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2021 ZDF Sendung, heute journal vom 02.12.2021 - Großer Zapfenstreich für Merkel - "Rote Rosen" für die Kanzlerin; Beschlüsse der Minister

heute journal vom 02.12.2021 - Großer Zapfenstreich für Merkel - "Rote Rosen" für die Kanzlerin; Beschlüsse der Minister

Diese Untertitel sind live produziert.

* Blasmusik *

Es ist das höchste militärische Zeremoniell,

mit dem diese Republik ehren kann: Der Große Zapfenstreich.

Deutschland verabschiedet eine Bundeskanzlerin

nach 16 Jahren im Amt.

Die Helme und Fackeln sind sicher Geschmackssache.

Angela Merkel zeigt sich gerühert.

Und sie wünschte sich vom Stabsmusikcorps der Bundeswehr

einen Nina Hagen Hit.

"Du hast den Farbfilm vergessen".

"Du hast den Farbfilm vergessen".

Das passt auch zur Gemütslage dieses Landes heute. Ein grauer Tag.

Guten Abend Ihnen allen.

Mehr zum Abschied von Angela Merkel nachher,

die Noch-Kanzlerin hat sich heute bedrückt gezeigt,

in welcher Corona Lage sie dieses Land übergibt, an ihren Nachfolger.

Der saß gemeinsam mit ihr auf dem Podium am Ende

einer weiteren Konferenz mit den Bundesländern.

Das Ergebnis: Faktisch ein Lockdown für Ungeimpfte.

Zumindest erhebliche Einschränkungen für sie in allen Bereichen.

Und das Ziel:

Via Bundestag eine Impfpflicht für alle zu beschliessen.

Christiane Hübscher zeigt ihnen das,

was Deutschland jetzt bundesweit auffährt

um die vierte Welle zu brechen.

So viele letzte Male für Angela Merkel in diesen Tagen.

Letzte Pressekonferenz nach einer Bund-Länder-Runde im Kanzleramt.

Was haben sie hier gestritten.

Heute aber beschließen sie in großer Einigkeit:

Ungeimpfte müssen künftig fast überall draußen bleiben.

Wir werden bundesweit einen Zugang

zu Einrichtungen der Kultur- und Freizeitgestaltung –

unabhängig von der Inzidenz –

nur für Geimpfte und Genesene ermöglichen.

Die 2G-Regeln werden auch auf den Einzelhandel ausgeweitet,

ausgenommen sind die Geschäfte des täglichen Bedarfs.

16 Bundesländer, eine Regel.

Selbst in Schleswig-Holstein,

wo die Inzidenz aktuell am niedrigsten ist,

schlossen sie sich zähneknirschend an.

Dem Einzelhandel wäre nicht gedient gewesen,

wenn danach in Lübeck und Neumünster

quasi die Möglichkeit bestanden hätte,

für Menschen aus Hamburg und aus anderen Bundesländern,

die nicht geimpft sind, dort einkaufen zu gehen.

Auch im Privaten

kommen bundesweit strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte

Sie dürfen pro Haushalt nur noch zwei andere Menschen treffen.

Die Politik hofft dabei vor allem auf Eigenverantwortung.

Mir begegnet es in den letzten Tagen immer wieder,

dass mich Menschen fragen:

Wie wird denn das kontrolliert?

Wir alle halten an einer roten Ampel.

Und wir wissen, dass nicht an jeder Ampel ein Polizist steht,

der kontrolliert, ob wir anhalten.

Dissens gab es unter den Ländern über die Frage:

Wie groß dürfen Großveranstaltungen noch sein?

Innen max. 5000 Teilnehmer, außen max. 15.000,

lautet die neue Vereinbarung.

Über die ich persönlich nicht besonders glücklich bin.

Weil ich glaube, dass es kein besonders gutes Signal ist,

dass wir an den Wochenenden

dann doch noch mal Großveranstaltungen haben werden,

wo 15.000 Besucher da sind.

Wenn es Bundesländer gibt, wie NRW oder Hessen, die sagen,

wir machen noch mehr Zuschauer, dann müssen sie das verantworten,

wir können das vor Ort nicht mehr verantworten.

Außerdem beschlossen: An Silvester fällt die Party aus.

Es gilt wie im letzten Jahr Versammlungs- und Feuerwerksverbot.

Und in allen Schulen gilt künftig wieder Maskenpflicht.

Es sind die Mindeststandards, wird heute betont.

Schärfer geht immer.

Wie bereits im am schwersten betroffenen Sachsen.

Die Berichte über die Gesundheitsämter

hier im Freistaat Sachsen, die es nicht mehr schaffen,

verlässlich Kontakte zu ermitteln, Quarantäne durchzusetzen,

zeigt, dass die Zahlen zu hoch sind.

30 Millionen Impfungen sollen bis Weihnachten in die Arme.

Um das zu schaffen,

sollen künftig auch Apotheker und Pflegekräfte impfen dürfen.

Jede und jeder auf diesem Podium hat eine allgemeine Impfpflicht

noch vor kurzem ausgeschlossen.

Jetzt soll sie doch kommen, ab Ende Februar.

Weil knapp 70 Prozent Impfquote nicht reichen.

Weil das das Problem ist, das wir haben:

Dass es nicht genug sind.

Und das ist auch der Grund dafür, warum sich viele,

ich eingeschlossen, neu orientiert haben.

Wir haben alle gehofft,

dass die Freiwilligkeit hier besser angenommen wird.

Angesichts dieser Situation ist es, wirklich auch geboten,

eine solche Impfplicht zu beschließen.

Sie jedenfalls würde im Bundestag dafür stimmen, so Merkel.

Es bedrücke sie, in so einer Lage,

auf dem Höhepunkt der vierten Welle abtreten zu müssen,

sagt die scheidende Bundeskanzlerin noch.

Die Entscheidung in Berlin ist das eine.

Wie das jetzt umgesetzt wird, das andere.

Wenn in den Grossteil aller Geschäfte zum Beispiel nur noch Geimpfte

und Genesene dürfen, dann hat das Folgen.

Ganz konkret, überall in diesem Land.

Malin Ihlau und Thomas Münten gucken sich das vor Ort an.

Bei Oldus Weißer in der Speiserei gilt schon 2G+.

Genesen, geimpft und getestet –

für den Gastwirt bedeutet das erst einmal:

Weihnachtsfeiern fallen größtenteils aus.

Das Reservierungsbuch leert sich schnell.

Wir sind normal den ganzen Dezember ausreserviert.

Das wird sich dieses Jahr wahrscheinlich

auf ein Drittel zusammenstreichen.

Weil die Firmen natürlich nicht feiern können.

Jede Firma hat mit 20, 30, 40 Leuten, fünf oder sechs,

die sich nicht impfen lassen, dadurch fällt 'ne ganze Feier flach.

Dazu kommt, dass es in Hannover großen Andrang

an den Testzentren gibt.

Bis zu 100 m lang ist die Schlange vor der nächsten Möglichkeit.

Weißer hat schon reagiert, eigene Tests besorgt,

die er den Gästen kostenlos anbietet.

Aber auch das ist nicht problemlos.

Das bedeutet wieder Schlangenbildung.

Bei zehn Gästen im Restaurant hab ich hier vorne schon Stress,

weil hier vorne alle stehen, mit so einem Lollitest im Mund.

Und warten und warten.

Gestern war es auch noch windig und kalt.

Das war nicht angenehm.

In nackten Zahlen: 100 Gäste könnten pro Abend kommen.

40 kommen noch.

Den anderen ist der Aufwand zu groß.

Seit 2 Uhr bin ich wach und denke drüber nach,

wie machen wir das hier, gehen wir in Kurzarbeit?

Möchte ich meinen Angestellten nicht antun.

Ich bin froh, dass ich überhaupt so tolle Leute habe hier.

Aber auch 2G ohne Plus bereitet Sorgen.

Z.B. in Düsseldorf bei Tugba Yesil,

Inhaberin einer kleinen Boutique in der Altstadt.

Sie muss ihre Kunden vor dem Geschäft kontrollieren.

Für die kleinen Läden ist das echt schädlich.

Das kostet extra für die Mitarbeiterin,

damit die kontrollieren kann.

In den Kneipen ist die Stimmung ähnlich.

Ab Inzidenz 350 müssen die Clubs schließen.

Momentan steht die Stadt bei 300.

Wir haben zumindest im Moment noch ein bisschen Spätgeschäft,

was sich lohnt.

Wenn das auch noch wegfallen würde, das wär schon ganz schlecht.

70 km entfernt: Hier sollte am Samstag die Hütte wackeln.

Borussia Dortmund gegen Bayern München.

67.000 Karten waren verkauft, 15.000 Zuschauer dürfen kommen.

Sind die geimpft, 2G, und fertig.

Kann nicht was passieren, oder?

Ich finde es vernünftig, weil ich der Meinung bin,

wir sollten mal zwei, drei Wochen ein bisschen runterfahren

und schauen, wie es weitergeht.

Wer zu den 15.000 glücklichen Zuschauern gehört, wird nun gelost.

Da hilft nur Daumen drücken und Currywurst essen.

Hendrik Wüst war heute mit dabei.

Er ist der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz

und Ministerpräsident von NRW.

Schon guten Abend, Herr Wüst. Schönen guten Abend.

Das war ein dringender Aufruf heute, Impfangebote anzunehmen.

Ungeimpfte sollen etwa in vielen Geschäften

künftig nicht mehr einkaufen können.

Wenn man bedenkt, dass jetzt etwa Einkaufen mit Maske und Abstand

ja nicht unbedingt der Pandemie-Treiber ist,

geht es Ihnen vor allem darum, den Druck zu verstärken auf Ungeimpfte?

Es geht vor allen Dingen um den Gesundheitsschutz der Menschen

und darum, unser Gesundheitssystem vor der Überlastung zu schützen.

Wir sind wieder in der Weihnachtszeit.

Wir haben wieder eine sehr, sehr schwierige Lage,

70.000 Neuinfektionen.

Deshalb war es wichtig,

dass wir heute, Bund und Länder gemeinsam,

alle Register ziehen, um die Menschen zu schützen.

Jetzt passt es ja nicht so gut zusammen,

dass die Politiker auf der einen Seite appellieren

und gleichzeitig der Impfstoff nicht für alle reicht

oder sogar ausgeht.

Und die Ärzte reihenweise Impftermine absagen müssen in mehreren Städten.

Wie garantieren Sie denn, dass sich jeder impfen lassen kann?

Wir haben gerade eine sehr dynamische Entwicklung

beim Aufbau der Impfinfrastruktur,

eine Verzwanzigfachung der öffentlichen Impfangebote

in den letzten Tagen.

Da ruckelt es, aber Jens Spahn hat heute noch einmal dezidiert erklärt,

dass genug Impfdosen da sind.

Und das ist auch nötig,

denn natürlich müssen die Menschen auch ihr Angebot kriegen.

Ich kann für Nordrhein Westfalen jedenfalls sagen, dass sehr,

sehr viel gemacht wird, damit die Menschen in Stadt und Land

ihre Impfangebote bekommen.

Das sagen Sie jetzt so,

auf der anderen Seite sehen wir lange Schlangen von Menschen,

die stundenlang in der Kälte stehen, häufig auch viele ältere Menschen,

die stundenlang in der Kälte warten müssen.

Haben Sie ein konkretes Datum, ab dem Sie sagen können:

Ab dann läuft es, dass jeder, der möchte,

tatsächlich auch in einem akzeptablen Rahmen geimpft wird.

Wir haben dreieinhalbtausend öffentliche Impfangebote

in Deutschland Impfstellen.

Wir haben inzwischen über hunderttausend Ärztinnen und Ärzte

die Impfdosen bestellt haben, sie offensichtlich auch verimpfen.

Aber die beschweren sich, das bestellte Impfdosen abgesagt werden.

Ja, es liegt einfach, glaube ich, daran, dass gerade sehr,

sehr viel bestellt wird, auch Doppelbestellungen da sind.

Das ruckelt sich gerade.

Aber ich bin ziemlich sicher,

dass sich das in wenigen Tagen,

spätestens in zwei Wochen so eingespielt hat,

dass wir von diesen langen Schlangen wegkommen.

Wir haben uns vorgenommen,

30 Millionen Impfung bis zum Jahresende zu schaffen.

Davon sind achteinhalb Millionen erledigt,

also es zieht jetzt richtig an.

Und ich bin sehr, sehr sicher,

dass alle Menschen ihr Angebot bekommen werden.

Aber es ist natürlich auch noch viel zu tun,

noch ein relativ weiter Weg bis zu 30 Millionen.

Jetzt gibt es seit heute bundesweite Einschränkungen,

massive Einschränkungen zum Teil.

Ihr Kollege Müller, Berlin, hat heute gesagt:

"Wir halten ja auch an einer roten Ampel,

auch, wenn kein Polizist daneben steht."

Trotzdem frage ich Sie jetzt nach der Kontrolle,

denn manche sehen ja, dass Impfen ganz offensichtlich

nicht so dringend wie die rote Ampel.

Ja, natürlich muss auch kontrolliert werden.

Wir können nicht an jeder Stelle und immer und überall kontrollieren.

Aber es muss mindestens regelmäßige Stichproben geben.

Und auch spürbare Strafen.

Wir haben in Nordrhein Westfalen die Strafen deutlich erhöht.

Beides muss zusammen es kommen, aber es bleibt auch dabei:

Jeder hat ein Stück weit auch eine eigene Verantwortung

und muss solidarisch sein in dieser schweren Krise.

Was kostet denn das jetzt,

wenn ich zum Beispiel als Ungeimpfter in Geschäfte gehe,

die nicht zum täglichen Bedarf dienen?

Na ja, es kostet Sie was,

es kostet vor allen Dingen aber denjenigen etwas,

der Sie nicht kontrolliert, wenn sie im Geschäft sind.

Das kann bis zu 5000 Euro Kosten.

Das ist schon spürbar.

Diese ganzen neuen Maßnahmen werden schwere finanzielle Folgen haben.

Das haben heute schon diverse Branchen klargemacht.

Wer zahlt?

Ja, wir haben natürlich die Corona-Hilfen

und wir haben heute auch noch einmal festgehalten

in unserem gemeinsamen Beschluss zwischen Bund und Ländern,

dass sie verlängert werden müssen.

Das bedeutet, der Bund zahlt, und zwar alles?

Der Bund zahlt und auch die Länder haben natürlich ihre Corona Hilfen.

Natürlich kostet das viel Geld.

Auf der anderen Seite steht der Schutz von Leib und Leben.

Die Maskenpflicht in Schulen hatten sie in Nordrhein Westfalen

bei sich gerade erst aufgehoben.

Anfang November.

Jetzt wird sie bundesweit wieder eingeführt.

Ist dass auch die Zeit jetzt im Moment,

an dem Sie vielleicht einsehen müssen,

da einen Fehler gemacht zu haben?

Ja, wir haben sie ja schon vorher.

Wir haben schon vorher beschlossen, sie wieder einzuführen.

Einen Tag vorher haben Sie das beschlossen.

Und ab morgen gilt sie dann bei Ihnen in NRW.

Lieber Herr Sievers, wir haben vor allen Dingen lange gewartet,

sie abzuschaffen.

Alle anderen haben sie schon nach der Sommerpause abgeschafft.

Wer erst nach den Herbstferien und wir testen so viel

wie nirgendwo anders in den Schulen.

Dreimal die Woche werden die großen getestet,

zweimal die Kleinen, wir haben das sehr vorsichtig gemacht.

Aber jetzt auch in Ansehung von Omikron und der vierten Wellen

haben wir uns dazu entschieden,

noch ein zusätzliches Maß an Sicherheit einzuziehen.

All das, was wir jetzt seit heute wissen,

wie lange wird denn das gelten?

Oder anders gefragt, wann rechnen Sie mit Ergebnissen,

mit positiven Ergebnissen?

Wir sehen ja jetzt schon an der einen oder anderen Stelle,

dass die Menschen sich anders verhalten, vorsichtiger sind.

Ich habe die Hoffnung,

dass wir mit diesen Maßnahmen die vierte Welle brechen.

Aber ich finde, man muss auch eine Lehre aus der Pandemie ziehen,

sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Irgendwann kam die Delta Variante.

Jetzt kommt Omikron.

Ich hoffe, dass wir so durch den Winter kommen.

Der MP von NRW, Hendrik Wüst, herzlichen Dank für das Gespräch.

Danke Ihnen.

"Für mich soll's rote Rosen regnen mich fern vom Altem neu entfalten",

heißt es im Chanson von Hildegard Knef,

den sich Angela Merkel gewünscht hat von der Bundeswehr

zum Abschied heute.

Das ironische Augenzwinkern einer Staatsfrau,

die Witz und Ironie kann und liebt.

Auch wenn ihre Bürgerinnen und Bürger

sie so öffentlich praktisch nie wirklich erlebt haben.

Vielleicht ändert sich das ja in Zukunft ohne Amt.

Heute nochmal: Angela Merkel, die Bundeskanzlerin.

Auch zum Abschied meist gefasst, sehr kontrolliert.

Vielleicht denkt sie zurück an das Erreichte.

Vielleicht auch an all das, was unerledigt blieb.

Vielleicht geniesst sie einfach den Moment.

Karl Hinterleitner hat die Bilder.

Als Angela Merkel beim Großen Zapfenstreich ans Rednerpult tritt,

macht sie schnell klar,

dass sie auch zum Abschied ihrem Stil treu bleibt.

Ihre Worte nicht nur salbungsvoll und feierlich,

sondern nüchtern, kritisch und mit aktuellem Bezug.

Die 16 Jahre als Bundeskanzlerin waren ereignisreiche

und oft sehr herausfordernde Jahre.

Sie haben mich politisch und menschlich gefordert.

Und zugleich haben sie mich immer auch erfüllt.

Ganz besonders die vergangenen zwei Jahre der Pandemie

haben wie in einem Brennglas gezeigt,

von welch großer Bedeutung das Vertrauen in Politik, Wissenschaft

und den gesellschaftlichen Diskurs ist.

Aber auch, wie fragil das sein kann.

Die Musiker der Bundeswehr hatten dann zum Glück

die passenden Noten parat, denn im Notenarchiv des Stabsmusikkorps

hatte sich nichts gefunden zu zwei Plattenwünschen

der scheidenden Kanzlerin.

"Du hast den Farbfilm vergessen"

und "Für mich soll's rote Rosen regnen" - und das im Bendlerblock.

Eine Musikauswahl als Statement.

Ich glaube, dass sie damit vielleicht auch die subversive Seite

ihrer Persönlichkeit zeigen will.

Sie hat in der DDR der achtziger Jahre

eine Nischenexistenz geführt

in einer Altbauwohnung am Prenzlauer Berg

mit türkischem Kaffee im Büro,

mit Rucksackreisen zum Kaukasus.

Frau Bundeskanzlerin, ich melde, Großer Zapfenstreich zu Ihren Ehren.

Und dann spielen tatsächlich und wohl zum ersten Mal

Militärmusiker Nina Hagen und Hildegard Knef.

Es ist ein großer und gleichzeitig leiser Auftritt.

Die Kanzlerin erlaubt sich etwas Gefühl zu zeigen.

Vielleicht denkt sie auch gerade darüber nach,

was bleibt von 16 Jahren Kanzlerschaft.

Angela Merkel wurde verehrt, aber auch verdammt.

Kaum jemand musste so viele große Krisen durchmachen.

In der Euro- und Finanzkrise war sie Hoffnungsträgerin für die einen,

Hassfigur für die anderen.

Und als 2015 Hunderttausende Flüchtende kamen,

sagte sie den einen Satz,

den man wohl für immer mit ihr verbinden wird.

Wir schaffen das.

In Erinnerung bleiben wird ihre Rolle als Krisenkanzlerin.

Dass sie die großen Weltkrisen seit der Finanzkrise 2008

und was da alles noch kam,

einigermaßen gemanagt hat, ohne dass etwas zusammengebrochen ist.

Gegen Ende des Abends der letzte Musikwunsch Merkels.

Diesmal kein Schlager und keine Ballade,

sondern das Kirchenlied "Großer Gott, wir loben dich" –

wohl eine Hommage der Pfarrerstochter an ihre Wurzeln.

Angela Merkel, die erste Frau, die erste Ostdeutsche im Kanzleramt.

Beliebt, umstritten und bis zum Schluss ein wenig rätselhaft.

Ihr Abschied - das Ende einer Ära.

Der Zapfenstreich nach 16 Jahren Kanzlerschaft.

Dazu jetzt der Kommentar.

Hier ist ZDF-Chefredakteur Peter Frey.

Angela Merkels Amtszeit endet im Dreiklang aus DDR-Punk,

nostalgischem West-Berlin-Glamour und "Großer Gott, wir loben Dich".

Am Ende zeigt die Pfarrerstochter sich doch noch fromm.

16 Jahre hat Merkel die Republik geführt.

Als erste Ost-Deutsche, als erste Frau.

Sie hat sich durchgekämpft gegen eine männerlastige Partei,

für die sie vier Wahlsiege errungen, deren Herz sie aber nie erobert hat.

Sie wird der CDU fehlen, als Erfolgsgarantin und Bollwerk

gegen populistische Versuchungen.

Merkel hat bestochen durch Unbestechlichkeit,

ist aufgefallen durch Bescheidenheit.

Sie konnte Konflikte im Hintergrund lösen und den Erfolg

dann anderen überlassen.

So wurde sie mächtig, in Europa und in der Welt.

Heute ist die Frau, deren einzige Extravaganz die vielen Farben

ihrer Blazer sind, eine globale Marke.

Sie wurde nicht die Kanzlerin eines einzigen Themas,

sondern vieler Krisen.

Trotz ihres Rufs als rationale Kopfpolitikerin überraschte sie

durch Kehrtwenden und einsame Entscheidungen:

Beim Atomausstieg und v.a. im Flüchtlingssommer 2015.

In der letzten, der Corona-Krise ging ihr die Puste aus.

Fast präsidial erreichte sie die Mitte der Gesellschaft,

auch Sozialdemokraten oder Grüne.

Gleichzeitig wurde sie ganz rechts zur Hassfigur.

Dass sie ihr "Wir schaffen das" im erbitterten Kampf mit der CSU

und unter dem Druck der erstarkenden AfD zu den Akten legte,

enttäuschte v.a. ihre Anhänger außerhalb der Union.

Zumal sie am Ende Recht behielt.

Auch bei Merkel ging Machterhalt vor Gradlinigkeit.

Aus Sicht von Journalisten

war Merkel immer zu langweilig, zu pragmatisch, zu kontrolliert.

Aber sie hat gezeigt, wie die Macht Deutschland auch sein kann:

Unaufgeregt, verbindlich, weiblich.

Nina Hagen, Hildegard Knef und das Gotteslob in Harmonie zu bringen,

das muss man erst mal schaffen.

Peter Frey kommentierte.

Wir gucken auf weitere wichtige Nachrichten heute

in der Zusammenfassung, die hat Kay-Sölve.

Beginnend mit dem Ukraine-Konflikt -

der auch die Spannungen zwischen Russland und der Nato verstärkt.

Am Rande einer internationalen Konfererenz haben sich

die Außen-Minister von Russland und den USA getroffen.

Sie warfen sich gegenseitig vor, den Konflikt zu schüren.

Der Amerikaner Blinken drohte mit gravierenden Konsequenzen,

sollte Moskau seinen Konfrontations-Kurs fortsetzen.

Lawrow sprach dagegen von Aggressionen der NATO

und warnte das Bündnis vor weiteren Aktivitäten im Osten.

Die EU-Kommission hat ein Vertrags-Verletzungsverfahren

gegen Deutschland eingestellt.

Dabei ging es um eine Entscheidung des Bundes-Verfassungsgerichts:

Die Richter hatten vergangenes Jahr das Anleiheprogramm

der EZB teilweise als verfassungswidrig erklärt.

Nach Auffassung der EU-Kommission verstießen sie damit

gegen den Grundsatz, wonach EU-Recht Vorrang hat.

Die Bundesregierung habe aber inzwischen glaubhaft machen können,

dass sie diesen Grundsatz anerkenne.

Im politischen Berlin dreht sich das Personal-Karussell weiter:

Neuer SPD-Generalsekretär

soll nach ZDF-Informationen Kevin Kühnert werden.

Darauf hat sich die Partei-Spitze geeinigt.

Der SPD-Vize würde damit auf Lars Klingbeil folgen,

der als Co-Vorsitzender kandidiert.

Und bei der FDP soll der Finanz-Politiker Christian Dürr

neuer Fraktions-Chef werden.

Der Posten wird frei,

weil Christian Lindner als künftiger Bundes-Finanzminister gesetzt ist.

Die Ständige Impfkommission will ihre Entscheidung

über den BioNTech-Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige vorziehen.

Ob - und für wen - sie ihn empfiehlt,

werde sicherlich bis zum 13. Dezember bekanntgeben.

An diesem Tag wird das Vakzin ausgeliefert.

Mit Blick auf die Auffrischimpfungen

räumte Stiko-Chef Mertens Versäumnisse ein:

Es wäre wahrscheinlich günstiger gewesen,

früher damit anzufangen, sagte er der ARD.

Die Europäische Arzneimittelbehörde

prüft seit heute einen weiteren Impfstoff:

Den des französischen Herstellers Valneva.

Es handelt sich um einen sogenannten Tot-Impfstoff,

der abgetötete Bestandteile des Corona-Virus enthält.

Damit nutzt er ein ähnliches Verfahren,

wie klassische Grippe-Impfstoffe.

Ein solches Covid-Vakzin wurde bislang nicht zugelassen.

Wie lange die Prüfung dauern wird, ließ die EMA offen.

"Schattenkanzler" ist das Wort des Jahres in Österreich.

Heute bekanntgegeben, hat sich ganz knapp durchgesetzt gegen "3G".

"Schattenkanzler", das war in aller Munde,

seit Sebastian Kurz als Kanzler zurücktrat,

aber als Parteichef weitermachte,

und sein enger Vertrauter Alexander Schallenberg Kanzler wurde.

Das Wort des Jahres hat sich nicht lange gehalten, muss man sagen.

Denn heute gab erst der "Schattenkanzler"-Genannte

alle politischen Ämter auf.

Und dann kündigte auch der Kanzler selbst seinen Rückzug an.

Österreich reibt sich die Augen.

Der Basti Fantasti, wie ihn seine Gegner nennen,

galt als Wunderkind der Politik,

manchen sogar als Vorbild für Deutschland.

Er hatte höchste Staatsämter,

als andere die Semesterabschluss-Party planten.

Ein rasanter Aufstieg und Fall.

Britta Hilpert.

Am Ballhausplatz hat man schon viele Kanzler erlebt.

In letzter Zeit aber

scheinen sie sich fast die Klinke in die Hand zu geben.

Alexander Schallenberg stellt sein Amt zur Verfügung.

Sieben Wochen nach der Vereidigung und sechs Stunden

nach diesem Auftritt seines Mentors und Vorgängers.

Sebastian Kurz gibt alle Ämter auf, die er noch hatte.

Das Wunderkind der europäischen Konservativen

ist geschrumpft auf politisches Mittelmaß.

Ich bin weder ein Heiliger noch ein Verbrecher.

Ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen,

mit Fehlern und Erfolgen und allem, was sonst noch dazu gehört.

Seine Stärke war es, aufzufallen,

und in einer kriselnden ÖVP steigt der Jungstar schnell auf.

Mit 24 Staatssekretär, mit 27 Außenminister.

Mit 31 Bundeskanzler von Österreich, zunächst mit der FPÖ.

Er profiliert sich europaweit mit migrationskritischer Politik

und als junges und konservatives Gegenmodell zur deutschen Kanzlerin.

Ein Modell, das heute zeitgleich mit ihr auszulaufen scheint.

Angela Merkel hat eine lange Ära geprägt.

Sebastian Kurz war nur das typische Kind der Mediendemokratie

mit perfektem Marketing.

Er war ein heller Stern, der jetzt verglühte.

Seinen Erfolg stützten auch mutmaßlich manipulierte Umfragen.

Steuergelder wurden wohl veruntreut, gegen Kurz wird deswegen ermittelt.

Im Oktober tritt er deshalb als Kanzler zurück

und wird Fraktionschef im Nationalrat.

Dort aber ist er stets Fragen zu Postenschacher

und Korruption ausgesetzt.

Die Geburt seines Sohnes habe Prioritäten verändert,

sagt er heute, aber er wirkt auch zermürbt.

Wenn man es selbst erlebt, ist es doch etwas Kraftraubendes,

etwas Zehrendes, und es hat zumindest in mir

meine eigene Flamme ein bisschen kleiner werden lassen.

Sein Rücktritt überrascht wenige, höchstens der Zeitpunkt.

Ich hab ihn sehr gut gefunden, aber plötzlich hat er hingeschmissen.

Zwei gesprengte Koalitionen, unzählige Affären.

Es war einfach Zeit.

ÖVP-Parteichef und Kanzler sollte ein und die selbe Person sein,

heißt es in Wien.

Beste Chancen hat stand heute Innenminister Karl Nehammer.

In den nächsten Tagen entscheidet sich,

ob er am altehrwürdigen Ballhausplatz einziehen darf.

Britta Hilpert, was ist da los?

Wie lässt sich der Komplett Rückzug von Kurz wirklich erklären,

ist es wirklich komplett Rückzug?

Ich denke schon, dass es ein komplett Rückzug ist.

Das zeigt auch die Art.

Vor sieben Wochen ist Sebastian Kurz beiseite getreten.

Er machte Platz für seinen Platzhalter Schallenberg.

Die Idee war, dass er kurz aus der Ferne regiert,

bis der Sturm vorüber ist.

Sieben Wochen später spricht Kurz von einem Abschied.

Seine vertrauten purzeln aus ihren Ämtern.

Schallenberg stellt sein Amt zur Verfügung.

Es implodiert ein ganzes System.

Sebastian Kurz hat die Zeit gebraucht, um zu verstehen,

dass sein Land ihm einiges nicht verzeiht.

Gegen ihn wird ermittelt wegen Korruption,

Postenschacher und Untreue.

Sie verzeihen ihm nicht, dass in öffentlich gewordenen Chats

politische Ziele über öffentliche Ziele gestellt wurden.

Er hat die ÖVP übernommen in einer Krise

und sie zu fulminanten Höhen geführt.

Nun lässt er sie in einer größeren Krise zurück.

Ich spüre in der Partei Erleichterung über diesen Abgang.

Was macht das mit dem Land, das gerade mit einem Lockdown kämpft?

Es ist nicht nur ein Abgang.

Es wird eine Welle von Veränderungen geben.

Ein schlechter Zeitpunkt.

Wir sind mitten in einem Lockdown.

Die Intensivstationen sinnvoll.

Lebenswichtige OPs werden verschoben.

Die Macht zersplittert sich in die Bundesländer.

Es muss ein neuer Kanzler gefunden werden,

der muss ein Team finden und ein Profil finden.

Die Regierung ist instabil und die Menschen dünnhäutig.

Es wird schwer sein,

umstrittene Projekte wie die Impfpflicht voran zu tragen.

Schwieriger wird es sein,

die gespaltene Gesellschaft schnell zu einen.

Vielen Dank.

Die Corona-Lage macht sich auch in der Finanz-Welt bemerkbar.

An der Frankfurter Börse war die Nervosität heute deutlich zu spüren -

ebenso, wie auf den Rohstoff-Märkten.

Wie hängt das alles miteinander zusammen,

Frank Bethmann in Frankfurt?

Wenn die Märkte eines nicht mögen, dann ist es Unsicherheit.

Doch genau die verbreitet Omikron, diese neue Variante, derzeit ja.

Gestern dieser Ausverkauf an den New Yorker Börsen,

als der erste Fall in den USA bekannt wurde.

Über allem schwebt die Furcht vor einem Rückschlag

für die Weltwirtschaft.

Heute nun die nächste unerwartete Entwicklung.

Trotz neuer Corona-Sorgen erhöhen die erdölexportierenden Staaten

der OPEC-Plus die Rohölproduktion.

Und dass, obwohl die Omikron-Ängste zuletzt auch bei den Ölpreisen

für heftige Verluste gesorgt hatten.

Die Sorte Brent aus der Nordsee brach daraufhin zeitweise

um weitere fast fünf Prozent ein, drehte dann aber wieder ins Plus.

Spekuliert wird inzwischen,

dass die Beeinträchtigungen für die Weltwirtschaft

durch Omikron nur vorübergehend seien.

Die Nachfrage also bald wieder steigen werde.

So in etwa haben sie am Abend auch an der Wall Street gedacht.

Gestern noch pfui, heute wieder hui.

Der Dow Jones Index am Abend wieder über 1,8 Prozent im Plus.

Der Dax dagegen verliert 1,4 Prozent

Ein Analyst brachte es auf den Punkt.

Solange vieles rund um Omikron noch unbekannt ist,

geht die Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten wohl weiter.

Vielen Dank, Frank Bethmann nach Frankfurt.

Nach seiner Zypern-Reise will Papst Franziskus

offenbar 50 Migranten mit nach Rom nehmen.

Das kündigte Zyperns Präsident Anastasiades an.

Der Vatikan bestätigte das zunächst nicht.

Die geteilte Mittelmeerinsel muss eine relativ hohe Zahl

an Migranten verkraften,

was sie vor große Herausforderungen stellt.

Franziskus startete seinen Besuch mit einem Gottesdienst.

Er fand nahe der UN-Pufferzone statt,

die den griechischen und den türkischen Teil der Insel trennt.

Morgen will er sich unter anderem mit Migranten in Nikosia treffen.

Ein denkwürdiger Nachrichtentag geht zu Ende.

Danke, dass Sie bei uns waren.

Danke für Ihr Interesse.

Das auch Nazan Gökdemir nachher verdient -

im "heute journal-Update" um kurz nach halb 1.

Guten Abend.

Sturmtief Daniel zieht morgen weiter nach Nordosten

und wird Moskau Schnee bringen.

Dann gibt es ein kleines Zwischenhoch und dann kommt schon das nächste Tief

Das ist das Tief Eddy und startet über Island und bringt uns morgen

von der Nordseeküste Schnee und Regen.

Es wird also wieder kälter.

Das merken wir schon heute Nacht.

Denn da sinken die Temperaturen auf plus 2 bis minus 6 Grad.

In Süddeutschland fällt noch häufig Schnee.

Im Norden ist es eher Schnee oder Schneeregen.

Zwischendurch lockern die Wolken auch mal auf

und dann kann sich Nebel bilden.

Morgen gibt es einen freundlichen Streifen von der Uckermark

über den Thüringer Wald bis zum Oberrhein.

Am Alpenrand fällt noch etwas Schnee.

Dann kommen von Nordwesten die neuen Schnee- und Regenfälle heran.

Die Temperaturen liegen morgen bei minus 2 und plus 6 Grad.

Es wird dann aber in den nächsten Tagen kälter

und Anfang der kommenden Woche liegen die Höchsttemperaturen

nur noch zwischen minus 2 und plus 4 Grad.

In der Nacht zu Samstag kann es gefährlich schneien in Deutschland.

Am frühen Morgen droht in Bayern Glatteisregen.

Der zweite Advent wird ziemlich schmuddelig

und die nächste Woche dann kälter.

Aber diese kälteren Temperaturen sind nicht von langer Dauer.

Das sehen wir hier am Temperatur- und Wettertrend für Berlin.

Denn schon zum nächsten Adventswochenende

kommen die Temperaturen deutlich aus dem Frost raus.

Schönen Abend noch.


heute journal vom 02.12.2021 - Großer Zapfenstreich für Merkel - "Rote Rosen" für die Kanzlerin; Beschlüsse der Minister heute journal of 02.12.2021 - Grand taps for Merkel - "Red roses" for the chancellor; resolutions of the ministers heute journal du 02.12.2021 - Grand coup de balai pour Merkel - "Roses rouges" pour la chancelière ; décisions des ministres heute journal del 02.12.2021 - Grande promessa per Merkel - "Rose rosse" per la Cancelliera; decisioni dei ministri heute journal de 02.12.2021 - Grande promessa para Merkel - "Rosas vermelhas" para a chanceler; decisões dos ministros heute journal från 02.12.2021 - Stora tappningar för Merkel - "Röda rosor" för förbundskanslern; Ministerresolutioner

Diese Untertitel sind live produziert. These subtitles are produced live.

* Blasmusik *

Es ist das höchste militärische Zeremoniell,

mit dem diese Republik ehren kann: Der Große Zapfenstreich.

Deutschland verabschiedet eine Bundeskanzlerin

nach 16 Jahren im Amt.

Die Helme und Fackeln sind sicher Geschmackssache.

Angela Merkel zeigt sich gerühert.

Und sie wünschte sich vom Stabsmusikcorps der Bundeswehr

einen Nina Hagen Hit.

"Du hast den Farbfilm vergessen".

"Du hast den Farbfilm vergessen".

Das passt auch zur Gemütslage dieses Landes heute. Ein grauer Tag.

Guten Abend Ihnen allen.

Mehr zum Abschied von Angela Merkel nachher,

die Noch-Kanzlerin hat sich heute bedrückt gezeigt,

in welcher Corona Lage sie dieses Land übergibt, an ihren Nachfolger.

Der saß gemeinsam mit ihr auf dem Podium am Ende

einer weiteren Konferenz mit den Bundesländern.

Das Ergebnis: Faktisch ein Lockdown für Ungeimpfte.

Zumindest erhebliche Einschränkungen für sie in allen Bereichen.

Und das Ziel:

Via Bundestag eine Impfpflicht für alle zu beschliessen.

Christiane Hübscher zeigt ihnen das,

was Deutschland jetzt bundesweit auffährt

um die vierte Welle zu brechen.

So viele letzte Male für Angela Merkel in diesen Tagen.

Letzte Pressekonferenz nach einer Bund-Länder-Runde im Kanzleramt.

Was haben sie hier gestritten.

Heute aber beschließen sie in großer Einigkeit:

Ungeimpfte müssen künftig fast überall draußen bleiben.

Wir werden bundesweit einen Zugang

zu Einrichtungen der Kultur- und Freizeitgestaltung –

unabhängig von der Inzidenz –

nur für Geimpfte und Genesene ermöglichen.

Die 2G-Regeln werden auch auf den Einzelhandel ausgeweitet,

ausgenommen sind die Geschäfte des täglichen Bedarfs.

16 Bundesländer, eine Regel.

Selbst in Schleswig-Holstein,

wo die Inzidenz aktuell am niedrigsten ist,

schlossen sie sich zähneknirschend an.

Dem Einzelhandel wäre nicht gedient gewesen,

wenn danach in Lübeck und Neumünster

quasi die Möglichkeit bestanden hätte,

für Menschen aus Hamburg und aus anderen Bundesländern,

die nicht geimpft sind, dort einkaufen zu gehen.

Auch im Privaten

kommen bundesweit strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte

Sie dürfen pro Haushalt nur noch zwei andere Menschen treffen.

Die Politik hofft dabei vor allem auf Eigenverantwortung.

Mir begegnet es in den letzten Tagen immer wieder,

dass mich Menschen fragen:

Wie wird denn das kontrolliert?

Wir alle halten an einer roten Ampel.

Und wir wissen, dass nicht an jeder Ampel ein Polizist steht,

der kontrolliert, ob wir anhalten.

Dissens gab es unter den Ländern über die Frage:

Wie groß dürfen Großveranstaltungen noch sein?

Innen max. 5000 Teilnehmer, außen max. 15.000,

lautet die neue Vereinbarung.

Über die ich persönlich nicht besonders glücklich bin.

Weil ich glaube, dass es kein besonders gutes Signal ist,

dass wir an den Wochenenden

dann doch noch mal Großveranstaltungen haben werden,

wo 15.000 Besucher da sind.

Wenn es Bundesländer gibt, wie NRW oder Hessen, die sagen,

wir machen noch mehr Zuschauer, dann müssen sie das verantworten,

wir können das vor Ort nicht mehr verantworten.

Außerdem beschlossen: An Silvester fällt die Party aus.

Es gilt wie im letzten Jahr Versammlungs- und Feuerwerksverbot.

Und in allen Schulen gilt künftig wieder Maskenpflicht.

Es sind die Mindeststandards, wird heute betont.

Schärfer geht immer.

Wie bereits im am schwersten betroffenen Sachsen.

Die Berichte über die Gesundheitsämter

hier im Freistaat Sachsen, die es nicht mehr schaffen,

verlässlich Kontakte zu ermitteln, Quarantäne durchzusetzen,

zeigt, dass die Zahlen zu hoch sind.

30 Millionen Impfungen sollen bis Weihnachten in die Arme.

Um das zu schaffen,

sollen künftig auch Apotheker und Pflegekräfte impfen dürfen.

Jede und jeder auf diesem Podium hat eine allgemeine Impfpflicht

noch vor kurzem ausgeschlossen.

Jetzt soll sie doch kommen, ab Ende Februar.

Weil knapp 70 Prozent Impfquote nicht reichen.

Weil das das Problem ist, das wir haben:

Dass es nicht genug sind.

Und das ist auch der Grund dafür, warum sich viele,

ich eingeschlossen, neu orientiert haben.

Wir haben alle gehofft,

dass die Freiwilligkeit hier besser angenommen wird.

Angesichts dieser Situation ist es, wirklich auch geboten,

eine solche Impfplicht zu beschließen.

Sie jedenfalls würde im Bundestag dafür stimmen, so Merkel.

Es bedrücke sie, in so einer Lage,

auf dem Höhepunkt der vierten Welle abtreten zu müssen,

sagt die scheidende Bundeskanzlerin noch.

Die Entscheidung in Berlin ist das eine.

Wie das jetzt umgesetzt wird, das andere.

Wenn in den Grossteil aller Geschäfte zum Beispiel nur noch Geimpfte

und Genesene dürfen, dann hat das Folgen.

Ganz konkret, überall in diesem Land.

Malin Ihlau und Thomas Münten gucken sich das vor Ort an.

Bei Oldus Weißer in der Speiserei gilt schon 2G+.

Genesen, geimpft und getestet –

für den Gastwirt bedeutet das erst einmal:

Weihnachtsfeiern fallen größtenteils aus.

Das Reservierungsbuch leert sich schnell.

Wir sind normal den ganzen Dezember ausreserviert.

Das wird sich dieses Jahr wahrscheinlich

auf ein Drittel zusammenstreichen.

Weil die Firmen natürlich nicht feiern können.

Jede Firma hat mit 20, 30, 40 Leuten, fünf oder sechs,

die sich nicht impfen lassen, dadurch fällt 'ne ganze Feier flach.

Dazu kommt, dass es in Hannover großen Andrang

an den Testzentren gibt.

Bis zu 100 m lang ist die Schlange vor der nächsten Möglichkeit.

Weißer hat schon reagiert, eigene Tests besorgt,

die er den Gästen kostenlos anbietet.

Aber auch das ist nicht problemlos.

Das bedeutet wieder Schlangenbildung.

Bei zehn Gästen im Restaurant hab ich hier vorne schon Stress,

weil hier vorne alle stehen, mit so einem Lollitest im Mund.

Und warten und warten.

Gestern war es auch noch windig und kalt.

Das war nicht angenehm.

In nackten Zahlen: 100 Gäste könnten pro Abend kommen.

40 kommen noch.

Den anderen ist der Aufwand zu groß.

Seit 2 Uhr bin ich wach und denke drüber nach,

wie machen wir das hier, gehen wir in Kurzarbeit?

Möchte ich meinen Angestellten nicht antun.

Ich bin froh, dass ich überhaupt so tolle Leute habe hier.

Aber auch 2G ohne Plus bereitet Sorgen.

Z.B. in Düsseldorf bei Tugba Yesil,

Inhaberin einer kleinen Boutique in der Altstadt.

Sie muss ihre Kunden vor dem Geschäft kontrollieren.

Für die kleinen Läden ist das echt schädlich.

Das kostet extra für die Mitarbeiterin,

damit die kontrollieren kann.

In den Kneipen ist die Stimmung ähnlich.

Ab Inzidenz 350 müssen die Clubs schließen.

Momentan steht die Stadt bei 300.

Wir haben zumindest im Moment noch ein bisschen Spätgeschäft,

was sich lohnt.

Wenn das auch noch wegfallen würde, das wär schon ganz schlecht.

70 km entfernt: Hier sollte am Samstag die Hütte wackeln.

Borussia Dortmund gegen Bayern München.

67.000 Karten waren verkauft, 15.000 Zuschauer dürfen kommen.

Sind die geimpft, 2G, und fertig.

Kann nicht was passieren, oder?

Ich finde es vernünftig, weil ich der Meinung bin,

wir sollten mal zwei, drei Wochen ein bisschen runterfahren

und schauen, wie es weitergeht.

Wer zu den 15.000 glücklichen Zuschauern gehört, wird nun gelost.

Da hilft nur Daumen drücken und Currywurst essen.

Hendrik Wüst war heute mit dabei.

Er ist der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz

und Ministerpräsident von NRW.

Schon guten Abend, Herr Wüst. Schönen guten Abend.

Das war ein dringender Aufruf heute, Impfangebote anzunehmen.

Ungeimpfte sollen etwa in vielen Geschäften

künftig nicht mehr einkaufen können.

Wenn man bedenkt, dass jetzt etwa Einkaufen mit Maske und Abstand

ja nicht unbedingt der Pandemie-Treiber ist,

geht es Ihnen vor allem darum, den Druck zu verstärken auf Ungeimpfte?

Es geht vor allen Dingen um den Gesundheitsschutz der Menschen

und darum, unser Gesundheitssystem vor der Überlastung zu schützen.

Wir sind wieder in der Weihnachtszeit.

Wir haben wieder eine sehr, sehr schwierige Lage,

70.000 Neuinfektionen.

Deshalb war es wichtig,

dass wir heute, Bund und Länder gemeinsam,

alle Register ziehen, um die Menschen zu schützen.

Jetzt passt es ja nicht so gut zusammen,

dass die Politiker auf der einen Seite appellieren

und gleichzeitig der Impfstoff nicht für alle reicht

oder sogar ausgeht.

Und die Ärzte reihenweise Impftermine absagen müssen in mehreren Städten.

Wie garantieren Sie denn, dass sich jeder impfen lassen kann?

Wir haben gerade eine sehr dynamische Entwicklung

beim Aufbau der Impfinfrastruktur,

eine Verzwanzigfachung der öffentlichen Impfangebote

in den letzten Tagen.

Da ruckelt es, aber Jens Spahn hat heute noch einmal dezidiert erklärt,

dass genug Impfdosen da sind.

Und das ist auch nötig,

denn natürlich müssen die Menschen auch ihr Angebot kriegen.

Ich kann für Nordrhein Westfalen jedenfalls sagen, dass sehr,

sehr viel gemacht wird, damit die Menschen in Stadt und Land

ihre Impfangebote bekommen.

Das sagen Sie jetzt so,

auf der anderen Seite sehen wir lange Schlangen von Menschen,

die stundenlang in der Kälte stehen, häufig auch viele ältere Menschen,

die stundenlang in der Kälte warten müssen.

Haben Sie ein konkretes Datum, ab dem Sie sagen können:

Ab dann läuft es, dass jeder, der möchte,

tatsächlich auch in einem akzeptablen Rahmen geimpft wird.

Wir haben dreieinhalbtausend öffentliche Impfangebote

in Deutschland Impfstellen.

Wir haben inzwischen über hunderttausend Ärztinnen und Ärzte

die Impfdosen bestellt haben, sie offensichtlich auch verimpfen.

Aber die beschweren sich, das bestellte Impfdosen abgesagt werden.

Ja, es liegt einfach, glaube ich, daran, dass gerade sehr,

sehr viel bestellt wird, auch Doppelbestellungen da sind.

Das ruckelt sich gerade.

Aber ich bin ziemlich sicher,

dass sich das in wenigen Tagen,

spätestens in zwei Wochen so eingespielt hat,

dass wir von diesen langen Schlangen wegkommen.

Wir haben uns vorgenommen,

30 Millionen Impfung bis zum Jahresende zu schaffen.

Davon sind achteinhalb Millionen erledigt,

also es zieht jetzt richtig an.

Und ich bin sehr, sehr sicher,

dass alle Menschen ihr Angebot bekommen werden.

Aber es ist natürlich auch noch viel zu tun,

noch ein relativ weiter Weg bis zu 30 Millionen.

Jetzt gibt es seit heute bundesweite Einschränkungen,

massive Einschränkungen zum Teil.

Ihr Kollege Müller, Berlin, hat heute gesagt:

"Wir halten ja auch an einer roten Ampel,

auch, wenn kein Polizist daneben steht."

Trotzdem frage ich Sie jetzt nach der Kontrolle,

denn manche sehen ja, dass Impfen ganz offensichtlich

nicht so dringend wie die rote Ampel.

Ja, natürlich muss auch kontrolliert werden.

Wir können nicht an jeder Stelle und immer und überall kontrollieren.

Aber es muss mindestens regelmäßige Stichproben geben.

Und auch spürbare Strafen.

Wir haben in Nordrhein Westfalen die Strafen deutlich erhöht.

Beides muss zusammen es kommen, aber es bleibt auch dabei:

Jeder hat ein Stück weit auch eine eigene Verantwortung

und muss solidarisch sein in dieser schweren Krise.

Was kostet denn das jetzt,

wenn ich zum Beispiel als Ungeimpfter in Geschäfte gehe,

die nicht zum täglichen Bedarf dienen?

Na ja, es kostet Sie was,

es kostet vor allen Dingen aber denjenigen etwas,

der Sie nicht kontrolliert, wenn sie im Geschäft sind.

Das kann bis zu 5000 Euro Kosten.

Das ist schon spürbar.

Diese ganzen neuen Maßnahmen werden schwere finanzielle Folgen haben.

Das haben heute schon diverse Branchen klargemacht.

Wer zahlt?

Ja, wir haben natürlich die Corona-Hilfen

und wir haben heute auch noch einmal festgehalten

in unserem gemeinsamen Beschluss zwischen Bund und Ländern,

dass sie verlängert werden müssen.

Das bedeutet, der Bund zahlt, und zwar alles?

Der Bund zahlt und auch die Länder haben natürlich ihre Corona Hilfen.

Natürlich kostet das viel Geld.

Auf der anderen Seite steht der Schutz von Leib und Leben.

Die Maskenpflicht in Schulen hatten sie in Nordrhein Westfalen

bei sich gerade erst aufgehoben.

Anfang November.

Jetzt wird sie bundesweit wieder eingeführt.

Ist dass auch die Zeit jetzt im Moment,

an dem Sie vielleicht einsehen müssen,

da einen Fehler gemacht zu haben?

Ja, wir haben sie ja schon vorher.

Wir haben schon vorher beschlossen, sie wieder einzuführen.

Einen Tag vorher haben Sie das beschlossen.

Und ab morgen gilt sie dann bei Ihnen in NRW.

Lieber Herr Sievers, wir haben vor allen Dingen lange gewartet,

sie abzuschaffen.

Alle anderen haben sie schon nach der Sommerpause abgeschafft.

Wer erst nach den Herbstferien und wir testen so viel

wie nirgendwo anders in den Schulen.

Dreimal die Woche werden die großen getestet,

zweimal die Kleinen, wir haben das sehr vorsichtig gemacht.

Aber jetzt auch in Ansehung von Omikron und der vierten Wellen But now also with regard to Omicron and the fourth wave

haben wir uns dazu entschieden,

noch ein zusätzliches Maß an Sicherheit einzuziehen.

All das, was wir jetzt seit heute wissen,

wie lange wird denn das gelten?

Oder anders gefragt, wann rechnen Sie mit Ergebnissen,

mit positiven Ergebnissen?

Wir sehen ja jetzt schon an der einen oder anderen Stelle,

dass die Menschen sich anders verhalten, vorsichtiger sind.

Ich habe die Hoffnung,

dass wir mit diesen Maßnahmen die vierte Welle brechen.

Aber ich finde, man muss auch eine Lehre aus der Pandemie ziehen,

sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Irgendwann kam die Delta Variante.

Jetzt kommt Omikron.

Ich hoffe, dass wir so durch den Winter kommen.

Der MP von NRW, Hendrik Wüst, herzlichen Dank für das Gespräch.

Danke Ihnen.

"Für mich soll's rote Rosen regnen mich fern vom Altem neu entfalten",

heißt es im Chanson von Hildegard Knef,

den sich Angela Merkel gewünscht hat von der Bundeswehr

zum Abschied heute.

Das ironische Augenzwinkern einer Staatsfrau,

die Witz und Ironie kann und liebt.

Auch wenn ihre Bürgerinnen und Bürger

sie so öffentlich praktisch nie wirklich erlebt haben.

Vielleicht ändert sich das ja in Zukunft ohne Amt.

Heute nochmal: Angela Merkel, die Bundeskanzlerin.

Auch zum Abschied meist gefasst, sehr kontrolliert.

Vielleicht denkt sie zurück an das Erreichte.

Vielleicht auch an all das, was unerledigt blieb.

Vielleicht geniesst sie einfach den Moment.

Karl Hinterleitner hat die Bilder.

Als Angela Merkel beim Großen Zapfenstreich ans Rednerpult tritt,

macht sie schnell klar,

dass sie auch zum Abschied ihrem Stil treu bleibt.

Ihre Worte nicht nur salbungsvoll und feierlich,

sondern nüchtern, kritisch und mit aktuellem Bezug.

Die 16 Jahre als Bundeskanzlerin waren ereignisreiche

und oft sehr herausfordernde Jahre.

Sie haben mich politisch und menschlich gefordert.

Und zugleich haben sie mich immer auch erfüllt.

Ganz besonders die vergangenen zwei Jahre der Pandemie

haben wie in einem Brennglas gezeigt,

von welch großer Bedeutung das Vertrauen in Politik, Wissenschaft

und den gesellschaftlichen Diskurs ist.

Aber auch, wie fragil das sein kann.

Die Musiker der Bundeswehr hatten dann zum Glück

die passenden Noten parat, denn im Notenarchiv des Stabsmusikkorps

hatte sich nichts gefunden zu zwei Plattenwünschen

der scheidenden Kanzlerin.

"Du hast den Farbfilm vergessen"

und "Für mich soll's rote Rosen regnen" - und das im Bendlerblock.

Eine Musikauswahl als Statement.

Ich glaube, dass sie damit vielleicht auch die subversive Seite

ihrer Persönlichkeit zeigen will.

Sie hat in der DDR der achtziger Jahre

eine Nischenexistenz geführt

in einer Altbauwohnung am Prenzlauer Berg

mit türkischem Kaffee im Büro,

mit Rucksackreisen zum Kaukasus.

Frau Bundeskanzlerin, ich melde, Großer Zapfenstreich zu Ihren Ehren.

Und dann spielen tatsächlich und wohl zum ersten Mal

Militärmusiker Nina Hagen und Hildegard Knef.

Es ist ein großer und gleichzeitig leiser Auftritt.

Die Kanzlerin erlaubt sich etwas Gefühl zu zeigen.

Vielleicht denkt sie auch gerade darüber nach,

was bleibt von 16 Jahren Kanzlerschaft.

Angela Merkel wurde verehrt, aber auch verdammt.

Kaum jemand musste so viele große Krisen durchmachen.

In der Euro- und Finanzkrise war sie Hoffnungsträgerin für die einen,

Hassfigur für die anderen.

Und als 2015 Hunderttausende Flüchtende kamen,

sagte sie den einen Satz,

den man wohl für immer mit ihr verbinden wird.

Wir schaffen das.

In Erinnerung bleiben wird ihre Rolle als Krisenkanzlerin.

Dass sie die großen Weltkrisen seit der Finanzkrise 2008

und was da alles noch kam,

einigermaßen gemanagt hat, ohne dass etwas zusammengebrochen ist.

Gegen Ende des Abends der letzte Musikwunsch Merkels.

Diesmal kein Schlager und keine Ballade,

sondern das Kirchenlied "Großer Gott, wir loben dich" –

wohl eine Hommage der Pfarrerstochter an ihre Wurzeln.

Angela Merkel, die erste Frau, die erste Ostdeutsche im Kanzleramt.

Beliebt, umstritten und bis zum Schluss ein wenig rätselhaft.

Ihr Abschied - das Ende einer Ära.

Der Zapfenstreich nach 16 Jahren Kanzlerschaft.

Dazu jetzt der Kommentar.

Hier ist ZDF-Chefredakteur Peter Frey.

Angela Merkels Amtszeit endet im Dreiklang aus DDR-Punk,

nostalgischem West-Berlin-Glamour und "Großer Gott, wir loben Dich".

Am Ende zeigt die Pfarrerstochter sich doch noch fromm.

16 Jahre hat Merkel die Republik geführt.

Als erste Ost-Deutsche, als erste Frau.

Sie hat sich durchgekämpft gegen eine männerlastige Partei,

für die sie vier Wahlsiege errungen, deren Herz sie aber nie erobert hat.

Sie wird der CDU fehlen, als Erfolgsgarantin und Bollwerk

gegen populistische Versuchungen.

Merkel hat bestochen durch Unbestechlichkeit,

ist aufgefallen durch Bescheidenheit.

Sie konnte Konflikte im Hintergrund lösen und den Erfolg

dann anderen überlassen.

So wurde sie mächtig, in Europa und in der Welt.

Heute ist die Frau, deren einzige Extravaganz die vielen Farben

ihrer Blazer sind, eine globale Marke.

Sie wurde nicht die Kanzlerin eines einzigen Themas,

sondern vieler Krisen.

Trotz ihres Rufs als rationale Kopfpolitikerin überraschte sie

durch Kehrtwenden und einsame Entscheidungen:

Beim Atomausstieg und v.a. im Flüchtlingssommer 2015.

In der letzten, der Corona-Krise ging ihr die Puste aus.

Fast präsidial erreichte sie die Mitte der Gesellschaft,

auch Sozialdemokraten oder Grüne.

Gleichzeitig wurde sie ganz rechts zur Hassfigur.

Dass sie ihr "Wir schaffen das" im erbitterten Kampf mit der CSU

und unter dem Druck der erstarkenden AfD zu den Akten legte,

enttäuschte v.a. ihre Anhänger außerhalb der Union.

Zumal sie am Ende Recht behielt.

Auch bei Merkel ging Machterhalt vor Gradlinigkeit.

Aus Sicht von Journalisten

war Merkel immer zu langweilig, zu pragmatisch, zu kontrolliert.

Aber sie hat gezeigt, wie die Macht Deutschland auch sein kann:

Unaufgeregt, verbindlich, weiblich.

Nina Hagen, Hildegard Knef und das Gotteslob in Harmonie zu bringen,

das muss man erst mal schaffen.

Peter Frey kommentierte.

Wir gucken auf weitere wichtige Nachrichten heute

in der Zusammenfassung, die hat Kay-Sölve.

Beginnend mit dem Ukraine-Konflikt -

der auch die Spannungen zwischen Russland und der Nato verstärkt.

Am Rande einer internationalen Konfererenz haben sich

die Außen-Minister von Russland und den USA getroffen.

Sie warfen sich gegenseitig vor, den Konflikt zu schüren.

Der Amerikaner Blinken drohte mit gravierenden Konsequenzen,

sollte Moskau seinen Konfrontations-Kurs fortsetzen.

Lawrow sprach dagegen von Aggressionen der NATO

und warnte das Bündnis vor weiteren Aktivitäten im Osten.

Die EU-Kommission hat ein Vertrags-Verletzungsverfahren

gegen Deutschland eingestellt.

Dabei ging es um eine Entscheidung des Bundes-Verfassungsgerichts:

Die Richter hatten vergangenes Jahr das Anleiheprogramm

der EZB teilweise als verfassungswidrig erklärt.

Nach Auffassung der EU-Kommission verstießen sie damit

gegen den Grundsatz, wonach EU-Recht Vorrang hat.

Die Bundesregierung habe aber inzwischen glaubhaft machen können,

dass sie diesen Grundsatz anerkenne.

Im politischen Berlin dreht sich das Personal-Karussell weiter:

Neuer SPD-Generalsekretär

soll nach ZDF-Informationen Kevin Kühnert werden.

Darauf hat sich die Partei-Spitze geeinigt.

Der SPD-Vize würde damit auf Lars Klingbeil folgen,

der als Co-Vorsitzender kandidiert.

Und bei der FDP soll der Finanz-Politiker Christian Dürr

neuer Fraktions-Chef werden.

Der Posten wird frei,

weil Christian Lindner als künftiger Bundes-Finanzminister gesetzt ist.

Die Ständige Impfkommission will ihre Entscheidung

über den BioNTech-Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige vorziehen.

Ob - und für wen - sie ihn empfiehlt,

werde sicherlich bis zum 13\\\\. Dezember bekanntgeben.

An diesem Tag wird das Vakzin ausgeliefert.

Mit Blick auf die Auffrischimpfungen

räumte Stiko-Chef Mertens Versäumnisse ein:

Es wäre wahrscheinlich günstiger gewesen,

früher damit anzufangen, sagte er der ARD.

Die Europäische Arzneimittelbehörde

prüft seit heute einen weiteren Impfstoff:

Den des französischen Herstellers Valneva.

Es handelt sich um einen sogenannten Tot-Impfstoff,

der abgetötete Bestandteile des Corona-Virus enthält.

Damit nutzt er ein ähnliches Verfahren,

wie klassische Grippe-Impfstoffe.

Ein solches Covid-Vakzin wurde bislang nicht zugelassen.

Wie lange die Prüfung dauern wird, ließ die EMA offen.

"Schattenkanzler" ist das Wort des Jahres in Österreich.

Heute bekanntgegeben, hat sich ganz knapp durchgesetzt gegen "3G".

"Schattenkanzler", das war in aller Munde,

seit Sebastian Kurz als Kanzler zurücktrat,

aber als Parteichef weitermachte,

und sein enger Vertrauter Alexander Schallenberg Kanzler wurde.

Das Wort des Jahres hat sich nicht lange gehalten, muss man sagen.

Denn heute gab erst der "Schattenkanzler"-Genannte

alle politischen Ämter auf.

Und dann kündigte auch der Kanzler selbst seinen Rückzug an.

Österreich reibt sich die Augen.

Der Basti Fantasti, wie ihn seine Gegner nennen,

galt als Wunderkind der Politik,

manchen sogar als Vorbild für Deutschland.

Er hatte höchste Staatsämter,

als andere die Semesterabschluss-Party planten.

Ein rasanter Aufstieg und Fall.

Britta Hilpert.

Am Ballhausplatz hat man schon viele Kanzler erlebt.

In letzter Zeit aber

scheinen sie sich fast die Klinke in die Hand zu geben.

Alexander Schallenberg stellt sein Amt zur Verfügung.

Sieben Wochen nach der Vereidigung und sechs Stunden

nach diesem Auftritt seines Mentors und Vorgängers.

Sebastian Kurz gibt alle Ämter auf, die er noch hatte.

Das Wunderkind der europäischen Konservativen

ist geschrumpft auf politisches Mittelmaß.

Ich bin weder ein Heiliger noch ein Verbrecher.

Ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen,

mit Fehlern und Erfolgen und allem, was sonst noch dazu gehört.

Seine Stärke war es, aufzufallen,

und in einer kriselnden ÖVP steigt der Jungstar schnell auf.

Mit 24 Staatssekretär, mit 27 Außenminister.

Mit 31 Bundeskanzler von Österreich, zunächst mit der FPÖ.

Er profiliert sich europaweit mit migrationskritischer Politik

und als junges und konservatives Gegenmodell zur deutschen Kanzlerin.

Ein Modell, das heute zeitgleich mit ihr auszulaufen scheint.

Angela Merkel hat eine lange Ära geprägt.

Sebastian Kurz war nur das typische Kind der Mediendemokratie

mit perfektem Marketing.

Er war ein heller Stern, der jetzt verglühte.

Seinen Erfolg stützten auch mutmaßlich manipulierte Umfragen.

Steuergelder wurden wohl veruntreut, gegen Kurz wird deswegen ermittelt.

Im Oktober tritt er deshalb als Kanzler zurück

und wird Fraktionschef im Nationalrat.

Dort aber ist er stets Fragen zu Postenschacher

und Korruption ausgesetzt.

Die Geburt seines Sohnes habe Prioritäten verändert,

sagt er heute, aber er wirkt auch zermürbt.

Wenn man es selbst erlebt, ist es doch etwas Kraftraubendes,

etwas Zehrendes, und es hat zumindest in mir

meine eigene Flamme ein bisschen kleiner werden lassen.

Sein Rücktritt überrascht wenige, höchstens der Zeitpunkt.

Ich hab ihn sehr gut gefunden, aber plötzlich hat er hingeschmissen.

Zwei gesprengte Koalitionen, unzählige Affären.

Es war einfach Zeit.

ÖVP-Parteichef und Kanzler sollte ein und die selbe Person sein,

heißt es in Wien.

Beste Chancen hat stand heute Innenminister Karl Nehammer.

In den nächsten Tagen entscheidet sich,

ob er am altehrwürdigen Ballhausplatz einziehen darf.

Britta Hilpert, was ist da los?

Wie lässt sich der Komplett Rückzug von Kurz wirklich erklären,

ist es wirklich komplett Rückzug?

Ich denke schon, dass es ein komplett Rückzug ist.

Das zeigt auch die Art.

Vor sieben Wochen ist Sebastian Kurz beiseite getreten.

Er machte Platz für seinen Platzhalter Schallenberg.

Die Idee war, dass er kurz aus der Ferne regiert,

bis der Sturm vorüber ist.

Sieben Wochen später spricht Kurz von einem Abschied.

Seine vertrauten purzeln aus ihren Ämtern.

Schallenberg stellt sein Amt zur Verfügung.

Es implodiert ein ganzes System.

Sebastian Kurz hat die Zeit gebraucht, um zu verstehen,

dass sein Land ihm einiges nicht verzeiht.

Gegen ihn wird ermittelt wegen Korruption,

Postenschacher und Untreue.

Sie verzeihen ihm nicht, dass in öffentlich gewordenen Chats

politische Ziele über öffentliche Ziele gestellt wurden.

Er hat die ÖVP übernommen in einer Krise

und sie zu fulminanten Höhen geführt.

Nun lässt er sie in einer größeren Krise zurück.

Ich spüre in der Partei Erleichterung über diesen Abgang.

Was macht das mit dem Land, das gerade mit einem Lockdown kämpft?

Es ist nicht nur ein Abgang.

Es wird eine Welle von Veränderungen geben.

Ein schlechter Zeitpunkt.

Wir sind mitten in einem Lockdown.

Die Intensivstationen sinnvoll.

Lebenswichtige OPs werden verschoben.

Die Macht zersplittert sich in die Bundesländer.

Es muss ein neuer Kanzler gefunden werden,

der muss ein Team finden und ein Profil finden.

Die Regierung ist instabil und die Menschen dünnhäutig.

Es wird schwer sein,

umstrittene Projekte wie die Impfpflicht voran zu tragen.

Schwieriger wird es sein,

die gespaltene Gesellschaft schnell zu einen.

Vielen Dank.

Die Corona-Lage macht sich auch in der Finanz-Welt bemerkbar.

An der Frankfurter Börse war die Nervosität heute deutlich zu spüren -

ebenso, wie auf den Rohstoff-Märkten.

Wie hängt das alles miteinander zusammen,

Frank Bethmann in Frankfurt?

Wenn die Märkte eines nicht mögen, dann ist es Unsicherheit.

Doch genau die verbreitet Omikron, diese neue Variante, derzeit ja.

Gestern dieser Ausverkauf an den New Yorker Börsen,

als der erste Fall in den USA bekannt wurde.

Über allem schwebt die Furcht vor einem Rückschlag

für die Weltwirtschaft.

Heute nun die nächste unerwartete Entwicklung.

Trotz neuer Corona-Sorgen erhöhen die erdölexportierenden Staaten

der OPEC-Plus die Rohölproduktion.

Und dass, obwohl die Omikron-Ängste zuletzt auch bei den Ölpreisen

für heftige Verluste gesorgt hatten.

Die Sorte Brent aus der Nordsee brach daraufhin zeitweise

um weitere fast fünf Prozent ein, drehte dann aber wieder ins Plus.

Spekuliert wird inzwischen,

dass die Beeinträchtigungen für die Weltwirtschaft

durch Omikron nur vorübergehend seien.

Die Nachfrage also bald wieder steigen werde.

So in etwa haben sie am Abend auch an der Wall Street gedacht.

Gestern noch pfui, heute wieder hui.

Der Dow Jones Index am Abend wieder über 1,8 Prozent im Plus.

Der Dax dagegen verliert 1,4 Prozent

Ein Analyst brachte es auf den Punkt.

Solange vieles rund um Omikron noch unbekannt ist,

geht die Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten wohl weiter.

Vielen Dank, Frank Bethmann nach Frankfurt.

Nach seiner Zypern-Reise will Papst Franziskus

offenbar 50 Migranten mit nach Rom nehmen.

Das kündigte Zyperns Präsident Anastasiades an.

Der Vatikan bestätigte das zunächst nicht.

Die geteilte Mittelmeerinsel muss eine relativ hohe Zahl

an Migranten verkraften,

was sie vor große Herausforderungen stellt.

Franziskus startete seinen Besuch mit einem Gottesdienst.

Er fand nahe der UN-Pufferzone statt,

die den griechischen und den türkischen Teil der Insel trennt.

Morgen will er sich unter anderem mit Migranten in Nikosia treffen.

Ein denkwürdiger Nachrichtentag geht zu Ende.

Danke, dass Sie bei uns waren.

Danke für Ihr Interesse.

Das auch Nazan Gökdemir nachher verdient -

im "heute journal-Update" um kurz nach halb 1.

Guten Abend.

Sturmtief Daniel zieht morgen weiter nach Nordosten

und wird Moskau Schnee bringen.

Dann gibt es ein kleines Zwischenhoch und dann kommt schon das nächste Tief

Das ist das Tief Eddy und startet über Island und bringt uns morgen

von der Nordseeküste Schnee und Regen.

Es wird also wieder kälter.

Das merken wir schon heute Nacht.

Denn da sinken die Temperaturen auf plus 2 bis minus 6 Grad.

In Süddeutschland fällt noch häufig Schnee.

Im Norden ist es eher Schnee oder Schneeregen.

Zwischendurch lockern die Wolken auch mal auf

und dann kann sich Nebel bilden.

Morgen gibt es einen freundlichen Streifen von der Uckermark

über den Thüringer Wald bis zum Oberrhein.

Am Alpenrand fällt noch etwas Schnee.

Dann kommen von Nordwesten die neuen Schnee- und Regenfälle heran.

Die Temperaturen liegen morgen bei minus 2 und plus 6 Grad.

Es wird dann aber in den nächsten Tagen kälter

und Anfang der kommenden Woche liegen die Höchsttemperaturen

nur noch zwischen minus 2 und plus 4 Grad.

In der Nacht zu Samstag kann es gefährlich schneien in Deutschland.

Am frühen Morgen droht in Bayern Glatteisregen.

Der zweite Advent wird ziemlich schmuddelig

und die nächste Woche dann kälter.

Aber diese kälteren Temperaturen sind nicht von langer Dauer.

Das sehen wir hier am Temperatur- und Wettertrend für Berlin.

Denn schon zum nächsten Adventswochenende

kommen die Temperaturen deutlich aus dem Frost raus.

Schönen Abend noch.