Regierungserklärung zum Brexit
Für uns stehen drei Anliegen im Mittelpunkt der Verhandlung: Erstens, es gilt die Interessen
unserer, der deutschen, Bürgerinnen und Bürger, zu wahren.
Dabei gilt insbesondere um die ganz konkreten Alltagsfragen, die die vielen vom Brexit direkt
betroffenen Menschen beschäftigen.
Das gilt ganz besonders für diejenigen, die derzeit als deutsche und europäische Staatsangehörige
in Großbritannien leben.
Geschätzt trifft dies im Moment auf ungefähr 100.000 Deutsche zu.
Alle mit individuellen Biografien und ganz persönlichen Sorgen vor einer ungewissen
Zukunft.
Denken wir zum Beispiel an eine Rentnerin, die vielleicht schon vor Jahren aus beruflichen
Gründen aus Deutschland nach Großbritannien gezogen ist und dort ein Haus gekauft hat
und jetzt im Ruhestand mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten konfrontiert wird.
Oder denken wir an einen jungen Studenten, der den Traum eines grenzenlosen Europas lebt,
und sich nun sorgt, ob er nach seiner bereits laufenden Hochschulausbildung in Schottland,
im Vereinigten Königreich bleiben kann.
Oder denken wir an ein in London lebendes deutsches Elternpaar, dessen Kinder in Großbritannien
aufgewachsen sind und das jeden Tag auf Zugang zu Schule, Arbeitsplatz und Krankenversicherung
angewiesen ist.
Viele, viele weitere Beispiele könnten folgen.
Sie alle stehen dafür, dass sich die Bundesregierung in den Verhandlungen mit Großbritannien intensiv
dafür einsetzen wird, im Interesse aller betroffenen deutschen Staatsbürgerinnen und
Staatsbürger so schnell wie möglich Klarheit und Planungssicherheit in all diesen Fragen
zu erzielen.
Und wir werden natürlich alles dafür tun, dass mögliche negative Auswirkungen für
den Alltag unserer Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich ausfallen.
Im Gegenzug sind wir dann natürlich auch bereit, den bei uns in Deutschland und in
den anderen Mitgliedstaaten lebenden britischen Staatsangehörigen ein faires Angebot zu unterbreiten.
Sie sind natürlich auch ein wichtiger Teil unseres Zusammenlebens und sollen dies auch
bleiben.
Zweitens: Es gilt, Schaden von der Europäischen Union insgesamt abzuwenden, den ein nicht
geglückter Übergang Großbritanniens zu seinem zukünftigen Status mit sich bringen
könnte.
Unternehmer zum Beispiel wollen wissen, ob sie ihre Produkte weiter auf den jeweils anderen
Markt bringen können.
Wissenschaftler fragen, ob sie die Zusammenarbeit mit ihren britischen Kollegen fortsetzen können.
Und deshalb gilt es, vorneweg Rechtssicherheit zu schaffen.
Dort, wo es unsere Interessen gebieten, werden wir selbstverständlich auch künftig eine
enge Zusammenarbeit zwischen der EU anstreben.
Ich bin fest davon überzeugt: Die Europäische Union wird auch nach dem Ausscheiden Großbritanniens
eine einzigartige Wertegemeinschaft und einer der weltweit stärksten Wirtschaftsräume
sein.
Drittens: Es gilt den Zusammenhalt der Europäischen Union der 27 zu stärken.
Ich werde alles daran setzen, dass wir 27 Mitgliedstaaten in allen schwierigen Fragen
auch weiter so zusammenstehen, wie uns das seit dem britischen Referendum vor zehn Monaten
doch hervorragend gelungen ist.
Denn wir haben es immerhin geschafft, trotz manchmal divergierender Einzelinteressen,
geschlossen und vereint aufzutreten.