Erster Weltkrieg I Fakten und Verlauf I musstewissen Geschichte
In diesem Video beschäftigen wir uns
mit einem besonders schlimmen Kapitel der Geschichte:
mit dem Ersten Weltkrieg.
Ich erklär euch die zehn wichtigsten Dinge,
die man dazu wissen muss.
So wie die Bündnisse in Europa stehen,
muss das Deutsche Kaiserreich an zwei Fronten kämpfen:
gegen Russland und gegen Frankreich.
Wie in einer Presse.
Um dieses Problem zu lösen,
entwickelte der General Alfred Graf von Schlieffen
schon im Jahr 1905 einen Plan:
den nach ihm benannten "Schlieffen-Plan".
Die Idee ist: Russland ist der gefährlichere, weil stärkere Gegner.
Aber Russland braucht Zeit, um seine Soldaten zu sammeln.
Diese Zeit kann man nutzen.
Erst schnell Frankreich besiegen,
dann alle Kräfte an die Ostfront gegen Russland werfen.
Der Plan war aber nicht so wirklich genial.
Denn das größte Problem war:
Die deutschen Heere müssen durch Belgien durch,
um Frankreich anzugreifen.
Als sie das neutrale Belgien überfallen,
greift auch noch England ein.
Und Frankreich wird nicht in ein paar Wochen besiegt.
Blöderweise sind außerdem die russischen Truppen
viel schneller als gedacht kriegsbereit
und marschieren in Ostpreußen ein.
Am 4. August beginnt der Krieg.
Im September ist der Schlieffen-Plan schon gescheitert.
Der deutsche Angriff bleibt vor Paris stecken.
Damit die Deutschen das eroberte Gebiet nicht verlieren,
graben sie sich ein.
Die Alliierten, also französische und englische Truppen,
graben sich auch ein - in Sichtweite zu den Deutschen.
Es liegen sich die Feinde also
in ihren Stellungen in den Schützengräben gegenüber.
Es geht nichts mehr vor und auch nichts zurück.
700 Kilometer ist die Front im Westen lang.
Auf beiden Seiten sind die Armeen eingegraben.
Mit der Zeit werden diese Schützengräben immer weiter ausgebaut.
Vorne steht Stacheldraht.
Wer versucht, da durchzukommen,
ist den Maschinengewehrschützen hilflos ausgeliefert.
Im Schützengraben stehen hinter ihrer Deckung Soldaten,
die ihre Stellung verteidigen.
Oder sie sammeln sich, um auf Befehl
aus dem Graben herauszustürmen und zu versuchen,
in den gegenüberliegenden feindlichen Graben einzudringen.
Hinter dem ersten Graben
gibt es ein ganzes System von weiteren Gräben und Bunkern,
wo Nachschub herangeführt wird.
Oder wo man von einer Frontstellung zur nächsten kommen kann.
Die Gräben verlaufen im Zickzack,
sodass man sich besser verteidigen kann,
wenn jemand in den Graben eindringt.
Außerdem ist man besser
vor Granatsplittern und Explosionen geschützt.
Zwischen den beiden Gräben liegt das "Niemandsland".
Es kann einige Meter oder sogar 500 Meter breit sein.
Ganz hinten, etliche Kilometer hinter der Front, steht die Artillerie.
Die schießt eine Granate nach der anderen ab.
Denn der Erste Weltkrieg ist eine Materialschlacht.
Die Generäle merken schnell, dass der Grabenkrieg nix bringt.
Deshalb handeln sie nach dem Motto "Viel hilft viel".
Bevor ein Angriff gewagt wird,
schießt man stundenlang, manchmal tagelang,
mit der Artillerie, also mit schweren Geschützen,
riesige Granaten auf die feindlichen Stellungen.
Der Boden wird regelrecht umgepflügt.
Insgesamt werden an der Westfront 850 Millionen Granaten abgefeuert.
Die Krater, die dabei entstehen,
die kann man teilweise heute noch sehen.
Materialschlacht aber auch,
weil Millionen Soldaten regelrecht verheizt werden.
Menschenmaterial, das man wieder und wieder angreifen lässt.
Selbst wenn bei einem Vorstoß mal
die ein oder andere Seite ein wenig Gelände erobert -
vielleicht, keine Ahnung, 100 Meter -,
verliert man anderswo oder muss sich nach zwei Wochen zurückziehen.
Selbst wenn hunderttausend Soldaten auf einmal angreifen,
tut sich kaum etwas.
Jahrelang bewegt sich die Front im Westen
nur ein kleines bisschen hin und her.
Auch deshalb probiert man neue Waffen aus.
Handgranaten werden in die feindlichen Gräben geworfen,
wo sie explodieren und viele Männer verwunden.
Ab dem Jahr 1916 tragen die Soldaten Stahlhelme
und sind so wenigstens am Kopf ein kleines bisschen geschützter.
Flammenwerfer brennen die Gräben aus.
Und dann setzt man Waffen ein, die eigentlich verboten sind:
chemische Waffen.
Giftgas.
Anfangs lässt man das Gas vom Wind in die feindlichen Stellungen treiben.
Später befüllt man Granaten damit.
Die Gasmasken können einige Gifte gar nicht abhalten.
Diese Gasangriffe
machen die Soldaten vor Angst fast wahnsinnig.
Besonders abartig:
Giftgase entstehen oft bei herkömmlichen chemischen Produktionsprozessen
und sind deshalb unglaublich billig herzustellen.
Teurer sind da die Panzer,
die Stacheldrahtverhaue vor den Gräben niederwalzen.
Hinter den Panzern können Soldaten geschützt zum Angriff übergehen.
Aber noch ist der Panzer nicht kriegsentscheidend.
Genauso wie die Flugzeuge:
Anfangs setzt man noch Luftschiffe ein.
Deutschland bombardiert mit Zeppelinen sogar London.
Dann fliegen Flugzeuge.
Der Kampf der Piloten, Mann gegen Mann am Himmel,
taugt für Heldengeschichten.
Helden sind auch die Männer in den deutschen Unterseebooten.
Auch wenn der Einsatz der 380 U-Boote
militärisch kaum etwas bringt,
entscheiden sie in gewisser Weise doch den Krieg.
Denn der uneingeschränkte U-Boot-Krieg
ist der Anlass für die Vereinigten Staaten von Amerika,
in den Krieg einzutreten.
Und gegen die Wirtschaftskraft Amerikas
kann Deutschland nicht gewinnen.
Aber die deutsche Militärführung
hat anfangs auch die russischen Truppen unterschätzt.
Die sind schneller als gedacht einsatzbereit
und erobern Teile Ostpreußens.
Zwei Generäle, Paul von Hindenburg -
den holt man extra aus dem Ruhestand zurück -
und Erich Ludendorff schaffen es, den Spieß umzudrehen.
In zwei Schlachten, die letzte findet eben bei Tannenberg statt,
besiegen sie die russischen Armeen.
Hindenburg wird als "Held vom Tannenberg"
zum Superstar in Deutschland.
Später, im Sommer 1916,
übernehmen Hindenburg und Ludendorff die Oberste Heeresleitung - die OHL.
Also die militärische Führung des Krieges auf deutscher Seite.
Der großväterliche Zuversicht ausstrahlende Hindenburg
ist das Gesicht der OHL,
der Stratege Ludendorff kümmert sich um den Krieg.
Und um die Politik.
Denn die beiden Generäle werden so mächtig,
dass bald nicht mehr der Kaiser das Sagen hat oder gar die Reichsregierung.
Praktisch ist Deutschland zwischen 1916 und 1918
eine Militärdiktatur.
Während im Osten gesiegt wird,
wird im Westen gestorben.
Anfang des Jahres 1916
beginnt ein deutscher Angriff, der zu einer Katastrophe führt.
Erobert werden soll die Stadt Verdun.
Millionenfach regnen die Granaten auf das Schlachtfeld.
In nicht ganz einem Jahr sterben etwa 600.000 Männer.
Wenn man das umrechnet, dann sieht man richtig den Wahnsinn.
Da ist zehn Monate lang alle 40 Sekunden ein Soldat gestorben.
Gebracht hat das Ganze: nichts.
Das Sterben war vollkommen sinnlos.
Schon damals sagt man: "Die Hölle von Verdun".
Und spricht von einer "Blutmühle".
Im Weltkrieg sind 75 Prozent der Weltbevölkerung
im Kriegszustand.
Einmal, weil die europäischen Länder Kolonien besitzen,
zum anderen, weil auch Länder aus Asien oder Südamerika
und die Vereinigten Staaten von Amerika beteiligt sind.
Natürlich wird nicht nur in Europa gekämpft,
sondern auch in den Kolonien.
Meistens können die deutschen Schutztruppen
den englischen Kolonialtruppen nichts entgegensetzen.
Nur in Deutsch-Ostafrika
gelingt es dem General Paul von Lettow-Vorbeck,
nicht besiegt zu werden.
Anfangs verfügte er über 15.000 Soldaten.
Die meisten sind übrigens Einheimische.
Der General führt damit einen Guerillakrieg.
Das bedeutet, dass er große Schlachten vermeidet,
sich im Dschungel versteckt
und immer wieder aus dem Hinterhalt angreift.
Am meisten leidet die einheimische Bevölkerung
unter diesem Abnutzungskrieg.
Die Leute müssen nicht nur zwangsweise in den Krieg ziehen,
sie leiden auch noch unter Hungersnöten.
Doch auch in Deutschland stirbt man.
Die englische Flotte riegelt den Zugang Deutschlands
zum offenen Meer ab.
Diese Blockade führt dazu,
dass immer weniger Rohstoffe ins Land kommen.
Wo bekommt man jetzt die Rohstoffe her, die man für den Krieg braucht?
Na klar: von den Menschen.
Also sammelt der Staat ein.
Metall, Gummi - zum Beispiel Bälle -,
Zinndeckel von Bierkrügen,
Wollreste, Bindfäden und vieles mehr.
Die Bevölkerung muss schon länger in den Arbeitsdienst.
Weil immer mehr Männer an der Front oder tot sind,
schuften die Frauen in den Fabriken.
Auch die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung wird schlechter.
Als im Herbst 1916 die Kartoffelernte sehr schlecht ausfällt,
werden Steckrüben verteilt.
Aber man kann gar nicht so viele Rüben essen, dass man davon satt wird,
und vielen schmeckt das verständlicherweise auch nicht.
Wochenlang gibt es kein Fleisch.
Mehl wird mit Sägemehl gestreckt,
Milch mit Wasser verdünnt.
Insgesamt verhungern während des Krieges etwa 800.000 Deutsche.
Im Hungerwinter 1916-1917
leidet die Bevölkerung so sehr,
dass viele Menschen ein Ende des Krieges herbeisehnen.
Immer wieder kommt es zu Streiks,
auch wenn die Streikenden als Landesverräter schlimm bestraft werden.
Aber: Je länger der Krieg dauert,
je mehr Väter, Söhne und Brüder an der Front sinnlos sterben,
je mehr Versprechen der Regierung in sich zusammenbrechen,
umso mehr heizt sich die Stimmung auf.
Die Bevölkerung ist kriegsmüde.
Anfang des Jahres 1918
demonstrieren eine Million Deutsche für "Frieden und Brot".
Nicht nur in Deutschland zermürbt der Krieg die Menschen.
Auch in Russland sind die Menschen unzufrieden.
Da lässt die deutsche Heeresleitung
den in der Schweiz im Exil lebenden Wladimir Iljitsch Uljanow,
genannt Lenin,
einen kommunistischen Revolutionär, nach Russland zurückkehren.
In der Oktoberrevolution 1917
übernehmen die Bolschewisten unter Lenin die Macht in Russland.
Am 3. März 1918 erzwingt die vorrückende deutsche Armee
einen Friedensvertrag.
Jetzt will man im Westen noch mal alles auf eine Karte setzen.
Für die Frühjahrsoffensive im Jahr 1918
wirft die deutsche Armee alles an die Front, was sie noch hat.
Und tatsächlich kann sie große Geländegewinne erringen.
Die Front nähert sich sogar wieder Paris.
Aber: Die Truppen sind erschöpft
und durch das Vorrücken wird die Versorgung
noch schwieriger als vorher.
Kurz und knapp:
Die Offensive läuft sich tot.
Wieder einmal ein sinnloser Versuch.
Am 14. August 1918
ist der deutschen Heeresleitung endgültig klar,
dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden kann.
Am 29. September 1918
fordern die Generäle Waffenstillstandsverhandlungen.
Das lassen sie allerdings die demokratischen Politiker machen.
Sie selbst übernehmen keine Verantwortung.
Am 11. November 1918
kapituliert Deutschland.
Das war jetzt ein Überblick über den Ersten Weltkrieg.
Natürlich eine sehr, sehr große Sache, ein großes Thema.
Was ist das Ergebnis?
Große Gebiete Europas sind zerstört.
Millionen Soldaten und Zivilisten sind tot.
Millionen Menschen sind verarmt,
in vielen Ländern gibt es politische Spannungen
und manchmal sogar Revolutionen und Bürgerkrieg.
Wenn ihr wissen wollt, wie es nach dem Ersten Weltkrieg weitergeht,
speziell in Deutschland, dann abonniert diesen Kanal.
Dann verpasst ihr die künftigen Videos nicht.
Wenn ihr zu diesem großen Thema was wissen möchtet
oder auch zu anderen Themen, oder einen Themenvorschlag habt,
dann schreibt einfach unten in die Kommentare.
Danke euch fürs Zuschauen! Bis zum nächsten Mal.
Untertitel für funk im Auftrag des ZDF, 2018