben aber auf ihren Flyern diese

Adresse angegeben." "Ehrlich? Nee,

wir sind Servicebetrieb für Gabelstapler."

Als Frau Richter sich an die Polizei wendet, ist sie nur ein Fall

von vielen. Inzwischen stapeln sich bei der Staatsanwaltschaft

Halle kistenweise Akten mit ähnlichen Vorfällen.

"Ja, Sie sehen hier die Ermittlungsarbeit von 8 Monaten, mindestens 8

Monaten, die die Polizei geliefert hat.

Die verdächtigen Firmen werden wohl bereits mit dem Vorsatz gegründet,

mögliche Spuren zu verwischen.

"Das Gewerbe wird unter falscher Adresse angemeldet.

Dann werden Flyer für dieses Gewerbe gedruckt.

Auch die dort angegebenen Rufnummern sind alles

Fake-Nummern, die umgeroutet werden.

Also ein Kunde hat niemals die Chance in

Regress zu gehen oder eine Anschrift zu haben.

Handwerksrolle ist falsch, Gewerbeanmeldung ist falsch, Telefonnummern

sind falsch, Adresse ist falsch, sodass die versprochenen Gewährleistung

überhaupt nicht durch den Kunden in Anspruch genommen werden können."

In ganz Deutschland schießen Dutzende solcher Unternehmen mit diversen

Dienstleistungsangebot aus dem Boden.

Vor allem Gewerbe für Haus- und Gartenservice, Stein- und Teppichreinigung

oder Dachziegelsäuberung.

Ist eine Region abgegrast, verschwinden die Firmen wieder von der

Bildfläche.

Zum ersten Mal spricht jetzt ein Insider aus der unsauberen

Reinigungsbranche. Jahrelang gehörte der Mann zum innersten Zirkel

einer bekannten Roma-Familie.

Glaubt man seinen Aussagen, gibt es zahlreiche Clans, die ihren

Lebensunterhalt mit der Abzock-Nummer verdienen.

"Da fahren hunderte von Autos jeden Morgen los und versuchen

irgendwie Geld zu verdienen." "Hunderte Autos?" "Hunderte Autos.

Naja, wenn eine Familie zum Beispiel, eine Familie hat 25

Mitglieder, davon sind, sagen wir jetzt z.B.

15 Männer.

Und das ist nur bei einer Familie.

Jetzt nochmal mal 10 bei 10 Familien, haben Sie schon 100 Autos.

Und das sind noch nicht 10 Familien. Da sind 40, 50, 60 Familien teilweise

in einer Stadt."

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft in Halle gegen zahlreiche

Mitglieder der Familie Goman und ihrem näheren Umfeld.

Hier feiert der Clan während der Corona-Verordnungen mit Freunden

und Bekannten eine Party.

Mit dabei: Sozialhilfeempfänger Kolorado Stephan, 28.

Dem talentierten Tänzer und VW-Touran-Fahrer wird Banden

und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen.

Bis vor kurzem saß er in der JVA Halle in U-Haft.

Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner David Goman.

Nach Erkenntnissen der Ermittler begingen sie gemeinsam etliche

Straftaten. In ersten Vernehmungen haben beide die Vorwürfe

eingeräumt. Ein kleiner Auszug aus dem Haftbefehlen.

Am 8. September sollen sie mit einem Kunden eine Einfahrt, Reinigung

mit Moos, Entfernung, tiefen Reinigung und eine Imprägnierung zu

einem Gesamtpreis von 1500 Euro vereinbart haben.

Tatsächlich erfolgte wohl nur eine oberflächliche Reinigung.

Zwei Tage später soll Stefan an einem Gebäude Fassadenreinigung,

Tiefenreinigung und eine Imprägnierung für 3.300 Euro

erledigen.

Auch in diesem Fall erfolgte nach Aussagen der Ermittler lediglich eine

oberflächliche Reinigung.

In diesem Stil können innerhalb von drei Tagen Aufträge in Höhe von 16

000 Euro abgeschlossen werden.

Alle Arbeiten werden laut Ermittlern nicht annähernd fachgerecht

ausgeführt.

Am 12. März wird David Goman, hier in Begleitung seines Rechtsanwaltes,

aus der Untersuchungshaft entlassen, weil er eine Kaution von 15.000

Euro hinterlegen konnte.

Versuch einer Nachfrage.

"Wo haben Sie denn das Geld her für die Kaution?

Haben Sie kein schlechtes Gewissen die alten Leute ausgenommen zu haben?

Wie viel Geld haben Sie denn mit dieser betrügerischen Masche verdient?"

"Im Prozess selber wird sich das alles klären."

"Wie finden Sie das moralisch, was Ihr Mandant da macht?"

"Das ist so ähnlich wie mit dem Arzt. Der operiert auch jeden,

egal was er gemacht hat.

Deshalb ist meine Rolle in diesem Verfahren ein ganz anderes, nämlich die

Garantie, dass ein rechtsstaatliches Verfahren stattfindet.

Der Rest muss einfach bei Gericht geklärt werden.

Das hat nichts damit zu tun, dass ich in irgendeiner Form Partei für meine

Mandanten ergreife oder dagegen bin.

Das ist halt eine Rolle, die man hat als Anwalt.

Bitte gerne"

"Auf schriftliche Fragen antwortet uns die verantwortliche Kanzlei nicht.

Doch klar scheint, die mutmaßlichen Abzocker gehen skrupellos

vor.

"Gezielt nur ältere Herrschaften, weil die sich halt eben auf diese auf...

Darauf einlassen, die vergleichen keine Preise.

Die forschen nicht im Internet nach ne.

Sind auch immer zufrieden, wenn man bar bezahlt, was ja eigentlich zu 99

Prozent machen. Da wird alles in bar abgerechnet.

So, und Jüngere machen das eben nicht.

Jüngere Menschen, die holen sich ein Gegenangebot rein, informieren sich

über die Firma, lassen sich erstmal mal ein schriftliches Angebot geben,

bevor sie auf irgendetwas anderes eingehen."

Mit dieser Masche sind zahlreiche Geschäftemacher bundesweit auf

Beutetour. Auch in Otterbach nahe Kaiserslautern sind sie

aktiv. Ihr Opfer: die 72-jährige Rentnerin Angelika

Steidel. Wie immer beginnt alles mit einem Werbeflyer in der lokalen

Zeitung.

"Auf dem Prospekt steht 'Frühlingsaktion.

30 prozent Rabatt für Neukunden auf

alle Arbeiten.

Ab heute. 4 Tage gültig.' Und da war

das Wochenende dazwischen.

Deshalb habe ich gleich angerufen bei dieser Firma,

damit ich den Rabatt noch bekommen." "Das ist ja auch Teil der Masche

wahrscheinlich..." "Ja, das ist Teil der Masche."

Bemerkenswert: Der Flyer in der Pfalz ist fast identisch

mit dem Exemplar aus dem sachsen-anhaltischen Betrugsfall, hier

rechts: gleiche Fotos, selbes Design.

Nur Name und Nummer sind anders.

Und auch der Modus Operandi ist ähnlich: Vorkasse in bar.

Während die Mitarbeiter Arbeit vortäuschen, übt der Chef Druck aus.

"Der eine Mann hat gesagt, er wäre Chef.

Das war der Herr Kullmann, angeblicher Kohlmann.

Und der hat gesagt 'Aber Sie müssen jetzt auf die Bank und müssen das Geld

holen, weil wenn sie das Geld nicht gleich

bezahlen, dann machen wir nicht weiter."

Steinreinigung läuft. Die Firmen versprechen jahrelange Garantien

und Gewährleistung. Doch wie immer ist alles heiße Luft

bzw. Wasser, vermischt mit Sand.

"Die Steine sollten imprägniert werden mit einem Spezialsand.

Nach 14 Tagen kam schon das Unkraut.

Also war es ganz normaler Spielstand, wo die hier

ausgestreut haben." Statt solidem Handwerk gibt

es billigen Sand für die Buddelkiste.

5.000 Euro einfach futsch.

Frei Haus sind nur die Drohungen des Chefs.

"Die haben gesagt, sie gehen nicht eher weg, bis sie das Geld haben.

Und dann habe ich natürlich auch etwas Angst bekommen und hab

gedacht 'Oh Gott, die werden doch uns nichts antun wollen'.

Und wie gesagt, ich habe dann das Geld dem gegeben und die

haben es auch quittiert und, aber alles

andere ist ausgeblieben."

Der angebliche Herr Kullmann und seine angebliche Firma sind angeblich

an zwei Adressen im Umland gemeldet.

Doch weit gefehlt. An der Adresse in Neustadt: kein Briefkasten

und kein Firmenschild.

Und der vermeintliche Sitz der Firma in Kaiserslautern?

Hier also soll der Haus- und Gartenservice des Herrn Kullmann sein.

Nachfrage bei den Nachbarn.

"Haben Sie diese Firma schon einmal gesehen?" "Die Firma?" "Ja.

Eine Firma für Haus- und Gartenarbeiten." "Nein."

"Haben Sie die hier in diesem Haus schon mal gesehen?"

"Nein, tut mir leid."

Natürlich wollte auch Frau Steidel ihr Geld zurück.

Doch als sie es versuchte, hieß es: kein Anschluss unter dieser Nummer.

Bitter für die alte Dame.

"Ja, es hat schon weh getan mit dem Geld.

Ich mein, 5.000 Euro, das ist schon ein Stück, ein Stück Geld.

Und das hat mich auch ein paar Nächte gekostet,

bis ich drüber weggekommen bin.

Das war ja ein Verlust."

Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Kaiserslautern sind drei weitere

mögliche Betrugsfälle durch die Firma Kullmann anhängig.

Man vermutet dahinter ein organisiertes Netzwerk.

"Es sieht so aus, dass es eine größere Tätergruppe ist, die in wechselnder

Besetzung auftritt, und zwar

nicht nur hier, sondern sondern vielleicht bundesweit, jedenfalls auch in

anderen Bundesländern.

Da steckt eine Masche dahinter, die an verschiedenen Orten

angewendet wird."

Zurück zum Insider, der selbst jahrelang gut mit dem Abzock-Business

verdiente.

Er kennt die Gewinnmargen der abgeschottet agierenden Familien.

"Wo der Dachdecker auf Stunden vielleicht 400 Euro

nimmt, nehmen die teilweise 1.800, 2.000 Euro

1.500, so dass sie halt genug Geld verdienen, um mehr Luxus zu

finanzieren." "Was heißt 'Luxus finanzieren'?" "Luxus heißt,

Goldketten, Rolex-Uhren, AMGs,

Autos für hunderttausende Euro.

Farraris werden da gekauft. Da fahren junge Leute, die gerade 18,19

sind, fahren da Autos, die sich mancher Arzt noch nicht leisten kann."

Einige zeigen gerne, was sie haben.

Protzen im Internet offen mit teuren Uhren, Bargeld und Luxus

Lifestyle.

Bei Champagner und Würstchen wird ein Liedchen angestimmt.

Besungen wird der schnöde Mammon.

Einer der Angeber ist der Facebook-User "Chefo Kray".

Hinter dem Pseudonym verbirgt sich wohl ein Bruder des Beschuldigten

Kolorado Stephan. Zitat: "Steinreinigung läuft."

Ein Zentrum der mutmaßlichen Tätergruppierung ist das Ruhrgebiet.

Auch der kürzlich aus der U-Haft entlassene David Goman lebt hier.

In Gladbeck besitzt er laut Ermittlungsakten dieses

Reihenhaus. Auch eine zweite Immobilie in Herne soll ihm gehören.

Vermietet sind die Wohnungen größtenteils an die liebe Verwandtschaft.

Wie praktisch, da das Jobcenter die Miete zahlt.

Dann gibt es einen, der bekommt nicht vom Jobcenter.

Der versucht dann über Papiere - gefälschte Papiere, hat er

offiziell ein Einkommen, wo einer ein Haus kaufen kann.

Da kauft das Haus dann dementsprechend und setzt dann quasi

die Familien rein. Das heißt, wenn der vier Wohnungen hat, gibt's hierfür

für Familien, ich sag mal, Tochter, Schwester,

Bruder, jeweils die Familien, die ziehen dann in die Wohnungen ein

und die Miete wird dann halt vom Jobcenter bezahlt.

Das geht dann auf das Konto von dem, der das Haus kauft.

Davon werden dann die Kosten abgezogen für das Haus und der Rest, der wird

dann halt zusammen ausgegeben."

Aus Unterlagen, die SPIEGEL TV exklusiv vorliegen, geht

hervor, dass auf dem Konto von David Goman monatliche Mieteinnahmen

zwischen 2.000 und 6.000 Euro eingehen.

Pünktlich überwiesen von Jobcentern in Herne, Gladbeck und Gelsenkirchen.

Dem Finanzamt sind die Mieteinnahmen nicht bekannt.

Wir erinnern uns: david Goman ist gerade erst seit Stunden wieder

auf freiem Fuß. Für 15.000 Euro Kaution.

Antworten zum Geschäftsmodell bleibt er uns schuldig.

"Wo ist denn das ganze Geld hin?"

Er hat es anscheinend eilig. So eilig, dass die Familie kurzzeitig

draußen bleiben muss.

Der Goman-Clan steht wegen seiner teils kriminellen Geschäftsmodelle

schon länger im Fokus der Behörden.

2014 berichtet SPIEGEL TV zum ersten Mal über den Leverkusener

Zweig der Familie.

Eine der beliebten Marschen damals: Der Betrug mit der angeblichen

Reinigung von Teppichen.

"Entschuldigen Sie, wir sind von SPIEGEL TV. Wir würden gerne kurz mit

Ihnen reden über Teppichbetrug."

"Ich ruf jetzt die Polizei!" "Wir wollten doch nur mal kurz mit Ihnen

reden." "Nein, nix reden.

Machen Sie die Kamera aus oder ich rufe die Polizei, verdammte Scheiße!"

Bei einer Razzia 2018 werden vor dem Mehrfamilienhaus

von Clanchef Michael Goman mehrere Edelkarossen sichergestellt,

obwohl er offiziell von Sozialleistungen lebt.

Fragen unerwünscht.

"Entschuldigen Sie. Dürfte ich einmal mit Ihnen reden?

Wäre es möglich, einmal mit Ihnen zu sprechen?

Wäre es möglich..." "Und wenn Sie jetzt nicht gehen...

Jetzt kriegen Sie..." Wäre es möglich..." "Verlassen Sie das Grundstück!"

"Hören Sie auf." "Raus, raus, raus,

raus.

Kommen Sie mal hier. Kommen Sie mal!

Du kriegst von mir gleich auf die F Du Arschloch!

Raus, hab ich gesagt." "Schönen Tag." "Siehst du?"

Offiziell geben sich große Teile der Familie als mittellos.

Trotzdem feiern sie gerne rauschende Feste mit Champagner und allem

Pipapo.

Woher das Geld stammt, bleibt häufig unklar.

Auf Shoppingtouren werden schon mal sechsstellige Beträge auf den Kopf

gehauen.

"275.000 Euro.

Nagelneu bei Porsche abholt, Jungs."

2014 steht "Frankie" Goman wegen Betrug vor Gericht.

Schon damals war er 25-fach vorbestraft.

Herr Guzmán, haben Sie nicht mal daran gedacht, Ihre Opfer entschädigen?"

"Hey" "Hallo hallo hallo! Hallo!" "Ist gut jetzt!"

"Was ist denn hier los?"

Das zweifelhafte Handwerk hat offensichtlich goldenen Boden.

Nach der unprofessionellen Hochdruckreinigung von Teppichen haben jetzt

wohl einige auf Stein- und Dachreinigung umgeschwenkt.

Was zählt, ist die Akquise gutgläubiger Kunden.

Dafür ist jedes Mittel recht.

"Die Reinigung am Dach und Fassade sind allerdings meistens nur

Lockangebote. Um für wenig Geld quasi aufs Dach

zu kommen. Das heißt, wenn ich jetzt ein Dach reinige für 600 Euro,

klingt erst mal günstig, aber wenn der Mitarbeiter einmal

oben ist und anfängt zu reinigen, wird nach kurzer Zeit klar

'Oh', dann wird geklingelt und dann geht das los.

Sie haben auch den Schaden am Dach, den Schaden am Dach.

Das muss auch gemacht werden. Das muss noch gemacht werden.

Da kommen sie jetzt nicht drum rum, dat müssen wir auf jeden Fall machen.

So, und so wird das große Geld verdient.

Dann werden aus 600, 700 Euro plötzlich 10-000, 15.000 Euro oder

halt mehr."

Im vergangenen Frühjahr schauten ein paar Clan-Handwerker auch im

sachsen-anhaltischen Merbitz bei Rentner Ingbert Sack vorbei.

Seither liegen sein Haus und der Garten in Trümmern.

Eigentlich sollten hier nur ein paar kleinere Reparaturarbeiten

vorgenommen werden, doch das dreiste Vorgehen der Bande kostete

den Eigentümer am Ende 10.000 Euro.

Sohn Sebastian ist auch Monate später immer noch fassungslos.

Mit einer verstopften Dachrinne und ein paar Farbausbesserungen

fing das finanzielle Desaster an.

"Sie sollten ursprünglich eigentlich nur die Dachrinne sauber machen, weil

es da raus getropft hat.

Die haben uns die ganze Dachrinne abgebaut und die

Dachrinne tropft immer noch.

Dann haben sie ja die Mauer mit verputzt.

Das sieht man ja auch an den nassen Flecken, dass das ja schon wieder

anfängt zu gammeln.

Hier unten wird das alles schon hier, wo es feucht ist.

Dann hier oben. Dadurch, dass die Dachrinne da oben so hängt,

tropft der Regen oder wenn es regnet natürlich runter.

Der Putz ist minderwertig angebracht.

Das ist nach und nach alles abgefallen."

Herr Sack ist an das obere Stockwerk des Hauses gefesselt.

Seit einem Schlaganfall sitzt er im Rollstuhl.

Für die kleinen Hausarbeiten wurden anfangs 2.000 Euro veranschlagt.

Aber da der Eigentümer die Sanierungsarbeiten nur aus dem Fenster

beobachten konnte, schwatzten ihm die Betrüger immer mehr auf.

"Haben aber auch gesagt, dass es mit 2.000 Euro nicht erledigt

ist, sondern da war man dann schon bei circa 6.000 Euro,

die für die Aufbesserung der Mauer und Hausfassade

notwendig sind.

Dann war hier ursprünglich mal ein Eisentor drinne, das auch verrostet

war. Und da wurde mir natürlich auch klargemacht, dass wenn

das denn alles so ordentlich vom Putz aussieht und schön aussieht, kann

man ja nicht so ein altes Tor da drinnen lassen.

Und da waren wir dann schon bei 60.000."

"Und haben Sie dann nicht die Notbremse gezogen?"

"Ich habe auch ab spätestens diesem Zeitpunkt gesagt, dass das

nur über ne Finanzierung der Bank möglich ist."

Die Bande übte weiter Druck aus.

Ihr Vorschlag: Für die ausstehenden Arbeiten solle der behinderte Mann

einen Kredit über 100.000 Euro aufnehmen.

"Die standen nachts hier, wollten rein, haben angerufen, da war es nachts

teilweise um 2 Uhr.

So war das. Und da waren sie jeden Tag... Mich haben sie auch bedrängt am

Briefkasten, ob schon Post von der Bank gekommen ist." "Das

heißt, sie haben Ihnen richtig aufgelauert?" "Ja, also die waren ständig

hier. Und dadurch, dass er ja im Rollstuhl sitzt,

konnte er sich auch in dem Sinne nicht wehren."

Zum Glück wurde der Kredit abgelehnt.

Die Banden scheinen ihr Revier über Facebook bundesweit abzustecken.

Zitat: "Jemand will in Ribnitz-Dammgarten Beilage machen mit

Steinreinigung. Er ist ganz neu.

Also wie du gekommen bist, kannst du auch wieder gehen."

Ein anderer schreibt: "Man hat mich angerufen, einer will Werbung machen

in Bautzen. Keiner soll Steireinigung, Teppichreinigung, Gartenbau

aufmachen. Soll deine Kinder sterben.

30 km Entfernung sofort angemeldet."

Aktuell läuft der Trick mit der angeblichen Garten- und Landschaftspflege

auch im Leipziger Umland.

Ein entsprechendes Unternehmen ist hier auf eine Person aus dem näheren

Umfeld des Goman-Clans angemeldet.

Die angegebene Adresse, man ahnt es schon: eine Fake-Anschrift.

Geworben wird auch hier mit Hochglanz Flyern.

Auffällig: Die fast identischen Prospekte haben lediglich unterschiedliche

Adressen und Telefonnummern aus Leipzig und Umgebung.

Wir wollen wissen, wer dahinter steckt und rufen eine der Service-Nummern

an. Mit passender Geschichte.

"Ich muss bei mir einen Weg machen und mein Wintergarten,

der muss mal gereinigt werden. Machen Sie solche Arbeiten auch?"

"Ja, das können wir auch machen."

"Ich habe ein großes Grundstück und ich bin allein und kann nicht mehr so

gut. Da hab ich viel zu tun.

Können Sie den Garten für das Frühjahr schön machen?"

"Das muss ich mir mal anschauen."

"Wann können Sie denn kommen?" "Von wo kommen Sie?" "Ja aus

Leipzig."

Um den Eindruck perfekt zu machen, mieten wir ein Grundstück und

installieren Kameras.

Unser Ziel: ein Kostenvoranschlag für die Reinigung von Weg

und Wintergarten.

Dann kommt die angebliche Leipziger Gartenbau Firma zum Ortstermin.

Seltsam: das Kennzeichen stammt aus dem Ruhrgebiet.

Das Unternehmen firmiert mutmaßlich auf Anita Cyril,

der Ex-Partnerin von Kolorado Stephan.

"Hab ich schlechtes Wetter migebracht." "Aber wirklich.

Kommen Sie rein."

Die typische Masche geht sofort los: Obwohl wir nur die Kosten der

Wegreinigung wissen wollen, unterbreitet uns der Herr umgehend weitere,

angeblich dringende Arbeiten.

Dann will unser Lockvogel noch wissen, was es mit den unterschiedlichen

Adressen auf sich hat, unter denen das Unternehmen auftritt.

Weil uns die Erklärung reichlich schwammig vorkommt, fragen wir nochmal

nach. Jetzt mit der großen Kamera.

"Wir haben mal eine Frage. Wie kommt es denn, dass sie mit mehreren

Firmen auftreten..." "Gehen Sie weg" "...mit Schein-Adressen?

"Gehen Sie weg!" "Die Adressen gibt es alle nicht.

Das ist doch eine Betrugsmasche, die Sie hier machen."

"Sind Sie schon auf dem Weg zum nächsten Kunden?" "Gehen Sie weg! Hallo!"

"Wieviel verdienen Sie mit Ihrer Maschine?"

Übrigens: Alle drei angegebenen Telefonnummern sind nach wie vor

erreichbar. Steinreinigung: läuft.

Terrassenreinigung für 5.000 Euro: Die neue Abzockmasche der Familie Goman Terrace cleaning for 5,000 euros: The new rip-off scam of the Goman family Limpieza de patios por 5.000 euros: La nueva estafa de la familia Goman Pulizia del patio per 5.000 euro: La nuova truffa della famiglia Goman Terras schoonmaken voor 5.000 euro: De nieuwe zwendel van de familie Goman Limpeza do terraço por 5.000 euros: A nova burla da família Goman

Sie kommen, um zu reinigen.

Terrassensteine oder Dachziegel.

"Läuft, Jungs, läuft läuft." Manche verlangen dafür Mondpreise.

Gerne auch mit Vorkasse.

Ihre Opfer: Gutgläubige Senioren.

"Ich habe mein Leben lang gearbeitet, habe gespart.

Vorbei."

Die mutmaßlichen Abzocker stammen aus perfekt organisierten

Familienverbänden. Unter Verdacht auch Mitglieder der Familie Goman.

"Wo ist denn das ganze Geld hin?" Zum ersten Mal packt jetzt ein Insider

aus. Einer, der früher selbst mitmachte.

"Das Geschäftsmodell sieht so aus: Schnell, mit wenig Arbeit,

viel Geld kassieren."

So viel, dass einige von ihnen im Internet mit ihrem Reichtum prahlen.

Die Geschäfte auch mit der Steinreinigung: sie laufen offenbar bombig.

Heute gekauft, zwei Porsche.

Wir kontaktieren eine der Reinigungsfirmen und filmen

mit versteckter Kamera.

"Soll ich das auch aufrechnen?"

Eine Methode, die deutschlandweit funktioniert, mit Banden, die

nebenbei Hartz IV kassieren.

Auch Christel Richter aus Löbejün in Sachsen-Anhalt ist eines der

Opfer. Im vergangenen Jahr will die 82-Jährige ihre

kleine Terrasse auf Vordermann bringen.

Die beauftragte Firma veranschlagt dafür Kosten von 2.500

Euro. Den Großteil wollen die Handwerker gleich am ersten

Tag kassieren.

"Er wollte ein eine Vorkasse haben und die

hab ich dann auch rausgegeben." "Wieviel war das?"

"2.000 Euro für dieses kleine

Stückchen. Das sind 16 Quadratmeter.

Einige Platten sind locker und ich wollte,

dass die Platten rausgenommen werden und frisch

festgemacht werden, dass das alles wieder schmuck ist.

Aber dann sind sie nicht wiedergekommen.".

Gerade mal zweieinhalb Stunden

hatten die Männer die Steine mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt.

"Ich hab mein Leben lang gearbeitet.

Ich musste immer sparen, wenn ich irgendwas Neues kaufen wollte

oder irgendeine größere Sache hier am Haus gemacht werden musste.

Wir mussten immer sehen, dass wir das Geld auch haben.

Jetzt kommen die Leute und nehmen uns das Geld ab."

Die Rentnerin wurde durch eine Beilage in der Tageszeitung auf die Firma

Schubert aufmerksam.

Als sie sich wegen der nicht erbrachten Leistung beschweren will, wird

sie zunächst vertröstet.

Wenig später ist die Nummer nicht mehr erreichbar.

Spurensuche in der Reideburgerstraße in Halle.

Hier ist die Firma Schubert offiziell gemeldet.

Doch es gibt weder ein Firmenschild noch einen Briefkasten.

Nachfrage beim Nachbarn.

"Schönen guten Tag!

Wir sind von SPIEGEL TV. Wir suchen eine Firma Schubert." "Firma

Schubert?" "Gartenservice,

Hausseervice, rund ums Haus...

Schubert?

Steinreinigungen Schubert?

Nie gehört?" "Nie gehört." "Die haben aber auf ihren Flyern diese

Adresse angegeben." "Ehrlich? Nee,

wir sind Servicebetrieb für Gabelstapler."

Als Frau Richter sich an die Polizei wendet, ist sie nur ein Fall

von vielen. Inzwischen stapeln sich bei der Staatsanwaltschaft

Halle kistenweise Akten mit ähnlichen Vorfällen.

"Ja, Sie sehen hier die Ermittlungsarbeit von 8 Monaten, mindestens 8

Monaten, die die Polizei geliefert hat.

Die verdächtigen Firmen werden wohl bereits mit dem Vorsatz gegründet,

mögliche Spuren zu verwischen.

"Das Gewerbe wird unter falscher Adresse angemeldet.

Dann werden Flyer für dieses Gewerbe gedruckt.

Auch die dort angegebenen Rufnummern sind alles

Fake-Nummern, die umgeroutet werden.

Also ein Kunde hat niemals die Chance in

Regress zu gehen oder eine Anschrift zu haben.

Handwerksrolle ist falsch, Gewerbeanmeldung ist falsch, Telefonnummern

sind falsch, Adresse ist falsch, sodass die versprochenen Gewährleistung

überhaupt nicht durch den Kunden in Anspruch genommen werden können."

In ganz Deutschland schießen Dutzende solcher Unternehmen mit diversen

Dienstleistungsangebot aus dem Boden.

Vor allem Gewerbe für Haus- und Gartenservice, Stein- und Teppichreinigung

oder Dachziegelsäuberung.

Ist eine Region abgegrast, verschwinden die Firmen wieder von der

Bildfläche.

Zum ersten Mal spricht jetzt ein Insider aus der unsauberen

Reinigungsbranche. Jahrelang gehörte der Mann zum innersten Zirkel

einer bekannten Roma-Familie.

Glaubt man seinen Aussagen, gibt es zahlreiche Clans, die ihren

Lebensunterhalt mit der Abzock-Nummer verdienen.

"Da fahren hunderte von Autos jeden Morgen los und versuchen

irgendwie Geld zu verdienen." "Hunderte Autos?" "Hunderte Autos.

Naja, wenn eine Familie zum Beispiel, eine Familie hat 25

Mitglieder, davon sind, sagen wir jetzt z.B.

15 Männer.

Und das ist nur bei einer Familie.

Jetzt nochmal mal 10 bei 10 Familien, haben Sie schon 100 Autos.

Und das sind noch nicht 10 Familien. Da sind 40, 50, 60 Familien teilweise

in einer Stadt."

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft in Halle gegen zahlreiche

Mitglieder der Familie Goman und ihrem näheren Umfeld.

Hier feiert der Clan während der Corona-Verordnungen mit Freunden

und Bekannten eine Party.

Mit dabei: Sozialhilfeempfänger Kolorado Stephan, 28.

Dem talentierten Tänzer und VW-Touran-Fahrer wird Banden

und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen.

Bis vor kurzem saß er in der JVA Halle in U-Haft.

Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner David Goman.

Nach Erkenntnissen der Ermittler begingen sie gemeinsam etliche

Straftaten. In ersten Vernehmungen haben beide die Vorwürfe

eingeräumt. Ein kleiner Auszug aus dem Haftbefehlen.

Am 8. September sollen sie mit einem Kunden eine Einfahrt, Reinigung

mit Moos, Entfernung, tiefen Reinigung und eine Imprägnierung zu

einem Gesamtpreis von 1500 Euro vereinbart haben.

Tatsächlich erfolgte wohl nur eine oberflächliche Reinigung.

Zwei Tage später soll Stefan an einem Gebäude Fassadenreinigung,

Tiefenreinigung und eine Imprägnierung für 3.300 Euro

erledigen.

Auch in diesem Fall erfolgte nach Aussagen der Ermittler lediglich eine

oberflächliche Reinigung.

In diesem Stil können innerhalb von drei Tagen Aufträge in Höhe von 16

000 Euro abgeschlossen werden.

Alle Arbeiten werden laut Ermittlern nicht annähernd fachgerecht

ausgeführt.

Am 12. März wird David Goman, hier in Begleitung seines Rechtsanwaltes,

aus der Untersuchungshaft entlassen, weil er eine Kaution von 15.000

Euro hinterlegen konnte.

Versuch einer Nachfrage.

"Wo haben Sie denn das Geld her für die Kaution?

Haben Sie kein schlechtes Gewissen die alten Leute ausgenommen zu haben?

Wie viel Geld haben Sie denn mit dieser betrügerischen Masche verdient?"

"Im Prozess selber wird sich das alles klären."

"Wie finden Sie das moralisch, was Ihr Mandant da macht?"

"Das ist so ähnlich wie mit dem Arzt. Der operiert auch jeden,

egal was er gemacht hat.

Deshalb ist meine Rolle in diesem Verfahren ein ganz anderes, nämlich die

Garantie, dass ein rechtsstaatliches Verfahren stattfindet.

Der Rest muss einfach bei Gericht geklärt werden.

Das hat nichts damit zu tun, dass ich in irgendeiner Form Partei für meine

Mandanten ergreife oder dagegen bin.

Das ist halt eine Rolle, die man hat als Anwalt.

Bitte gerne"

"Auf schriftliche Fragen antwortet uns die verantwortliche Kanzlei nicht.

Doch klar scheint, die mutmaßlichen Abzocker gehen skrupellos

vor.

"Gezielt nur ältere Herrschaften, weil die sich halt eben auf diese auf...

Darauf einlassen, die vergleichen keine Preise.

Die forschen nicht im Internet nach ne.

Sind auch immer zufrieden, wenn man bar bezahlt, was ja eigentlich zu 99

Prozent machen. Da wird alles in bar abgerechnet.

So, und Jüngere machen das eben nicht.

Jüngere Menschen, die holen sich ein Gegenangebot rein, informieren sich

über die Firma, lassen sich erstmal mal ein schriftliches Angebot geben,

bevor sie auf irgendetwas anderes eingehen."

Mit dieser Masche sind zahlreiche Geschäftemacher bundesweit auf

Beutetour. Auch in Otterbach nahe Kaiserslautern sind sie

aktiv. Ihr Opfer: die 72-jährige Rentnerin Angelika

Steidel. Wie immer beginnt alles mit einem Werbeflyer in der lokalen

Zeitung.

"Auf dem Prospekt steht 'Frühlingsaktion.

30 prozent Rabatt für Neukunden auf

alle Arbeiten.

Ab heute. 4 Tage gültig.' Und da war

das Wochenende dazwischen.

Deshalb habe ich gleich angerufen bei dieser Firma,

damit ich den Rabatt noch bekommen." "Das ist ja auch Teil der Masche

wahrscheinlich..." "Ja, das ist Teil der Masche."

Bemerkenswert: Der Flyer in der Pfalz ist fast identisch

mit dem Exemplar aus dem sachsen-anhaltischen Betrugsfall, hier

rechts: gleiche Fotos, selbes Design.

Nur Name und Nummer sind anders.

Und auch der Modus Operandi ist ähnlich: Vorkasse in bar.

Während die Mitarbeiter Arbeit vortäuschen, übt der Chef Druck aus.

"Der eine Mann hat gesagt, er wäre Chef.

Das war der Herr Kullmann, angeblicher Kohlmann.

Und der hat gesagt 'Aber Sie müssen jetzt auf die Bank und müssen das Geld

holen, weil wenn sie das Geld nicht gleich

bezahlen, dann machen wir nicht weiter."

Steinreinigung läuft. Die Firmen versprechen jahrelange Garantien

und Gewährleistung. Doch wie immer ist alles heiße Luft

bzw. Wasser, vermischt mit Sand.

"Die Steine sollten imprägniert werden mit einem Spezialsand.

Nach 14 Tagen kam schon das Unkraut.

Also war es ganz normaler Spielstand, wo die hier

ausgestreut haben." Statt solidem Handwerk gibt

es billigen Sand für die Buddelkiste.

5.000 Euro einfach futsch.

Frei Haus sind nur die Drohungen des Chefs.

"Die haben gesagt, sie gehen nicht eher weg, bis sie das Geld haben.

Und dann habe ich natürlich auch etwas Angst bekommen und hab

gedacht 'Oh Gott, die werden doch uns nichts antun wollen'.

Und wie gesagt, ich habe dann das Geld dem gegeben und die

haben es auch quittiert und, aber alles

andere ist ausgeblieben."

Der angebliche Herr Kullmann und seine angebliche Firma sind angeblich

an zwei Adressen im Umland gemeldet.

Doch weit gefehlt. An der Adresse in Neustadt: kein Briefkasten

und kein Firmenschild.

Und der vermeintliche Sitz der Firma in Kaiserslautern?

Hier also soll der Haus- und Gartenservice des Herrn Kullmann sein.

Nachfrage bei den Nachbarn.

"Haben Sie diese Firma schon einmal gesehen?" "Die Firma?" "Ja.

Eine Firma für Haus- und Gartenarbeiten." "Nein."

"Haben Sie die hier in diesem Haus schon mal gesehen?"

"Nein, tut mir leid."

Natürlich wollte auch Frau Steidel ihr Geld zurück.

Doch als sie es versuchte, hieß es: kein Anschluss unter dieser Nummer.

Bitter für die alte Dame.

"Ja, es hat schon weh getan mit dem Geld.

Ich mein, 5.000 Euro, das ist schon ein Stück, ein Stück Geld.

Und das hat mich auch ein paar Nächte gekostet,

bis ich drüber weggekommen bin.

Das war ja ein Verlust."

Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Kaiserslautern sind drei weitere

mögliche Betrugsfälle durch die Firma Kullmann anhängig.

Man vermutet dahinter ein organisiertes Netzwerk.

"Es sieht so aus, dass es eine größere Tätergruppe ist, die in wechselnder

Besetzung auftritt, und zwar

nicht nur hier, sondern sondern vielleicht bundesweit, jedenfalls auch in

anderen Bundesländern.

Da steckt eine Masche dahinter, die an verschiedenen Orten

angewendet wird."

Zurück zum Insider, der selbst jahrelang gut mit dem Abzock-Business

verdiente.

Er kennt die Gewinnmargen der abgeschottet agierenden Familien.

"Wo der Dachdecker auf Stunden vielleicht 400 Euro

nimmt, nehmen die teilweise 1.800, 2.000 Euro

1.500, so dass sie halt genug Geld verdienen, um mehr Luxus zu

finanzieren." "Was heißt 'Luxus finanzieren'?" "Luxus heißt,

Goldketten, Rolex-Uhren, AMGs,

Autos für hunderttausende Euro.

Farraris werden da gekauft. Da fahren junge Leute, die gerade 18,19

sind, fahren da Autos, die sich mancher Arzt noch nicht leisten kann."

Einige zeigen gerne, was sie haben.

Protzen im Internet offen mit teuren Uhren, Bargeld und Luxus

Lifestyle.

Bei Champagner und Würstchen wird ein Liedchen angestimmt.

Besungen wird der schnöde Mammon.

Einer der Angeber ist der Facebook-User "Chefo Kray".

Hinter dem Pseudonym verbirgt sich wohl ein Bruder des Beschuldigten

Kolorado Stephan. Zitat: "Steinreinigung läuft."

Ein Zentrum der mutmaßlichen Tätergruppierung ist das Ruhrgebiet.

Auch der kürzlich aus der U-Haft entlassene David Goman lebt hier.

In Gladbeck besitzt er laut Ermittlungsakten dieses

Reihenhaus. Auch eine zweite Immobilie in Herne soll ihm gehören.

Vermietet sind die Wohnungen größtenteils an die liebe Verwandtschaft.

Wie praktisch, da das Jobcenter die Miete zahlt.

Dann gibt es einen, der bekommt nicht vom Jobcenter.

Der versucht dann über Papiere - gefälschte Papiere, hat er

offiziell ein Einkommen, wo einer ein Haus kaufen kann.

Da kauft das Haus dann dementsprechend und setzt dann quasi

die Familien rein. Das heißt, wenn der vier Wohnungen hat, gibt's hierfür

für Familien, ich sag mal, Tochter, Schwester,

Bruder, jeweils die Familien, die ziehen dann in die Wohnungen ein

und die Miete wird dann halt vom Jobcenter bezahlt.

Das geht dann auf das Konto von dem, der das Haus kauft.

Davon werden dann die Kosten abgezogen für das Haus und der Rest, der wird

dann halt zusammen ausgegeben."

Aus Unterlagen, die SPIEGEL TV exklusiv vorliegen, geht

hervor, dass auf dem Konto von David Goman monatliche Mieteinnahmen

zwischen 2.000 und 6.000 Euro eingehen.

Pünktlich überwiesen von Jobcentern in Herne, Gladbeck und Gelsenkirchen.

Dem Finanzamt sind die Mieteinnahmen nicht bekannt.

Wir erinnern uns: david Goman ist gerade erst seit Stunden wieder

auf freiem Fuß. Für 15.000 Euro Kaution.

Antworten zum Geschäftsmodell bleibt er uns schuldig.

"Wo ist denn das ganze Geld hin?"

Er hat es anscheinend eilig. So eilig, dass die Familie kurzzeitig

draußen bleiben muss.

Der Goman-Clan steht wegen seiner teils kriminellen Geschäftsmodelle

schon länger im Fokus der Behörden.

2014 berichtet SPIEGEL TV zum ersten Mal über den Leverkusener

Zweig der Familie.

Eine der beliebten Marschen damals: Der Betrug mit der angeblichen

Reinigung von Teppichen.

"Entschuldigen Sie, wir sind von SPIEGEL TV. Wir würden gerne kurz mit

Ihnen reden über Teppichbetrug."

"Ich ruf jetzt die Polizei!" "Wir wollten doch nur mal kurz mit Ihnen

reden." "Nein, nix reden.

Machen Sie die Kamera aus oder ich rufe die Polizei, verdammte Scheiße!"

Bei einer Razzia 2018 werden vor dem Mehrfamilienhaus

von Clanchef Michael Goman mehrere Edelkarossen sichergestellt,

obwohl er offiziell von Sozialleistungen lebt.

Fragen unerwünscht.

"Entschuldigen Sie. Dürfte ich einmal mit Ihnen reden?

Wäre es möglich, einmal mit Ihnen zu sprechen?

Wäre es möglich..." "Und wenn Sie jetzt nicht gehen...

Jetzt kriegen Sie..." Wäre es möglich..." "Verlassen Sie das Grundstück!"

"Hören Sie auf." "Raus, raus, raus,

raus.

Kommen Sie mal hier. Kommen Sie mal!

Du kriegst von mir gleich auf die F**** Du Arschloch!

Raus, hab ich gesagt." "Schönen Tag." "Siehst du?"

Offiziell geben sich große Teile der Familie als mittellos.

Trotzdem feiern sie gerne rauschende Feste mit Champagner und allem

Pipapo.

Woher das Geld stammt, bleibt häufig unklar.

Auf Shoppingtouren werden schon mal sechsstellige Beträge auf den Kopf

gehauen.

"275.000 Euro.

Nagelneu bei Porsche abholt, Jungs."

2014 steht "Frankie" Goman wegen Betrug vor Gericht.

Schon damals war er 25-fach vorbestraft.

Herr Guzmán, haben Sie nicht mal daran gedacht, Ihre Opfer entschädigen?"

"Hey" "Hallo hallo hallo! Hallo!" "Ist gut jetzt!"

"Was ist denn hier los?"

Das zweifelhafte Handwerk hat offensichtlich goldenen Boden.

Nach der unprofessionellen Hochdruckreinigung von Teppichen haben jetzt

wohl einige auf Stein- und Dachreinigung umgeschwenkt.

Was zählt, ist die Akquise gutgläubiger Kunden.

Dafür ist jedes Mittel recht.

"Die Reinigung am Dach und Fassade sind allerdings meistens nur

Lockangebote. Um für wenig Geld quasi aufs Dach

zu kommen. Das heißt, wenn ich jetzt ein Dach reinige für 600 Euro,

klingt erst mal günstig, aber wenn der Mitarbeiter einmal

oben ist und anfängt zu reinigen, wird nach kurzer Zeit klar

'Oh', dann wird geklingelt und dann geht das los.

Sie haben auch den Schaden am Dach, den Schaden am Dach.

Das muss auch gemacht werden. Das muss noch gemacht werden.

Da kommen sie jetzt nicht drum rum, dat müssen wir auf jeden Fall machen.

So, und so wird das große Geld verdient.

Dann werden aus 600, 700 Euro plötzlich 10-000, 15.000 Euro oder

halt mehr."

Im vergangenen Frühjahr schauten ein paar Clan-Handwerker auch im

sachsen-anhaltischen Merbitz bei Rentner Ingbert Sack vorbei.

Seither liegen sein Haus und der Garten in Trümmern.

Eigentlich sollten hier nur ein paar kleinere Reparaturarbeiten

vorgenommen werden, doch das dreiste Vorgehen der Bande kostete

den Eigentümer am Ende 10.000 Euro.

Sohn Sebastian ist auch Monate später immer noch fassungslos.

Mit einer verstopften Dachrinne und ein paar Farbausbesserungen

fing das finanzielle Desaster an.

"Sie sollten ursprünglich eigentlich nur die Dachrinne sauber machen, weil

es da raus getropft hat.

Die haben uns die ganze Dachrinne abgebaut und die

Dachrinne tropft immer noch.

Dann haben sie ja die Mauer mit verputzt.

Das sieht man ja auch an den nassen Flecken, dass das ja schon wieder

anfängt zu gammeln.

Hier unten wird das alles schon hier, wo es feucht ist.

Dann hier oben. Dadurch, dass die Dachrinne da oben so hängt,

tropft der Regen oder wenn es regnet natürlich runter.

Der Putz ist minderwertig angebracht.

Das ist nach und nach alles abgefallen."

Herr Sack ist an das obere Stockwerk des Hauses gefesselt.

Seit einem Schlaganfall sitzt er im Rollstuhl.

Für die kleinen Hausarbeiten wurden anfangs 2.000 Euro veranschlagt.

Aber da der Eigentümer die Sanierungsarbeiten nur aus dem Fenster

beobachten konnte, schwatzten ihm die Betrüger immer mehr auf.

"Haben aber auch gesagt, dass es mit 2.000 Euro nicht erledigt

ist, sondern da war man dann schon bei circa 6.000 Euro,

die für die Aufbesserung der Mauer und Hausfassade

notwendig sind.

Dann war hier ursprünglich mal ein Eisentor drinne, das auch verrostet

war. Und da wurde mir natürlich auch klargemacht, dass wenn

das denn alles so ordentlich vom Putz aussieht und schön aussieht, kann

man ja nicht so ein altes Tor da drinnen lassen.

Und da waren wir dann schon bei 60.000."

"Und haben Sie dann nicht die Notbremse gezogen?"

"Ich habe auch ab spätestens diesem Zeitpunkt gesagt, dass das

nur über ne Finanzierung der Bank möglich ist."

Die Bande übte weiter Druck aus.

Ihr Vorschlag: Für die ausstehenden Arbeiten solle der behinderte Mann

einen Kredit über 100.000 Euro aufnehmen.

"Die standen nachts hier, wollten rein, haben angerufen, da war es nachts

teilweise um 2 Uhr.

So war das. Und da waren sie jeden Tag... Mich haben sie auch bedrängt am

Briefkasten, ob schon Post von der Bank gekommen ist." "Das

heißt, sie haben Ihnen richtig aufgelauert?" "Ja, also die waren ständig

hier. Und dadurch, dass er ja im Rollstuhl sitzt,

konnte er sich auch in dem Sinne nicht wehren."

Zum Glück wurde der Kredit abgelehnt.

Die Banden scheinen ihr Revier über Facebook bundesweit abzustecken.

Zitat: "Jemand will in Ribnitz-Dammgarten Beilage machen mit

Steinreinigung. Er ist ganz neu.

Also wie du gekommen bist, kannst du auch wieder gehen."

Ein anderer schreibt: "Man hat mich angerufen, einer will Werbung machen

in Bautzen. Keiner soll Steireinigung, Teppichreinigung, Gartenbau

aufmachen. Soll deine Kinder sterben.

30 km Entfernung sofort angemeldet."

Aktuell läuft der Trick mit der angeblichen Garten- und Landschaftspflege

auch im Leipziger Umland.

Ein entsprechendes Unternehmen ist hier auf eine Person aus dem näheren

Umfeld des Goman-Clans angemeldet.

Die angegebene Adresse, man ahnt es schon: eine Fake-Anschrift.

Geworben wird auch hier mit Hochglanz Flyern.

Auffällig: Die fast identischen Prospekte haben lediglich unterschiedliche

Adressen und Telefonnummern aus Leipzig und Umgebung.

Wir wollen wissen, wer dahinter steckt und rufen eine der Service-Nummern

an. Mit passender Geschichte.

"Ich muss bei mir einen Weg machen und mein Wintergarten,

der muss mal gereinigt werden. Machen Sie solche Arbeiten auch?"

"Ja, das können wir auch machen."

"Ich habe ein großes Grundstück und ich bin allein und kann nicht mehr so

gut. Da hab ich viel zu tun.

Können Sie den Garten für das Frühjahr schön machen?"

"Das muss ich mir mal anschauen."

"Wann können Sie denn kommen?" "Von wo kommen Sie?" "Ja aus

Leipzig."

Um den Eindruck perfekt zu machen, mieten wir ein Grundstück und

installieren Kameras.

Unser Ziel: ein Kostenvoranschlag für die Reinigung von Weg

und Wintergarten.

Dann kommt die angebliche Leipziger Gartenbau Firma zum Ortstermin.

Seltsam: das Kennzeichen stammt aus dem Ruhrgebiet.

Das Unternehmen firmiert mutmaßlich auf Anita Cyril,

der Ex-Partnerin von Kolorado Stephan.

"Hab ich schlechtes Wetter migebracht." "Aber wirklich.

Kommen Sie rein."

Die typische Masche geht sofort los: Obwohl wir nur die Kosten der

Wegreinigung wissen wollen, unterbreitet uns der Herr umgehend weitere,

angeblich dringende Arbeiten.

Dann will unser Lockvogel noch wissen, was es mit den unterschiedlichen

Adressen auf sich hat, unter denen das Unternehmen auftritt.

Weil uns die Erklärung reichlich schwammig vorkommt, fragen wir nochmal

nach. Jetzt mit der großen Kamera.

"Wir haben mal eine Frage. Wie kommt es denn, dass sie mit mehreren

Firmen auftreten..." "Gehen Sie weg" "...mit Schein-Adressen?

"Gehen Sie weg!" "Die Adressen gibt es alle nicht.

Das ist doch eine Betrugsmasche, die Sie hier machen."

"Sind Sie schon auf dem Weg zum nächsten Kunden?" "Gehen Sie weg! Hallo!"

"Wieviel verdienen Sie mit Ihrer Maschine?"

Übrigens: Alle drei angegebenen Telefonnummern sind nach wie vor

erreichbar. Steinreinigung: läuft.