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Video lessons from YouTube, Rationalismus und Empirismus

Rationalismus und Empirismus

Rationalismus und Empirismus. Wie erlangt man Erkenntnis? Das ist eine der

wichtigsten Fragen der Erkenntnistheorie. Und die Antwort ist: Es kommt darauf an.

Man hat zum Beispiel erkannt, dass der Himmel blau ist und die sonne jeden

Tag im Osten aufgeht. Und woher weiß man das? Aus der Sinneserfahrung.

Man sieht mit den eigenen Augen, dass der Himmel blau ist und man erinnert sich

an viele Sonnenaufgänge im Osten.

Die Erkenntnis aber, dass 111 x 111 = 12321 ist,

stammt nicht aus der Sinneserfahrung, sondern aus der Vernunft.

Man kann diese Erkenntnis durch reines Denken im Kopf erlangen.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Dieser Satz stammt von Jesus.

Und woher hatte er diese Erkenntnis?

Aus der Sinneserfahrung? Aus der Vernunft?

Nein, durch Gott höchstpersönlich - angeblich.

In früheren Zeiten war göttliche Offenbarung noch als Quelle der Erkenntnis anerkannt.

Heute ist Gott

allerdings aus der Mode gekommen und göttliche Offenbarung wird gar nicht

mehr ernsthaft als Erkenntnisquelle in Betracht gezogen,

zumindest in der abendländischen Philosophie.

Wir zeichnen also ein mysteriöses Fragezeichen darüber und vergessen

diesen Teil erst mal.

Die Philosophie spaltet sich nun in zwei Lager: Auf der einen Seite steht der

Rationalismus, der die Vernunft als wichtigste oder sogar als einzige Quelle

der Erkenntnis betrachtet. Das andere Lager bildet der Empirismus, in dem

die Sinneserfahrung als die primäre oder sogar einzige Quelle der Erkenntnis gilt.

Der berühmteste Rationalist war René Descartes, ein französischer Philosoph des

fünfzehnten Jahrhunderts. Er sagte zum Beispiel: Wahr ist alles das,

was ich ganz klar und deutlich einsehe. Und damit meinte er

reine Vernunfterkenntnis. Die Antithese verkörperte der englische Philosoph John

Locke, der etwas später behauptete: Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den

Sinnen war. Damit bestritt er, dass reine Vernunfterkenntnis überhaupt möglich ist.

Rationalisten glauben an sogenannte angeborene Ideen, zum Beispiel die Idee

der eigenen Existenz, einfache mathematische und geometrische Grundsätze

und die Regeln des logischen Denkens. Natürlich denkt ein Baby noch nicht

wirklich über solche Ideen nach, aber sie sind schon von Geburt an im Menschen

angelegt und werden sich früher oder später entfalten so ähnlich wie das

Laufen oder das Nasepopeln. Durch logische Schlussfolgerungen kann sich die

Erkenntnis nun schrittweise erweitern, wie man am Beispiel der Mathematik sieht.

Für Empiristen dagegen ist der Mensch bei seiner Geburt ein völlig

unbeschriebenes Blatt, eine sogenannte tabula rasa. Sämtliche

Ideen entwickeln sich erst durch die Sinneserfahrung.

Dabei bilden sich zuerst einfache Ideen, wie die Ideen von Farben und Klängen.

Diese werden dann kombiniert zu komplexeren Ideen von Personen und Dingen

und Gesetzmäßigkeiten. Zu Gesetzmäßigkeiten gelangt man dabei durch das

Verfahren der Induktion.

Das heißt, man schließt aus der Beobachtung vieler Einzelfälle auf ein

allgemeines Gesetz. Die Sonne zum Beispiel ist gestern und vorgestern und die

Tage davor im Osten aufgegangen, also schließt man daraus, dass die Sonne

immer im Osten aufgeht. Bei rationalen Gesetzmäßigkeiten

verläuft die Erkenntnis anders, nämlich durch Deduktion.

Hier wird zuerst das allgemeine Gesetz durch die Vernunft erkannt und daraus ergeben sich

die Einzelfälle. Zuerst lernt man zum Beispiel die

Gesetzmäßigkeiten der Multiplikation, bevor man diese auf den Einzelfall 111 x 111

anwenden kann.

Rationalisten meinen, mit logischen Schlussfolgerungen und Deduktion an

sicheres und beweisbares Wissen zu gelangen.

Sie misstrauen aber der Induktion.

Denn auch wenn die Sonne tausend mal im Osten

aufgegangen ist, könnte sie morgen im Westen aufgehen.

Aber die Kritik am Empirismus ist noch viel grundlegender. Schon Platon hat

festgestellt, dass unsere Sinneswelt komplett illusionär sein könnte.

Wir könnten das ganze Leben träumen oder in einer Computersimulation leben.

Der Kritikpunkt der Empiristen am Rationalismus allerdings ist auch ein

grundlegender. Indem sie die Existenz angeborener Ideen bezweifeln, entziehen sie

auch der Vernunfterkenntnis den Boden. Sie meinen, dass auch die Vernunft durch

Erfahrung und Erziehung erlernt ist und kein universelles und sicheres

Erkenntniswerkzeug darstellt.

Wenn These und Antithese aufeinanderprallen, bemüht sich die

Philosophie glücklicherweise oft um eine Synthese in der die Gegensätze

aufgehoben werden. So hat Kant in seiner Transzendentalphilosophie

beide Erkenntniswege in ihrer jeweiligen Grenze anerkannt.

Die Erkenntnis aus der reinen Vernunft nannte er "Erkenntnis a priori",

das heißt Erkenntnis im voraus, weil diese Art der Erkenntnis vor aller

Sinneserfahrung möglich ist. Die empirische Erkenntnisse nannte er

"Erkenntnis a posteriori", das heißt Erkenntnis im nachhinein, weil diese art der Erkenntnis erst

nach der Sinneserfahrung möglich ist. Beide Erkenntniswege haben ihre Berechtigung,

allerdings bezieht sich laut Kant in beiden fällen die Erkenntnis nicht auf

die Welt an sich, sondern nur auf die Welt, wie sie uns aufgrund unserer

Wahrnehmungsorgane und Vernunftstruktur erscheint.

In der modernen Wissenschaftstheorie gibt es mit dem logischen Empirismus und dem kritischen

Rationalismus zwei weitere Syntheseversuche.

aber das ist eine andere Geschichte die

soll ein andermal erzählt werden.


Rationalismus und Empirismus Rationalism and Empiricism Rationalisme et empirisme Racionalismo e empirismo

Rationalismus und Empirismus. Wie erlangt man Erkenntnis? Das ist eine der Racionalismo e empirismo. Como você obtém conhecimento? Este é um dos

wichtigsten Fragen der Erkenntnistheorie. Und die Antwort ist: Es kommt darauf an.

Man hat zum Beispiel erkannt, dass der Himmel blau ist und die sonne jeden

Tag im Osten aufgeht. Und woher weiß man das? Aus der Sinneserfahrung. O dia nasce no leste. E como você sabe disso? Da experiência sensorial.

Man sieht mit den eigenen Augen, dass der Himmel blau ist und man erinnert sich

an viele Sonnenaufgänge im Osten.

Die Erkenntnis aber, dass 111 x 111 = 12321 ist,

stammt nicht aus der Sinneserfahrung, sondern aus der Vernunft.

Man kann diese Erkenntnis durch reines Denken im Kopf erlangen.

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Dieser Satz stammt von Jesus. Ame o seu próximo como a si mesmo. Esta frase vem de Jesus.

Und woher hatte er diese Erkenntnis?

Aus der Sinneserfahrung? Aus der Vernunft?

Nein, durch Gott höchstpersönlich - angeblich. Não, através do próprio Deus - supostamente.

In früheren Zeiten war göttliche Offenbarung noch als Quelle der Erkenntnis anerkannt. In earlier times, divine revelation was still recognized as the source of knowledge.

Heute ist Gott

allerdings aus der Mode gekommen und göttliche Offenbarung wird gar nicht No entanto, saiu de moda e a revelação divina não ocorrerá de forma alguma

mehr ernsthaft als Erkenntnisquelle in Betracht gezogen, considerado mais seriamente como uma fonte de conhecimento,

zumindest in der abendländischen Philosophie.

Wir zeichnen also ein mysteriöses Fragezeichen darüber und vergessen So we draw a mysterious question mark over it and forget

diesen Teil erst mal. esta parte primeiro.

Die Philosophie spaltet sich nun in zwei Lager: Auf der einen Seite steht der

Rationalismus, der die Vernunft als wichtigste oder sogar als einzige Quelle

der Erkenntnis betrachtet. Das andere Lager bildet der Empirismus, in dem of knowledge considered. The other camp is empiricism

die Sinneserfahrung als die primäre oder sogar einzige Quelle der Erkenntnis gilt. a experiência sensorial é considerada a fonte primária ou mesmo única de conhecimento.

Der berühmteste Rationalist war René Descartes, ein französischer Philosoph des

fünfzehnten Jahrhunderts. Er sagte zum Beispiel: Wahr ist alles das,

was ich ganz klar und deutlich einsehe. Und damit meinte er

reine Vernunfterkenntnis. Die Antithese verkörperte der englische Philosoph John puro conhecimento da razão. O filósofo inglês John personificou a antítese

Locke, der etwas später behauptete: Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Locke, who later asserted: Nothing is in the mind that is not first in the Locke, que mais tarde afirmou: Nada está na mente que não estava anteriormente no

Sinnen war. Damit bestritt er, dass reine Vernunfterkenntnis überhaupt möglich ist. senses was. He thus denied that pure rational knowledge is possible at all.

Rationalisten glauben an sogenannte angeborene Ideen, zum Beispiel die Idee

der eigenen Existenz, einfache mathematische und geometrische Grundsätze da própria existência, princípios matemáticos e geométricos simples

und die Regeln des logischen Denkens. Natürlich denkt ein Baby noch nicht

wirklich über solche Ideen nach, aber sie sind schon von Geburt an im Menschen

angelegt und werden sich früher oder später entfalten so ähnlich wie das criou e se desdobrará mais cedo ou mais tarde algo assim

Laufen oder das Nasepopeln. Durch logische Schlussfolgerungen kann sich die Correndo ou estufando o nariz. Tirando conclusões lógicas, o

Erkenntnis nun schrittweise erweitern, wie man am Beispiel der Mathematik sieht.

Für Empiristen dagegen ist der Mensch bei seiner Geburt ein völlig Para os empiristas, por outro lado, uma pessoa já nasceu completamente

unbeschriebenes Blatt, eine sogenannte tabula rasa. Sämtliche

Ideen entwickeln sich erst durch die Sinneserfahrung.

Dabei bilden sich zuerst einfache Ideen, wie die Ideen von Farben und Klängen. Em primeiro lugar, são formadas ideias simples, como as ideias de cores e sons.

Diese werden dann kombiniert zu komplexeren Ideen von Personen und Dingen

und Gesetzmäßigkeiten. Zu Gesetzmäßigkeiten gelangt man dabei durch das and legalities. One arrives at regularities through this

Verfahren der Induktion.

Das heißt, man schließt aus der Beobachtung vieler Einzelfälle auf ein Isso significa que inclui a partir da observação de muitos casos individuais

allgemeines Gesetz. Die Sonne zum Beispiel ist gestern und vorgestern und die

Tage davor im Osten aufgegangen, also schließt man daraus, dass die Sonne Criado dias antes no leste, conclui-se que o sol

immer im Osten aufgeht. Bei rationalen Gesetzmäßigkeiten

verläuft die Erkenntnis anders, nämlich durch Deduktion.

Hier wird zuerst das allgemeine Gesetz durch die Vernunft erkannt und daraus ergeben sich Here the general law is first recognized by reason and results from it

die Einzelfälle. Zuerst lernt man zum Beispiel die the individual cases. First you learn, for example, the

Gesetzmäßigkeiten der Multiplikation, bevor man diese auf den Einzelfall 111 x 111

anwenden kann. pode aplicar.

Rationalisten meinen, mit logischen Schlussfolgerungen und Deduktion an

sicheres und beweisbares Wissen zu gelangen. conhecimento seguro e verificável.

Sie misstrauen aber der Induktion. Mas eles desconfiam da indução.

Denn auch wenn die Sonne tausend mal im Osten

aufgegangen ist, könnte sie morgen im Westen aufgehen.

Aber die Kritik am Empirismus ist noch viel grundlegender. Schon Platon hat Mas a crítica ao empirismo é muito mais fundamental. Platão já tem

festgestellt, dass unsere Sinneswelt komplett illusionär sein könnte. descobri que nosso mundo sensorial pode ser completamente ilusório.

Wir könnten das ganze Leben träumen oder in einer Computersimulation leben.

Der Kritikpunkt der Empiristen am Rationalismus allerdings ist auch ein

grundlegender. Indem sie die Existenz angeborener Ideen bezweifeln, entziehen sie mais básico. Ao duvidar da existência de ideias inatas, eles se retiram

auch der Vernunfterkenntnis den Boden. Sie meinen, dass auch die Vernunft durch also the ground of rational knowledge. They think that also reason through

Erfahrung und Erziehung erlernt ist und kein universelles und sicheres

Erkenntniswerkzeug darstellt.

Wenn These und Antithese aufeinanderprallen, bemüht sich die

Philosophie glücklicherweise oft um eine Synthese in der die Gegensätze

aufgehoben werden. So hat Kant in seiner Transzendentalphilosophie

beide Erkenntniswege in ihrer jeweiligen Grenze anerkannt.

Die Erkenntnis aus der reinen Vernunft nannte er "Erkenntnis a priori",

das heißt Erkenntnis im voraus, weil diese Art der Erkenntnis vor aller

Sinneserfahrung möglich ist. Die empirische Erkenntnisse nannte er

"Erkenntnis a posteriori", das heißt Erkenntnis im nachhinein, weil diese art der Erkenntnis erst "Conhecimento a posteriori", que significa conhecimento em retrospecto, porque este tipo de conhecimento é apenas

nach der Sinneserfahrung möglich ist. Beide Erkenntniswege haben ihre Berechtigung, é possível de acordo com a experiência sensorial. Ambos os caminhos do conhecimento têm sua justificativa,

allerdings bezieht sich laut Kant in beiden fällen die Erkenntnis nicht auf

die Welt an sich, sondern nur auf die Welt, wie sie uns aufgrund unserer

Wahrnehmungsorgane und Vernunftstruktur erscheint.

In der modernen Wissenschaftstheorie gibt es mit dem logischen Empirismus und dem kritischen

Rationalismus zwei weitere Syntheseversuche.

aber das ist eine andere Geschichte die

soll ein andermal erzählt werden. será contado em outra ocasião.