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Andrea erzählt (D), Oerlikon

Oerlikon

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zur Sendung «Andrea erzählt» vom 17. März 2017. Es freut mich sehr, sind Sie wieder mit dabei. Zürich ist eine spezielle Stadt. Sie ist schön und es gibt eine Menge Kultur und auch Jobs hier. Deshalb wollen viele Leute hier leben. Aber es gibt es Problem: Die Stadt ist eingeklemmt [1] zwischen zwei Hügelreihen [2] und einem See. Darum kann sie nicht immer weiter wachsen. Drei Dinge passieren deshalb: Die Wohnungen werden teurer, die Häuser höher — und Quartiere, die niemand gern hatte, werden plötzlich beliebt. Das ist auch mit Oerlikon passiert. Gerne erzähle ich Ihnen heute von diesem neuen Boom-Quartier [3].

*

Wer aus der Innenstadt nach Oerlikon will, muss durch einen Tunnel fahren oder über einen Hügel. Es liegt also etwas abgelegen [4] von der Innenstadt. Als ich ein Kind war, gehörte dieser Stadtteil für mich darum nicht richtig zu Zürich. Ich kannte hier auch niemanden und fand es etwas trostlos [5]. Das war damals auch wirklich noch so. Es gab zwar viele Strassen mit Häusern für Familien. Aber sonst war nicht viel los. Ich kannte vor allem den Bahnhof. Und vor dem hatte ich Angst. Als ich elf Jahre alt war, musste ich dort nämlich mal umsteigen. Ich fragte einen Mann: «Wo fährt der Zug nach Uster?» Er sagte: «Dazu musst du durch eine ziemlich dunkle Unterführung [6] bis zu Gleis drei hinüber gehen.» Er hatte recht: Die Unterführung war wirklich unheimlich [7].

Heute sind die Unterführungen immer noch da, aber sie sind viel heller und freundlicher. Zudem hat es mehr Leute und man ist nicht so allein. Als ich dann endlich auf dem richtigen Gleis war, wartete ich dort auf meinen Zug. Ich war schüchtern [8] und schaute nur auf meine Schuhe hinab. Irgendwann sah ich trotzdem, dass ein Mann auf der anderen Seite der Gleise mir zuwinkte [9]. Zuerst schaute ich weg. Aber irgendwann sah ich dann doch hin. Da merkte ich, dass der Mann unter seinem Mantel nackt war. Und er wollte, dass ich das sah. Das fand ich so schlimm, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Heute sage ich zu meinen Kindern: «Solche Menschen wollen einen meist nur erschrecken. Sie tun einem nichts. Und sie können auch nichts dafür [10], dass sie so sind. Sie sind krank.» Aber damals wusste ich das noch nicht. Und ein Handy hatte ich auch nicht. Ich war also ganz allein und hatte Panik, auch wenn der Mann ja auf der anderen Seite der Gleise war.

Ich hatte Glück. Eine Frau hatte gesehen, was passiert war. Sie kam zu mir und sagte: «Komm, steh neben mich. Dann hört er auf.» Ich war sehr froh. Denn als wir das nächste Mal hinüber sahen, war der Mann weg. Die Frau wartete noch mit mir, bis mein Zug kam. Damit habe ich von ihr etwas Wichtiges gelernt. Denn wie fast alle jungen Frauen, habe ich später noch ein paar Mal solche Dinge erlebt. Aber ich wusste jetzt, dass es gut ist, wenn man sich eine andere Frau sucht und mit ihr anfängt zu sprechen. Noch später hatte ich sogar mal den Mut, zu einem solchen Mann zu sagen: «Gehen Sie weg und lassen Sie mich in Ruhe. Es interessiert mich nicht, Sie nackt zu sehen.» Das half.

Ich erzählte meinen Eltern nichts von dem Erlebnis mit dem nackten Mann. Warum, weiss ich nicht. Aber von da an hatte ich immer ein schlechtes Gefühl, wenn ich an Oerlikon dachte. Später habe ich meinen Kindern beigebracht [11], was sie tun sollen, wenn so etwas passiert: «Geht sofort zu einer Frau und sagt ihr, was los ist. Wenn niemand da ist, nehmt ihr euer Handy und telefoniert mit jemandem. Dann gehen die meisten weg.» Bis jetzt hatten sie aber Glück — und ich hoffe fest, dass das so bleibt.

*

Später hatte ich dann eine Freundin in Oerlikon. Sie hiess Sandra. Wie ich war sie früh von zuhause weggezogen. Weil die Wohnungen hier billig waren, ging sie nach Oerlikon. Ich gebe zu, dass ich nicht gern mit dem Zug zu ihr gefahren bin. Ich hatte nicht vergessen, was an diesem Bahnhof passiert war. Aber ich hatte Sandra gern und besuchte sie trotzdem oft. Wenn wir zusammen waren, war es immer lustig. Sie wohnte an der Wehntalerstrasse. Diese ist extrem lang und führt aus der Stadt hinaus.

Sandras Wohnung hatte nur ein Zimmer und eine Küche. Einmal rief sie mich an und sagte: «Ich backe morgen eine Roulade [12]. Kommst du auch?» Ich sagte: «Oh, ja gern! Aber du musst mir genau zeigen, wie es geht. Und du musst etwas Geduld [13] haben mit mir.» Sie versprach es. Ich hatte Rouladen schon immer gemocht, aber ich hatte keine Ahnung, wie man so etwas machte. Sandra war eine sehr gute Bäckerin. Sie erklärte mir: «Wir backen zuerst einen flachen Biskuitteig. Das ist das Einfachste. Man muss den Teig dazu einfach auf ein Blech [14] streichen.»

Doch dann wurde es schwierig und chaotisch. Der Kuchen muss nämlich weich bleiben, wenn er abkühlt. Sonst kann man ihn nicht aufrollen und er zerbricht. Sandra sagte: «Sobald wir das Blech aus dem Ofen nehmen, gibst du mir ein zweites Blech. Das legen wir dann als Deckel darüber. So bleibt der Dampf [15] drin und der Kuchen trocknet nicht aus.» Nun mussten wir warten, bis alles abgekühlt war. Wir tranken Tee und rauchten.

Als der Kuchen endlich abgekühlt war, sagte Sandra: «So, und jetzt legst du ein sauberes Geschirr-Tuch [16] auf den Küchentisch.» Also tat ich das. Danach mussten wir das zweite Blech wegnehmen und den flachen Kuchen auf das Tuch stürzen [17]. Ich wollte es alleine probieren. Sandra sagte: «Ok, aber du musst es wirklich, wirklich schnell tun!»

Ich nickte und drehte das Blech so schnell um, dass der Teig auf den Boden flog. Zuerst regte sich Sandra auf. Aber dann lachte sie und sagte: «Ich hätte wissen müssen, dass das passiert. Du bist einfach ein Clown und keine Bäckerin.» Sie hatte recht. Sandra lachte eher selten und machte immer alles möglichst sorgfältig [18]. Ich war das Gegenteil. Deshalb hatten wir einander vielleicht so gern.

Also knieten wir auf den Boden und mussten den Kuchen von dort ganz vorsichtig auf das Tuch ziehen. Ich sagte: «Gut, dass das bei dir zuhause passiert ist. Bei mir wäre der Boden schmutzig gewesen und wir hätten alles wegwerfen müssen.» Als wir den Teig endlich auf dem Tuch hatten, mussten wir alles ganz vorsichtig auf den Tisch heben. Nun konnten wir Schokoladen-Creme darauf streichen und alles aufrollen. Es gab zwar nicht die schönste Roulade, die ich je gegessen habe, aber ganz sicher die lustigste.

*

Heute habe ich viele Freunde in Oerlikon. Sogar André, mein Verleger [19], wohnt hier und hat einen Buchladen. Denn in den letzten zehn Jahren wurden hier sehr viele grosse und helle Wohnungen gebaut. Sie gehören meist zu Siedlungen [20] mit Läden, Kindergärten und vielen Wohnungen für junge Familien. Im Moment sieht es in «Neu-Oerlikon» noch nicht so schön aus. Alles ist noch zu frisch und kühl [21]. Aber dafür gibt es sehr viel Platz und die Kinder können Fahrrad fahren und draussen spielen. Zudem sieht man jetzt schon, wie lebendig alles bald sein wird. Jedes Jahr wachsen mehr Blumen. Und die jungen Bäume zwischen den Häusern werden immer grösser. An einigen Häusern hat es sogar Kletterpflanzen [22], die daran hochwachsen.

Als ich das letzte Mal dort war, sagte André: «Weisst du, manchmal muss ich mich schon noch daran gewöhnen, dass ich jetzt in Oerlikon lebe. Früher haben wir doch alle Witze gemacht über diesen Teil der Stadt. Aber jetzt kommen so viele Künstler und junge Familien her. Wir müssen nur noch etwas Geduld haben. Dann wird es richtig cool sein, hier zu wohnen.»

Ich bin sicher, dass er recht hat. Ich wohne in der Altstadt. Und seit ich hier bin, sind ein Bäcker, ein Käseladen, ein Fischladen, ein kleiner Supermarkt, Starbucks und Mc Donalds geschlossen worden. Denn hier ist es eben nicht mehr «cool». Aber ehrlich gesagt: Ich wohne immer noch sehr gern hier und werde sehr, sehr wahrscheinlich nie nach Oerlikon ziehen.

*

Jetzt freue ich mich sehr, wenn Sie bei Instagram unter #PodClubAndrea und #andreaerzaehlt vorbeischauen und am 31. März wieder auf podclub.ch oder über unsere App mit dem Vokabeltrainer mit dabei sind, wenn es heisst «Andrea erzählt». Dann werde ich Ihnen von «Hünenberg» erzählen. Auf Wiederhören!

Glossaire: Andrea erzählt (D) [1] einklemmen: zwischen zwei Grenzen, Begrenzungen feststecken

[2] die Hügelreihe: eine Reihe von Hügeln (kleine Berge)

[3] das Boom-Quartier: ein Stadtteil, der plötzlich in Mode kommt

[4] abgelegen: weg vom Zentrum, von einem Ort, an dem etwas los ist

[5] trostlos: trist, ohne Freude

[6] die Unterführung: ein Tunnel unter einer Strasse oder einem Bahngleis hindurch

[7] unheimlich: gruselig, mach Angst

[8] schüchtern: scheu, nicht mutig

[9] zuwinken: jemanden mit einer Handbewegung grüssen

[10] etwas dafür können: an etwas schuld sein, Einfluss haben auf eine Handlung oder etwas, was passiert

[11] jemandem etwas beibringen: jemanden etwas lehren

[12] die Roulade: ein Kuchen aus einem Teig aus Eiern, Zucker und Mehl (Biskuitteig), den man mit Marmelade oder eine Creme füllt und dann aufrollt.

[13] Geduld haben: Nerven und Zeit für jemanden oder etwas haben ohne sich aufzuregen, wenn es nicht schnell klappt

[14] das Blech: ein dünnes Stück Metall, z.B. zum Backen

[15] der Dampf: Wasser, das ab ca. 100 Grad Celsius zu Gas wird

[16] das Geschirr-Tuch: ein Stück Stoff, um nach dem Abwaschen das Geschirr abzutrocknen

[17] stürzen: hinunterfallen, oder etwas sehr schnell umkehren, damit der Inhalt hinausfällt (meist beim Kochen)

[18] sorgfältig: vorsichtig, korrekt

[19] der Verleger: jemand, der Bücher macht (mit den Autorinnen und Autoren) und schaut, dass sie gedruckt und verkauft werden

[20] die Siedlung: eine Gruppe meist ähnlicher Häuser, die zusammengehören

[21] kühl: nicht warm, hier: ohne viel Charme


Oerlikon Oerlikon Oerlikon

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zur Sendung «Andrea erzählt» vom 17. März 2017. Es freut mich sehr, sind Sie wieder mit dabei. Zürich ist eine spezielle Stadt. Sie ist schön und es gibt eine Menge Kultur und auch Jobs hier. Deshalb wollen viele Leute hier leben. Aber es gibt es Problem: Die Stadt ist eingeklemmt [1] zwischen zwei Hügelreihen [2] und einem See. Darum kann sie nicht immer weiter wachsen. Drei Dinge passieren deshalb: Die Wohnungen werden teurer, die Häuser höher — und Quartiere, die niemand gern hatte, werden plötzlich beliebt. Das ist auch mit Oerlikon passiert. Gerne erzähle ich Ihnen heute von diesem neuen Boom-Quartier [3].

***

Wer aus der Innenstadt nach Oerlikon will, muss durch einen Tunnel fahren oder über einen Hügel. If you want to get to Oerlikon from the city center, you have to drive through a tunnel or over a hill. Es liegt also etwas abgelegen [4] von der Innenstadt. So it's a little out of the way [4] from downtown. Als ich ein Kind war, gehörte dieser Stadtteil für mich darum nicht richtig zu Zürich. When I was a child, this part of the city didn't really belong to Zurich for me. Ich kannte hier auch niemanden und fand es etwas trostlos [5]. I didn't know anyone here either and found it a bit desolate [5]. Das war damals auch wirklich noch so. Es gab zwar viele Strassen mit Häusern für Familien. Aber sonst war nicht viel los. But otherwise there wasn't much going on. Ich kannte vor allem den Bahnhof. Above all, I knew the train station. Und vor dem hatte ich Angst. And I was afraid of that. Als ich elf Jahre alt war, musste ich dort nämlich mal umsteigen. When I was eleven years old, I had to change trains there. Ich fragte einen Mann: «Wo fährt der Zug nach Uster?» Er sagte: «Dazu musst du durch eine ziemlich dunkle Unterführung [6] bis zu Gleis drei hinüber gehen.» Er hatte recht: Die Unterführung war wirklich unheimlich [7]. I asked a man: «Where does the train go to Uster?» He said: "You have to go through a rather dark underpass [6] to platform three." He was right: the underpass was really scary [7].

Heute sind die Unterführungen immer noch da, aber sie sind viel heller und freundlicher. Zudem hat es mehr Leute und man ist nicht so allein. In addition, there are more people and you are not so alone. Als ich dann endlich auf dem richtigen Gleis war, wartete ich dort auf meinen Zug. When I was finally on the right platform, I waited there for my train. Ich war schüchtern [8] und schaute nur auf meine Schuhe hinab. Irgendwann sah ich trotzdem, dass ein Mann auf der anderen Seite der Gleise mir zuwinkte [9]. Zuerst schaute ich weg. Aber irgendwann sah ich dann doch hin. Da merkte ich, dass der Mann unter seinem Mantel nackt war. Und er wollte, dass ich das sah. Das fand ich so schlimm, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Heute sage ich zu meinen Kindern: «Solche Menschen wollen einen meist nur erschrecken. Today I say to my children: “People like that usually just want to scare you. Sie tun einem nichts. They don't hurt you. Und sie können auch nichts dafür [10], dass sie so sind. And it's not their fault [10] that they are like this. Sie sind krank.» Aber damals wusste ich das noch nicht. You are sick." But I didn't know that then. Und ein Handy hatte ich auch nicht. Ich war also ganz allein und hatte Panik, auch wenn der Mann ja auf der anderen Seite der Gleise war.

Ich hatte Glück. Eine Frau hatte gesehen, was passiert war. Sie kam zu mir und sagte: «Komm, steh neben mich. Dann hört er auf.» Ich war sehr froh. Denn als wir das nächste Mal hinüber sahen, war der Mann weg. Die Frau wartete noch mit mir, bis mein Zug kam. Damit habe ich von ihr etwas Wichtiges gelernt. I learned something important from her. Denn wie fast alle jungen Frauen, habe ich später noch ein paar Mal solche Dinge erlebt. Because like almost all young women, I later experienced such things a few times. Aber ich wusste jetzt, dass es gut ist, wenn man sich eine andere Frau sucht und mit ihr anfängt zu sprechen. But I now knew that it's good to find another woman and start talking to her. Noch später hatte ich sogar mal den Mut, zu einem solchen Mann zu sagen: «Gehen Sie weg und lassen Sie mich in Ruhe. Later on I even had the courage to say to such a man: "Go away and leave me alone. Es interessiert mich nicht, Sie nackt zu sehen.» Das half. I don't care to see you naked." That helped.

Ich erzählte meinen Eltern nichts von dem Erlebnis mit dem nackten Mann. Warum, weiss ich nicht. Aber von da an hatte ich immer ein schlechtes Gefühl, wenn ich an Oerlikon dachte. Später habe ich meinen Kindern beigebracht [11], was sie tun sollen, wenn so etwas passiert: «Geht sofort zu einer Frau und sagt ihr, was los ist. Wenn niemand da ist, nehmt ihr euer Handy und telefoniert mit jemandem. Dann gehen die meisten weg.» Bis jetzt hatten sie aber Glück — und ich hoffe fest, dass das so bleibt.

***

Später hatte ich dann eine Freundin in Oerlikon. Sie hiess Sandra. Wie ich war sie früh von zuhause weggezogen. Like me, she left home early. Weil die Wohnungen hier billig waren, ging sie nach Oerlikon. Because the apartments here were cheap, she went to Oerlikon. Ich gebe zu, dass ich nicht gern mit dem Zug zu ihr gefahren bin. I admit that I didn't like taking the train to see her. Ich hatte nicht vergessen, was an diesem Bahnhof passiert war. Aber ich hatte Sandra gern und besuchte sie trotzdem oft. Wenn wir zusammen waren, war es immer lustig. Sie wohnte an der Wehntalerstrasse. Diese ist extrem lang und führt aus der Stadt hinaus. This is extremely long and leads out of the city.

Sandras Wohnung hatte nur ein Zimmer und eine Küche. Einmal rief sie mich an und sagte: «Ich backe morgen eine Roulade [12]. Once she called me and said: "Tomorrow I'll bake a roulade [12]. Kommst du auch?» Ich sagte: «Oh, ja gern! Aber du musst mir genau zeigen, wie es geht. Und du musst etwas Geduld [13] haben mit mir.» Sie versprach es. And you have to be patient [13] with me." She promised. Ich hatte Rouladen schon immer gemocht, aber ich hatte keine Ahnung, wie man so etwas machte. I had always loved roulades, but had no idea how to make them. Sandra war eine sehr gute Bäckerin. Sie erklärte mir: «Wir backen zuerst einen flachen Biskuitteig. Das ist das Einfachste. Man muss den Teig dazu einfach auf ein Blech [14] streichen.» All you have to do is spread the dough out onto a tray [14].»

Doch dann wurde es schwierig und chaotisch. But then it got difficult and chaotic. Der Kuchen muss nämlich weich bleiben, wenn er abkühlt. Sonst kann man ihn nicht aufrollen und er zerbricht. Otherwise you can't roll it up and it will break. Sandra sagte: «Sobald wir das Blech aus dem Ofen nehmen, gibst du mir ein zweites Blech. Sandra said: «As soon as we take the tray out of the oven, you give me a second tray. Das legen wir dann als Deckel darüber. We then put that on top as a lid. So bleibt der Dampf [15] drin und der Kuchen trocknet nicht aus.» Nun mussten wir warten, bis alles abgekühlt war. Wir tranken Tee und rauchten.

Als der Kuchen endlich abgekühlt war, sagte Sandra: «So, und jetzt legst du ein sauberes Geschirr-Tuch [16] auf den Küchentisch.» Also tat ich das. When the cake had finally cooled down, Sandra said: "Now put a clean tea towel [16] on the kitchen table." So I did. Danach mussten wir das zweite Blech wegnehmen und den flachen Kuchen auf das Tuch stürzen [17]. Then we had to remove the second sheet and turn the flat cake onto the cloth [17]. Ich wollte es alleine probieren. Sandra sagte: «Ok, aber du musst es wirklich, wirklich schnell tun!»

Ich nickte und drehte das Blech so schnell um, dass der Teig auf den Boden flog. Zuerst regte sich Sandra auf. First Sandra got upset. Aber dann lachte sie und sagte: «Ich hätte wissen müssen, dass das passiert. Du bist einfach ein Clown und keine Bäckerin.» Sie hatte recht. You're just a clown and not a baker." She was right. Sandra lachte eher selten und machte immer alles möglichst sorgfältig [18]. Sandra rarely laughed and always did everything as carefully as possible [18]. Ich war das Gegenteil. Deshalb hatten wir einander vielleicht so gern.

Also knieten wir auf den Boden und mussten den Kuchen von dort ganz vorsichtig auf das Tuch ziehen. So we knelt on the floor and had to carefully pull the cake from there onto the cloth. Ich sagte: «Gut, dass das bei dir zuhause passiert ist. Bei mir wäre der Boden schmutzig gewesen und wir hätten alles wegwerfen müssen.» Als wir den Teig endlich auf dem Tuch hatten, mussten wir alles ganz vorsichtig auf den Tisch heben. Nun konnten wir Schokoladen-Creme darauf streichen und alles aufrollen. Now we could spread chocolate cream on top and roll everything up. Es gab zwar nicht die schönste Roulade, die ich je gegessen habe, aber ganz sicher die lustigste.

***

Heute habe ich viele Freunde in Oerlikon. Sogar André, mein Verleger [19], wohnt hier und hat einen Buchladen. Denn in den letzten zehn Jahren wurden hier sehr viele grosse und helle Wohnungen gebaut. Sie gehören meist zu Siedlungen [20] mit Läden, Kindergärten und vielen Wohnungen für junge Familien. They mostly belong to settlements [20] with shops, kindergartens and many apartments for young families. Im Moment sieht es in «Neu-Oerlikon» noch nicht so schön aus. At the moment it doesn't look so nice in "Neu-Oerlikon". Alles ist noch zu frisch und kühl [21]. Aber dafür gibt es sehr viel Platz und die Kinder können Fahrrad fahren und draussen spielen. Zudem sieht man jetzt schon, wie lebendig alles bald sein wird. In addition, you can already see how lively everything will soon be. Jedes Jahr wachsen mehr Blumen. More flowers grow every year. Und die jungen Bäume zwischen den Häusern werden immer grösser. An einigen Häusern hat es sogar Kletterpflanzen [22], die daran hochwachsen.

Als ich das letzte Mal dort war, sagte André: «Weisst du, manchmal muss ich mich schon noch daran gewöhnen, dass ich jetzt in Oerlikon lebe. The last time I was there, André said: «You know, sometimes I still have to get used to the fact that I now live in Oerlikon. Früher haben wir doch alle Witze gemacht über diesen Teil der Stadt. Aber jetzt kommen so viele Künstler und junge Familien her. But now so many artists and young families come here. Wir müssen nur noch etwas Geduld haben. We just have to be patient. Dann wird es richtig cool sein, hier zu wohnen.»

Ich bin sicher, dass er recht hat. Ich wohne in der Altstadt. Und seit ich hier bin, sind ein Bäcker, ein Käseladen, ein Fischladen, ein kleiner Supermarkt, Starbucks und Mc Donalds geschlossen worden. Denn hier ist es eben nicht mehr «cool». Aber ehrlich gesagt: Ich wohne immer noch sehr gern hier und werde sehr, sehr wahrscheinlich nie nach Oerlikon ziehen. But to be honest: I still really like living here and will very, very probably never move to Oerlikon.

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Jetzt freue ich mich sehr, wenn Sie bei Instagram unter #PodClubAndrea und #andreaerzaehlt vorbeischauen und am 31. März wieder auf podclub.ch oder über unsere App mit dem Vokabeltrainer mit dabei sind, wenn es heisst «Andrea erzählt». Dann werde ich Ihnen von «Hünenberg» erzählen. Auf Wiederhören!

Glossaire: Andrea erzählt (D) [1] einklemmen: zwischen zwei Grenzen, Begrenzungen feststecken Glossary: Andrea tells (D) [1] jamming in: stuck between two borders, boundaries

[2] die Hügelreihe: eine Reihe von Hügeln (kleine Berge)

[3] das Boom-Quartier: ein Stadtteil, der plötzlich in Mode kommt

[4] abgelegen: weg vom Zentrum, von einem Ort, an dem etwas los ist [4] secluded: away from the center, from a place where there is something going on

[5] trostlos: trist, ohne Freude [5] desolate: sad, without joy

[6] die Unterführung: ein Tunnel unter einer Strasse oder einem Bahngleis hindurch [6] the underpass: a tunnel under a road or railroad track

[7] unheimlich: gruselig, mach Angst

[8] schüchtern: scheu, nicht mutig

[9] zuwinken: jemanden mit einer Handbewegung grüssen

[10] etwas dafür können: an etwas schuld sein, Einfluss haben auf eine Handlung oder etwas, was passiert [10] being responsible for: being at fault for something, having an influence on an action or something that happens

[11] jemandem etwas beibringen: jemanden etwas lehren

[12] die Roulade: ein Kuchen aus einem Teig aus Eiern, Zucker und Mehl (Biskuitteig), den man mit Marmelade oder eine Creme füllt und dann aufrollt.

[13] Geduld haben: Nerven und Zeit für jemanden oder etwas haben ohne sich aufzuregen, wenn es nicht schnell klappt

[14] das Blech: ein dünnes Stück Metall, z.B. zum Backen

[15] der Dampf: Wasser, das ab ca. [15] the steam: water, which from approx. 100 Grad Celsius zu Gas wird

[16] das Geschirr-Tuch: ein Stück Stoff, um nach dem Abwaschen das Geschirr abzutrocknen

[17] stürzen: hinunterfallen, oder etwas sehr schnell umkehren, damit der Inhalt hinausfällt (meist beim Kochen) [17] toppling: falling down, or turning something upside down very quickly so that the contents fall out (usually when cooking)

[18] sorgfältig: vorsichtig, korrekt

[19] der Verleger: jemand, der Bücher macht (mit den Autorinnen und Autoren) und schaut, dass sie gedruckt und verkauft werden

[20] die Siedlung: eine Gruppe meist ähnlicher Häuser, die zusammengehören

[21] kühl: nicht warm, hier: ohne viel Charme