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2021 ZDF Sendung, heute journal vom 22.08.2021 - Politische Verantwortung - Berlin diskutiert Afghanistan-Debakel; Schwierige Nachbarschaf

heute journal vom 22.08.2021 - Politische Verantwortung - Berlin diskutiert Afghanistan-Debakel; Schwierige Nachbarschaf

Diese Untertitel sind live produziert.

Und jetzt das "heute journal" mit Bettina Schausten und Gundula Gause.

Guten Abend.

Eine Woche ist es nun her, dass die Taliban in Kabul einrückten

und die Macht in Afghanistan damit vollständig übernahmen.

Seitdem sind die USA und ihre Verbündeten

in einer dramatischen Evakuierungsaktion dabei,

möglichst viele Menschen aus dem Land auszufliegen.

Verzweiflung, Gedränge, Chaos - das hat am Flughafen Kabul

in den letzten Tagen 20 Todesopfer gefordert.

Die Situation entspannte sich heute nur leicht.

Der deutsche Brigadegeneral Arlt

schilderte Journalisten gegenüber die Lage als weiterhin angespannt.

Und auch die politische Diskussion

über Versäumnisse der Bundesregierung ging weiter.

Heute Abend, so ist aus Berlin zu hören, soll es ein Krisentreffen

im Kanzleramt geben.

Andrea Maurer.

Dass Menschen im Gedränge vor dem Flughafen gestorben sind,

dass Eltern ihre Kinder in der Menge verlieren und verzweifelt suchen,

das sind die Nachrichten heute

von der Evakuierungsoperation in Kabul.

In einem Briefing mit der Verteidigungsministerin

schildert Brigadegeneral Arlt die Lage vor Ort.

Leute werden gedrängt, gequetscht, z.T. runtergetrampelt.

Das ist die Situation, wie sie sich darstellt, mit allem,

was man sich dementsprechend bildlich ausmalen kann.

Politisch geht es weiterhin um die Frage:

Hätte schneller gehandelt werden müssen?

Fakt ist, seit Donnerstagnacht, 12. August,

war das Verteidigungsministerium

über die US-Vorbereitungen einer Evakuierungsaktion informiert.

Der Vizebotschafter in Kabul soll wochenlang

vor einer Verschlechterung der Sicherheitslage gewarnt haben.

Der Außenminister bestreitet das allerdings seit Tagen.

Was die Frage nach der deutschen Botschaft angeht,

diese Meldung habe ich gesehen.

So, wie es gemeldet ist,

oder so, wie es von Ihnen dargestellt worden ist,

ist es nicht richtig.

Der Krisenstab der Bundesregierung hat am Freitag beschlossen,

dass unsere Botschaft sich auf eine Evakuierung vorbereitet.

Die Entscheidung zur Evakuierung war dann wohl dramatisch.

Im aktuellen "Spiegel" heißt es:

"Eher zufällig bekommen die Diplomaten

die dramatischen Veränderungen in ihrer Stadt mit".

Es ist Samstag, 14. August, die Amerikaner haben begonnen,

ihre Schutzkräfte abzuziehen, ihre Botschaft zu evakuieren.

Die deutsche Botschaft warnt Berlin.

Erst Sonntagvormittag kommt das endgültige Go zur Evakuierung.

Um 10.34 Uhr

setzt der Vizebotschafter den Prozess wohl selbst in Gang:

Das grüne Licht sei daraufhin unverzüglich gekommen,

sagt das Auswärtige Amt.

Das Ministerium habe es verpasst, vor die Lage zu kommen,

sagen Beobachter.

Sie haben in so einer Situation, wenn sie sehen, dass alles das,

was ihnen bislang geraten worden ist,

im Grunde durch die Ereignisse neutralisiert worden ist,

die Möglichkeit, entweder zu sagen,

ich bleibe meinen Standardprozeduren.

Oder aber ich weiche davon ab und übernehme die politische Führung

und damit natürlich auch die politische Verantwortung,

das Risiko des Scheiterns eigentlich in die Hand.

Der Druck auf die Regierung wird größer.

Vor dem Kanzleramt haben heute etwa 750 Menschen demonstriert,

eine schnellere Evakuierung gefordert.

Und auch den Wahlkampf

haben die möglichen Versäumnisse der Regierung längst erreicht.

FDP und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss.

Auch die grüne Kanzlerkandidatin schließt sich dem an.

Wir müssen das aufarbeiten,

und zwar mit einem Untersuchungsausschuss

für die nächste Bundesregierung.

Auch ganz unabhängig davon, wer dann wie die Regierung anführt.

Das, was an Desaster passiert ist, das können wir nicht verschweigen.

In Kabul kann die Bundeswehr derzeit weniger Menschen evakuieren

als noch zu Beginn der Woche.

Und das, obwohl jeden Tag neue Namen auf den Listen hinzukommen.

Es gibt einfach fast kein Durchkommen mehr

zum rettenden Flughafen.

Hier im Studio begrüße ich Omid Nouripour,

Bundestagsabgeordneter der Grünen,

der sich sehr gut in der Region auskennt,

Afghanistan in den letzten Jahren sehr häufig besucht hat

und auch jetzt Kontakt nach Kabul und ins Land hält.

Guten Abend.

Wir sehen seit Tagen die Bilder von der chaotischen Situation

am Flughafen in Kabul.

Warum bekommt das US-Militär,

warum die Bundeswehr das nicht in den Griff?

Weil es zu spät ist

und das Heft des Handelns jetzt in den Händen der Taliban liegt.

Es gibt kaum noch Möglichkeiten, Informationen zu bekommen.

Menschen vor Ort können nicht mehr informieren.

Die Taliban haben jetzt das Heft in der Hand.

Die Zeit läuft, aber es scheint unmöglich,

die Menschen bis zum 31. August retten zu können,

wenn die Amerikaner abziehen wollen.

Gibt es aus Ihrer Sicht eine Chance, die Frist zu verlängern?

Wenn die Amerikaner draußen sind,

ist der Flughafen nicht mehr operabel.

Die Taliban werden dann die Preise diktieren.

Wir müssen jetzt Gespräche mit den Amerikanern führen.

Wir müssen Sie bitten, solange wie möglich den Flughafen offenzuhalten.

Es gibt erhebliche Kritik an der Bundesregierung,

die eine Fehleinschätzung der Situation einräumt, jetzt aber sagt,

die Rettung der Menschen hat erst mal Vorrang vor der Schuldzuweisung.

Wir werden sicher keinen Untersuchungsausschuss

auf die Beine bekommen mit großen Ergebnissen.

Aber Annalena Baerbock hat gesagt,

dass wir spätestens nach der Wahl

einen Untersuchungsausschuss brauchen.

Man muss wissen,

warum diese vermeidbare Situationen in so eine Situation geraten ist.

Glauben Sie, dass es zu Rücktritten kommt?

Meine Hauptsorge ist, dass so viele wie möglich rausgeholt werden.

Sie kennen das Land sehr gut, dass in den letzten Jahren

viele Schicksalstage erlebt hat.

In den 60er Jahren unter König Zahir Shah

gab es sowas wie einen Aufbruch in die Moderne.

Frauen hatten Freiheiten, das Wahlrecht, konnten studieren –

bevor der Bürgerkrieg begann, die Sowjets kamen,

dann zum ersten Mal die Taliban,

die die Frauen einsperrten und unterdrückten.

War es falsch, diese Freiheit von außen wiederherstellen zu wollen?

Es gab so viele Leute in Afghanistan, die mitgeholfen haben.

Es gab das Wahlrecht und viele Errungenschaften,

gerade auch für Frauen.

Frauen sind diejenigen, die jetzt am meisten zu verlieren haben.

Es wurde aber nicht so viel erreicht,

wie hätte erreicht werden können und müssen.

Es wurden viele Fehler gemacht.

Es wäre dringend notwendig, das alles aufzuarbeiten,

wissenschaftlich und neutral.

Die Taliban jetzt geben sich gemäßigt.

Gibt es das: moderne, gemäßigte Taliban?

Meine Freunde in Kabul sagen, dass sie den Taliban kein Wort glauben.

Ich kann mich diesem nur anschließen.

Die Taliban müssen nur warten, bis die Amerikaner draußen sind.

Ich glaube, die Taliban spielen im Moment auf Zeit.

Es gibt auch bei den Taliban eine neue Generation.

Die sind theologisch weit radikaler aufgewachsen.

Deswegen kann ich mir nicht vorstellen,

dass sie moderater sind als früher.

Wir haben unseren Korrespondenten Normen Odenthal gebeten,

uns die Rolle Pakistans und seine Interessen genauer zu beschreiben.

2.640 km lang ist die Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan.

Wo immer es die Berge erlauben, hat Pakistan diese Grenze

in jüngster Zeit befestigt, mit Hochdruck.

90 % sind fertig.

Der Rest wird vor Ende des Sommers fertig sein.

Das ist das Zeitfenster, das uns bleibt,

sonst wird das Wetter zu kalt

und die Bauarbeiten werden zu schwierig.

Mehr als das Wetter aber

treiben sie wohl die Geschehnisse drüben in Afghanistan an.

Die Regierung in Islamabad fürchtet um Stabilität,

in der Region und im eigenen Land.

Pakistan hat den Ruf, Taliban-freundlich zu sein.

Auf eigenem Gebiet wollte man sie zwar nicht,

ging oft brutal gegen sie vor,

aber jenseits der Grenze sah das anders aus.

Es gab eben tatsächlich Unterstützungen finanzieller Art,

es gab Waffenhilfe, es gab Ausbildungshilfe -

also Dinge, die tatsächlich von Pakistan aus getan worden sind.

So wurde Pakistans Rolle immer kritisch beäugt.

Islamabad galt den USA als Verbündeter, der nicht liefert.

2018 platzte Präsident Trump der Twitter-Kragen:

Die USA hätten Pakistan dummerweise 33 Mrd. Dollar Hilfe gezahlt

und dafür nur Lügen zurückbekommen.

Pakistan biete Terrorgruppen Unterschlupf,

die von US-Truppen in Afghanistan gejagt werden.

Wut, Hass, Terror, Krieg -

Afghanistan ist der Schauplatz, doch es ging immer um mehr.

Viele Motive, viele Mächte, die in ganz Südasien um Einfluss ringen.

Pakistans Ambitionen etwa, auch in Afghanistan,

waren immer geprägt vom Dauerkonflikt

mit dem Erzrivalen Indien.

Wenn Indien nicht existierte oder wenn man mit Indien befreundet wäre,

hätte man sicher eine grundlegend vernünftigere,

andere Politik gegenüber Afghanistan betrieben.

Afghanistan wurde immer so als Bauer

auf dem strategischen Schachspiel gegen Indien wahrgenommen.

Und das Wichtigste war tatsächlich, in Afghanistan

irgendwelche indien-freundlichen Tendenzen zu verhindern.

Die jedenfalls wird es unter den radikal-islamischen Taliban

kaum mehr geben.

Indien, das zur bisherigen Regierung in Afghanistan

ein ordentliches Verhältnis hatte, scheint einer der Verlierer.

Pakistans Karten sind jetzt sicher besser,

aber das Spiel bleibt kompliziert.

Ich würde davor warnen, zu glauben,

dass Pakistan die Taliban insgesamt kontrollieren könne

oder dass sie insgesamt gute Beziehungen zu denen haben.

Das gilt für Teile der Taliban, für andere Teile gilt das nicht.

Man kann Taliban oder insgesamt afghanische Kämpfer

weder von Pakistan noch aus sonst irgendeinem Land fernsteuern.

An der Grenze stehen nun pakistanische Soldaten und Taliban,

Seite an Seite.

Zwei Übergänge sind offen, der Handel soll laufen.

Aber ansonsten kommen nur wenige rein.

Afghanen auf der Flucht wurden zwar Visa versprochen,

aber bisher praktisch nicht ausgestellt.

Pakistan will abwarten,

wie sich die Dinge entwickeln und bleibt vorsichtig.

Vertrauen ist keine Währung in dieser Krisenregion.

Vertrauen kann tödlich sein.

Pakistan scheint kein Ziel für Flüchtlinge zu sein.

Was muss getan werden, wenn auch die Bundesregierung möchte,

dass Flüchtlinge dort bleiben?

Ich finde diese ganze Diskussion im Moment schräg.

Die meisten Leute kommen noch nicht mal mehr zum Flughafen

und wir sprechen von Flüchtlingsströmen.

Hier sagt man, man muss jetzt mit den Nachbarstaaten reden.

Möchten wir diesen Staaten jetzt Geld geben,

dass sie uns die Flüchtlinge vom Hals halten?

Die Flüchtlingsdebatte in dieser Form ist im Moment eine Nebelkerze.

Pakistan, Indien, natürlich auch China, auch Russland –

alle haben nun Interessen in Afghanistan.

Wer wird jetzt den größten Einfluss nehmen?

Afghanistan kann jetzt auf drei Bürgerkriegen zulaufen.

Es gibt konkurrierende Gruppen.

Es gibt Widerstandsgruppen,

die jetzt zum Beispiel gegen die Taliban kämpfen.

Und hier geht es weiter mit den Nachrichten.

Gundula Gause.

Kurz nach Gesprächen mit Russlands Präsident Putin in Moskau

hat Bundeskanzlerin Merkel heute die Ukraine besucht.

Dabei verurteilte sie erneut die Annexion der Krim durch Russland.

Gemeinsam mit Präsident Selenskyj warnte sie Moskau außerdem davor,

die neue Ostsee-Pipeline Nordstream 2 als politische Waffe einzusetzen.

Merkel sagte Selenskyi deutsche Unterstützung

für eine weitere Nutzung des Leitungssystems in der Ukraine zu.

Kiew ist auf die Milliardeneinnahmen durch den Gas-Transit angewiesen.

Ein junger Mann mit einer jüdischen Kippa

ist in Köln bei einem mutmaßlich antisemitischen Angriff

schwer verletzt worden.

Aus einer etwa zehnköpfigen Gruppe heraus sei der 18-Jährige

am Freitagabend in einem Park attackiert worden,

teilte die Polizei mit.

Zwei junge Tatverdächtige wurden vorübergehend festgenommen.

Der Staatschutz ermittelt.

In den Tarifkonflikt bei der Bahn ist Bewegung gekommen:

Der Konzern bot der Lokführergewerkschaft an,

über eine Corona-Prämie in diesem Jahr zu verhandeln

und bat die GDL zugleich dringend,

an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Die Gewerkschaft wies das Angebot allerdings zurück

und hält an ihrem Streikvorhaben fest.

Somit müssen sich Bahnkunden auf den zweiten Streik

binnen kurzem auch im Personenverkehr einstellen,

ab heute Nacht 2 Uhr bis Mittwochfrüh.

Die Corona-Zahlen steigen täglich.

Betroffen sind derzeit v.a Ungeimpfte und junge Leute.

Das Robert Koch-Institut meldet 7.050 Neuinfektionen

binnen 24 Stunden, 2.322 mehr als vor einer Woche.

Drei weitere Todesfälle kamen hinzu.

Die 7-Tage-Inzidenz ist auf 54,5 gestiegen.

Die heiße Wahlkampfphase hat begonnen.

Heute in fünf Wochen wird an dieser Stelle das heute journal

Wahlsieger und -verlierer interviewen.

Von heute aus gesehen ist sehr gut möglich,

dass dann noch keinesfalls feststeht,

wer Deutschland künftig in welcher Konstellation regieren wird.

Denn das Rennen ist knapp.

Der, der den Trend derzeit auf seiner Seite hat,

stellte sich heute den Fragen im ZDF-Sommerinterview:

Olaf Scholz, SPD.

Es ging auch dabei natürlich zunächst um das Thema der Woche: Afghanistan.

Andreas Kynast.

Wir alle haben die Lage falsch eingeschätzt -

so hat es der Außenminister gesagt, so hat es die Kanzlerin gesagt.

Olaf Scholz sagt so etwas nicht.

Im ZDF-Sommerinterview, im Aufwind der Umfragen

versucht der Kandidat der Stunde, keinen Fehler zu machen

und keinen gemacht zu haben.

Warum hatte für die Bundesregierung

die Evakuierung der Ortskräfte so lange keine Priorität?

Es hatte Priorität.

Ich habe die Priorität gerade berichtet, wie man das hinbekommt.

Deshalb war es auch in der Diskussion,

von Verteidigungsministerium und Außenministerium, zu gucken,

ob man die Frage der Visaerteilung

auch vor Ort hier in Deutschland regeln kann.

Das ist jetzt auch so entschieden.

Ich finde es erschreckend.

Herr Scholz ist Vizekanzler, er ist Finanzminister.

Als solches gerät er sicher auch in Bundestagswahlkampf.

Natürlich muss er auch kritische Worte

für den Parteifreund finden.

Herr Maas ist neben Frau Kramp-Karrenbauer,

neben Herrn Seehofer und neben Herrn Müller die Person,

die dieses Chaos zu verantworten hat.

Scholz vermeidet es heute, Herrn Maas zu verteidigen.

Der Frage, ob er ihn als Minister behalten will, weicht er aus.

Jetzt geht es um die Arbeit, die hier zu leisten ist.

Wie die nächste Regierung gebildet wird,

das entscheidet sich nach der Wahl.

Die überaus heftige Kritik an der verschleppten Evakuierung

ist für Scholz v.a. deshalb ein Problem,

weil er sich im Wahlkampf

als der erfahrenste, der anpackendste Kandidat präsentiert -

es ist der Kern seiner Kampagne.

Da gibt es eine Partei, die die Zukunft anpackt.

Darum ist es ganz wichtig, dass wir das anpacken.

Dass man anpacken muss.

Dass Scholz es packen könnte, galt lange als Luftschloss,

aber die Schwäche der anderen ist seine Stärke.

Die SPD holt unübersehbar auf.

In der Kandidatenfrage liegt Baerbock bei 16 %,

Laschet bei 21 % und Scholz sogar bei 44 %.

Die ersten Berater glauben, die Euphorie bremsen zu müssen,

die Fernsehdebatten kommen noch.

Die einzige Gefahr, die ich bei Olaf Scholz sehe, ist,

dass er in diesen Duellen manchmal zu abgehoben wirkt,

vielleicht zu kühl.

Manche sagen arrogant.

Auf der anderen Seite wird man sehen: Er wird sich vorbereiten.

Die SPD folgt Scholz in diesem Wahlkampf erstaunlich diszipliniert,

nur selten werden Haarrisse sichtbar.

In der Klimapolitik will Scholz am Kohleausstieg 2038 festhalten.

Parteichefin Esken bringt einen früheren Ausstiegstermin

ins Gespräch.

Deutschland hat einen Vertrag geschlossen.

Da endet das mit der Kohle- verstromung spätestens 2038.

Und die Frage, wann wir fertig werden, hat nichts damit zu tun,

ob man über diesen Punkt diskutiert, sondern ob wir es schaffen,

dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien hinbekommen.

Seit vier Wahlkämpfen ist kein Sozialdemokrat

dem Kanzleramt so nahgekommen wie Olaf Scholz.

Jetzt gilt es, keinen Fehler zu machen.

Oder wenigstens keinen zuzugeben.

Im Kampf gegen den Klimawandel sieht Scholz

vorerst keinen Spielraum,

den bis 2038 vereinbarten Kohleausstieg vorzuziehen.

Sein CDU-Konkurrent Laschet

verweist als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

und Sohn eines Bergmanns auf die Schwierigkeiten des Strukturwandels.

Und die Grünen-Kandidatin Baerbock

wirft beiden die Verschleppung der Krise vor:

Der Kohleausstieg müsse schneller kommen.

Wie schnell geht Wandel?

In der Braunkohleregion Lausitz

hat der Abschied vom Kohleabbau längst begonnen

und ist für viele mit Ernüchterung und Unsicherheit verbunden.

Ein Theaterprojekt macht dort mit künstlerischen Mitteln greifbar,

was Transformation für die Menschen bedeutet.

Der “Kohlezug“ heißt das Stück.

Nicola Albrecht ist eingestiegen.

Wir hatten schöne Kohle da,

aber auch so Blumenerde, haben wir gesagt.

Aber gestunken hat die Kohle, Kohle stinkt wie Scheiße.

Ehrlich und authentisch wollen sie sein, schonungslos.

Ihre Bühne: alte Schüttwaggons auf Gleisen,

mitten im Revier, mitten in der Lausitz.

Und der Stoff könnte nicht aktueller und brisanter sein:

Bergbau, Transformation, Klimawandel.

Die Erwärmung des Erdklimas

durch die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle

ist menschengemacht.

Und Umweltfanatiker stürmen den Tagebau und legen alles lahm.

Zig Jahre für die Grube gearbeitet und jetzt kommt das?

Die Texte und Szenen nicht ausgedacht,

sondern entstanden aus Berichten von Zeitzeugen,

Bergfrauen und -männern aus der Region, so wie Reinhard Tischer.

Ein Elektriker, der nicht säuft, ist wie ein Motor, der nicht läuft.

Wir dürfen Reinard Tischer

an die Abbruchkante seiner ehemaligen Grube begleiten.

Der Tagebau ist noch aktiv,

Reinhard Tischer vor zwei Jahren in Rente gegangen.

Narben in der Landschaft haben die Tagebaue hinterlassen,

auch Narben auf den Seelen der Menschen hier, erzählt er uns:

abgebaggert, umgesiedelt, ausgekohlt.

Die einstigen Helden der Energiewirtschaft

degradiert zu Klimakillern.

Verbitterung im Kohlestaub ist, was bleibt.

Verständlich, findet Reinhard Tischer,

doch er persönlich glaubt an die Notwendigkeit des Wandels,

nur nicht überstürzt.

Deswegen kann man so einen Tagebau nicht einfach anhalten

und aufhören, die Kohle zu fördern, das muss allmählich auslaufen.

Und die Landschaft muss saniert werden,

damit sie wieder nutzbar ist.

Im Theaterstück bekommt jeder Kumpel sein Solo, sein Resümee.

Man hat viel Kohlenstaub gefressen, aber satt bin ich nicht geworden.

Wir haben erst einmal zugehört.

Wir haben den Leuten zugehört, ihren Geschichten zugehört,

weil es uns ein Anliegen ist,

diese Geschichte als einen Teil unserer Kultur zu dokumentieren

und auch für die nächste Generation zu erzählen.

Wertschätzung, die ankommt.

Das ist mein Leben, das ist mein Leben dargestellt.

Gibt eine Gänsehaut, weil man diese Szenen und die Worte hört

und das Jargon und alles - das ist ergreifend für mich.

Schnörkellos lädt das Stück zum Diskutieren ein.

Macht dicht.

Theater wird zum Vermittler

zwischen Betroffenen, Gesellschaft und Politik.

Es ist keine Abrechnung.

Und das ist gut, denn die Geschichte ist nicht zu Ende.

Und es wird sportlich.

In der Fußball-Bundesliga

hat Bayern München gegen den 1. FC Köln 3:2 gewonnen,

kein leichtes Spiel für den Rekordmeister gegen mutige Kölner.

Und in der anderen Sonntagspartie

trennten sich Hoffenheim und Union Berlin 2:2 unentschieden.

Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev

steht im Finale des ATP-Turniers von Cincinnati

und bestätigt eine Woche vor den US Open seine Top-Form.

Gestern gewann er in einem dramatischen Spiel

das Halbfinale gegen den Griechen Tsitsipas.

Es war sein zehnter Sieg in Folge.

Das Finale gegen den Russen Andrej Rubljow,

mit dem Zverev eine enge Freundschaft verbindet, beginnt in Kürze.

Tropensturm "Grace" hat in Mexiko Überschwemmungen,

Erdrutsche und Stromausfälle verursacht.

Mindestens acht Menschen kamen ums Leben.

Unterdessen hat Tropensturm "Henri" die Ostküste der USA erreicht.

Die Behörden rechnen mit Sturmfluten und Überschwemmungen,

die auch die Metropole New York treffen könnten.

Gouverneur Cuomo rief in dem Bundesstaat den Notstand aus.

Ein Konzert im Central Park

musste vorzeitig wegen Starkregens abgebrochen werden.

Eigentlich wollte New York damit

seine "Wiedergeburt" nach der Corona-Krise feiern.

Zum Sonntag gehört der Blick auf die kommende Woche.

Dazu zählt z.B. ein virtueller G7-Gipfel am Dienstag

zur Situation in Afghanistan.

Drei weitere wichtige Ereignisse hat Annegret Oster zusammengestellt.

Am Dienstag werden in Tokio die Paralympics starten.

An der Eröffnungszeremonie wird,

wie schon bei den Olympischen Sommerspielen,

Schirmherr Kaiser Naruhito teilnehmen.

134 Sportler*innen aus Deutschland

haben sich bereits auf den Weg gemacht,

um in Japan um Medaillen zu kämpfen.

Angesichts der explodierenden Corona-Zahlen

werden auch die Paralympics

weitgehend ohne Zuschauer stattfinden.

Zum Auftakt einer Sondersitzung des Bundestags

wird Kanzlerin Merkel am Mittwoch

eine Regierungserklärung zur Afghanistan-Politik abgeben.

Im Anschluss daran will das Parlament das Mandat

für den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr

beraten und beschließen.

Außerdem soll über die Verlängerung der epidemischen Lage

von nationaler Tragweite sowie über den Milliardenfonds

für den Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe

diskutiert werden.

Die Kirchen in Deutschland haben zu einem bundesweiten Gedenkakt

für die Opfer der Flutkatastrophe eingeladen.

Am Samstag wird im Aachener Dom

ein ökumenischer Gottesdienst stattfinden.

Daran teilnehmen

werden der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bätzing,

und der EKD-Vorsitzende, Bedford-Strohm.

Eingeladen sind außerdem Notfallseelsorger, Helfer

und Betroffene der Naturkatastrophe.

Das Wetter bleibt zum Start in die neue Woche regnerisch und frisch.

Der Deutsche Wetterdienst warnt vor ergiebigem Dauerregen

bis morgen Abend in vielen Regionen Ostdeutschlands,

Sonne gibt es morgen nur ganz im Norden.

Landeinwärts überwiegen die Wolken

und v.a. im Südosten regnet es, örtlich gibt es Gewitter.

Auch an den kommenden Tagen bleibt es ähnlich frisch.

Dienstag und Mittwoch meist freundlich.

Am Donnerstag wieder mehr Regen.

So viel von uns.

Nachrichten gibt es hier wieder um 0.40 Uhr und immer auf zdfheute.de.

Morgen begrüßen Sie an dieser Stelle Claus Kleber und Kay-Sölve Richter.

Tschüss.


heute journal vom 22.08.2021 - Politische Verantwortung - Berlin diskutiert Afghanistan-Debakel; Schwierige Nachbarschaf today journal from 08/22/2021 - Political responsibility - Berlin discusses Afghanistan debacle; difficult neighborhood dzisiaj dziennik z 22.08.2021 - Odpowiedzialność polityczna - Berlin o klęsce w Afganistanie; trudne sąsiedztwo Журнал сегодня от 22.08.2021 - Политическая ответственность - Берлин обсуждает фиаско в Афганистане; трудное соседство

Diese Untertitel sind live produziert. Te napisy są produkowane na żywo.

Und jetzt das "heute journal" mit Bettina Schausten und Gundula Gause. A teraz „heute journal” z Bettiną Schausten i Gundulą Gause.

Guten Abend.

Eine Woche ist es nun her, dass die Taliban in Kabul einrückten Minął tydzień odkąd talibowie wkroczyli do Kabulu

und die Macht in Afghanistan damit vollständig übernahmen.

Seitdem sind die USA und ihre Verbündeten

in einer dramatischen Evakuierungsaktion dabei,

möglichst viele Menschen aus dem Land auszufliegen.

Verzweiflung, Gedränge, Chaos - das hat am Flughafen Kabul

in den letzten Tagen 20 Todesopfer gefordert.

Die Situation entspannte sich heute nur leicht.

Der deutsche Brigadegeneral Arlt

schilderte Journalisten gegenüber die Lage als weiterhin angespannt.

Und auch die politische Diskussion

über Versäumnisse der Bundesregierung ging weiter.

Heute Abend, so ist aus Berlin zu hören, soll es ein Krisentreffen

im Kanzleramt geben.

Andrea Maurer.

Dass Menschen im Gedränge vor dem Flughafen gestorben sind,

dass Eltern ihre Kinder in der Menge verlieren und verzweifelt suchen,

das sind die Nachrichten heute

von der Evakuierungsoperation in Kabul.

In einem Briefing mit der Verteidigungsministerin

schildert Brigadegeneral Arlt die Lage vor Ort.

Leute werden gedrängt, gequetscht, z.T. runtergetrampelt.

Das ist die Situation, wie sie sich darstellt, mit allem,

was man sich dementsprechend bildlich ausmalen kann.

Politisch geht es weiterhin um die Frage:

Hätte schneller gehandelt werden müssen?

Fakt ist, seit Donnerstagnacht, 12. August,

war das Verteidigungsministerium

über die US-Vorbereitungen einer Evakuierungsaktion informiert.

Der Vizebotschafter in Kabul soll wochenlang

vor einer Verschlechterung der Sicherheitslage gewarnt haben.

Der Außenminister bestreitet das allerdings seit Tagen.

Was die Frage nach der deutschen Botschaft angeht,

diese Meldung habe ich gesehen.

So, wie es gemeldet ist,

oder so, wie es von Ihnen dargestellt worden ist,

ist es nicht richtig.

Der Krisenstab der Bundesregierung hat am Freitag beschlossen,

dass unsere Botschaft sich auf eine Evakuierung vorbereitet.

Die Entscheidung zur Evakuierung war dann wohl dramatisch.

Im aktuellen "Spiegel" heißt es:

"Eher zufällig bekommen die Diplomaten

die dramatischen Veränderungen in ihrer Stadt mit".

Es ist Samstag, 14. August, die Amerikaner haben begonnen,

ihre Schutzkräfte abzuziehen, ihre Botschaft zu evakuieren.

Die deutsche Botschaft warnt Berlin.

Erst Sonntagvormittag kommt das endgültige Go zur Evakuierung.

Um 10.34 Uhr

setzt der Vizebotschafter den Prozess wohl selbst in Gang:

Das grüne Licht sei daraufhin unverzüglich gekommen,

sagt das Auswärtige Amt.

Das Ministerium habe es verpasst, vor die Lage zu kommen,

sagen Beobachter.

Sie haben in so einer Situation, wenn sie sehen, dass alles das,

was ihnen bislang geraten worden ist,

im Grunde durch die Ereignisse neutralisiert worden ist,

die Möglichkeit, entweder zu sagen,

ich bleibe meinen Standardprozeduren.

Oder aber ich weiche davon ab und übernehme die politische Führung

und damit natürlich auch die politische Verantwortung,

das Risiko des Scheiterns eigentlich in die Hand.

Der Druck auf die Regierung wird größer.

Vor dem Kanzleramt haben heute etwa 750 Menschen demonstriert,

eine schnellere Evakuierung gefordert.

Und auch den Wahlkampf

haben die möglichen Versäumnisse der Regierung längst erreicht.

FDP und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss.

Auch die grüne Kanzlerkandidatin schließt sich dem an.

Wir müssen das aufarbeiten,

und zwar mit einem Untersuchungsausschuss

für die nächste Bundesregierung.

Auch ganz unabhängig davon, wer dann wie die Regierung anführt.

Das, was an Desaster passiert ist, das können wir nicht verschweigen.

In Kabul kann die Bundeswehr derzeit weniger Menschen evakuieren

als noch zu Beginn der Woche.

Und das, obwohl jeden Tag neue Namen auf den Listen hinzukommen.

Es gibt einfach fast kein Durchkommen mehr

zum rettenden Flughafen.

Hier im Studio begrüße ich Omid Nouripour,

Bundestagsabgeordneter der Grünen,

der sich sehr gut in der Region auskennt,

Afghanistan in den letzten Jahren sehr häufig besucht hat

und auch jetzt Kontakt nach Kabul und ins Land hält.

Guten Abend.

Wir sehen seit Tagen die Bilder von der chaotischen Situation

am Flughafen in Kabul.

Warum bekommt das US-Militär,

warum die Bundeswehr das nicht in den Griff?

Weil es zu spät ist

und das Heft des Handelns jetzt in den Händen der Taliban liegt.

Es gibt kaum noch Möglichkeiten, Informationen zu bekommen.

Menschen vor Ort können nicht mehr informieren.

Die Taliban haben jetzt das Heft in der Hand.

Die Zeit läuft, aber es scheint unmöglich,

die Menschen bis zum 31. August retten zu können,

wenn die Amerikaner abziehen wollen.

Gibt es aus Ihrer Sicht eine Chance, die Frist zu verlängern?

Wenn die Amerikaner draußen sind,

ist der Flughafen nicht mehr operabel. the airport is no longer operational.

Die Taliban werden dann die Preise diktieren.

Wir müssen jetzt Gespräche mit den Amerikanern führen.

Wir müssen Sie bitten, solange wie möglich den Flughafen offenzuhalten.

Es gibt erhebliche Kritik an der Bundesregierung,

die eine Fehleinschätzung der Situation einräumt, jetzt aber sagt,

die Rettung der Menschen hat erst mal Vorrang vor der Schuldzuweisung.

Wir werden sicher keinen Untersuchungsausschuss

auf die Beine bekommen mit großen Ergebnissen.

Aber Annalena Baerbock hat gesagt,

dass wir spätestens nach der Wahl

einen Untersuchungsausschuss brauchen.

Man muss wissen,

warum diese vermeidbare Situationen in so eine Situation geraten ist.

Glauben Sie, dass es zu Rücktritten kommt?

Meine Hauptsorge ist, dass so viele wie möglich rausgeholt werden.

Sie kennen das Land sehr gut, dass in den letzten Jahren

viele Schicksalstage erlebt hat.

In den 60er Jahren unter König Zahir Shah

gab es sowas wie einen Aufbruch in die Moderne.

Frauen hatten Freiheiten, das Wahlrecht, konnten studieren –

bevor der Bürgerkrieg begann, die Sowjets kamen,

dann zum ersten Mal die Taliban,

die die Frauen einsperrten und unterdrückten.

War es falsch, diese Freiheit von außen wiederherstellen zu wollen?

Es gab so viele Leute in Afghanistan, die mitgeholfen haben.

Es gab das Wahlrecht und viele Errungenschaften,

gerade auch für Frauen.

Frauen sind diejenigen, die jetzt am meisten zu verlieren haben.

Es wurde aber nicht so viel erreicht,

wie hätte erreicht werden können und müssen.

Es wurden viele Fehler gemacht.

Es wäre dringend notwendig, das alles aufzuarbeiten,

wissenschaftlich und neutral.

Die Taliban jetzt geben sich gemäßigt.

Gibt es das: moderne, gemäßigte Taliban?

Meine Freunde in Kabul sagen, dass sie den Taliban kein Wort glauben.

Ich kann mich diesem nur anschließen.

Die Taliban müssen nur warten, bis die Amerikaner draußen sind.

Ich glaube, die Taliban spielen im Moment auf Zeit.

Es gibt auch bei den Taliban eine neue Generation.

Die sind theologisch weit radikaler aufgewachsen.

Deswegen kann ich mir nicht vorstellen,

dass sie moderater sind als früher.

Wir haben unseren Korrespondenten Normen Odenthal gebeten,

uns die Rolle Pakistans und seine Interessen genauer zu beschreiben.

2.640 km lang ist die Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan.

Wo immer es die Berge erlauben, hat Pakistan diese Grenze

in jüngster Zeit befestigt, mit Hochdruck.

90 % sind fertig.

Der Rest wird vor Ende des Sommers fertig sein.

Das ist das Zeitfenster, das uns bleibt,

sonst wird das Wetter zu kalt

und die Bauarbeiten werden zu schwierig.

Mehr als das Wetter aber

treiben sie wohl die Geschehnisse drüben in Afghanistan an.

Die Regierung in Islamabad fürchtet um Stabilität,

in der Region und im eigenen Land.

Pakistan hat den Ruf, Taliban-freundlich zu sein.

Auf eigenem Gebiet wollte man sie zwar nicht,

ging oft brutal gegen sie vor,

aber jenseits der Grenze sah das anders aus.

Es gab eben tatsächlich Unterstützungen finanzieller Art,

es gab Waffenhilfe, es gab Ausbildungshilfe -

also Dinge, die tatsächlich von Pakistan aus getan worden sind.

So wurde Pakistans Rolle immer kritisch beäugt.

Islamabad galt den USA als Verbündeter, der nicht liefert.

2018 platzte Präsident Trump der Twitter-Kragen:

Die USA hätten Pakistan dummerweise 33 Mrd. Dollar Hilfe gezahlt

und dafür nur Lügen zurückbekommen.

Pakistan biete Terrorgruppen Unterschlupf,

die von US-Truppen in Afghanistan gejagt werden.

Wut, Hass, Terror, Krieg -

Afghanistan ist der Schauplatz, doch es ging immer um mehr.

Viele Motive, viele Mächte, die in ganz Südasien um Einfluss ringen.

Pakistans Ambitionen etwa, auch in Afghanistan,

waren immer geprägt vom Dauerkonflikt

mit dem Erzrivalen Indien.

Wenn Indien nicht existierte oder wenn man mit Indien befreundet wäre,

hätte man sicher eine grundlegend vernünftigere,

andere Politik gegenüber Afghanistan betrieben.

Afghanistan wurde immer so als Bauer

auf dem strategischen Schachspiel gegen Indien wahrgenommen.

Und das Wichtigste war tatsächlich, in Afghanistan

irgendwelche indien-freundlichen Tendenzen zu verhindern.

Die jedenfalls wird es unter den radikal-islamischen Taliban

kaum mehr geben.

Indien, das zur bisherigen Regierung in Afghanistan

ein ordentliches Verhältnis hatte, scheint einer der Verlierer.

Pakistans Karten sind jetzt sicher besser,

aber das Spiel bleibt kompliziert.

Ich würde davor warnen, zu glauben,

dass Pakistan die Taliban insgesamt kontrollieren könne

oder dass sie insgesamt gute Beziehungen zu denen haben.

Das gilt für Teile der Taliban, für andere Teile gilt das nicht.

Man kann Taliban oder insgesamt afghanische Kämpfer

weder von Pakistan noch aus sonst irgendeinem Land fernsteuern. remote control neither from Pakistan nor from any other country.

An der Grenze stehen nun pakistanische Soldaten und Taliban,

Seite an Seite.

Zwei Übergänge sind offen, der Handel soll laufen.

Aber ansonsten kommen nur wenige rein.

Afghanen auf der Flucht wurden zwar Visa versprochen,

aber bisher praktisch nicht ausgestellt.

Pakistan will abwarten,

wie sich die Dinge entwickeln und bleibt vorsichtig.

Vertrauen ist keine Währung in dieser Krisenregion.

Vertrauen kann tödlich sein.

Pakistan scheint kein Ziel für Flüchtlinge zu sein.

Was muss getan werden, wenn auch die Bundesregierung möchte,

dass Flüchtlinge dort bleiben?

Ich finde diese ganze Diskussion im Moment schräg.

Die meisten Leute kommen noch nicht mal mehr zum Flughafen

und wir sprechen von Flüchtlingsströmen.

Hier sagt man, man muss jetzt mit den Nachbarstaaten reden.

Möchten wir diesen Staaten jetzt Geld geben,

dass sie uns die Flüchtlinge vom Hals halten?

Die Flüchtlingsdebatte in dieser Form ist im Moment eine Nebelkerze. The refugee debate in this form is currently a smoke screen.

Pakistan, Indien, natürlich auch China, auch Russland –

alle haben nun Interessen in Afghanistan.

Wer wird jetzt den größten Einfluss nehmen?

Afghanistan kann jetzt auf drei Bürgerkriegen zulaufen.

Es gibt konkurrierende Gruppen.

Es gibt Widerstandsgruppen,

die jetzt zum Beispiel gegen die Taliban kämpfen.

Und hier geht es weiter mit den Nachrichten.

Gundula Gause.

Kurz nach Gesprächen mit Russlands Präsident Putin in Moskau

hat Bundeskanzlerin Merkel heute die Ukraine besucht.

Dabei verurteilte sie erneut die Annexion der Krim durch Russland.

Gemeinsam mit Präsident Selenskyj warnte sie Moskau außerdem davor,

die neue Ostsee-Pipeline Nordstream 2 als politische Waffe einzusetzen.

Merkel sagte Selenskyi deutsche Unterstützung

für eine weitere Nutzung des Leitungssystems in der Ukraine zu. for further use of the pipeline system in Ukraine.

Kiew ist auf die Milliardeneinnahmen durch den Gas-Transit angewiesen.

Ein junger Mann mit einer jüdischen Kippa

ist in Köln bei einem mutmaßlich antisemitischen Angriff

schwer verletzt worden.

Aus einer etwa zehnköpfigen Gruppe heraus sei der 18-Jährige

am Freitagabend in einem Park attackiert worden,

teilte die Polizei mit.

Zwei junge Tatverdächtige wurden vorübergehend festgenommen.

Der Staatschutz ermittelt.

In den Tarifkonflikt bei der Bahn ist Bewegung gekommen:

Der Konzern bot der Lokführergewerkschaft an,

über eine Corona-Prämie in diesem Jahr zu verhandeln

und bat die GDL zugleich dringend,

an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Die Gewerkschaft wies das Angebot allerdings zurück

und hält an ihrem Streikvorhaben fest.

Somit müssen sich Bahnkunden auf den zweiten Streik

binnen kurzem auch im Personenverkehr einstellen,

ab heute Nacht 2 Uhr bis Mittwochfrüh.

Die Corona-Zahlen steigen täglich.

Betroffen sind derzeit v.a Ungeimpfte und junge Leute.

Das Robert Koch-Institut meldet 7.050 Neuinfektionen

binnen 24 Stunden, 2.322 mehr als vor einer Woche.

Drei weitere Todesfälle kamen hinzu.

Die 7-Tage-Inzidenz ist auf 54,5 gestiegen.

Die heiße Wahlkampfphase hat begonnen.

Heute in fünf Wochen wird an dieser Stelle das heute journal

Wahlsieger und -verlierer interviewen.

Von heute aus gesehen ist sehr gut möglich,

dass dann noch keinesfalls feststeht,

wer Deutschland künftig in welcher Konstellation regieren wird.

Denn das Rennen ist knapp.

Der, der den Trend derzeit auf seiner Seite hat,

stellte sich heute den Fragen im ZDF-Sommerinterview:

Olaf Scholz, SPD.

Es ging auch dabei natürlich zunächst um das Thema der Woche: Afghanistan.

Andreas Kynast.

Wir alle haben die Lage falsch eingeschätzt -

so hat es der Außenminister gesagt, so hat es die Kanzlerin gesagt.

Olaf Scholz sagt so etwas nicht.

Im ZDF-Sommerinterview, im Aufwind der Umfragen

versucht der Kandidat der Stunde, keinen Fehler zu machen

und keinen gemacht zu haben.

Warum hatte für die Bundesregierung

die Evakuierung der Ortskräfte so lange keine Priorität?

Es hatte Priorität.

Ich habe die Priorität gerade berichtet, wie man das hinbekommt.

Deshalb war es auch in der Diskussion,

von Verteidigungsministerium und Außenministerium, zu gucken,

ob man die Frage der Visaerteilung

auch vor Ort hier in Deutschland regeln kann.

Das ist jetzt auch so entschieden.

Ich finde es erschreckend.

Herr Scholz ist Vizekanzler, er ist Finanzminister.

Als solches gerät er sicher auch in Bundestagswahlkampf.

Natürlich muss er auch kritische Worte

für den Parteifreund finden.

Herr Maas ist neben Frau Kramp-Karrenbauer,

neben Herrn Seehofer und neben Herrn Müller die Person,

die dieses Chaos zu verantworten hat.

Scholz vermeidet es heute, Herrn Maas zu verteidigen.

Der Frage, ob er ihn als Minister behalten will, weicht er aus.

Jetzt geht es um die Arbeit, die hier zu leisten ist.

Wie die nächste Regierung gebildet wird,

das entscheidet sich nach der Wahl.

Die überaus heftige Kritik an der verschleppten Evakuierung

ist für Scholz v.a. deshalb ein Problem,

weil er sich im Wahlkampf

als der erfahrenste, der anpackendste Kandidat präsentiert - presented as the most experienced, the most hands-on candidate -

es ist der Kern seiner Kampagne.

Da gibt es eine Partei, die die Zukunft anpackt.

Darum ist es ganz wichtig, dass wir das anpacken.

Dass man anpacken muss.

Dass Scholz es packen könnte, galt lange als Luftschloss,

aber die Schwäche der anderen ist seine Stärke.

Die SPD holt unübersehbar auf.

In der Kandidatenfrage liegt Baerbock bei 16 %,

Laschet bei 21 % und Scholz sogar bei 44 %.

Die ersten Berater glauben, die Euphorie bremsen zu müssen,

die Fernsehdebatten kommen noch.

Die einzige Gefahr, die ich bei Olaf Scholz sehe, ist,

dass er in diesen Duellen manchmal zu abgehoben wirkt,

vielleicht zu kühl.

Manche sagen arrogant.

Auf der anderen Seite wird man sehen: Er wird sich vorbereiten.

Die SPD folgt Scholz in diesem Wahlkampf erstaunlich diszipliniert,

nur selten werden Haarrisse sichtbar.

In der Klimapolitik will Scholz am Kohleausstieg 2038 festhalten.

Parteichefin Esken bringt einen früheren Ausstiegstermin

ins Gespräch.

Deutschland hat einen Vertrag geschlossen.

Da endet das mit der Kohle- verstromung spätestens 2038.

Und die Frage, wann wir fertig werden, hat nichts damit zu tun,

ob man über diesen Punkt diskutiert, sondern ob wir es schaffen,

dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien hinbekommen.

Seit vier Wahlkämpfen ist kein Sozialdemokrat

dem Kanzleramt so nahgekommen wie Olaf Scholz.

Jetzt gilt es, keinen Fehler zu machen.

Oder wenigstens keinen zuzugeben.

Im Kampf gegen den Klimawandel sieht Scholz

vorerst keinen Spielraum,

den bis 2038 vereinbarten Kohleausstieg vorzuziehen.

Sein CDU-Konkurrent Laschet

verweist als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen

und Sohn eines Bergmanns auf die Schwierigkeiten des Strukturwandels.

Und die Grünen-Kandidatin Baerbock

wirft beiden die Verschleppung der Krise vor:

Der Kohleausstieg müsse schneller kommen.

Wie schnell geht Wandel?

In der Braunkohleregion Lausitz

hat der Abschied vom Kohleabbau längst begonnen

und ist für viele mit Ernüchterung und Unsicherheit verbunden.

Ein Theaterprojekt macht dort mit künstlerischen Mitteln greifbar,

was Transformation für die Menschen bedeutet.

Der “Kohlezug“ heißt das Stück. The piece is called the “Coal Train”.

Nicola Albrecht ist eingestiegen.

Wir hatten schöne Kohle da,

aber auch so Blumenerde, haben wir gesagt.

Aber gestunken hat die Kohle, Kohle stinkt wie Scheiße.

Ehrlich und authentisch wollen sie sein, schonungslos.

Ihre Bühne: alte Schüttwaggons auf Gleisen, Your stage: old hopper wagons on rails,

mitten im Revier, mitten in der Lausitz.

Und der Stoff könnte nicht aktueller und brisanter sein:

Bergbau, Transformation, Klimawandel.

Die Erwärmung des Erdklimas

durch die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle

ist menschengemacht.

Und Umweltfanatiker stürmen den Tagebau und legen alles lahm.

Zig Jahre für die Grube gearbeitet und jetzt kommt das?

Die Texte und Szenen nicht ausgedacht,

sondern entstanden aus Berichten von Zeitzeugen,

Bergfrauen und -männern aus der Region, so wie Reinhard Tischer. Miners from the region, like Reinhard Tischer.

Ein Elektriker, der nicht säuft, ist wie ein Motor, der nicht läuft.

Wir dürfen Reinard Tischer

an die Abbruchkante seiner ehemaligen Grube begleiten.

Der Tagebau ist noch aktiv,

Reinhard Tischer vor zwei Jahren in Rente gegangen.

Narben in der Landschaft haben die Tagebaue hinterlassen,

auch Narben auf den Seelen der Menschen hier, erzählt er uns:

abgebaggert, umgesiedelt, ausgekohlt. excavated, resettled, charred.

Die einstigen Helden der Energiewirtschaft

degradiert zu Klimakillern.

Verbitterung im Kohlestaub ist, was bleibt.

Verständlich, findet Reinhard Tischer,

doch er persönlich glaubt an die Notwendigkeit des Wandels,

nur nicht überstürzt.

Deswegen kann man so einen Tagebau nicht einfach anhalten

und aufhören, die Kohle zu fördern, das muss allmählich auslaufen.

Und die Landschaft muss saniert werden,

damit sie wieder nutzbar ist.

Im Theaterstück bekommt jeder Kumpel sein Solo, sein Resümee.

Man hat viel Kohlenstaub gefressen, aber satt bin ich nicht geworden.

Wir haben erst einmal zugehört.

Wir haben den Leuten zugehört, ihren Geschichten zugehört,

weil es uns ein Anliegen ist,

diese Geschichte als einen Teil unserer Kultur zu dokumentieren

und auch für die nächste Generation zu erzählen.

Wertschätzung, die ankommt.

Das ist mein Leben, das ist mein Leben dargestellt.

Gibt eine Gänsehaut, weil man diese Szenen und die Worte hört

und das Jargon und alles - das ist ergreifend für mich.

Schnörkellos lädt das Stück zum Diskutieren ein.

Macht dicht.

Theater wird zum Vermittler

zwischen Betroffenen, Gesellschaft und Politik.

Es ist keine Abrechnung.

Und das ist gut, denn die Geschichte ist nicht zu Ende.

Und es wird sportlich.

In der Fußball-Bundesliga

hat Bayern München gegen den 1. FC Köln 3:2 gewonnen,

kein leichtes Spiel für den Rekordmeister gegen mutige Kölner.

Und in der anderen Sonntagspartie

trennten sich Hoffenheim und Union Berlin 2:2 unentschieden.

Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev

steht im Finale des ATP-Turniers von Cincinnati

und bestätigt eine Woche vor den US Open seine Top-Form.

Gestern gewann er in einem dramatischen Spiel

das Halbfinale gegen den Griechen Tsitsipas.

Es war sein zehnter Sieg in Folge.

Das Finale gegen den Russen Andrej Rubljow,

mit dem Zverev eine enge Freundschaft verbindet, beginnt in Kürze.

Tropensturm "Grace" hat in Mexiko Überschwemmungen,

Erdrutsche und Stromausfälle verursacht.

Mindestens acht Menschen kamen ums Leben.

Unterdessen hat Tropensturm "Henri" die Ostküste der USA erreicht.

Die Behörden rechnen mit Sturmfluten und Überschwemmungen,

die auch die Metropole New York treffen könnten.

Gouverneur Cuomo rief in dem Bundesstaat den Notstand aus.

Ein Konzert im Central Park

musste vorzeitig wegen Starkregens abgebrochen werden.

Eigentlich wollte New York damit

seine "Wiedergeburt" nach der Corona-Krise feiern.

Zum Sonntag gehört der Blick auf die kommende Woche.

Dazu zählt z.B. ein virtueller G7-Gipfel am Dienstag

zur Situation in Afghanistan.

Drei weitere wichtige Ereignisse hat Annegret Oster zusammengestellt.

Am Dienstag werden in Tokio die Paralympics starten.

An der Eröffnungszeremonie wird,

wie schon bei den Olympischen Sommerspielen,

Schirmherr Kaiser Naruhito teilnehmen.

134 Sportler*innen aus Deutschland

haben sich bereits auf den Weg gemacht,

um in Japan um Medaillen zu kämpfen.

Angesichts der explodierenden Corona-Zahlen

werden auch die Paralympics

weitgehend ohne Zuschauer stattfinden.

Zum Auftakt einer Sondersitzung des Bundestags

wird Kanzlerin Merkel am Mittwoch

eine Regierungserklärung zur Afghanistan-Politik abgeben.

Im Anschluss daran will das Parlament das Mandat

für den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr

beraten und beschließen.

Außerdem soll über die Verlängerung der epidemischen Lage

von nationaler Tragweite sowie über den Milliardenfonds

für den Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe

diskutiert werden.

Die Kirchen in Deutschland haben zu einem bundesweiten Gedenkakt

für die Opfer der Flutkatastrophe eingeladen.

Am Samstag wird im Aachener Dom

ein ökumenischer Gottesdienst stattfinden.

Daran teilnehmen

werden der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bätzing,

und der EKD-Vorsitzende, Bedford-Strohm.

Eingeladen sind außerdem Notfallseelsorger, Helfer

und Betroffene der Naturkatastrophe.

Das Wetter bleibt zum Start in die neue Woche regnerisch und frisch.

Der Deutsche Wetterdienst warnt vor ergiebigem Dauerregen

bis morgen Abend in vielen Regionen Ostdeutschlands,

Sonne gibt es morgen nur ganz im Norden.

Landeinwärts überwiegen die Wolken

und v.a. im Südosten regnet es, örtlich gibt es Gewitter.

Auch an den kommenden Tagen bleibt es ähnlich frisch.

Dienstag und Mittwoch meist freundlich.

Am Donnerstag wieder mehr Regen.

So viel von uns.

Nachrichten gibt es hier wieder um 0.40 Uhr und immer auf zdfheute.de.

Morgen begrüßen Sie an dieser Stelle Claus Kleber und Kay-Sölve Richter.

Tschüss.