Kannst du dein Bewusstsein auf einem Computer speichern und ewig leben?
Der Wunsch, uns aus dem Gefängnis des physischen Körpers zu befreien,
ist so alt wie die ersten Legenden der Menschen.
Wir leben in diesem unendlichen Universum,
dessen einzige Grenze die Physik ist.
Aber unser Bewusstsein
ist in einer sterblichen Maschine aus Fleisch gefangen.
Mit atemberaubend schnellem Fortschritt
und immer neuen Innovationen
scheint es aber plötzlich zum Greifen nah,
diesen Fleischberg zurückzulassen
und unseren Geist in eine digitale Utopie zu laden.
Vielleicht ist das sogar der nächste logische Evolutionsschritt.
Könnten wir unseren Geist wirklich in einen Computer laden
und die digitale Unsterblichkeit erreichen?
Tja, ihr ahnt es schon.
Die Antwort ist kompliziert.
(Futuristisches Flirren, fröhliche Musik)
(Musik verklingt.)
Geist ist ja schwierig zu definieren.
Als Geist gelten sämtliche Fähigkeiten
unseres Bewusstseins und der Intelligenz.
Also das, womit du dir Dinge vorstellen und erkennen,
aber auch träumen kannst.
Den Geist hochzuladen ist ein hypothetisches Konzept.
Wir würden diese Innenwelt kopieren,
in einem Computer speichern,
und eine Simulation des Bewusstseins ausführen.
Aber schon nur die Ausgangslage genau zu definieren,
ist quasi unmöglich.
Die Idee, unseren Geist in einem Computer zu speichern,
basiert auf drei Annahmen.
Erste Annahme:
Dein Geist sitzt in deinem Gehirn.
In seiner Struktur, seiner Architektur und Biochemie.
Der Grundgedanke, dass der Geist im Gehirn sitzt,
heißt "Physikalismus".
Nur so kann diese ganze Diskussion
auf Basis von Naturgesetzen geführt werden.
Zweite Annahme:
Irgendwann werden wir das Gehirn gut genug verstehen,
um mit der richtigen Technologie
alle seine Eigenschaften gut genug nachzuahmen,
für eine digitale Kopie.
Dritte Annahme.
Computersoftware kann den Geist ausführen.
Der Geist ist also berechenbar.
Jede physikalische Eigenschaft des Gehirns, auch das Bewusstsein,
kann genau simuliert werden.
Auch wenn es dazu eine ganze Menge Code braucht.
All diese Annahmen
wurden von Wissenschaftlern und Philosophen vorgebracht
und auch wieder bestritten.
Und sie werden immer noch hitzig diskutiert.
Weil so viele grundlegende Fragen noch offen sind,
ist es ziemlich schwierig, dieses Thema zu besprechen,
ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen.
Aber egal welchen Annahmen du Glauben schenkst,
alle Diskussionen beginnen hier immer mit dem Gehirn.
Das Gehirn ist die komplexeste uns bekannte biologische Struktur
und hat ein ganzes Video verdient.
Also werfen wir hier nur einen kurzen Blick darauf.
Etwa 100 Milliarden Neuronen
kommunizieren über eine Million Milliarden Verbindungen,
von denen jedes bis zu 1.000 Signale pro Sekunde aussendet.
Das ist eine Billiarde Signale.
Jede einzelne Sekunde deines Lebens.
Es gibt aber nicht nur Neuronen,
sondern Milliarden Stütz- und Immunzellen verschiedener Art,
mit unterschiedlichen Aufgaben.
Grob kann das Gehirn in verschiedene Bereiche
mit ihren eigenen Aufgaben unterteilt werden.
Etwa für die Atmung, den Herzschlag,
die Bewegungskoordination oder unwillkürliche Reflexe.
Der am weitesten entwickelte Teil, der Neokortex,
also die äußerste Schicht des Gehirns,
speichert Erinnerungen und ermöglicht es uns außerdem,
Pläne zu schmieden, zu denken, zu hoffen, zu träumen
und uns Dinge vorzustellen.
Wo im Hirn aber das Du liegt, wissen wir nicht genau.
Wir wissen, dass Regionen wie der Precuneus-Kortex,
den größten Einfluss auf unser Bewusstsein haben.
Aber auch, dass verschiedene Hirnregionen zusammenarbeiten,
um sich Arbeiten zu teilen, die sie alleine nicht schaffen.
Aber die verschiedenen Bausteine des Gehirns
sind nicht gerade simpel.
Neuronen sind nicht einfach Kabel,
sie verändern sich und verarbeiten Informationen.
Die Synapsen,
über die die Signale von einem Neuron zum nächsten wandern,
enthalten Rezeptoren für hunderte chemische Signale,
weshalb sie anfällig sind für äußere Einflüsse.
Wir haben zwar ein grundlegendes Verständnis,
wie das funktioniert,
und können im Kleinen auch voraussagen,
wie sie sich verhalten.
Aber das Gehirn ist weit mehr als nur ein paar Nervensignale.
Eine riesige Rolle spielen Hormone.
Etwa Serotonin, das unsere Laune beeinflusst.
Oder Histamin, das uns besser lernen lässt.
Und auch andere Körperteile beeinflussen das Gehirn.
Etwa Herznerven oder Darmbakterien.
Was am Anfang schon kompliziert aussah,
wird immer komplizierter, je näher wir uns damit befassen.
Um dieses extrem vernetzte Chaos aus Zellen, Fleisch und Biochemie
in einem Computer zu speichern, brauchen wir ein Modell,
das wir in der digitalen Umgebung simulieren können.
Eine Art Scan.
Unsere heutige Technologie für solche Scans,
etwa FMRI-Maschinen,
sind dieser Aufgabe leider bei Weitem nicht gewachsen.
Es gibt aber eine andere Methode,
die ziemlich vielversprechend scheint.
Das Gehirn in hauchdünne Scheibchen schneiden, die wir dann
mit einem hochauflösenden Elektronenmikroskop scannen
und so eine genaue Karte aller Zellen und ihrer Verbindungen
erstellen können.
2019 gelang es Wissenschaftlern so,
einen Kubikmillimeter eines Mäusehirns abzubilden.
Also etwa die Größe eines Sandkorns.
Es bestand aus 100.000 Neuronen mit einer Milliarde Synapsen,
und vier Kilometern Nervenfasern.
Dieses Körnchen Hirn wurde in 25.000 Scheiben geschnitten.
Fünf Elektronenmikroskope arbeiteten ununterbrochen
für fünf Monate,
und erstellten mehr als 100 Millionen Bilder.
Dann dauerte es drei Monate, um aus diesen Bildern
ein 3-D-Modell zu erstellen.
Der fertige Datensatz braucht zwei Millionen Gigabyte Speicherplatz.
Das ganze menschliche Gehirn zu scannen,
würde eine-Million-mal so viel Arbeit kosten.
Das ist sehr viel leichter gesagt, als getan.
Noch schlimmer:
Für eine richtige Simulation
bräuchten wir vielleicht noch viel kleinere Grundsteine,
um die Milliarden zugrunde liegenden Proteine
oder sogar individuelle Moleküle zu erfassen,
die alles Verhalten auf Zellebene steuern.
Für solch riesige Mengen Daten
reicht vielleicht der gesamte Speicherplatz der Welt nicht aus.
Wie machen wir Hirnwasser zu Bewusstseinswein?
(Futuristische Musik)
Das wäre eigentlich schon schwer genug.
Die wahre Frage ist aber,
wie wir diesen statischen Bauplan des Gehirns
in etwas Aktives verwandeln.
Selbst mit einem Scan bis zu den Synapsen
brauchen wir Regeln und Gesetze, um diesen Bauplan zu aktivieren.
Nur so können wir der statischen Struktur Leben einhauchen,
und sie mit Gesetzen chemischer Bindungen
und der Elektrodynamik füttern.
Erst damit wird die Situation dynamisch wie das Gehirn,
welches von einer Mikrosekunde zur nächsten existiert,
und sich mit der Zeit weiterentwickelt.
Das denken, sehen und entscheiden kann.
Wir wissen aber nicht, ob das überhaupt klappt.
Ob unsere Technologie jemals ein echtes Bewusstsein simulieren kann.
Alles hängt von einer grundlegenden Frage ab:
Sind Gehirn und Bewusstsein
nur sehr kompliziert und schwierig zu verstehen?
Oder sind sie so komplex,
dass wir sie niemals so ganz verstehen können?
Im schlimmsten Fall ist das Bewusstsein
mehr als die Summe aller Hirnteile.
Das ist uns einfach noch nicht klar.
So komplex, dass wir das auch mit besseren Scans nicht hinkriegen.
Vielleicht reicht es nicht, die Zutaten zu kennen,
um ein richtiges Bewusstsein gebacken zu kriegen.
Wir haben eine gute Ausgangslage
mit handfesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem Ziel.
Der Weg zu einer echten Simulation ist aber sehr ungewiss
und verlangt eine Menge Innovation und Forschung.
Und historisch gesehen, sind wir Menschen nicht gerade gut darin,
die Zukunft vorauszusagen.
Im besten Fall müssten wir einfach hart Arbeiten
und die richtigen Lösungen finden.
Vielleicht müssen wir gar nicht jede hinterletzte Zelle
bis zum letzten Atom genau formulieren.
Vielleicht können wir stattdessen gewisse Elemente mit
Wahrscheinlichkeitsmodellen vereinfachen,
die das Verhalten des Gehirns mit weniger und einfachen Systemen
abbilden können.
Wir wissen also nicht,
ob wir Gehirn und Bewusstsein jemals gut genug begreifen werden,
um ein menschliches Bewusstsein zu digitalisieren.
Aber die Forschung dazu existiert und ist es wert,
weiter verfolgt zu werden.
So oder so werden wir ziemlich viel über uns selbst erfahren,
und dabei einige neuen Technologien entwickeln.
Gelingt es,
wird das Speichern unseres Bewusstseins vielleicht zu einem Teil
unserer schnell fortschreitenden Computertechnologie.
Die Konsequenzen für die Menschheit
und unsere Zukunft in diesem Universum
wären weitereichend ziemlich unheimlich
und unfassbar fantastisch.
Sollten wir es schaffen, unser Bewusstsein zu speichern,
erreichen wir die funktionelle Unsterblichkeit.
Außer bei Beschädigung oder Löschung existierst du,
solange irgendwo eine Kopie gespeichert ist.
Wird der Scan aber irgendwie beschädigt,
sitzt du vielleicht in einer Unendlichkeit voller Schmerzen,
Paranoia oder in einer unendlichen Psychose fest.
Und die Frage, ob dieses digitale Bewusstsein wirklich Du bist,
zieht noch einen anderen Rattenschwanz nach nicht.
Nehmen wir einfach mal an,
dass dein digitales Bewusstsein zumindest glaubt, du zu sein.
Wie würde das Speichern deines Bewusstseins
deinen Blick auf das Leben verändern?
Würdest du dich sicherer fühlen,
weil du weißt, dass der Tod nicht das Ende ist?
Oder würdest du supervorsichtig werden,
um bloß nicht zu sterben,
bevor dein Bewusstsein hochgeladen ist.
Sollte die Scan-Technologie weit genug fortschreiten,
könnten dein biologisches und dein digitales Du
auch gleichzeitig existieren.
Ihr könntet zusammenarbeiten,
um einerseits dein biologisches Leben noch schöner
und andererseits die Zukunft deiner Kopie noch sicherer zu machen.
Was auch immer kommt:
Öffnet deine Bewusstseinskopie zum ersten Mal
die digitalen Augen,
wird sie ein komplett neues Leben führen.
Einen Körper zu haben, ist manchmal auch ganz schön
und du kennst es nicht anders.
Wir leben mit Hunger, Liebe, Schmerzen und Erschöpfung.
Aber letztendlich entstehen sie nur
durch Signale der Neuronen in deinem Hirn.
Du könntest dich vielleicht entscheiden,
in einem simulierten Körper zu existieren.
Aber für ein digitales Bewusstsein könnte das auch unnötig sein.
Sich zu verlieben wird vielleicht bedeutungslos,
wenn man es auf Knopfdruck haben kann.
Vielleicht suchst du stattdessen ganz andere außergewöhnliche Erfahrungen.
Ein Spaziergang auf der Sonne.
Die Zeit beschleunigen und ein paar langweilige Monate überspringen.
Eine Simulation der Vergangenheit erleben.
Befreit von den Grenzen deines Körpers
verändern sich deine Perspektiven und Prioritäten.
Je länger das digitale Bewusstsein existiert,
umso mehr wird es wahrscheinlich über sich selber wissen,
oder sich selbst verändern können.
Etwa, indem es schlechte Erinnerungen einfach löscht
oder Charakterzüge verändert,
zum Beispiel Neid, Sucht oder Faulheit.
Ohne die Grenzen der Biologie
würden seine Fähigkeiten vielleicht immer besser,
je weiter die Technologie fortschreitet,
während seine Prioritäten und Ziele
für dein ursprüngliches biologisches Hirn immer absurder werden,
sollte es denn noch existieren.
Das wahre Potenzial der digitalen Unsterblichkeit
wird sich erst nach und nach zeigen.
Du könntest Projekte in Angriff nehmen,
die länger als ein Leben dauern.
Forscher könnten unglaubliche Mengen Wissen anhäufen,
und so neue Entdeckungen machen, die die Welt verändern.
Abenteurer könnten sich in kleine Raumschiffe laden,
und zu den Sternen reisen,
während sie sich selbst einfach für ein paar Tausend Jahre
in den Ruhemodus schalten.
Genau wie bei den aktuellen Fleischversionen
würde aber wahrscheinlich auch nicht jedes digitale Bewusstsein
etwas Gutes zur Menschheit beitragen.
Manche würden immer noch nach Macht und Einfluss streben
und hätten jetzt die Ewigkeit zur Verfügung,
um ihr Reich aufzubauen.
Andere würden so viele Ressourcen wie möglich für sich selbst hamstern,
und sich mit allen anderen Streiten, die das auch wollen.
Und je länger sie digital leben,
umso weniger Mitgefühl hätten sie vielleicht
für einfache Wesen aus Fleisch und Blut.
Oder stell dir unsterbliche Sektenführer vor,
die ihre Lügen verbreiten und Religionen erfinden
und ihr Dogma über Jahrhunderte perfektionieren können.
Aber vielleicht passiert auch gar nichts davon.
Vielleicht ist unser Bewusstsein
gar nicht für die Unsterblichkeit gemacht,
und wird in digitaler Form nur starr und unproduktiv.
Bis es sich nach einem sehr langen Leben zur Ruhe setzt,
wenn es absolut alles erlebt hat, was es jemals erleben wollte.
Es ist schwierig, vorauszusagen,
wie viel Gutes oder Böses ein Geist, der sich stetig selber verbessert,
in hunderten oder tausenden Jahren Freizeit anstellen könnte.
(Blinkende Töne)
In der Endcard haben wir euch ein superspannendes Video
vom Kanal "So Many Tabs" verlinkt.
Im Video geht es darum,
wie künstliche Intelligenz wirklich funktioniert,
und was sie schon kann und was noch nicht.
Schaut dort unbedingt mal rein.