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2021 from Youtube, Armut in der Pandemie: Kinder als Verlierer

Armut in der Pandemie: Kinder als Verlierer

Die Corona-Pandemie stellt v.a. Familien mit geringem Einkommen

vor massive Probleme, etwa mit der Schule.

Die Kinder im Homeschooling. Viele Eltern überfordert.

Englisch, ich kann ein paar Brocken noch, und das wars.

Folge: Die Kinder werden in der Schule immer schlechter.

Z.B. letztes Zeugnis, Mathe 1.

Der ist jetzt auf ne 4, 5 runtergerutscht.

Nachhilfe wäre dringend nötig.

Aber wie, wenn das Geld fehlt?

Dabei zahlt der Staat einkommensschwachen Familien

Geld für Nachhilfe, für Schulessen,

Klassenfahrten oder die Vereinsbeiträge.

Kein Kind soll benachteiligt sein, nur weil Geld fehlt.

Das war schon vor 10 Jahren das große Versprechen der Bundesregierung.

Packen wir es an, dass wir in diesem Land tatsächlich auch Chancengerechtigkeit

für die Kinder herstellen.

Vielen Dank.

Chancengerechtigkeit?

Bis heute kommt das Geld bei den wenigsten Kindern an.

Wir wollen wissen: Wie kann das sein?

Und ist das vielleicht sogar politisch so gewollt?

Jetzt machen wir noch einmal einen Durchgang.

Blau, weiß, orange.

Markus Montenbruck

mit seinen Jungs und Mädchen vom SV Duissern in Duisburg.

3 Corona-Tests pro Woche, dafür gibts endlich wieder Training.

Gut, Julian.

Für den 59-Jährigen ist dies ein wichtiger Teil seines Lebens,

v.a. seit er nicht mehr arbeiten kann.

Knapp 38 Jahre habe er gearbeitet, u.a. im Straßenbau.

Vor 8 Jahren dann erlitt er einen Schlaganfall,

kurz später einen Herzinfarkt.

Heute bezieht Markus Montenbruck Erwerbsminderungsrente,

aufgestockt durch Hartz IV.

Er lebt mit seiner Frau und 4 ihrer 5 Kinder in Duisburg-Duissern.

Die Kinder, inzwischen Teenager, wollen lieber nicht gefilmt werden.

Nur dem Jüngsten, heute 11 Jahre alt,

dürfen wir kurz beim Homeschooling zuschauen.

Seine Mutter, Bettina Montenbruck, hat einen kaputten Rücken,

ist seit über einem Jahr krankgeschrieben.

Nach Abzug der Fixkosten blieben der Familie noch rund 1.000 Euro,

erzählen die beiden.

Wenn man jahrelang nur gearbeitet hat,

hat man ein ganz anderes Einkommen.

Dann muss man rechnen, dass auf einmal über die Hälfte von dem,

was man vorher an Einkommen hatte, ist weg auf einen Schlag,

von heute auf morgen.

Und dann auch noch Corona, alle zu Hause, immer wieder Konflikte.

Und dann die Belastung hier zu Hause mit dem Homeschooling.

Englisch, ich kann ein paar Brocken noch, das wars.

Mathe ist mir auch mittlerweile zu hoch.

Diese Rechenarten, die die da haben.

Die Eltern machen sich große Sorgen, weil u.a. ihr Jüngster

während der Pandemie in der Schule schlechter wurde.

Gut war immer, wenn die Aufgaben leicht waren.

Blöd war, wenn ich Aufgaben nicht verstanden hab,

weil dann musste ich Lehrer anschreiben.

Dann haben die erst abends geschrieben.

V.a. eine Tochter sackte plötzlich massiv ab.

Oh ja.

Wir hatten letztens einen Anruf von der Lehrerin.

Überall 5, teilweise 6.

Keine Hausaufgaben abgegeben und, und, und.

Dass sie sitzenbleibt.

Oder z.B. letztes Zeugnis, Mathe 1.

Der ist jetzt auf ne 4, 5 runtergerutscht.

Nachhilfe könnte helfen, sagen die beiden, aber von welchem Geld?

Dabei gibt es seit bereits 10 Jahren das "Bildungs- und Teilhabepaket".

Also mehr Geld für Kinder aus einkommensschwachen Familien.

Ursula von der Leyen hat, damals noch als Arbeitsministerin,

das große Versprechen abgegeben:

Es geht doch heute darum,

dass wir für die bedürftigen Kinder wirklich etwas ändern im Land.

Packen wir es an, dass wir in diesem Land tatsächlich

auch Chancengerechtigkeit für die Kinder herstellen.

Vielen Dank.

Chancengerechtigkeit.

Das war das große Versprechen der Politik

mit dem Bildungs- und Teilhabepaket.

Es soll Kindern aus einkommensschwachen Familien

etwa das Mittagessen in Schule oder Kita zahlen

oder auch die Klassenfahrt und den Vereinsbeitrag.

Auch Nachhilfe soll eigentlich

aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bezahlt werden.

Damit die Kinder keine Nachteile haben,

nur weil den Familien das Geld dafür fehlt.

V.a.: Kinder haben einen Rechtsanspruch auf diese Gelder.

Z.B. eben auf Nachhilfe.

Aber dass die bezahlt würde,

davon hat Familie Montenbruck noch nie etwas gehört.

Da weiß ich nix von, hat noch keiner was zu uns gesagt.

Ich muss auch dazusagen, ich habe noch nie nachgefragt,

ob es das gibt für Nachhilfe.

Aber dass man von alleine von denen was gehört hat...

Nee, da kommt keiner und sagt dir, du kannst das und das beantragen.

Nein.

Das Jobcenter schreibt,

das stehe alles in den Unterlagen der Familie.

Doch in dem riesigen Aktenberg mit seinem Behördendeutsch

ist es zu den Montenbrucks nicht durchgedrungen.

Eigentlich sind die Jobcenter und Kommunen verpflichtet,

die Familien aktiv

über die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zu informieren.

Im Sozialgesetzbuch ist dafür ein "Hinwirkungsgebot" verankert.

Die Behörden sollen:

Dass genau das nicht funktioniert,

erleben Sarah Seeliger und Julius Bertram aus Berlin ständig.

Sie wollen insbesondere Kinder aus bedürftigen Familien zum Lesen

bringen, verschicken Bücherpakete und organisieren Lesungen.

Familien, die Anspruch auf Gelder aus dem Bildungs- und Teilhabepaket

haben, können sich die Kosten dafür erstatten lassen,

doch nur wenige wissen das überhaupt.

Also haben die beiden angefangen,

mit ehrenamtlichen Helfern die Familien vor Jobcentern deutschlandweit

über die ihnen zustehenden Gelder zu informieren.

Eine Aufgabe, die eigentlich die Jobcenter übernehmen müssten.

Wir haben gerade in den letzten Wochen

sehr häufig von den Jobcentern gehört,

dass Bildung und Teilhabe nur eine Randberatung ist.

Dass es nur in den letzten 5 min, wenn überhaupt, stattfindet.

Wenn man sich das überlegt, dass die 60 min Zeit haben,

um ihre Klient*innen zu beraten,

und 5 min dann auf das Bildungs- und Teilhabepaket entfallen,

ist das eine Unverschämtheit.

Geld, das bei Familien nicht ankommt.

Und die Bundesregierung interessiere es auch nicht, sagen Experten.

Wenn man eine sozialpolitische Leistung als Bund vorhält,

dann muss einen doch interessieren,

wie diese Leistung tatsächlich bei den Berechtigten auch ankommt, dass da

ein hohes Maß an Nicht-Wissen-Wollen tatsächlich vorhanden ist.

Da wird wohl gescheut, Verantwortung auch für die Umsetzung zu übernehmen.

Wohin all das führt, zeigen auch die Zahlen aus dem Corona-Jahr 2020.

Laut der Bundesagentur für Arbeit lebten vergangenes Jahr

rund 1,2 Mio. Schulkinder in Familien, die Hartz IV beziehen,

prinzipiell also Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket hätten.

Gerade einmal 14,7% dieser Kinder bekamen Geld,

etwa für die Mitgliedschaft im Sportverein.

Nachhilfe bekamen nur rund 11% der Kinder bezahlt

und eintägige Schulausflüge sogar nur 7,3%.

Vor Corona sahen diese Zahlen kaum besser aus.

Für Experten reicht es deshalb nicht,

die Behörden per Hinwirkungsgebot formal zur Beratung zu verpflichten.

Wir sind in der Pflicht,

diese Gelder tatsächlich an diese Kinder zu bringen.

Der Staat hat eine Bringschuld.

Von daher müsste dieses Hinwirkungsgebot

verändert werden zu einem Sicherstellungsgebot.

Das sind wir unseren Kindern schuldig.

Wir sind in Duisburg-Marxloh.

Hier leben zahlreiche bedürftige Familien.

Für viele Kinder aus solchen Stadtteilen

ist das Bildungs- und Teilhabepaket auf den Weg gebracht worden.

Chancengerechtigkeit?

Davon sei man heute so weit weg wie damals,

sagt Sylvia Brennemann.

Die Kinderkrankenschwester berät Familien nebenberuflich bei Problemen.

Dabei erfährt sie oft genug selbst, wie es ist, wenn man auch nur versucht,

bei den Behörden Fragen zum Bildungs- und Teilhabepaket loszuwerden.

Im Grunde genommen gerät man ja zunächst mal in die Warteschleife.

Und dann hat man, wenn man Pech hat, genervte und ruppige Mitarbeiter,

die auf der Verständnisebene mit den Klienten gar keinen Austausch, also,

dialogisch sind die nicht geschult, das ist auf jeden Fall klar.

Und die dann rein formal eben die Anforderungen vom PC ablesen,

die noch offen sind.

Und wenn man es dann endlich geschafft habe, dann komme die Bürokratie.

Formulare würden verschickt oder nicht, kämen wegen einer Kleinigkeit zurück.

Hilflos kapitulierten viele irgendwann, und die Kinder blieben auf der Strecke.

Diese Antragsformalitäten mit dem Behördendeutsch

und mit den ganzen Komplikationen, die damit zusammenhängen,

dienen letztlich dazu,

dass viele Familien nicht wollen und nicht mehr können und aufgeben.

Dann muss man sich die Frage stellen,

ist das vielleicht sogar politisch gewollt.

Die Bundesregierung verweist darauf,

dass die Kommunen für die Umsetzung zuständig seien.

Doch je nachdem, ob eine Familie Anspruch auf Hartz IV, Sozialhilfe,

Asylbewerberleistungen, Wohngeld oder den Kinderzuschlag hat,

ist unter Umständen entweder das Jobcenter,

das Sozialamt oder eine andere Stelle zuständig.

Die Verwaltungskosten des Bildungs- und Teilhabepaketes

beziffern Experten auf etwa 1/4 der jährlichen Gesamtkosten.

Das Bildungs- und Teilhabepaket

löst nicht umsonst bei ganz vielen Praktikern Hitzepickel aus,

wenn man nur das Stichwort Bildungs- und Teilhabepaket anspricht.

Weil eigentlich alle Erfahrungen zeigen:

Wir haben es hier mit einem Bürokratiemonster zu tun,

wo Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis mehr steht.

Jetzt hat die Bundesregierung ein weiteres Paket beschlossen.

Das "Corona-Aufholpaket".

Gedacht für Kinder, die z.B. Lernrückstände aufholen müssen.

Für Experten viel zu wenig.

Diese jetzt zur Verfügung gestellten Mittel reichen nicht aus,

weil sich jetzt noch mal ein ganz anderer Bedarf ergeben hat.

Der ist Corona-bedingt, und das ist nichts, was man innerhalb

von Sommerferien oder wenigen Monaten sozusagen abbaut.

D.h. wir müssten diese Gelder vervielfachen.

Für ihre Kinder sparen sich die Montenbrucks vieles vom Munde ab.

Bettina Montenbruck hat sich inzwischen

selbst das Nähen beigebracht.

Zumal kann man da schöne Einzelstücke erstellen,

die kein anderer trägt.

Es spart Geld und es macht mir jetzt richtig Spaß.

Wie man sieht.

Markus Montenbruck will nun Nachhilfe

für seine Kinder beantragen.

Damit sie einen möglichst guten Start ins Leben haben,

trotz aller Schwierigkeiten.


Armut in der Pandemie: Kinder als Verlierer Poverty in the pandemic: children as losers Pobreza na pandemia: as crianças como perdedoras

Die Corona-Pandemie stellt v.a. Familien mit geringem Einkommen

vor massive Probleme, etwa mit der Schule.

Die Kinder im Homeschooling. Viele Eltern überfordert.

Englisch, ich kann ein paar Brocken noch, und das wars.

Folge: Die Kinder werden in der Schule immer schlechter.

Z.B. letztes Zeugnis, Mathe 1.

Der ist jetzt auf ne 4, 5 runtergerutscht.

Nachhilfe wäre dringend nötig.

Aber wie, wenn das Geld fehlt?

Dabei zahlt der Staat einkommensschwachen Familien

Geld für Nachhilfe, für Schulessen,

Klassenfahrten oder die Vereinsbeiträge.

Kein Kind soll benachteiligt sein, nur weil Geld fehlt.

Das war schon vor 10 Jahren das große Versprechen der Bundesregierung.

Packen wir es an, dass wir in diesem Land tatsächlich auch Chancengerechtigkeit

für die Kinder herstellen.

Vielen Dank.

Chancengerechtigkeit?

Bis heute kommt das Geld bei den wenigsten Kindern an.

Wir wollen wissen: Wie kann das sein?

Und ist das vielleicht sogar politisch so gewollt?

Jetzt machen wir noch einmal einen Durchgang.

Blau, weiß, orange.

Markus Montenbruck

mit seinen Jungs und Mädchen vom SV Duissern in Duisburg.

3 Corona-Tests pro Woche, dafür gibts endlich wieder Training.

Gut, Julian.

Für den 59-Jährigen ist dies ein wichtiger Teil seines Lebens,

v.a. seit er nicht mehr arbeiten kann.

Knapp 38 Jahre habe er gearbeitet, u.a. im Straßenbau.

Vor 8 Jahren dann erlitt er einen Schlaganfall,

kurz später einen Herzinfarkt.

Heute bezieht Markus Montenbruck Erwerbsminderungsrente,

aufgestockt durch Hartz IV.

Er lebt mit seiner Frau und 4 ihrer 5 Kinder in Duisburg-Duissern.

Die Kinder, inzwischen Teenager, wollen lieber nicht gefilmt werden.

Nur dem Jüngsten, heute 11 Jahre alt,

dürfen wir kurz beim Homeschooling zuschauen.

Seine Mutter, Bettina Montenbruck, hat einen kaputten Rücken,

ist seit über einem Jahr krankgeschrieben.

Nach Abzug der Fixkosten blieben der Familie noch rund 1.000 Euro,

erzählen die beiden.

Wenn man jahrelang nur gearbeitet hat,

hat man ein ganz anderes Einkommen.

Dann muss man rechnen, dass auf einmal über die Hälfte von dem,

was man vorher an Einkommen hatte, ist weg auf einen Schlag,

von heute auf morgen.

Und dann auch noch Corona, alle zu Hause, immer wieder Konflikte.

Und dann die Belastung hier zu Hause mit dem Homeschooling.

Englisch, ich kann ein paar Brocken noch, das wars.

Mathe ist mir auch mittlerweile zu hoch.

Diese Rechenarten, die die da haben.

Die Eltern machen sich große Sorgen, weil u.a. ihr Jüngster

während der Pandemie in der Schule schlechter wurde.

Gut war immer, wenn die Aufgaben leicht waren.

Blöd war, wenn ich Aufgaben nicht verstanden hab,

weil dann musste ich Lehrer anschreiben.

Dann haben die erst abends geschrieben.

V.a. eine Tochter sackte plötzlich massiv ab.

Oh ja.

Wir hatten letztens einen Anruf von der Lehrerin.

Überall 5, teilweise 6.

Keine Hausaufgaben abgegeben und, und, und.

Dass sie sitzenbleibt.

Oder z.B. letztes Zeugnis, Mathe 1.

Der ist jetzt auf ne 4, 5 runtergerutscht.

Nachhilfe könnte helfen, sagen die beiden, aber von welchem Geld?

Dabei gibt es seit bereits 10 Jahren das "Bildungs- und Teilhabepaket".

Also mehr Geld für Kinder aus einkommensschwachen Familien.

Ursula von der Leyen hat, damals noch als Arbeitsministerin,

das große Versprechen abgegeben:

Es geht doch heute darum,

dass wir für die bedürftigen Kinder wirklich etwas ändern im Land.

Packen wir es an, dass wir in diesem Land tatsächlich

auch Chancengerechtigkeit für die Kinder herstellen.

Vielen Dank.

Chancengerechtigkeit.

Das war das große Versprechen der Politik

mit dem Bildungs- und Teilhabepaket.

Es soll Kindern aus einkommensschwachen Familien

etwa das Mittagessen in Schule oder Kita zahlen

oder auch die Klassenfahrt und den Vereinsbeitrag.

Auch Nachhilfe soll eigentlich

aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bezahlt werden.

Damit die Kinder keine Nachteile haben,

nur weil den Familien das Geld dafür fehlt.

V.a.: Kinder haben einen Rechtsanspruch auf diese Gelder.

Z.B. eben auf Nachhilfe.

Aber dass die bezahlt würde,

davon hat Familie Montenbruck noch nie etwas gehört.

Da weiß ich nix von, hat noch keiner was zu uns gesagt.

Ich muss auch dazusagen, ich habe noch nie nachgefragt,

ob es das gibt für Nachhilfe.

Aber dass man von alleine von denen was gehört hat...

Nee, da kommt keiner und sagt dir, du kannst das und das beantragen.

Nein.

Das Jobcenter schreibt,

das stehe alles in den Unterlagen der Familie.

Doch in dem riesigen Aktenberg mit seinem Behördendeutsch

ist es zu den Montenbrucks nicht durchgedrungen.

Eigentlich sind die Jobcenter und Kommunen verpflichtet,

die Familien aktiv

über die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zu informieren.

Im Sozialgesetzbuch ist dafür ein "Hinwirkungsgebot" verankert.

Die Behörden sollen:

Dass genau das nicht funktioniert,

erleben Sarah Seeliger und Julius Bertram aus Berlin ständig.

Sie wollen insbesondere Kinder aus bedürftigen Familien zum Lesen

bringen, verschicken Bücherpakete und organisieren Lesungen.

Familien, die Anspruch auf Gelder aus dem Bildungs- und Teilhabepaket

haben, können sich die Kosten dafür erstatten lassen,

doch nur wenige wissen das überhaupt.

Also haben die beiden angefangen,

mit ehrenamtlichen Helfern die Familien vor Jobcentern deutschlandweit

über die ihnen zustehenden Gelder zu informieren.

Eine Aufgabe, die eigentlich die Jobcenter übernehmen müssten.

Wir haben gerade in den letzten Wochen

sehr häufig von den Jobcentern gehört,

dass Bildung und Teilhabe nur eine Randberatung ist.

Dass es nur in den letzten 5 min, wenn überhaupt, stattfindet.

Wenn man sich das überlegt, dass die 60 min Zeit haben,

um ihre Klient*innen zu beraten,

und 5 min dann auf das Bildungs- und Teilhabepaket entfallen,

ist das eine Unverschämtheit.

Geld, das bei Familien nicht ankommt.

Und die Bundesregierung interessiere es auch nicht, sagen Experten.

Wenn man eine sozialpolitische Leistung als Bund vorhält,

dann muss einen doch interessieren,

wie diese Leistung tatsächlich bei den Berechtigten auch ankommt, dass da

ein hohes Maß an Nicht-Wissen-Wollen tatsächlich vorhanden ist.

Da wird wohl gescheut, Verantwortung auch für die Umsetzung zu übernehmen.

Wohin all das führt, zeigen auch die Zahlen aus dem Corona-Jahr 2020.

Laut der Bundesagentur für Arbeit lebten vergangenes Jahr

rund 1,2 Mio. Schulkinder in Familien, die Hartz IV beziehen,

prinzipiell also Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket hätten.

Gerade einmal 14,7% dieser Kinder bekamen Geld,

etwa für die Mitgliedschaft im Sportverein.

Nachhilfe bekamen nur rund 11% der Kinder bezahlt

und eintägige Schulausflüge sogar nur 7,3%.

Vor Corona sahen diese Zahlen kaum besser aus.

Für Experten reicht es deshalb nicht,

die Behörden per Hinwirkungsgebot formal zur Beratung zu verpflichten.

Wir sind in der Pflicht,

diese Gelder tatsächlich an diese Kinder zu bringen.

Der Staat hat eine Bringschuld.

Von daher müsste dieses Hinwirkungsgebot

verändert werden zu einem Sicherstellungsgebot.

Das sind wir unseren Kindern schuldig.

Wir sind in Duisburg-Marxloh.

Hier leben zahlreiche bedürftige Familien.

Für viele Kinder aus solchen Stadtteilen

ist das Bildungs- und Teilhabepaket auf den Weg gebracht worden.

Chancengerechtigkeit?

Davon sei man heute so weit weg wie damals,

sagt Sylvia Brennemann.

Die Kinderkrankenschwester berät Familien nebenberuflich bei Problemen.

Dabei erfährt sie oft genug selbst, wie es ist, wenn man auch nur versucht,

bei den Behörden Fragen zum Bildungs- und Teilhabepaket loszuwerden.

Im Grunde genommen gerät man ja zunächst mal in die Warteschleife.

Und dann hat man, wenn man Pech hat, genervte und ruppige Mitarbeiter,

die auf der Verständnisebene mit den Klienten gar keinen Austausch, also,

dialogisch sind die nicht geschult, das ist auf jeden Fall klar.

Und die dann rein formal eben die Anforderungen vom PC ablesen,

die noch offen sind.

Und wenn man es dann endlich geschafft habe, dann komme die Bürokratie.

Formulare würden verschickt oder nicht, kämen wegen einer Kleinigkeit zurück.

Hilflos kapitulierten viele irgendwann, und die Kinder blieben auf der Strecke.

Diese Antragsformalitäten mit dem Behördendeutsch

und mit den ganzen Komplikationen, die damit zusammenhängen,

dienen letztlich dazu,

dass viele Familien nicht wollen und nicht mehr können und aufgeben.

Dann muss man sich die Frage stellen,

ist das vielleicht sogar politisch gewollt.

Die Bundesregierung verweist darauf,

dass die Kommunen für die Umsetzung zuständig seien.

Doch je nachdem, ob eine Familie Anspruch auf Hartz IV, Sozialhilfe,

Asylbewerberleistungen, Wohngeld oder den Kinderzuschlag hat,

ist unter Umständen entweder das Jobcenter,

das Sozialamt oder eine andere Stelle zuständig.

Die Verwaltungskosten des Bildungs- und Teilhabepaketes

beziffern Experten auf etwa 1/4 der jährlichen Gesamtkosten.

Das Bildungs- und Teilhabepaket

löst nicht umsonst bei ganz vielen Praktikern Hitzepickel aus,

wenn man nur das Stichwort Bildungs- und Teilhabepaket anspricht.

Weil eigentlich alle Erfahrungen zeigen:

Wir haben es hier mit einem Bürokratiemonster zu tun,

wo Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis mehr steht.

Jetzt hat die Bundesregierung ein weiteres Paket beschlossen.

Das "Corona-Aufholpaket".

Gedacht für Kinder, die z.B. Lernrückstände aufholen müssen.

Für Experten viel zu wenig.

Diese jetzt zur Verfügung gestellten Mittel reichen nicht aus,

weil sich jetzt noch mal ein ganz anderer Bedarf ergeben hat.

Der ist Corona-bedingt, und das ist nichts, was man innerhalb

von Sommerferien oder wenigen Monaten sozusagen abbaut.

D.h. wir müssten diese Gelder vervielfachen.

Für ihre Kinder sparen sich die Montenbrucks vieles vom Munde ab.

Bettina Montenbruck hat sich inzwischen

selbst das Nähen beigebracht.

Zumal kann man da schöne Einzelstücke erstellen,

die kein anderer trägt.

Es spart Geld und es macht mir jetzt richtig Spaß.

Wie man sieht.

Markus Montenbruck will nun Nachhilfe

für seine Kinder beantragen.

Damit sie einen möglichst guten Start ins Leben haben,

trotz aller Schwierigkeiten.