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2021 Tagesschau, tagesthemen 27.08.2021, 22:00 Uhr - Die Zurückgebliebenen wenden sich an die Welt, Nach Evakuierungseinsatz in Afghanist

tagesthemen 27.08.2021, 22:00 Uhr - Die Zurückgebliebenen wenden sich an die Welt, Nach Evakuierungseinsatz in Afghanist

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.08.2021)

Solche Bilder gibt es selten.

Die Verteidigungsministerin

umarmt den Leiter der Evakuierungsmission.

Einer der gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr geht zu Ende.

Willkommen zu den tagesthemen.

Für viele fühlte sich der Hindukusch weit weg an.

Ein Militäreinsatz,

von dem wir im Alltag persönlich nicht betroffen waren.

Das blutige Scheitern brachte uns das Geschehen wieder nahe -

mit voller Wucht.

Nach fast 20 Jahren und 59 deutschen Opfern

endet heute der Afghanistan-Einsatz.

Mehrere Maschinen der Bundeswehr landeten in Wunstorf bei Hannover.

An Bord rund 600 Soldat*innen

gemeinsam mit ihrer obersten Befehlshaberin:

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer.

Vom Drehkreuz der Bundeswehr im Taschkent waren sie gestartet.

Über 5000 Menschen konnten die deutschen Soldaten

aus Afghanistan retten.

Doch mehrere Tausend hoffen weiter auf deutsche Hilfe.

Ihre Rufe über Handy-Nachrichten werden immer verzweifelter.

Ahmad ist Journalist.

Er hat für die Bundeswehr gearbeitet, berichtete kritisch über die Taliban.

Er stehe auf ihrer Todesliste, fürchtet er.

Ich habe die toten Körper gesehen nach der Explosion.

Das hat mich schockiert, verrückt gemacht.

Wenn die Amerikaner jetzt auch gehen und mich hier zurücklassen

wie die Deutschen, was wird dann nur?

Mohammad, wir nennen seinen richtigen Namen nicht,

lebt versteckt in Afghanistan mit zwei kleinen Kindern.

Er erzählt uns:

Die Leute erkennen uns als Arbeitskräfte für die Deutschen.

Niemand kann sich vorstellen, wie hart unser Leben ist.

Jetzt fragen sogar unsere Kinder:

Was wird jetzt aus dir, was wird aus uns?

Meine größte Angst ist,

von den Taliban getötet oder gefoltert zu werden.

Ali, auch er heißt anders.

Er war Übersetzer der Bundeswehr in Masar-e Scharif,

flehte Anfang der Woche mit seiner Familie um Hilfe.

Heute diese Nachricht:

Ich habe eurer Armee über acht Jahre in Afghanistan gedient.

Jetzt, ohne Gründe, habt ihr mich und meine Familie zurückgelassen.

Ich bitte euch: Rettet uns.

Wenn wir getötet werden, trägt eure Regierung die Verantwortung.

Für die vielen Menschen, die der Taliban-Herrschaft entkommen wollen,

stand das Tor in die freie Welt zuletzt nur einen Spalt weit offen.

Wenn die USA in einigen Tagen ihre Evakuierungen beenden,

bleibt es womöglich für lange Zeit geschlossen.

Dieses Tor zur Freiheit ist vor allem der Flughafen Kabul.

Von Deutschland aus konnten wir nur hilflos zusehen,

wie sich Zehntausende drängten, um in ein Flugzeug zu gelangen.

Gestern der Anschlag am Flughafen:

Fast 100 Menschen starben, viel mehr wurden verletzt.

Es bleiben noch mehr Angst und Verunsicherung.

Eine Liste mit den Verletzten an einem Krankenhaus in Kabul.

Viele afghanische Familien suchen nach dem Anschlägen Angehörige,

in der Hoffnung, dass sie noch am Leben sind.

Wir haben in jedem Krankenhaus nach ihm gesucht,

bis wir hier seinen Namen auf der Liste gefunden haben.

Er ist 19 und wollte in die USA.

Militärflughafen Kabul heute.

Wenige Menschen wurden von US-Soldaten aufs Rollfeld gebracht.

Die Taliban sperrten die Straßen weit vor dem Gelände.

Gestern waren die Zufahrtswege noch überfüllt.

Heute zeigen Satellitenaufnahmen die neue Lage.

In Kabuls Innenstadt sammeln sich jetzt die Flüchtlinge.

Auch diese Familie wollte nach Deutschland -

mit dem Visum einer Schwester.

Die Deutschen aber haben gestern Kabul verlassen.

Wir sind seit einer Woche hier, haben alles verkauft.

Wir wurden nicht in den Flughafen gelassen.

Niemand wollte unsere Dokumente sehen.

Das Chaos haben Menschen ohne Visum verursacht.

Grenzübergang zu Pakistan.

Immer mehr Menschen kommen und wollen das Land verlassen.

Man kommt nur mit einem Visum durch, alle anderen werden zurückgewiesen.

Wir haben eine große Bevölkerungswanderung erlebt,

seit die Menschen völlig verunsichert sind.

Eine halbe Million Menschen musste fliehen,

oft mit nichts in der Hand.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk hat Pakistan aufgefordert,

Afghanen ohne Visum ins Land zu lassen.

Das Welternährungsprogramm will von Pakistan aus

Lebensmittel und Medikamente nach Afghanistan bringen.

Menschen in Not in Afghanistan solle weiter geholfen werden.

Das hat Kanzlerin Merkel angekündigt.

Doch die Verbindung in das Land, das demokratisiert werden sollte,

ist mehr oder weniger gekappt.

Die Diskussion geht weiter,

um Afghanistan und welche Rolle Deutschland einnehmen kann.

Michael Stempfle.

Das Ende einer elftägigen lebensgefährlichen Rettungsmission.

Drei Bundeswehr-Maschinen landen auf dem Fliegerhorst Wunstorf.

An Bord: 600 Einsatzkräfte der Bundeswehr.

Die größte Evakuierungsmission der Bundesrepublik geht für sie zu Ende.

Die Soldaten dürften erst mal erleichtert sein.

Sie haben mehr als 5300 Menschen aus Afghanistan gebracht,

vor der Taliban-Herrschaft gerettet.

Ein hochdynamischer Einsatz, mit nichts vorher zu vergleichen.

Jeder geht an seine Belastungsgrenze.

Jeder bringt sich ein, um es möglich zu machen.

Das ist eine hervorragende Leistung.

Einigen Zurückgekehrten

dürfte der Anschlag in Kabul noch in den Knochen stecken.

Das Attentat ereignete sich,

als sich die letzte Maschine in Kabul zum Abflug bereit machte.

Wir haben Ihnen und den Männern und Frauen vor Ort

das Vertrauen geschenkt.

Sie haben das Vertrauen und unsere Erwartungen mehr als erfüllt.

Unter Führung des Brigadegenerals Jens Arlt

ist die militärische Evakuierung beendet.

Es bleibt Wehmut.

300 Deutsche und Tausende Ortskräfte

konnten die Soldaten nicht mehr aus Afghanistan holen.

Zu groß war die Gefahr, Anschlägen zum Opfer zu fallen.

Der Zeitdruck - enorm.

Sie wurden beim Attentat nicht verletzt oder getötet.

Allerdings starben 13 Kameraden des Verbündeten USA.

Unsere Soldaten haben alles gegeben.

Jetzt müssen wir uns generell mit Auslandseinsätzen beschäftigen.

Sie wird vorerst kein Befehl zurück nach Afghanistan bringen.

Die Bundesregierung muss diplomatisches Geschick zeigen.

Sie muss mit den Taliban und Anrainern verhandeln,

um Deutsche und Ortskräfte herauszubekommen.

Alles unter der Gefahr weiterer Terroranschläge.

Vergeltung ist keine völkerrechtliche Kategorie.

Man muss die Hintermänner des Anschlags finden.

Man muss sie entsprechend bestrafen.

Man muss Ursachen des Terrorismus bekämpfen.

Das Ende einer erfolgreichen Rettungsmission.

Applaus, aber kein Grund zum Feiern.

Die Lage in Afghanistan lässt dies nicht zu.

US-Präsident Joe Biden schien nach dem Attentat in Kabul

und den toten US-Soldaten tief erschüttert.

Der Krieg gegen den Terror nimmt kein Ende.

Und der Terror auch nicht.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001

sollten Al-Kaida und Taliban bekämpft werden.

Damit auf US-Boden und in der ganzen westlichen Welt

keine Gefahr von den Terror-Gruppen ausgehe.

Geheilt hat dieser Einsatz nicht.

2500 US-Soldaten verloren ihr Leben dabei,

die USA sind erschöpft von Kriegen.

Mit dem katastrophalen Abzug aus Afghanistan

ist in den USA die Wunde noch größer geworden.

Drei Brüder zogen als US-Soldaten nach Afghanistan,

kämpften dort insgesamt 1600 Tage - nur einer kam zurück.

Beau Wise ist Veteran

und kämpft doch heute wieder, mit den Bildern aus Afghanistan.

Ich schaue täglich Nachrichten, vom Sonnenauf- bis -untergang.

Ich schreie den Fernsehen an oder könnte kotzen.

Manchmal fühle ich mich nur emotional ausgelaugt.

Sein Bruder Jeremy war bei der Navy,

arbeitete dann für den Auslandsgeheimdienst.

Er starb 2009 durch einen Selbstmordattentäter.

Bruder Ben war beim Heer.

Er verlor 2012 im Kugelhagel der Taliban beide Beine

und starb im Militärkrankenhaus.

Wie die US-Mehrheit war Beau Wise für einen Abzug aus Afghanistan.

Aber nicht so!

Unwürdig und demütigend findet er das überstürzte Abrücken

und die politische Rechtfertigung.

Alles billiges Gerede.

Ich will Bodentruppen im Einsatz sehen.

Wir haben das zu lange zu gut gemacht,

um das niedergehen zu sehen, Taliban-Regeln befolgen zu müssen.

Das macht mich krank, das ist lächerlich.

Es ist ein schwarzer Tag für die Amerikaner.

Präsident Biden würdigt die toten und verwundeten Soldaten

und will trotzdem weiter Menschen ausfliegen.

Die IS-Terroristen werden nicht gewinnen.

Wir werden die Amerikaner retten, afghanische Verbündete rausholen

und unsere Mission fortführen.

Amerika wird sich nicht einschüchtern lassen.

Es ist der bisherige Tiefpunkt seiner Präsidentschaft.

Biden zeigt sich erschüttert, aber entschlossen zur Vergeltung.

Wir werden nicht vergeben.

Wir werden nicht vergessen.

Wir werden euch jagen und büßen lassen.

Am Tag danach dominiert Bitterkeit in Washington.

Für Empörung sorgt,

dass US-Militärs Listen an die Taliban weitergaben:

Mit Namen von Amerikanern und afghanischen Helfern

mit der Bitte, sie passieren zu lassen.

So viel Vertrauen in den Feind bringt nicht nur die Opposition auf.

Ich bin frustriert über diesen Präsidenten.

Will man Präsident der freien Welt sein,

braucht man das Vertrauen der Amerikaner.

Präsident Biden hat das gestern verloren.

Auch Veteran Beau Wise

will eine Untersuchung der Abzugsstrategie.

Er hadert mit dem Ende nach 20 Jahren.

War es das Opfer seiner Brüder wert?

Sie haben als Helden gelebt und sind auch so gestorben.

Mit dem Wissen, was meine Brüder bewirkt haben,

wie viele sie gerettet haben, garantiere ich:

Sie würden es wieder tun, auch ich.

Eine schwierige Zeit für Amerikas Veteranen

und alle, die Angehörige in Afghanistan verloren haben.

Vier Tage voller Gefahren bis zum Einsatz-Ende.

Der Abzug aus Afghanistan und wie es weitergeht.

Dazu spreche ich mit dem Obmann

der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss.

Roderich Kiesewetter von der CDU, guten Abend.

Viele bezeichnen den Einsatz in Afghanistan

als "größte politische Niederlage des Westens".

Wie bezeichnen Sie ihn?

Ich sehe insbesondere den Zusammenhalt des Bündnisses.

Die Amerikaner haben das unter Trump verursacht.

Nun haben die Taliban die Macht übernommen.

Durch den überstürzten Abzug sind wir als Westen diskreditiert.

Aber in 20 Jahren hat die Bundeswehr ihren Auftrag erfüllt.

Eine ganze Generation von Afghanen hat Lesen und Schreiben gelernt.

Jetzt geht es darum,

dass sie nicht in die Steinzeit zurück bombardiert werden.

Der US-Präsident hat Vergeltung angekündigt.

Der Anfang eines neuen Krieges?

Wir müssen anerkennen,

dass die Amerikaner 13 Soldaten verloren haben.

Da kommt natürlich eine Stimmung hoch.

Aber jetzt muss man alles tun,

dass die verbliebenen Ortskräfte gerettet werden.

Allein für die Deutschen sind es über 5000.

Wenn ein Präsident Trump mit den Taliban verhandelt,

muss man jetzt erst recht mit denen verhandeln.

Sie sind in Konkurrenz mit dem IS und Regierungstruppen.

Handlungsfähigkeit muss hergestellt werden.

Wir müssen die Menschen retten.

Beeindruckend, was die Bundeswehr gerade geleistet hat.

Mit den Taliban wurde lange nicht gesprochen.

Können die jetzt zu Verhandlungspartnern werden?

Die Taliban haben lange Zeit in Doha eine diplomatische Zelle gehabt.

Die USA haben vor über einem Jahr mit den Verhandlungen begonnen.

Verhandelt wurde allerdings

ohne Einbeziehung der afghanischen Regierung.

Wir müssen nach vorne schauen.

Das Volk muss in seinem Land bleiben können.

Es sind 40 Millionen Menschen.

Wir müssen alles tun,

dass dieses Land eine Perspektive hat.

Der Westen hat versprochen,

dass Afghanistan bis 2024 normales Entwicklungsland wird.

Dieses Versprechen wurde über Nacht aufgegeben.

Der Einsatz der Soldaten und Entwicklungshelfer

darf nicht vergebens gewesen sein.

Die Afghanen bauen mehrheitlich auf weitere Hilfe aus dem Westen.

Der Schaden muss begrenzt werden.

Den Menschen in Afghanistan soll geholfen werden.

Das hat auch die Kanzlerin angekündigt

und die Verteilungsministerin.

Es hört sich wie eine leere Versprechung an.

Es geht nicht um leere Versprechungen.

Es geht um eine politische Absichtserklärung.

Wir haben viele Entwicklungshelfer dort.

Wir haben dort viele Projekte.

Etwa Kinderberg operiert aus Stuttgart heraus.

Sie haben Hundertausenden Frauen geholfen.

Entscheidend ist,

dass wir aus der Krise lernen.

Alle Einsätze müssen geprüft werden.

Wir müssen ein Konzept für die Evakuierung von Ortskräften haben.

Wir brauchen eine bestausgestattete Bundeswehr.

Die Einsätze müssen geprüft werden.

Wir dürfen nicht einfach Mandate fortschreiben.

Der Bundestag kann nur zustimmen,

wenn der Fortschritt und Defizite untersucht werden.

Das sind Lektionen, die wir jetzt bitter lernen.

Das ist der Blick nach vorn.

Viele haben mit den Deutschen zusammengearbeitet.

Mehrere 1000 warten noch.

Auf deutsche Hilfe.

Wie kann ihnen geholfen werden?

Viele Abgeordnete bekommen täglich Post.

Von Menschen, die sich uns anvertraut worden sind.

Wir müssen mit den Taliban verhandeln.

Das macht der Afghanistan-Beauftragte.

Unsere Anstrengung müssen wir stärker koordinieren.

Etwa über einen Bundes-Sicherheitsrat.

Wir müssen auch mit unseren Partner zusammenarbeiten.

Alle sind jetzt betroffen.

Wir müssen Angebote machen, dass die künftige Regierung erkennt:

Eine Zusammenarbeit mit dem Westen lohnt sich.

Der strategische Gewinner dort ist China.

Es ist nicht unser Interesse, dass die aufgebaute Infrastruktur

jetzt in chinesische Verantwortung übergeht.

Wir müssen partnerschaftlich handeln.

Wir müssen ein gemeinsames Konzept entwickeln,

das auch die Taliban akzeptieren.

Sie brauchen Rückhalt in der kriegsmüden Gesellschaft.

Wir brauchen Diplomatie und Entwicklungshilfe.

Das wird uns noch lange beschäftigen.

Afghanistan, ein Ende mit Schrecken.

Die Meinung von Stefan Niemann, unserem Ex-USA-Korrespondenten.

Ein Ende mit Schrecken.

Von Taliban und Terroristen doppelt gedemütigt

ziehen die US-Truppen bald ab.

Biden schwört, man werde die Drahtzieher des Anschlags jagen,

alle US-Bürger und Schutzbedürftige noch irgendwie retten.

Aber für die meisten Amerikaner fühlt sich das wie Kapitulation an,

militärisch und moralisch.

Der unrühmliche Abzug nach einem langen Krieg,

der aus meiner Sicht immer eine Mission Impossible war.

Nach dem 9/11-Trauma hielten Bush und Obama fest an einem Irrglauben:

Truppen aus der Fremde könnten Afghanistan dauerhaft befrieden

neben ihrem Anti-Terror-Kampf und trotz ziviler Opfer.

Das von Stammesfehden und ethnischen Konflikten geprägte Land

sollten die "guten Amerikaner" in einen Hort der Demokratie verwandeln.

Dabei war den US-Geheimdiensten nicht verborgen geblieben,

wie Milliarden in dunklen Kanälen der Kabuler Regierung versickerten.

Wie Afghanistans Führung das Vertrauen des Volkes verspielte,

die Taliban erneut Einfluss gewannen.

Dennoch hatte Ex-Präsident Trump Amerikas Abzug angekündigt,

die Mehrheit der kriegsmüden Bevölkerung hinter sich.

Ein fataler Fehler:

Trump hatte den Taliban fast bedingungslos vertraut.

Die konnten ihre Machtübernahme so monatelang vorbereiten.

Doch auf Bidens Konto geht der chaotische Abzug,

die fahrlässig spät gestartete Rettungsaktion für Zehntausende.

Die bangen nun um Leib und Leben.

Als Schmach für Amerika und die Alliierten

dürfte er in die Geschichte eingehen: der Krieg in Afghanistan.

Die Meinung von Stefan Niemann.

Schauen wir nach Deutschland.

Dorthin, wo das Hochwasser mehr als 180 Menschen das Leben kostete

und ganze Ortschaften in NRW und Rheinland-Pfalz zerstörte.

Einwohner und Helfer arbeiten bis heute hart am Wiederaufbau.

Die Schäden sollen mit finanzieller Unterstützung repariert werden.

Doch das wird Jahre dauern.

Aber da, wo Menschen starben,

wird die Welt wohl nie wieder in Ordnung sein.

Heute konnten Betroffene Trost erhalten und Helfer Dank.

Kultbands wie die Höhner, Bläck Fööss und Brings

treten in Bad Münstereifel auf.

Rupert Wiederwald war vor Ort.

Freundinnen, die zusammen einen schönen Abend erleben wollen.

Viele in Bad Münstereifel freuen sich auf Ablenkung.

Wir sind froh, von zu Hause wegzukommen.

Nicht immer das Elend zu sehen.

Einige Hundert Tickets hatten die Organisatoren verteilt

an Menschen, die hart getroffen waren.

Die Helfer, die seit Wochen

täglich Schlamm und Müll aus den Orten schaffen.

Sie sollten sich mal erholen können.

Fast sechs Wochen haben wir nur abgebaut.

Wir hatten keine Straße mehr.

Heute ist der erste Abend,

wo man mal an was anderes denken kann.

Die Gegend um Bad Münstereifel ist einer der Orte,

die durch die Flut am stärksten getroffen waren.

Die Erft zerstörte große Teile der historischen Altstadt.

Es folgte viel Solidarität und Hilfe.

Das Konzert heute will das feiern, Danke sagen und Mut machen.

Wir haben für alles Sponsoren gefunden.

Wir hatten keine Kosten.

Die Bühne, die Technik - alles ist Sponsoring.

Das ist großartig.

Nur das Wetter macht nicht mit.

Immer wieder Schauer - egal.

Das Konzert beginnt, die Leute bleiben.

Entschlossen, sich nicht vom Regen wieder alles verderben zu lassen.

Wir müssen das Beste draus machen, aber wir haben Spaß.

Kölsche Musik gegen die Schwernisse der Flut.

Das wirkte auch in der Eifel.

Das trifft einen Nerv, spätestens wenn die Bläck Fööss

das Lied vom Zusammenhalt im Viertel singen.

Trotz Regen war es superschön.

Wir haben durchgehalten.

Durchhalten, zusammen, das haben sie heute gefeiert.

In Österreich wurde der Ex-Vize-Kanzler Strache verurteilt.

Der Nachrichten-Überblick:

Strache wurde im Zusammenhang mit der "Ibiza-Affäre"

wegen Bestechlichkeit verurteilt:

Zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung.

Die Anklage:

Strache habe dem Eigentümer einer Privatklinik

zu einer vorteilhaften Gesetzesänderung verholfen.

Im Gegenzug habe Straches Partei, die FPÖ, Spenden erhalten.

Strache hatte in einem verdeckt gefilmten Video auf Ibiza

über fragwürdige Methoden der Parteienfinanzierung gesprochen.

Sein Verteidiger legte Berufung ein.

Kanzlerin Merkel hat im Kampf gegen die Pandemie gefordert,

Afrika schnell mit Impfstoff zu versorgen.

Nach einer Konferenz mit Staats- und Regierungschefs Afrikas

nannte Merkel es eine "dramatische Ungerechtigkeit":

In Deutschland seien über 60 % der Bevölkerung geimpft,

in Afrika nur 2 %.

Die Bundesregierung prüft,

ob bei der Bahn und auf Inlandsflügen die 3G-Regel eingeführt werden kann.

Wer nicht geimpft oder genesen ist, braucht dann einen negativen Test.

Diese Regel gilt bereits bei Flügen ins Ausland.

Laut Regierungssprecher Seibert wird geprüft,

wie Kontrollen organisiert werden könnten.

Der Bauernverband rechnet für 2020 mit einer enttäuschenden Ernte.

Die Getreideerträge würden unterdurchschnittlich ausfallen,

so die vorläufige Bilanz.

Die Gründe seien das Wetter.

Es habe regional zu viel oder zu wenig Regen

sowie zu wenig Sonne gegeben.

Dazu seien Wetterextreme wie Starkregen und Hagel gekommen.

Bei den Paralympics sehen wir im Stadion

manchmal zwei nebeneinander auf einer Bahn.

Läufer, die sehr wenig sehen oder die gar blind sind,

dürfen einen Guide an ihrer Seite haben.

Der hilft, dass sie nicht den idealen Weg verlassen.

Beide sind verbunden durch ein Gummiband.

Eine besondere sportliche Verbindung

zwischen Sportlern mit Handicap und ohne.

Einem deutschen Paar entglitt heute beim 100-Meter-Lauf das Band.

Sie wurden disqualifiziert,

weil sie nicht gleichzeitig über die Ziellinie liefen.

Über der Tag im deutschen Team:

Erstmals in ihrer langen Paralympics-Karriere

gehen die Judo-Zwillingsschwestern Brussig leer aus.

Keine Medaille für die sehbehinderten Judokas.

Es ist das Mutterland vom Judosport.

Wir haben gesagt: Es klappt oder es klappt nicht.

Es ist in Ordnung so.

Ramona und Carmen teilen alles.

Beide gewinnen Gold in London 2012,

beide Silber vier Jahre später in Rio.

Und jetzt nichts in Tokio.

Die Enttäuschung ist riesig.

Vielleicht noch eine EM, aber keine Spiele mehr.

Vielleicht überredet ja die eine die andere noch zum Weitermachen.

Thomas Schmidberger (29) aus Zwiesel

hat eine Medaille im Para-Tischtennis sicher.

Der Niederbayer gibt keinen Satz ab,

gewinnt gegen den Chinesen Ping Zhao mit 3:0 und zieht ins Halbfinale ein.

Der Verlierer dort hat Bronze schon sicher.

Auch Valentin Baus (25) aus Bochum steht im Halbfinale.

Edelmetall ist garantiert.

Die Rollstuhl-Basketballerinnen stehen vorzeitig im Viertelfinale.

Der Sieg gegen Großbritannien ist nie gefährdet.

Mareike Miller, die deutsche Fahnenträgerin,

erzielt 21 Punkte.

Riesenerfolg für die Männer gegen den Weltmeister Großbritannien.

Bester Werfer ist Thomas Böhme mit 27 Punkten.

Wir haben gut verteidigt, ihnen schwere Würfe gegeben.

Gegen Ende wurden wir etwas fahrlässig.

Da haben sie etwas aufgeholt.

Das ändert nichts

an der Motivation für das Spiel gegen den WM-Dritten Australien.

Es gibt noch mehr Gewinner, bei der Grimme-Preis-Verleihung.

U.a. wurde Carolin Kebekus für ihre Show im Ersten ausgezeichnet

und Isabel Schayani und Mai Thi Nguyen-Kim.

Und für uns bei den tagesthemen eine große Freude:

Caren Miosga erhält für ihre journalistische Arbeit

die "besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands".

Der ist Stifter dieses Preises in Marl.

Herzlichen Glückwünsch.

Gibt's ein preiswürdiges Wetter für das Wochenende, Sven?

Es ist die Frage, welchen Preis man bekommen will.

Es wird eher der Preis für Wechselhaftigkeit.

Von mir auch einen Glückwunsch, Caren.

Wir schauen uns eine Wolke an.

So versuche ich, wechselhaftes Wetter aufzupushen.

Wir schauen einfach mal auf Wolken.

Das war ein kräftiger Schauer über der Nordsee.

Das ist ein Foto, man sieht, es ist was los.

Der Fotograf wurde nachher sehr nass.

Das ist der Satelliten-Film von Deutschland.

Das ist der Kern des Tiefs.

Das ist eine Drehbewegung.

Die Sonne strahlte die Wolkentürme an.

Wir schauen auf die Wettervorschau.

Weitere Regenfälle kommen.

Über die Ostsee.

Die Schauer sind über den Mittelgebirgen.

Auch morgen gibt es Schauer.

Gewitter sind zwischendurch denkbar.

Die Temperaturen:

Der Ausblick:

Das Wetter ist wechselhaft.

Vielen Dank, Sven Plöger.

Das waren die tagesthemen am Freitag.

Hier folgt ein spannender Tatort mit Batic und Leitmayr.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende.

Wenn Sie mögen, sehen wir uns morgen Abend wieder.

Bis dahin.

Copyright Untertitel: NDR 2021


tagesthemen 27.08.2021, 22:00 Uhr - Die Zurückgebliebenen wenden sich an die Welt, Nach Evakuierungseinsatz in Afghanist tagesthemen 2021年8月27日 22:00 - 残された人々は世界に目を向ける。

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.08.2021)

Solche Bilder gibt es selten.

Die Verteidigungsministerin

umarmt den Leiter der Evakuierungsmission.

Einer der gefährlichsten Einsätze der Bundeswehr geht zu Ende.

Willkommen zu den tagesthemen.

Für viele fühlte sich der Hindukusch weit weg an.

Ein Militäreinsatz,

von dem wir im Alltag persönlich nicht betroffen waren.

Das blutige Scheitern brachte uns das Geschehen wieder nahe -

mit voller Wucht.

Nach fast 20 Jahren und 59 deutschen Opfern

endet heute der Afghanistan-Einsatz.

Mehrere Maschinen der Bundeswehr landeten in Wunstorf bei Hannover.

An Bord rund 600 Soldat*innen

gemeinsam mit ihrer obersten Befehlshaberin:

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer.

Vom Drehkreuz der Bundeswehr im Taschkent waren sie gestartet.

Über 5000 Menschen konnten die deutschen Soldaten

aus Afghanistan retten.

Doch mehrere Tausend hoffen weiter auf deutsche Hilfe.

Ihre Rufe über Handy-Nachrichten werden immer verzweifelter.

Ahmad ist Journalist.

Er hat für die Bundeswehr gearbeitet, berichtete kritisch über die Taliban.

Er stehe auf ihrer Todesliste, fürchtet er.

Ich habe die toten Körper gesehen nach der Explosion.

Das hat mich schockiert, verrückt gemacht.

Wenn die Amerikaner jetzt auch gehen und mich hier zurücklassen

wie die Deutschen, was wird dann nur?

Mohammad, wir nennen seinen richtigen Namen nicht,

lebt versteckt in Afghanistan mit zwei kleinen Kindern.

Er erzählt uns:

Die Leute erkennen uns als Arbeitskräfte für die Deutschen.

Niemand kann sich vorstellen, wie hart unser Leben ist.

Jetzt fragen sogar unsere Kinder:

Was wird jetzt aus dir, was wird aus uns?

Meine größte Angst ist,

von den Taliban getötet oder gefoltert zu werden.

Ali, auch er heißt anders.

Er war Übersetzer der Bundeswehr in Masar-e Scharif,

flehte Anfang der Woche mit seiner Familie um Hilfe.

Heute diese Nachricht:

Ich habe eurer Armee über acht Jahre in Afghanistan gedient.

Jetzt, ohne Gründe, habt ihr mich und meine Familie zurückgelassen.

Ich bitte euch: Rettet uns.

Wenn wir getötet werden, trägt eure Regierung die Verantwortung.

Für die vielen Menschen, die der Taliban-Herrschaft entkommen wollen,

stand das Tor in die freie Welt zuletzt nur einen Spalt weit offen.

Wenn die USA in einigen Tagen ihre Evakuierungen beenden,

bleibt es womöglich für lange Zeit geschlossen.

Dieses Tor zur Freiheit ist vor allem der Flughafen Kabul.

Von Deutschland aus konnten wir nur hilflos zusehen,

wie sich Zehntausende drängten, um in ein Flugzeug zu gelangen.

Gestern der Anschlag am Flughafen:

Fast 100 Menschen starben, viel mehr wurden verletzt.

Es bleiben noch mehr Angst und Verunsicherung.

Eine Liste mit den Verletzten an einem Krankenhaus in Kabul.

Viele afghanische Familien suchen nach dem Anschlägen Angehörige,

in der Hoffnung, dass sie noch am Leben sind.

Wir haben in jedem Krankenhaus nach ihm gesucht,

bis wir hier seinen Namen auf der Liste gefunden haben.

Er ist 19 und wollte in die USA.

Militärflughafen Kabul heute.

Wenige Menschen wurden von US-Soldaten aufs Rollfeld gebracht.

Die Taliban sperrten die Straßen weit vor dem Gelände.

Gestern waren die Zufahrtswege noch überfüllt.

Heute zeigen Satellitenaufnahmen die neue Lage.

In Kabuls Innenstadt sammeln sich jetzt die Flüchtlinge.

Auch diese Familie wollte nach Deutschland -

mit dem Visum einer Schwester.

Die Deutschen aber haben gestern Kabul verlassen.

Wir sind seit einer Woche hier, haben alles verkauft.

Wir wurden nicht in den Flughafen gelassen.

Niemand wollte unsere Dokumente sehen.

Das Chaos haben Menschen ohne Visum verursacht.

Grenzübergang zu Pakistan.

Immer mehr Menschen kommen und wollen das Land verlassen.

Man kommt nur mit einem Visum durch, alle anderen werden zurückgewiesen.

Wir haben eine große Bevölkerungswanderung erlebt,

seit die Menschen völlig verunsichert sind.

Eine halbe Million Menschen musste fliehen,

oft mit nichts in der Hand.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk hat Pakistan aufgefordert,

Afghanen ohne Visum ins Land zu lassen.

Das Welternährungsprogramm will von Pakistan aus

Lebensmittel und Medikamente nach Afghanistan bringen.

Menschen in Not in Afghanistan solle weiter geholfen werden.

Das hat Kanzlerin Merkel angekündigt.

Doch die Verbindung in das Land, das demokratisiert werden sollte,

ist mehr oder weniger gekappt.

Die Diskussion geht weiter,

um Afghanistan und welche Rolle Deutschland einnehmen kann.

Michael Stempfle.

Das Ende einer elftägigen lebensgefährlichen Rettungsmission.

Drei Bundeswehr-Maschinen landen auf dem Fliegerhorst Wunstorf.

An Bord: 600 Einsatzkräfte der Bundeswehr.

Die größte Evakuierungsmission der Bundesrepublik geht für sie zu Ende.

Die Soldaten dürften erst mal erleichtert sein.

Sie haben mehr als 5300 Menschen aus Afghanistan gebracht,

vor der Taliban-Herrschaft gerettet.

Ein hochdynamischer Einsatz, mit nichts vorher zu vergleichen.

Jeder geht an seine Belastungsgrenze.

Jeder bringt sich ein, um es möglich zu machen.

Das ist eine hervorragende Leistung.

Einigen Zurückgekehrten

dürfte der Anschlag in Kabul noch in den Knochen stecken.

Das Attentat ereignete sich,

als sich die letzte Maschine in Kabul zum Abflug bereit machte.

Wir haben Ihnen und den Männern und Frauen vor Ort

das Vertrauen geschenkt.

Sie haben das Vertrauen und unsere Erwartungen mehr als erfüllt.

Unter Führung des Brigadegenerals Jens Arlt

ist die militärische Evakuierung beendet.

Es bleibt Wehmut.

300 Deutsche und Tausende Ortskräfte

konnten die Soldaten nicht mehr aus Afghanistan holen.

Zu groß war die Gefahr, Anschlägen zum Opfer zu fallen.

Der Zeitdruck - enorm.

Sie wurden beim Attentat nicht verletzt oder getötet.

Allerdings starben 13 Kameraden des Verbündeten USA.

Unsere Soldaten haben alles gegeben.

Jetzt müssen wir uns generell mit Auslandseinsätzen beschäftigen.

Sie wird vorerst kein Befehl zurück nach Afghanistan bringen.

Die Bundesregierung muss diplomatisches Geschick zeigen.

Sie muss mit den Taliban und Anrainern verhandeln,

um Deutsche und Ortskräfte herauszubekommen.

Alles unter der Gefahr weiterer Terroranschläge.

Vergeltung ist keine völkerrechtliche Kategorie.

Man muss die Hintermänner des Anschlags finden.

Man muss sie entsprechend bestrafen.

Man muss Ursachen des Terrorismus bekämpfen.

Das Ende einer erfolgreichen Rettungsmission.

Applaus, aber kein Grund zum Feiern.

Die Lage in Afghanistan lässt dies nicht zu.

US-Präsident Joe Biden schien nach dem Attentat in Kabul

und den toten US-Soldaten tief erschüttert.

Der Krieg gegen den Terror nimmt kein Ende.

Und der Terror auch nicht.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001

sollten Al-Kaida und Taliban bekämpft werden.

Damit auf US-Boden und in der ganzen westlichen Welt

keine Gefahr von den Terror-Gruppen ausgehe.

Geheilt hat dieser Einsatz nicht.

2500 US-Soldaten verloren ihr Leben dabei,

die USA sind erschöpft von Kriegen.

Mit dem katastrophalen Abzug aus Afghanistan

ist in den USA die Wunde noch größer geworden.

Drei Brüder zogen als US-Soldaten nach Afghanistan,

kämpften dort insgesamt 1600 Tage - nur einer kam zurück.

Beau Wise ist Veteran

und kämpft doch heute wieder, mit den Bildern aus Afghanistan.

Ich schaue täglich Nachrichten, vom Sonnenauf- bis -untergang.

Ich schreie den Fernsehen an oder könnte kotzen.

Manchmal fühle ich mich nur emotional ausgelaugt.

Sein Bruder Jeremy war bei der Navy,

arbeitete dann für den Auslandsgeheimdienst.

Er starb 2009 durch einen Selbstmordattentäter.

Bruder Ben war beim Heer.

Er verlor 2012 im Kugelhagel der Taliban beide Beine

und starb im Militärkrankenhaus.

Wie die US-Mehrheit war Beau Wise für einen Abzug aus Afghanistan.

Aber nicht so!

Unwürdig und demütigend findet er das überstürzte Abrücken

und die politische Rechtfertigung.

Alles billiges Gerede.

Ich will Bodentruppen im Einsatz sehen.

Wir haben das zu lange zu gut gemacht,

um das niedergehen zu sehen, Taliban-Regeln befolgen zu müssen.

Das macht mich krank, das ist lächerlich.

Es ist ein schwarzer Tag für die Amerikaner.

Präsident Biden würdigt die toten und verwundeten Soldaten

und will trotzdem weiter Menschen ausfliegen.

Die IS-Terroristen werden nicht gewinnen.

Wir werden die Amerikaner retten, afghanische Verbündete rausholen

und unsere Mission fortführen.

Amerika wird sich nicht einschüchtern lassen.

Es ist der bisherige Tiefpunkt seiner Präsidentschaft.

Biden zeigt sich erschüttert, aber entschlossen zur Vergeltung.

Wir werden nicht vergeben.

Wir werden nicht vergessen.

Wir werden euch jagen und büßen lassen.

Am Tag danach dominiert Bitterkeit in Washington.

Für Empörung sorgt,

dass US-Militärs Listen an die Taliban weitergaben:

Mit Namen von Amerikanern und afghanischen Helfern

mit der Bitte, sie passieren zu lassen.

So viel Vertrauen in den Feind bringt nicht nur die Opposition auf.

Ich bin frustriert über diesen Präsidenten.

Will man Präsident der freien Welt sein,

braucht man das Vertrauen der Amerikaner.

Präsident Biden hat das gestern verloren.

Auch Veteran Beau Wise

will eine Untersuchung der Abzugsstrategie. wants an investigation into the withdrawal strategy.

Er hadert mit dem Ende nach 20 Jahren.

War es das Opfer seiner Brüder wert?

Sie haben als Helden gelebt und sind auch so gestorben.

Mit dem Wissen, was meine Brüder bewirkt haben,

wie viele sie gerettet haben, garantiere ich:

Sie würden es wieder tun, auch ich.

Eine schwierige Zeit für Amerikas Veteranen

und alle, die Angehörige in Afghanistan verloren haben.

Vier Tage voller Gefahren bis zum Einsatz-Ende.

Der Abzug aus Afghanistan und wie es weitergeht.

Dazu spreche ich mit dem Obmann

der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss.

Roderich Kiesewetter von der CDU, guten Abend.

Viele bezeichnen den Einsatz in Afghanistan

als "größte politische Niederlage des Westens".

Wie bezeichnen Sie ihn?

Ich sehe insbesondere den Zusammenhalt des Bündnisses.

Die Amerikaner haben das unter Trump verursacht.

Nun haben die Taliban die Macht übernommen.

Durch den überstürzten Abzug sind wir als Westen diskreditiert.

Aber in 20 Jahren hat die Bundeswehr ihren Auftrag erfüllt.

Eine ganze Generation von Afghanen hat Lesen und Schreiben gelernt.

Jetzt geht es darum,

dass sie nicht in die Steinzeit zurück bombardiert werden.

Der US-Präsident hat Vergeltung angekündigt.

Der Anfang eines neuen Krieges?

Wir müssen anerkennen,

dass die Amerikaner 13 Soldaten verloren haben.

Da kommt natürlich eine Stimmung hoch.

Aber jetzt muss man alles tun,

dass die verbliebenen Ortskräfte gerettet werden.

Allein für die Deutschen sind es über 5000.

Wenn ein Präsident Trump mit den Taliban verhandelt,

muss man jetzt erst recht mit denen verhandeln.

Sie sind in Konkurrenz mit dem IS und Regierungstruppen.

Handlungsfähigkeit muss hergestellt werden.

Wir müssen die Menschen retten.

Beeindruckend, was die Bundeswehr gerade geleistet hat.

Mit den Taliban wurde lange nicht gesprochen.

Können die jetzt zu Verhandlungspartnern werden?

Die Taliban haben lange Zeit in Doha eine diplomatische Zelle gehabt.

Die USA haben vor über einem Jahr mit den Verhandlungen begonnen.

Verhandelt wurde allerdings

ohne Einbeziehung der afghanischen Regierung.

Wir müssen nach vorne schauen.

Das Volk muss in seinem Land bleiben können.

Es sind 40 Millionen Menschen.

Wir müssen alles tun,

dass dieses Land eine Perspektive hat.

Der Westen hat versprochen,

dass Afghanistan bis 2024 normales Entwicklungsland wird.

Dieses Versprechen wurde über Nacht aufgegeben.

Der Einsatz der Soldaten und Entwicklungshelfer

darf nicht vergebens gewesen sein.

Die Afghanen bauen mehrheitlich auf weitere Hilfe aus dem Westen.

Der Schaden muss begrenzt werden.

Den Menschen in Afghanistan soll geholfen werden.

Das hat auch die Kanzlerin angekündigt

und die Verteilungsministerin.

Es hört sich wie eine leere Versprechung an.

Es geht nicht um leere Versprechungen.

Es geht um eine politische Absichtserklärung.

Wir haben viele Entwicklungshelfer dort.

Wir haben dort viele Projekte.

Etwa Kinderberg operiert aus Stuttgart heraus.

Sie haben Hundertausenden Frauen geholfen.

Entscheidend ist,

dass wir aus der Krise lernen.

Alle Einsätze müssen geprüft werden.

Wir müssen ein Konzept für die Evakuierung von Ortskräften haben.

Wir brauchen eine bestausgestattete Bundeswehr.

Die Einsätze müssen geprüft werden.

Wir dürfen nicht einfach Mandate fortschreiben.

Der Bundestag kann nur zustimmen,

wenn der Fortschritt und Defizite untersucht werden.

Das sind Lektionen, die wir jetzt bitter lernen.

Das ist der Blick nach vorn.

Viele haben mit den Deutschen zusammengearbeitet.

Mehrere 1000 warten noch.

Auf deutsche Hilfe.

Wie kann ihnen geholfen werden?

Viele Abgeordnete bekommen täglich Post.

Von Menschen, die sich uns anvertraut worden sind.

Wir müssen mit den Taliban verhandeln.

Das macht der Afghanistan-Beauftragte.

Unsere Anstrengung müssen wir stärker koordinieren.

Etwa über einen Bundes-Sicherheitsrat.

Wir müssen auch mit unseren Partner zusammenarbeiten.

Alle sind jetzt betroffen.

Wir müssen Angebote machen, dass die künftige Regierung erkennt:

Eine Zusammenarbeit mit dem Westen lohnt sich.

Der strategische Gewinner dort ist China.

Es ist nicht unser Interesse, dass die aufgebaute Infrastruktur

jetzt in chinesische Verantwortung übergeht.

Wir müssen partnerschaftlich handeln.

Wir müssen ein gemeinsames Konzept entwickeln,

das auch die Taliban akzeptieren.

Sie brauchen Rückhalt in der kriegsmüden Gesellschaft.

Wir brauchen Diplomatie und Entwicklungshilfe.

Das wird uns noch lange beschäftigen.

Afghanistan, ein Ende mit Schrecken.

Die Meinung von Stefan Niemann, unserem Ex-USA-Korrespondenten.

Ein Ende mit Schrecken.

Von Taliban und Terroristen doppelt gedemütigt

ziehen die US-Truppen bald ab.

Biden schwört, man werde die Drahtzieher des Anschlags jagen,

alle US-Bürger und Schutzbedürftige noch irgendwie retten.

Aber für die meisten Amerikaner fühlt sich das wie Kapitulation an,

militärisch und moralisch.

Der unrühmliche Abzug nach einem langen Krieg,

der aus meiner Sicht immer eine Mission Impossible war.

Nach dem 9/11-Trauma hielten Bush und Obama fest an einem Irrglauben:

Truppen aus der Fremde könnten Afghanistan dauerhaft befrieden

neben ihrem Anti-Terror-Kampf und trotz ziviler Opfer.

Das von Stammesfehden und ethnischen Konflikten geprägte Land

sollten die "guten Amerikaner" in einen Hort der Demokratie verwandeln.

Dabei war den US-Geheimdiensten nicht verborgen geblieben,

wie Milliarden in dunklen Kanälen der Kabuler Regierung versickerten.

Wie Afghanistans Führung das Vertrauen des Volkes verspielte,

die Taliban erneut Einfluss gewannen.

Dennoch hatte Ex-Präsident Trump Amerikas Abzug angekündigt,

die Mehrheit der kriegsmüden Bevölkerung hinter sich.

Ein fataler Fehler:

Trump hatte den Taliban fast bedingungslos vertraut.

Die konnten ihre Machtübernahme so monatelang vorbereiten.

Doch auf Bidens Konto geht der chaotische Abzug,

die fahrlässig spät gestartete Rettungsaktion für Zehntausende.

Die bangen nun um Leib und Leben.

Als Schmach für Amerika und die Alliierten

dürfte er in die Geschichte eingehen: der Krieg in Afghanistan.

Die Meinung von Stefan Niemann.

Schauen wir nach Deutschland.

Dorthin, wo das Hochwasser mehr als 180 Menschen das Leben kostete

und ganze Ortschaften in NRW und Rheinland-Pfalz zerstörte.

Einwohner und Helfer arbeiten bis heute hart am Wiederaufbau.

Die Schäden sollen mit finanzieller Unterstützung repariert werden.

Doch das wird Jahre dauern.

Aber da, wo Menschen starben,

wird die Welt wohl nie wieder in Ordnung sein.

Heute konnten Betroffene Trost erhalten und Helfer Dank.

Kultbands wie die Höhner, Bläck Fööss und Brings

treten in Bad Münstereifel auf.

Rupert Wiederwald war vor Ort.

Freundinnen, die zusammen einen schönen Abend erleben wollen.

Viele in Bad Münstereifel freuen sich auf Ablenkung.

Wir sind froh, von zu Hause wegzukommen.

Nicht immer das Elend zu sehen.

Einige Hundert Tickets hatten die Organisatoren verteilt

an Menschen, die hart getroffen waren.

Die Helfer, die seit Wochen

täglich Schlamm und Müll aus den Orten schaffen.

Sie sollten sich mal erholen können.

Fast sechs Wochen haben wir nur abgebaut.

Wir hatten keine Straße mehr.

Heute ist der erste Abend,

wo man mal an was anderes denken kann.

Die Gegend um Bad Münstereifel ist einer der Orte,

die durch die Flut am stärksten getroffen waren.

Die Erft zerstörte große Teile der historischen Altstadt.

Es folgte viel Solidarität und Hilfe.

Das Konzert heute will das feiern, Danke sagen und Mut machen.

Wir haben für alles Sponsoren gefunden.

Wir hatten keine Kosten.

Die Bühne, die Technik - alles ist Sponsoring.

Das ist großartig.

Nur das Wetter macht nicht mit.

Immer wieder Schauer - egal.

Das Konzert beginnt, die Leute bleiben.

Entschlossen, sich nicht vom Regen wieder alles verderben zu lassen.

Wir müssen das Beste draus machen, aber wir haben Spaß.

Kölsche Musik gegen die Schwernisse der Flut.

Das wirkte auch in der Eifel.

Das trifft einen Nerv, spätestens wenn die Bläck Fööss

das Lied vom Zusammenhalt im Viertel singen.

Trotz Regen war es superschön.

Wir haben durchgehalten.

Durchhalten, zusammen, das haben sie heute gefeiert.

In Österreich wurde der Ex-Vize-Kanzler Strache verurteilt.

Der Nachrichten-Überblick:

Strache wurde im Zusammenhang mit der "Ibiza-Affäre"

wegen Bestechlichkeit verurteilt:

Zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung.

Die Anklage:

Strache habe dem Eigentümer einer Privatklinik

zu einer vorteilhaften Gesetzesänderung verholfen.

Im Gegenzug habe Straches Partei, die FPÖ, Spenden erhalten.

Strache hatte in einem verdeckt gefilmten Video auf Ibiza

über fragwürdige Methoden der Parteienfinanzierung gesprochen.

Sein Verteidiger legte Berufung ein.

Kanzlerin Merkel hat im Kampf gegen die Pandemie gefordert,

Afrika schnell mit Impfstoff zu versorgen.

Nach einer Konferenz mit Staats- und Regierungschefs Afrikas

nannte Merkel es eine "dramatische Ungerechtigkeit":

In Deutschland seien über 60 % der Bevölkerung geimpft,

in Afrika nur 2 %.

Die Bundesregierung prüft,

ob bei der Bahn und auf Inlandsflügen die 3G-Regel eingeführt werden kann.

Wer nicht geimpft oder genesen ist, braucht dann einen negativen Test.

Diese Regel gilt bereits bei Flügen ins Ausland.

Laut Regierungssprecher Seibert wird geprüft,

wie Kontrollen organisiert werden könnten.

Der Bauernverband rechnet für 2020 mit einer enttäuschenden Ernte.

Die Getreideerträge würden unterdurchschnittlich ausfallen,

so die vorläufige Bilanz.

Die Gründe seien das Wetter.

Es habe regional zu viel oder zu wenig Regen

sowie zu wenig Sonne gegeben.

Dazu seien Wetterextreme wie Starkregen und Hagel gekommen.

Bei den Paralympics sehen wir im Stadion

manchmal zwei nebeneinander auf einer Bahn.

Läufer, die sehr wenig sehen oder die gar blind sind,

dürfen einen Guide an ihrer Seite haben.

Der hilft, dass sie nicht den idealen Weg verlassen.

Beide sind verbunden durch ein Gummiband.

Eine besondere sportliche Verbindung

zwischen Sportlern mit Handicap und ohne.

Einem deutschen Paar entglitt heute beim 100-Meter-Lauf das Band.

Sie wurden disqualifiziert,

weil sie nicht gleichzeitig über die Ziellinie liefen.

Über der Tag im deutschen Team:

Erstmals in ihrer langen Paralympics-Karriere

gehen die Judo-Zwillingsschwestern Brussig leer aus.

Keine Medaille für die sehbehinderten Judokas.

Es ist das Mutterland vom Judosport.

Wir haben gesagt: Es klappt oder es klappt nicht.

Es ist in Ordnung so.

Ramona und Carmen teilen alles.

Beide gewinnen Gold in London 2012,

beide Silber vier Jahre später in Rio.

Und jetzt nichts in Tokio.

Die Enttäuschung ist riesig.

Vielleicht noch eine EM, aber keine Spiele mehr.

Vielleicht überredet ja die eine die andere noch zum Weitermachen.

Thomas Schmidberger (29) aus Zwiesel

hat eine Medaille im Para-Tischtennis sicher.

Der Niederbayer gibt keinen Satz ab,

gewinnt gegen den Chinesen Ping Zhao mit 3:0 und zieht ins Halbfinale ein.

Der Verlierer dort hat Bronze schon sicher.

Auch Valentin Baus (25) aus Bochum steht im Halbfinale.

Edelmetall ist garantiert.

Die Rollstuhl-Basketballerinnen stehen vorzeitig im Viertelfinale.

Der Sieg gegen Großbritannien ist nie gefährdet.

Mareike Miller, die deutsche Fahnenträgerin,

erzielt 21 Punkte.

Riesenerfolg für die Männer gegen den Weltmeister Großbritannien.

Bester Werfer ist Thomas Böhme mit 27 Punkten.

Wir haben gut verteidigt, ihnen schwere Würfe gegeben.

Gegen Ende wurden wir etwas fahrlässig.

Da haben sie etwas aufgeholt.

Das ändert nichts

an der Motivation für das Spiel gegen den WM-Dritten Australien.

Es gibt noch mehr Gewinner, bei der Grimme-Preis-Verleihung.

U.a. wurde Carolin Kebekus für ihre Show im Ersten ausgezeichnet

und Isabel Schayani und Mai Thi Nguyen-Kim.

Und für uns bei den tagesthemen eine große Freude:

Caren Miosga erhält für ihre journalistische Arbeit

die "besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands".

Der ist Stifter dieses Preises in Marl.

Herzlichen Glückwünsch.

Gibt's ein preiswürdiges Wetter für das Wochenende, Sven?

Es ist die Frage, welchen Preis man bekommen will.

Es wird eher der Preis für Wechselhaftigkeit.

Von mir auch einen Glückwunsch, Caren.

Wir schauen uns eine Wolke an.

So versuche ich, wechselhaftes Wetter aufzupushen.

Wir schauen einfach mal auf Wolken.

Das war ein kräftiger Schauer über der Nordsee.

Das ist ein Foto, man sieht, es ist was los.

Der Fotograf wurde nachher sehr nass.

Das ist der Satelliten-Film von Deutschland.

Das ist der Kern des Tiefs.

Das ist eine Drehbewegung.

Die Sonne strahlte die Wolkentürme an.

Wir schauen auf die Wettervorschau.

Weitere Regenfälle kommen.

Über die Ostsee.

Die Schauer sind über den Mittelgebirgen.

Auch morgen gibt es Schauer.

Gewitter sind zwischendurch denkbar.

Die Temperaturen:

Der Ausblick:

Das Wetter ist wechselhaft.

Vielen Dank, Sven Plöger.

Das waren die tagesthemen am Freitag.

Hier folgt ein spannender Tatort mit Batic und Leitmayr.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende.

Wenn Sie mögen, sehen wir uns morgen Abend wieder.

Bis dahin.

Copyright Untertitel: NDR 2021