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2021 ZDF Sendung, heute journal vom 27.02.2021 - Verwirrung - Pendler in der Grenzregion

heute journal vom 27.02.2021 - Verwirrung - Pendler in der Grenzregion

Guten Abend.

Wenn Parteien für ihre Führung eine Doppelspitze installieren,

liegt das ja in der Regel nicht daran,

dass gleich zwei Leute so bestechend toll sind,

dass man sich einfach nicht zwischen ihnen entscheiden kann,

sondern es geht um Proporz.

Mann/Frau, Ost/West, radikal oder gemäßigt.

Bei den Grünen hieß das früher Fundis gegen Realos.

Bei ihnen spielt das inzwischen aber keine große Rolle mehr.

Anders bei der Linken.

Die Flügelkämpfe dort waren in den letzten Jahren brachial

und teils unversöhnlich und sind weit davon entfernt, überwunden zu sein.

Die beiden heute neu gewählten Parteichefinnen

werden mit diesem Erbe umgehen müssen.

Oliver Heuchert hat den größtenteils virtuellen Parteitag

der Linken beobachtet.

Als Susanne Hennig-Wellsow heute Vormittag

die Bühne des Linken-Parteitages betritt,

macht sie gleich zu Beginn klar:

Ich weiß, was ich will und muss das nicht vom Blatt ablesen.

Liebe Genoss*innen, ich habe mein Redekonzept mal zur Seite gelegt.

Und ich will euch sagen, warum ich antrete.

Ich trete an, weil ich etwas verändern will.

Weil ich nicht mehr warten will.

Weil auch die Menschen auf uns nicht mehr warten können.

Nicht mehr warten heißt:

Hennig-Wellsow will möglichst bald mitregieren.

Ob Schwarz-Grün kommt oder Rot-Rot-Grün, liegt auch an uns.

Sind wir bereit, dafür zu streiten,

dass es eine Mindestsicherung gibt, die den Namen verdient?

Sind wir bereit,

für ein öffentliches Gesundheits- system auf die Straße zu gehen?

Im Parlament zu kämpfen, aber auch in einer Regierung?

Sind wir dafür bereit?

Die 43-Jährige ist in Thüringen

Chefin der Landespartei und der Landtagsfraktion,

hat zusammen mit Bodo Ramelow 31 % bei der letzten Landtagswahl geholt.

Bei den Linken einsame Spitze.

Janine Wissler ist in Hessen zuletzt bei den Landtagwahlen

nur auf 6,3 % gekommen.

Die 39-Jährige ist Vorsitzende der Landtagsfraktion

und steht hörbar weiter links.

Wir wollen Reichtum umverteilen.

Wir wollen eine Vermögensabgabe und Immobilienkonzerne enteignen,

wo es nötig ist, um das Gemeinwohl zu schützen.

Veränderungen können für Wissler auch außerhalb der Parlamente

von Bewegungen durchgesetzt werden.

Eine Regierungsbeteiligung sieht sie skeptischer.

Wir wollen heute und morgen konkrete Reformen durchsetzen,

aber wir wollen auch

die Gesellschaft grundsätzlich verändern.

Unsere Vision, das ist der demokratische Sozialismus

ohne Ausbeutung von Mensch und Natur.

Gewählt wurden sie beide.

Janine Wissler ohne Gegenkandidaten mit 84,2 %.

Susanne Hennig-Wellsow mit Gegenkandidaten

mit 70,5 % der Stimmen - das sind gute Ergebnisse.

Von den Vorgängern, Katja Kipping und Bernd Riexinger,

erben sie aber die Konflikte der Partei:

um die Regierungsfrage, die Sicherheitspolitik,

die Position zu Russland und viele schlechte Wahlergebnisse.

Die neuen Parteichefinnen

müssen noch in einer Briefwahl bestätigt werden

und wollen dann durchstarten, zu einem neuen Aufbruch.

Keine leichte Aufgabe.

Und darüber wollen wir mit der frischgebackenen Parteichefin,

Susanne Hennig-Wellsow, sprechen, guten Abend.

Schönen guten Abend.

Sie stehen ja ganz klar dafür:

"Wenn wir etwas verändern wollen als Linke,

dann müssen wir in die Regierung, auch im Bund.

Wir müssen Teil einer Bundesregierung werden."

Aber ist das jemals realistisch, solange Ihre Partei

bei einem der Kernkonfliktpunkte, Bundeswehreinsätze, NATO-Bündnis,

überhaupt keine Kompromiss- bereitschaft erkennen lässt?

Wir haben in diesem September möglicherweise ein offenes Fenster

für ein progressives Bündnis links der CDU

und das müssen wir nutzen.

Und wenn wir zusammen an einem Tisch sitzen sollten

oder auch in die Vorbereitung gehen, dann ist die Ausgangsfrage,

die Verteidigungsfrage, eine von sehr vielen Fragen.

Und deswegen würde ich Ihnen erst konkreter darauf antworten können,

wenn wir ein gesamtes, verhandeltes Paket vor uns liegen haben,

was soziale Verbesserungen beinhaltet,

demokratische Verbesserungen, eine Umverteilung.

Ich würde das gerne abwarten.

Das wäre dann so eine Art Deal, z.B.:

Okay, wir schaffen Hartz IV ab oder wir verdoppeln den Mindestlohn

und dafür lasst ihr uns die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan,

damit dort keine Frauen gesteinigt werden.

Aber schon so einen Deal lehnen große Teile Ihrer Partei ab,

weil Ihre Co-Parteichefin sagt:

Ich sehe da keine Möglichkeit für Kompromisse.

Ich würde das tatsächlich abwarten.

Das, was heute auf diesem Parteitag passiert ist, ist ein Neuanfang.

Auch mein Wahlergebnis zeugt eher davon,

dass ein Großteil der Partei tatsächlich bereit ist,

Verantwortung zu übernehmen.

Und auch der neu gewählte Vorstand ist sehr jung,

ist ein Generationswechsel und hat wirklich Lust auf Veränderung.

Und deswegen würde ich sagen, wir müssen möglicherweise

gar nicht unsere Position ändern, was die Verteidigungsfrage angeht

bzw. die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Weil, natürlich müssen auch die Soldaten

irgendwann aus dem Ausland zurückkommen.

Und das kann auch schneller gehen.

Und die Fragen in diesem Bereich sind vielfältiger:

Wie finanzieren wir die Bundeswehr?

Was machen wir mit der Wehrpflicht?

Ich bin da für komplettes Ab- schaffen, nicht nur für Aussetzen.

Und da sind viele Fragen im Raum, inkl. eines Rüstungsexportstopps.

Da Sie den Vorstand ansprechen, da hat sich nun

eine radikale Position in dem Bereich durchgesetzt.

Tobias Pflüger hat sich gegen Matthias Höhn,

der da eher regierungswillig und kompromissbereiter ist, durchgesetzt.

Das spricht nicht dafür, dass es in diesem Punkt

in Ihrer Partei irgendwelche Kompromissbereitschaften gibt,

die nun plötzlich ansteigen.

Und damit wird es auch keine Koalition geben,

selbst wenn die rechnerisch möglich wäre, was eh unwahrscheinlich ist.

Ich will das nicht an Personen festmachen.

Wir haben genauso Jan van Aken mit einem sehr guten Ergebnis

in den Vorstand gewählt bekommen,

der das deutlich differenzierter sieht.

Ich würde das aus der jetzigen Sicht nicht ausschließen,

zumal sich auch SPD und Grüne bewegen,

was Auslandseinsätze angeht.

Also, ich bin da eher entspannt

und würde jetzt zu diesem Zeitpunkt und auch in Zukunft

das Gemeinsame suchen und dann über das Trennende reden.

So, jetzt hatten wir ein kleines Bildproblem,

aber da sind Sie jetzt wieder.

Da Sie eben davon sprachen, dass Personen wichtig sind:

Sind Sie erleichtert,

dass sich Sahra Wagenknecht doch weitgehend zurückgezogen hat?

Sahra Wagenknecht wird für die Linke immer eine Rolle spielen.

Das wird so sein und das akzeptiere ich natürlich.

Und akzeptieren wäre ja auch das falsche Wort.

Sie ist eine Genossin wie jeder andere auch und gehört zu uns.

Und wir werden gemeinsam für ein höheres Ziel kämpfen müssen.

Sahra Wagenknecht hat v.a. darauf hingewiesen,

dass die Linke mit sehr linken Positionen

auch zum Thema Flüchtlings- bewegungen, Arbeitsmigration,

dass sie damit ein bestimmtes Wählermilieu,

z.B. auch klassische Arbeitermilieus oder Hartz-IV-Empfänger,

v.a. Ostdeutschland aus den Augen verliert.

Und dort auch keine Stimmen mehr gewinnt,

sondern sie an die AfD verliert - sehen Sie dieses Problem nicht?

Ich sehe das völlig anders.

Unser Markenkern ist die unteilbare Solidarität

und wir weisen das auch jeden Tag nach.

Auch wir in Thüringen, die regieren, stehen an den Werkstoren

oder stehen auf der Straße gegen Nazis

oder beteiligen uns an den großen Demonstrationen von Unteilbar.

Wir schützen Bauern, indem wir "Land Grabbing" verhindern wollen,

also der große Verkauf, die große Spekulation mit Land.

Insofern haben wir die gesamte Gesellschaft im Blick.

Es kann jeder seine Auffassung äußern.

Am Ende entscheidet der Parteitag und am Ende entscheidet der Wähler.

Und die Wählerinnen natürlich.

Frau Hennig-Wellsow, danke Ihnen für das Gespräch.

Gern, tschüss.

Das Interview haben wir im Anschluss an den Parteitag aufgezeichnet

und bitten auch Frau Hennig-Wellsow nochmals um Entschuldigung,

dass zwischendurch das Bild eingefroren ist.

Lag nicht daran, dass der Kamera kalt war, sondern war ein Netzproblem

Kommen wir zum Thema Corona.

Im Moment wird ja politisch v.a. über Öffnungsszenarien gesprochen.

Daneben stehen aber auch neue Schließungen im Raum -

nämlich an den Grenzen.

Der europäische Schengenraum ist ja eh schon nicht mehr wirklich frei.

Mehrere europäische Länder haben ihre Grenzen teilweise dicht gemacht

oder ihre Einreisebestimmungen verschärft

und führen Kontrollen durch.

Auch Deutschland tut das, zu Österreich und Tschechien.

Zu Frankreich soll das nach Möglichkeit vermieden werden.

Doch für das Grenzgebiet im Saarland werden ab Montag

neue Regeln gelten.

Was im Moment v.a.für Verunsicherung sorgt, wie Susanne Freitag berichtet.

In Saarbrücken ist es normal, dass auch Kinder aus Lothringen

ins Saarland pendeln.

Was ab Montag für Schüler und Eltern gilt,

die morgens aus dem Nachbarland kommen

und nachmittags zurückfahren, wird zur Stunde noch beraten.

Verpflichtender PCR-Test? Wenn ja, wie oft?

Thomas Landsberg hofft auf eine Ausnahmeregel.

Er lebt in Frankreich, arbeitet in Deutschland

und stellt sich viele Fragen.

Wir haben keine Möglichkeit,

uns in Frankreich einem PCR-Test zu unterziehen,

weil wir noch keine Carte Vitale haben.

Unsere deutsche Krankenkarte wird nicht anerkannt.

Ich weiß es auch nicht genau.

Wir wollen ja dieses Deutsch-Französische,

diese offenen Grenzen, dieses Miteinander.

Das bringen wir den Kindern ganz früh bei,

aber das sind große Einschränkungen.

Florian Weber erforscht, wie Grenzen das Zusammenleben

in Europa bestimmen.

Die Pandemie hat neue Fragen aufgeworfen,

auch im deutsch-französischen Verhältnis.

Covid lenkte den Blick von Paris und Berlin

in die sonst wenig beachteten Grenzprovinzen.

Dass wir es hier nicht irgendwo mit der Peripherie,

dem Rand von Frankreich und Deutschland zu tun haben,

sondern, dass da eigentlich irgendwo ein Zentrum ist,

ein Zentrum der engen Zusammenarbeit, der Verflechtungen.

Das ist eine Frage, die jetzt viel stärker diskutiert wird.

Saarbrücken grenzt direkt

an das besonders betroffene Departement Moselle.

Am Stadtrand, beim alten Zollhaus, geht nächste Woche

ein deutsch-französisches Testzentrum an den Start.

Der Saarbrücker Oberbürgermeister und der französische Abgeordnete

aus Forbach machen eine Ortsbegehung.

Die genauen Einreiseregeln kennen auch sie noch nicht.

Wir wissen noch nicht:

Was gilt am Montag für die Menschen aus Frankreich,

die nach Deutschland einreisen?

Alles, was wir hören, heißt, dort wird es wohl übers Wochenende

noch zu Maßnahmen kommen.

Die Entscheidung Frankreichs mit den Tests war nicht wirklich einseitig.

Sie wurde in enger Abstimmung mit Deutschland getroffen.

Deutschland hat harte Maßnahmen von Moselle gefordert,

damit wir nicht als Mutationsgebiet eingestuft werden.

Viel Kalkül an der Grenze.

Diese verstärkten Grenzkontrollen sind ein Symbol dafür,

dass man die Hand auf den Zahlen halten will,

dass man die eigene Kontrolle wahren will.

Im Endeffekt ist das eine politische Frage damit.

Seit einer Woche schon öffnet Calogera Mastrantonio

ihren kleinen Kiosk am Grenzübergang morgens früher.

Die Kunden aus Frankreich machen Hamsterkäufe.

Die einen sagen, ja, die Grenzen werden zugemacht,

stand in der Zeitung.

Die anderen sagen, nein, man muss einen Test vorweisen können.

Die einen meinen, das kommt von Macron,

die anderen meinen, das kommt von Deutschland.

Eigentlich weiß keiner was.

Die Grenze bleibt zwar offen -

einfach so von einem Land ins andere

geht trotzdem nicht mehr.

Das Robert Koch-Institut meldet auch heute wieder

eine leicht gestiegene 7-Tage-Inzidenz von knapp 64.

Der sog. R-Wert verharrt bei etwas über 1.

Er müsste unter 1 sein, damit die Infektionszahlen sinken.

Und auch heute werden wieder neue Todesfälle gemeldet:

weitere 369 Menschen, um die getrauert wird.

Damit beginnen die Nachrichten von Heinz Wolf.

In zahlreichen Gottesdiensten hat die Katholische Kirche in Deutschland

an die Opfer der Corona-Pandemie erinnert,

so wie hier im Mainzer Dom,

wo Bischof Peter Kohlgraf zu einer Gedenkmesse eingeladen hatte.

Hintergrund war eine Initiative

des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen.

Allein in Deutschland sind seit dem Beginn dieser Virus-Krise

nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts

fast 70.000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.

In den USA haben die von Präsident Biden vorgeschlagenen Corona-Hilfen

im Umfang von 1,9 Bio. Dollar

die Zustimmung des Repräsentantenhauses erhalten.

In einem weiteren Schritt muss nun die andere Parlamentskammer,

der Senat, noch zustimmen.

Zu den Hilfsmaßnahmen gehören Einmalzahlungen über 1.400 Dollar

für die meisten US-Bürger und Milliarden für Schulen, Unternehmen,

die Bundesstaaten und Städte.

In Myanmar gab es weitere Proteste gegen die Militärjunta.

Die Sicherheitskräfte gingen erneut auch gewaltsam

gegen Demonstrierende vor.

Seit dem Militär-Putsch Anfang Februar sind die Menschen

in Myanmar auf der Straße.

Sie fordern die Freilassung

der festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi

und die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung.

Tausende haben in Russland an die Ermordung des Oppositionspolitikers

und Kreml-Kritikers Nemzow erinnert.

Viele Russen, aber auch westliche Diplomaten legten im Laufe des Tages

auf einer Brücke in der Nähe des Kreml Blumen nieder.

Nemzow war dort vor sechs Jahren erschossen worden.

Seine Familie und Anhänger werfen den russischen Behörden vor,

die Drahtzieher bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen zu haben.

Und jetzt die Lotto-Zahlen dieses Samstags.

Sie lauten wie immer ohne Gewähr:

Die Wetteraussichten für morgen:

Im Norden oft trübe oder dicht bewölkt,

regional aber auch Auflockerungen.

Nach Süden hin überwiegend sonnig.

Auch in den nächsten Tagen im Norden bewölkt bei Temperaturen um 6 Grad.

Sonst viel Sonne und deutlich wärmer, Mittwoch bis 18 Grad im Südwesten.

Es erwarten Sie die Kollegen vom "aktuellen sportstudio".

Danach, gegen 0.25 Uhr, gibt es die nächste heute Xpress.

Und uns morgen wieder, auf Wiedersehen.


heute journal vom 27.02.2021 - Verwirrung - Pendler in der Grenzregion

Guten Abend.

Wenn Parteien für ihre Führung eine Doppelspitze installieren,

liegt das ja in der Regel nicht daran,

dass gleich zwei Leute so bestechend toll sind, que dos personas son tan cautivadoramente geniales,

dass man sich einfach nicht zwischen ihnen entscheiden kann, que simplemente no puedes decidir entre ellos,

sondern es geht um Proporz.

Mann/Frau, Ost/West, radikal oder gemäßigt.

Bei den Grünen hieß das früher Fundis gegen Realos. The Greens used to call it Fundis versus Realos.

Bei ihnen spielt das inzwischen aber keine große Rolle mehr. But that doesn't matter to them anymore.

Anders bei der Linken. Unlike the left.

Die Flügelkämpfe dort waren in den letzten Jahren brachial The wing battles there have been brutal in recent years

und teils unversöhnlich und sind weit davon entfernt, überwunden zu sein. and partly irreconcilable and are far from being overcome. y en parte irreconciliables y están lejos de ser superados.

Die beiden heute neu gewählten Parteichefinnen

werden mit diesem Erbe umgehen müssen.

Oliver Heuchert hat den größtenteils virtuellen Parteitag

der Linken beobachtet.

Als Susanne Hennig-Wellsow heute Vormittag

die Bühne des Linken-Parteitages betritt,

macht sie gleich zu Beginn klar:

Ich weiß, was ich will und muss das nicht vom Blatt ablesen.

Liebe Genoss*innen, ich habe mein Redekonzept mal zur Seite gelegt.

Und ich will euch sagen, warum ich antrete.

Ich trete an, weil ich etwas verändern will.

Weil ich nicht mehr warten will.

Weil auch die Menschen auf uns nicht mehr warten können.

Nicht mehr warten heißt:

Hennig-Wellsow will möglichst bald mitregieren.

Ob Schwarz-Grün kommt oder Rot-Rot-Grün, liegt auch an uns.

Sind wir bereit, dafür zu streiten,

dass es eine Mindestsicherung gibt, die den Namen verdient?

Sind wir bereit,

für ein öffentliches Gesundheits- system auf die Straße zu gehen?

Im Parlament zu kämpfen, aber auch in einer Regierung?

Sind wir dafür bereit?

Die 43-Jährige ist in Thüringen

Chefin der Landespartei und der Landtagsfraktion,

hat zusammen mit Bodo Ramelow 31 % bei der letzten Landtagswahl geholt.

Bei den Linken einsame Spitze.

Janine Wissler ist in Hessen zuletzt bei den Landtagwahlen

nur auf 6,3 % gekommen.

Die 39-Jährige ist Vorsitzende der Landtagsfraktion

und steht hörbar weiter links.

Wir wollen Reichtum umverteilen.

Wir wollen eine Vermögensabgabe und Immobilienkonzerne enteignen,

wo es nötig ist, um das Gemeinwohl zu schützen.

Veränderungen können für Wissler auch außerhalb der Parlamente

von Bewegungen durchgesetzt werden.

Eine Regierungsbeteiligung sieht sie skeptischer.

Wir wollen heute und morgen konkrete Reformen durchsetzen,

aber wir wollen auch

die Gesellschaft grundsätzlich verändern.

Unsere Vision, das ist der demokratische Sozialismus

ohne Ausbeutung von Mensch und Natur.

Gewählt wurden sie beide.

Janine Wissler ohne Gegenkandidaten mit 84,2 %.

Susanne Hennig-Wellsow mit Gegenkandidaten

mit 70,5 % der Stimmen - das sind gute Ergebnisse.

Von den Vorgängern, Katja Kipping und Bernd Riexinger,

erben sie aber die Konflikte der Partei:

um die Regierungsfrage, die Sicherheitspolitik,

die Position zu Russland und viele schlechte Wahlergebnisse.

Die neuen Parteichefinnen

müssen noch in einer Briefwahl bestätigt werden

und wollen dann durchstarten, zu einem neuen Aufbruch.

Keine leichte Aufgabe.

Und darüber wollen wir mit der frischgebackenen Parteichefin,

Susanne Hennig-Wellsow, sprechen, guten Abend.

Schönen guten Abend.

Sie stehen ja ganz klar dafür:

"Wenn wir etwas verändern wollen als Linke,

dann müssen wir in die Regierung, auch im Bund.

Wir müssen Teil einer Bundesregierung werden."

Aber ist das jemals realistisch, solange Ihre Partei

bei einem der Kernkonfliktpunkte, Bundeswehreinsätze, NATO-Bündnis,

überhaupt keine Kompromiss- bereitschaft erkennen lässt?

Wir haben in diesem September möglicherweise ein offenes Fenster

für ein progressives Bündnis links der CDU

und das müssen wir nutzen.

Und wenn wir zusammen an einem Tisch sitzen sollten

oder auch in die Vorbereitung gehen, dann ist die Ausgangsfrage,

die Verteidigungsfrage, eine von sehr vielen Fragen.

Und deswegen würde ich Ihnen erst konkreter darauf antworten können,

wenn wir ein gesamtes, verhandeltes Paket vor uns liegen haben,

was soziale Verbesserungen beinhaltet,

demokratische Verbesserungen, eine Umverteilung.

Ich würde das gerne abwarten.

Das wäre dann so eine Art Deal, z.B.:

Okay, wir schaffen Hartz IV ab oder wir verdoppeln den Mindestlohn

und dafür lasst ihr uns die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan,

damit dort keine Frauen gesteinigt werden.

Aber schon so einen Deal lehnen große Teile Ihrer Partei ab,

weil Ihre Co-Parteichefin sagt:

Ich sehe da keine Möglichkeit für Kompromisse.

Ich würde das tatsächlich abwarten.

Das, was heute auf diesem Parteitag passiert ist, ist ein Neuanfang.

Auch mein Wahlergebnis zeugt eher davon,

dass ein Großteil der Partei tatsächlich bereit ist,

Verantwortung zu übernehmen.

Und auch der neu gewählte Vorstand ist sehr jung,

ist ein Generationswechsel und hat wirklich Lust auf Veränderung.

Und deswegen würde ich sagen, wir müssen möglicherweise

gar nicht unsere Position ändern, was die Verteidigungsfrage angeht

bzw. die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Weil, natürlich müssen auch die Soldaten

irgendwann aus dem Ausland zurückkommen.

Und das kann auch schneller gehen.

Und die Fragen in diesem Bereich sind vielfältiger:

Wie finanzieren wir die Bundeswehr?

Was machen wir mit der Wehrpflicht?

Ich bin da für komplettes Ab- schaffen, nicht nur für Aussetzen.

Und da sind viele Fragen im Raum, inkl. eines Rüstungsexportstopps.

Da Sie den Vorstand ansprechen, da hat sich nun

eine radikale Position in dem Bereich durchgesetzt.

Tobias Pflüger hat sich gegen Matthias Höhn,

der da eher regierungswillig und kompromissbereiter ist, durchgesetzt.

Das spricht nicht dafür, dass es in diesem Punkt

in Ihrer Partei irgendwelche Kompromissbereitschaften gibt,

die nun plötzlich ansteigen.

Und damit wird es auch keine Koalition geben,

selbst wenn die rechnerisch möglich wäre, was eh unwahrscheinlich ist.

Ich will das nicht an Personen festmachen.

Wir haben genauso Jan van Aken mit einem sehr guten Ergebnis

in den Vorstand gewählt bekommen,

der das deutlich differenzierter sieht.

Ich würde das aus der jetzigen Sicht nicht ausschließen,

zumal sich auch SPD und Grüne bewegen,

was Auslandseinsätze angeht.

Also, ich bin da eher entspannt

und würde jetzt zu diesem Zeitpunkt und auch in Zukunft

das Gemeinsame suchen und dann über das Trennende reden.

So, jetzt hatten wir ein kleines Bildproblem,

aber da sind Sie jetzt wieder.

Da Sie eben davon sprachen, dass Personen wichtig sind:

Sind Sie erleichtert,

dass sich Sahra Wagenknecht doch weitgehend zurückgezogen hat?

Sahra Wagenknecht wird für die Linke immer eine Rolle spielen.

Das wird so sein und das akzeptiere ich natürlich.

Und akzeptieren wäre ja auch das falsche Wort.

Sie ist eine Genossin wie jeder andere auch und gehört zu uns.

Und wir werden gemeinsam für ein höheres Ziel kämpfen müssen.

Sahra Wagenknecht hat v.a. darauf hingewiesen,

dass die Linke mit sehr linken Positionen

auch zum Thema Flüchtlings- bewegungen, Arbeitsmigration,

dass sie damit ein bestimmtes Wählermilieu,

z.B. auch klassische Arbeitermilieus oder Hartz-IV-Empfänger,

v.a. Ostdeutschland aus den Augen verliert.

Und dort auch keine Stimmen mehr gewinnt,

sondern sie an die AfD verliert - sehen Sie dieses Problem nicht?

Ich sehe das völlig anders.

Unser Markenkern ist die unteilbare Solidarität

und wir weisen das auch jeden Tag nach.

Auch wir in Thüringen, die regieren, stehen an den Werkstoren

oder stehen auf der Straße gegen Nazis

oder beteiligen uns an den großen Demonstrationen von Unteilbar.

Wir schützen Bauern, indem wir "Land Grabbing" verhindern wollen,

also der große Verkauf, die große Spekulation mit Land.

Insofern haben wir die gesamte Gesellschaft im Blick.

Es kann jeder seine Auffassung äußern.

Am Ende entscheidet der Parteitag und am Ende entscheidet der Wähler.

Und die Wählerinnen natürlich.

Frau Hennig-Wellsow, danke Ihnen für das Gespräch.

Gern, tschüss.

Das Interview haben wir im Anschluss an den Parteitag aufgezeichnet

und bitten auch Frau Hennig-Wellsow nochmals um Entschuldigung,

dass zwischendurch das Bild eingefroren ist.

Lag nicht daran, dass der Kamera kalt war, sondern war ein Netzproblem

Kommen wir zum Thema Corona.

Im Moment wird ja politisch v.a. über Öffnungsszenarien gesprochen.

Daneben stehen aber auch neue Schließungen im Raum -

nämlich an den Grenzen.

Der europäische Schengenraum ist ja eh schon nicht mehr wirklich frei.

Mehrere europäische Länder haben ihre Grenzen teilweise dicht gemacht

oder ihre Einreisebestimmungen verschärft

und führen Kontrollen durch.

Auch Deutschland tut das, zu Österreich und Tschechien.

Zu Frankreich soll das nach Möglichkeit vermieden werden.

Doch für das Grenzgebiet im Saarland werden ab Montag

neue Regeln gelten.

Was im Moment v.a.für Verunsicherung sorgt, wie Susanne Freitag berichtet.

In Saarbrücken ist es normal, dass auch Kinder aus Lothringen

ins Saarland pendeln.

Was ab Montag für Schüler und Eltern gilt,

die morgens aus dem Nachbarland kommen

und nachmittags zurückfahren, wird zur Stunde noch beraten.

Verpflichtender PCR-Test? Wenn ja, wie oft?

Thomas Landsberg hofft auf eine Ausnahmeregel.

Er lebt in Frankreich, arbeitet in Deutschland

und stellt sich viele Fragen.

Wir haben keine Möglichkeit,

uns in Frankreich einem PCR-Test zu unterziehen,

weil wir noch keine Carte Vitale haben.

Unsere deutsche Krankenkarte wird nicht anerkannt.

Ich weiß es auch nicht genau.

Wir wollen ja dieses Deutsch-Französische,

diese offenen Grenzen, dieses Miteinander.

Das bringen wir den Kindern ganz früh bei,

aber das sind große Einschränkungen.

Florian Weber erforscht, wie Grenzen das Zusammenleben

in Europa bestimmen.

Die Pandemie hat neue Fragen aufgeworfen,

auch im deutsch-französischen Verhältnis.

Covid lenkte den Blick von Paris und Berlin

in die sonst wenig beachteten Grenzprovinzen.

Dass wir es hier nicht irgendwo mit der Peripherie,

dem Rand von Frankreich und Deutschland zu tun haben,

sondern, dass da eigentlich irgendwo ein Zentrum ist,

ein Zentrum der engen Zusammenarbeit, der Verflechtungen.

Das ist eine Frage, die jetzt viel stärker diskutiert wird.

Saarbrücken grenzt direkt

an das besonders betroffene Departement Moselle.

Am Stadtrand, beim alten Zollhaus, geht nächste Woche

ein deutsch-französisches Testzentrum an den Start.

Der Saarbrücker Oberbürgermeister und der französische Abgeordnete

aus Forbach machen eine Ortsbegehung.

Die genauen Einreiseregeln kennen auch sie noch nicht.

Wir wissen noch nicht:

Was gilt am Montag für die Menschen aus Frankreich,

die nach Deutschland einreisen?

Alles, was wir hören, heißt, dort wird es wohl übers Wochenende

noch zu Maßnahmen kommen.

Die Entscheidung Frankreichs mit den Tests war nicht wirklich einseitig.

Sie wurde in enger Abstimmung mit Deutschland getroffen.

Deutschland hat harte Maßnahmen von Moselle gefordert,

damit wir nicht als Mutationsgebiet eingestuft werden.

Viel Kalkül an der Grenze.

Diese verstärkten Grenzkontrollen sind ein Symbol dafür,

dass man die Hand auf den Zahlen halten will,

dass man die eigene Kontrolle wahren will.

Im Endeffekt ist das eine politische Frage damit.

Seit einer Woche schon öffnet Calogera Mastrantonio

ihren kleinen Kiosk am Grenzübergang morgens früher.

Die Kunden aus Frankreich machen Hamsterkäufe.

Die einen sagen, ja, die Grenzen werden zugemacht,

stand in der Zeitung.

Die anderen sagen, nein, man muss einen Test vorweisen können.

Die einen meinen, das kommt von Macron,

die anderen meinen, das kommt von Deutschland.

Eigentlich weiß keiner was.

Die Grenze bleibt zwar offen -

einfach so von einem Land ins andere

geht trotzdem nicht mehr.

Das Robert Koch-Institut meldet auch heute wieder

eine leicht gestiegene 7-Tage-Inzidenz von knapp 64.

Der sog. R-Wert verharrt bei etwas über 1.

Er müsste unter 1 sein, damit die Infektionszahlen sinken.

Und auch heute werden wieder neue Todesfälle gemeldet:

weitere 369 Menschen, um die getrauert wird.

Damit beginnen die Nachrichten von Heinz Wolf.

In zahlreichen Gottesdiensten hat die Katholische Kirche in Deutschland

an die Opfer der Corona-Pandemie erinnert,

so wie hier im Mainzer Dom,

wo Bischof Peter Kohlgraf zu einer Gedenkmesse eingeladen hatte.

Hintergrund war eine Initiative

des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen.

Allein in Deutschland sind seit dem Beginn dieser Virus-Krise

nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts

fast 70.000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.

In den USA haben die von Präsident Biden vorgeschlagenen Corona-Hilfen

im Umfang von 1,9 Bio. Dollar

die Zustimmung des Repräsentantenhauses erhalten.

In einem weiteren Schritt muss nun die andere Parlamentskammer,

der Senat, noch zustimmen.

Zu den Hilfsmaßnahmen gehören Einmalzahlungen über 1.400 Dollar

für die meisten US-Bürger und Milliarden für Schulen, Unternehmen,

die Bundesstaaten und Städte.

In Myanmar gab es weitere Proteste gegen die Militärjunta.

Die Sicherheitskräfte gingen erneut auch gewaltsam

gegen Demonstrierende vor.

Seit dem Militär-Putsch Anfang Februar sind die Menschen

in Myanmar auf der Straße.

Sie fordern die Freilassung

der festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi

und die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung.

Tausende haben in Russland an die Ermordung des Oppositionspolitikers

und Kreml-Kritikers Nemzow erinnert.

Viele Russen, aber auch westliche Diplomaten legten im Laufe des Tages

auf einer Brücke in der Nähe des Kreml Blumen nieder.

Nemzow war dort vor sechs Jahren erschossen worden.

Seine Familie und Anhänger werfen den russischen Behörden vor,

die Drahtzieher bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen zu haben.

Und jetzt die Lotto-Zahlen dieses Samstags.

Sie lauten wie immer ohne Gewähr:

Die Wetteraussichten für morgen:

Im Norden oft trübe oder dicht bewölkt,

regional aber auch Auflockerungen.

Nach Süden hin überwiegend sonnig.

Auch in den nächsten Tagen im Norden bewölkt bei Temperaturen um 6 Grad.

Sonst viel Sonne und deutlich wärmer, Mittwoch bis 18 Grad im Südwesten.

Es erwarten Sie die Kollegen vom "aktuellen sportstudio".

Danach, gegen 0.25 Uhr, gibt es die nächste heute Xpress.

Und uns morgen wieder, auf Wiedersehen.