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Deutschlandfunk - Interview, "Die Chinesen müssen Teile ihrer Strategie ändern"

"Die Chinesen müssen Teile ihrer Strategie ändern"

Europa und China, Deutschland und China – sollen, müssen beide enger zusammenrücken, zusammenarbeiten, eine Demokratie mit einem knallharten Ein-Parteien-Regime, ein liberales Wertesystem mit einer fernöstlichen Autokratie, oder wie man das immer auch bezeichnen soll? – Am Telefon ist nun Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Guten Morgen.

Martin Wansleben: Guten Morgen, Herr Müller.

Müller: Herr Wansleben, passt das?

Wansleben: Ja, was passt jetzt schon gerade? Ich glaube, dass Herr Trump uns dazu zwingt, von vielem von dem, was wir gewohnt waren, so zu haben, Abschied zu nehmen und uns selbst von Bisherigem zu emanzipieren. Um das konkret zu machen: Wir müssen Europa wieder in Schuss kriegen. Das stellen wir jetzt fest. Und die Chinesen merken auch, dass es nicht so ganz einfach wird auf der Welt, wenn Märkte wie die USA sich zunehmend schließen. Das heißt, auch China wird überlegen müssen, von seiner Politik "China First! ", "China Only!" – da nehmen die sich ja nicht so ganz viel mit den Amerikanern – Abschied zu nehmen, wenn sie wirklich Verbündete brauchen, und da gibt es viele Felder: China, Europa, Afrika, Indien. Es ist eine ganze Menge auf der Tagesordnung und das wird auch für die Chinesen einige Änderungen bringen.

"Politik und Wirtschaft besser voneinander trennen"

Müller: Aber so richtig wohl fühlen Sie sich dabei nicht?

Wansleben: Ja, da haben Sie recht. Mit Amerika hatten wir bislang einen guten Partner, mit dem wir ja mehr geteilt haben – Sie haben es ja eben in der Anmoderation gesagt – als nur wirtschaftliche Verbundenheit. Wenn jetzt Herr Trump ernst meint – und man hat ja inzwischen den Eindruck, man muss alles ernst nehmen, was er ankündigt -, dann wird sich da viel verändern. Nur dann verlieren wir zumindest einen engen wirtschaftlichen Partner.

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (Deutscher Industrie und Handelskammertag / Jens Schicke)

Müller: Sie haben auch immer gesagt, Herr Wansleben, in vielen Gesprächen hier mit dem Deutschlandfunk: Menschenrechtspolitik, die politische Situation allgemein, das Wertesystem, das ist auch für Sie wichtig, das ist für viele Unternehmen wichtig, weil es auch immer wieder Kritik gibt, weil es ja immer wieder auch Druck gibt. Das ist ja äußerst unangenehm. Dennoch sind die Investitionen ja rasant nach oben geschossen, auch die Gewinne deutscher Unternehmen in China. Heiligt dann letztendlich doch das Geld die Mittel?

Wansleben: Sie sprechen den Zwiespalt an. Was wir aber jetzt erleben ist: Es wäre gut gewesen, von vornherein Politik und Wirtschaft besser voneinander zu trennen. Ich fange bewusst bei den Sanktionen mit Russland an – schwieriges Thema, politisch auch ein schwieriges Thema. Aber immer dann, wenn Politik Wirtschaft zum Faustpfand nimmt, kommt es dazu, dass Verbindungen komplett gekappt werden. Das sehen wir jetzt leider bei Amerika. Dort wird die Macht Amerikas genutzt, um politische und wirtschaftliche Themen durchzusetzen. Auch hier wird Wirtschaft als Faustpfand genommen. Ich glaube, wir sind jetzt wieder an dem Punkt, wo dieser Begriff "Wandel durch Handel" eine ganz neue Ernsthaftigkeit bekommt. Wir plädieren schon sehr dafür, es besser zu trennen. Aber keine Frage: Keinem ist egal, in welchem Land er wie operiert.

Müller: Ist das ein bisschen so wie Putin hart zu kritisieren, zu sanktionieren und trotzdem dort Fußball zu spielen?

Wansleben: Das Fußball-Thema sollten wir jetzt mal komplett draußen halten. Wenn wir jetzt auch noch den Sport politisieren, dann reden wir gar nicht mehr miteinander.

"Nichts ist besser als eine solide gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit"

Müller: Nein, als Beispiel jetzt gefragt, im übertragenen Sinne. Das heißt, die Politik muss nach wie vor die politische harte Auseinandersetzung, kritische Auseinandersetzung führen, aber die Wirtschaft soll Wirtschaft machen?

Wansleben: Ja! Das wäre besser. Nehmen wir es mal am Beispiel Russland. Nichts ist besser als eine solide gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit. Ich weiß um die Ambivalenz dieser Aussage, gerade auch im Hinblick auf die Sanktionen, überhaupt keine Frage. Keine Illusionen sind da angebracht. Aber ich glaube, wir haben Grund dazu, nachdenklich zu werden, wie gehen wir vor, denn die Amerikaner zeigen uns gerade leider, wenn man Wirtschaft und Politik so vermengt, was dann da für ein Kuddelmuddel herauskommt und welcher Flurschaden weltweit entsteht.

Müller: Aber das würde bedeuten, Herr Wansleben, Sie sagen indirekt, die Wirtschaft macht die Politik besser?

Wansleben: Nein, das sage ich nicht, sondern ich sage: Wenn wirtschaftliche Verbindungen bestehen, dann hat man wenigstens Verbindungen. Wenn man so agiert, wenn ich das extrem formuliere, was die Amerikaner machen, "Willst Du nicht mein Bruder sein, so schlage ich Dir den Schädel ein", dann hat man überhaupt keine Verbindungen auf Dauer, und das hilft keinem.

Müller: Jetzt haben wir die wirtschaftlichen engen Verbindungen mit China. Wenn wir das richtig gelesen haben, ist China ja seit zwei Jahren der wichtigste Handelspartner, vor den Niederlanden und den USA.

Wansleben: Stimmt!

Müller: Eine erstaunliche Entwicklung. Und dennoch hat sich politisch dort nicht viel in unserem Sinne getan. Wir haben die Stichworte eben genannt.

Wansleben: Ja.

"Chinesen müssen anfangen, ihre eigene Politik zu verändern"

Müller: Aber ein klares Plädoyer von Ihrer Seite, das weiter auszubauen?

Wansleben: Ein klares Plädoyer, das weiter auszubauen, und jetzt kommt ein großes Aber: Das Beispiel, was wir jetzt erleben anhand von Amerika, zeigt aber auch, dass die Chinesen anfangen, ihre eigene Politik verändern zu müssen. Wir erleben das im Moment kommunikativ. Es gibt eine große Kommunikationsoffensive in Richtung Europa, auch in Richtung Deutschland. Dort hat man gute Gespräche mit den Politikvertretern. Das muss man schon mal sagen. Aber es ist gar keine Frage: Die Chinesen müssen Teile ihrer Strategie auch ändern, denn sie hatten ja sehr stark die Strategie, dass man ab 2025 überwiegend in China produzieren muss und nicht mehr wirklich dorthin exportieren darf. Diese Politik wird sich ändern müssen, wenn eine bessere Zusammenarbeit zwischen Europa und China möglich sein soll.

Müller: Das hat Li ja auch schon angedeutet, die vielen Kritikpunkte, die es dort gibt, wenn wir das jetzt rein unternehmerisch oder wirtschaftlich betrachten, dass die Märkte doch nicht offen sind, dass die Marktzugänge manipuliert werden, dass andere chinesische Unternehmen immer irgendwie dabei sein müssen, dass die deutschen Unternehmen als Beispiel sich da nicht voll entfalten können. Ist das wirklich relevant? Spüren das die deutschen Unternehmen?

Wansleben: Das ist relevant bis hin zum Thema Internet. Wenn Sie dort ein Unternehmen haben und Sie können nicht selbstverständlich meinetwegen die Buchhaltung integrieren in die Konzernbuchhaltung, um mal ein ganz normales Beispiel zu nehmen, dann hat das schon Auswirkungen. – Ich glaube, die Chinesen wissen das. Wir sind selber in einem sehr intensiven Dialog mit der chinesischen Seite. Denen ist das bewusst und vielleicht führt ja das amerikanische, leider muss man sagen, schlechte Beispiel dazu, dass sich manches verändert auch im Verhältnis zwischen China und Europa.

Müller: Raubkopieren, das war auch immer ein Schlagwort in den vergangenen Jahren.

Wansleben: Ja, aber da gibt es noch mehr.

Müller: Schutz des geistigen Eigentums, auch immer noch in der Praxis ein großes Problem.

Wansleben: Es ist die ganze Bandbreite. Die Chinesen haben ja auch riesen Herausforderungen im Inland. Das heißt, sie versuchen, auch ihre Interessen und ihre Probleme zu lösen. Da muss man sich gar keine Illusionen machen. Aber jetzt stehen wir vor der Wahl: Fällt die Handelswelt auseinander, oder schaffen die anderen es doch noch, so was wie die WTO weiterzuführen? Die anderen, das sind dann Südamerika, Kanada, China, Russland darf man nicht vergessen, und Indien und Europa natürlich, um diese Länder aufzuzeigen.

"Kaufen ist überhaupt nicht verboten"

Müller: Jetzt haben wir, Herr Wansleben, relativ viel in Richtung China gesprochen, deutsche und europäische Unternehmen in China. Umgekehrt, China in Europa, das ist ja die Gegenseite der Medaille. Da hätten viele, auch Politiker noch vor einigen Jahren gesagt, Vorsicht vor der feindlichen Übernahme Chinas. Gilt das immer noch?

Wansleben: Ich meine, die Diskussion gibt es ja, wer übernimmt da was. Es gibt ja auch die Diskussion, dass man seitens der Bundesregierung genauer hingucken will, wenn chinesische Unternehmen in Europa Unternehmen kaufen. Gerade auch hier in Deutschland kennen wir ja einige Beispiele. Das ist keine Frage: Auch hier brauchen wir mehr Transparenz und eine bessere Zusammenarbeit. Was wir erleben ist, dass es da ein gewisses Vertrauensdefizit gibt. Das brauchen wir jetzt dringend, um besser zusammenzuarbeiten.

Müller: Kaufen ist ja nicht verboten.

Wansleben: Kaufen ist überhaupt nicht verboten. Wir investieren ja auch in China.

Müller: Das heißt, Sie haben nichts dagegen, wenn die Chinesen noch mehr investieren? Das ist gut für uns?

Wansleben: Jetzt muss man immer unterscheiden, wer investiert warum und wie. Da muss man immer fein unterscheiden. Grundsätzlich ist es gut, wenn Unternehmen in einem anderen Land investieren können. Wir investieren in der ganzen Welt und es ist völlig in Ordnung, wenn unsere Wettbewerber und unsere Partner, in diesem Falle China, in Deutschland oder in Europa investieren können. Wer will was dagegen haben!

"Vertrauen auch in schwierigen Situationen aufbauen"

Müller: Egal wer das ist? China auch?

Wansleben: Na ja, jetzt mal aufpassen. Vorsicht! Wenn ein Chinese hier in Deutschland investiert, ist er im deutschen Rechtsraum oder im europäischen Rechtsraum aktiv. Dann kann er nicht einfach deutsches Recht und europäisches Recht mit Füßen treten. Also immer Achtung! Die bringen ja nicht ihr chinesisches Rechtssystem mit nach Deutschland oder nach Europa.

Müller: Aber immer mehr politischen Einfluss dadurch.

Wansleben: Das ist genau der Punkt. Deswegen sage ich: Die Frage ist immer, wer was aus welchen Motiven kauft, und das ist eine Aufgabe, gar keine Frage, der chinesischen Regierung, in diese Fragen mehr Vertrauen hineinzubringen. Das Beispiel Amerika zeigt, was es bedeutet, wenn Unsicherheiten statt Vertrauen entstehen, und jetzt kann Europa - im Übrigen auch innerhalb Europas -, Europäer und Chinesen zeigen, dass man Vertrauen auch in schwierigen Situationen aufbauen kann und damit wieder mehr Investitionen in China und Europa zulassen kann.

"Die Chinesen müssen Teile ihrer Strategie ändern" "The Chinese have to change parts of their strategy" "Los chinos tienen que cambiar partes de su estrategia" "Les Chinois doivent changer certaines parties de leur stratégie" "De Chinezen moeten delen van hun strategie veranderen" "Os chineses têm de alterar partes da sua estratégia". "Китайцы должны изменить часть своей стратегии".

Europa und China, Deutschland und China – sollen, müssen beide enger zusammenrücken, zusammenarbeiten, eine Demokratie mit einem knallharten Ein-Parteien-Regime, ein liberales Wertesystem mit einer fernöstlichen Autokratie, oder wie man das immer auch bezeichnen soll? Europe and China, Germany and China - should and must both move closer together, work together, a democracy with a tough one-party regime, a liberal value system with an autocracy from the Far East, or whatever else is it supposed to be called? Europa y China, Alemania y China: ¿deberían ambos acercarse, trabajar juntos, una democracia con un régimen unipartidista duro, un sistema de valores liberal con una autocracia del Lejano Oriente, o como quieras llamarlo? 유럽과 중국, 독일, 중국은 서로 가깝게 함께 일하고, 함께 일하며, 힘든 일방적 정권을 지닌 민주주의, 먼 동부 독재 체제의 자유주의 체제, 또는 무엇이라 부르기를 원해야합니까? Europa i Chiny, Niemcy i Chiny – czy obydwa powinny się zbliżyć, współpracować, demokracja z twardym reżimem jednopartyjnym, liberalny system wartości z dalekowschodnią autokracją, czy jakkolwiek to nazwiesz? Európa a Čína, Nemecko a Čína - mali by sa zblížiť, musia spolupracovať, demokracia s tvrdým režimom jednej strany, liberálny hodnotový systém s autokraciou Ďalekého východu, alebo ako to chcete nazvať? – Am Telefon ist nun Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. – Martin Wansleben, General Manager of the Association of German Chambers of Industry and Commerce, is now on the phone. -이 전화는 독일 상공 회의소의 마틴 완 스레 벤 (Martin Wansleben) 최고 경영자입니다. Guten Morgen. Good morning

Martin Wansleben: Guten Morgen, Herr Müller. Martin Wansleben: Good morning, Mr. Müller.

Müller: Herr Wansleben, passt das? 완슐벤 씨, 맞습니까?

Wansleben: Ja, was passt jetzt schon gerade? Wansleben : 네, 이미 맞는 것은 무엇입니까? Wansleben: Áno, čo sa hodí práve teraz? Ich glaube, dass Herr Trump uns dazu zwingt, von vielem von dem, was wir gewohnt waren, so zu haben, Abschied zu nehmen und uns selbst von Bisherigem zu emanzipieren. I believe that Mr. Trump forces us to say goodbye to much of what we were used to, and to emancipate ourselves from the past. 저는 트럼프 씨가 우리가 익숙했던 것에 대해 많이 말하고 과거로부터 자신을 해방 시키도록 강요한다고 믿습니다. Myslím si, že pán Trump nás núti rozlúčiť sa s mnohými vecami, na ktoré sme boli zvyknutí, a emancipovať sa od toho, čo sme mali predtým. Um das konkret zu machen: Wir müssen Europa wieder in Schuss kriegen. To put that in concrete terms, we need to get Europe back on track. 이를 구체적으로 말하면 유럽을 다시 궤도에 올릴 필요가 있습니다. Das stellen wir jetzt fest. We realize that now. To zisťujeme práve teraz. Und die Chinesen merken auch, dass es nicht so ganz einfach wird auf der Welt, wenn Märkte wie die USA sich zunehmend schließen. Aj Číňania si uvedomujú, že vo svete to nebude také jednoduché, keď sa trhy ako USA čoraz viac uzatvárajú. Das heißt, auch China wird überlegen müssen, von seiner Politik "China First! That means that China will also have to think about its policy "China First! To znamená, že aj Čína bude musieť zvážiť, či sa vzdá svojho hesla "Čína na prvom mieste! ", "China Only!" – da nehmen die sich ja nicht so ganz viel mit den Amerikanern – Abschied zu nehmen, wenn sie wirklich Verbündete brauchen, und da gibt es viele Felder: China, Europa, Afrika, Indien. Es ist eine ganze Menge auf der Tagesordnung und das wird auch für die Chinesen einige Änderungen bringen. Na programe je toho veľa a Číňanom to prinesie aj určité zmeny.

"Politik und Wirtschaft besser voneinander trennen" "Lepšie oddeľte politiku od podnikania"

Müller: Aber so richtig wohl fühlen Sie sich dabei nicht?

Wansleben: Ja, da haben Sie recht. Mit Amerika hatten wir bislang einen guten Partner, mit dem wir ja mehr geteilt haben – Sie haben es ja eben in der Anmoderation gesagt – als nur wirtschaftliche Verbundenheit. Doteraz sme mali v Amerike dobrého partnera, s ktorým sme zdieľali viac - ako ste povedali v úvode - ako len hospodárske väzby. Wenn jetzt Herr Trump ernst meint – und man hat ja inzwischen den Eindruck, man muss alles ernst nehmen, was er ankündigt -, dann wird sich da viel verändern. Ak to pán Trump myslí vážne - a človek má teraz dojem, že všetko, čo oznámi, musí brať vážne -, potom sa veľa zmení. Nur dann verlieren wir zumindest einen engen wirtschaftlichen Partner.

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (Deutscher Industrie und Handelskammertag / Jens Schicke)

Müller: Sie haben auch immer gesagt, Herr Wansleben, in vielen Gesprächen hier mit dem Deutschlandfunk: Menschenrechtspolitik, die politische Situation allgemein, das Wertesystem, das ist auch für Sie wichtig, das ist für viele Unternehmen wichtig, weil es auch immer wieder Kritik gibt, weil es ja immer wieder auch Druck gibt. Müller: Aj vy ste vždy hovorili, pán Wansleben, v mnohých rozhovoroch tu s Deutschlandfunk: politika ľudských práv, politická situácia vo všeobecnosti, hodnotový systém, to je dôležité aj pre vás, to je dôležité pre mnohé spoločnosti, pretože vždy existuje aj kritika, pretože vždy existuje aj tlak. Das ist ja äußerst unangenehm. Dennoch sind die Investitionen ja rasant nach oben geschossen, auch die Gewinne deutscher Unternehmen in China. Napriek tomu investície prudko vzrástli, rovnako ako zisky nemeckých spoločností v Číne. Heiligt dann letztendlich doch das Geld die Mittel? Au final, l'argent justifie-t-il les moyens ? Ospravedlňujú peniaze v konečnom dôsledku prostriedky?

Wansleben: Sie sprechen den Zwiespalt an. Wansleben: You address the dichotomy. Wansleben: Spomínate dichotómiu. Was wir aber jetzt erleben ist: Es wäre gut gewesen, von vornherein Politik und Wirtschaft besser voneinander zu trennen. But what we are now experiencing is that it would have been good to separate politics and business better from the start. Ich fange bewusst bei den Sanktionen mit Russland an – schwieriges Thema, politisch auch ein schwieriges Thema. I am deliberately starting with the sanctions with Russia – a difficult issue, politically also a difficult issue. Aber immer dann, wenn Politik Wirtschaft zum Faustpfand nimmt, kommt es dazu, dass Verbindungen komplett gekappt werden. But whenever politics uses the economy as a bargaining chip, connections are severed completely. Ale vždy, keď politika využíva ekonomiku ako tromf pri vyjednávaní, spojenia sa úplne prerušia. Das sehen wir jetzt leider bei Amerika. Unfortunately, that's what we're seeing in America now. Dort wird die Macht Amerikas genutzt, um politische und wirtschaftliche Themen durchzusetzen. America's power is used there to push through political and economic issues. Americká moc sa tam využíva na presadzovanie politických a hospodárskych otázok. Auch hier wird Wirtschaft als Faustpfand genommen. Here, too, the economy is taken as a bargaining chip. Aj v tomto prípade sa ekonomika berie ako vyjednávací žetón. Ich glaube, wir sind jetzt wieder an dem Punkt, wo dieser Begriff "Wandel durch Handel" eine ganz neue Ernsthaftigkeit bekommt. Je pense que nous sommes revenus au point où cette expression "changement par le commerce" prend un tout nouveau sérieux. Wir plädieren schon sehr dafür, es besser zu trennen. We strongly advocate separating it better. Nous préconisons fortement de mieux le séparer. Aber keine Frage: Keinem ist egal, in welchem Land er wie operiert. But there is no question: no one cares in which country they operate and how. Mais il n'y a aucun doute : personne ne se soucie de savoir dans quel pays ils opèrent et comment.

Müller: Ist das ein bisschen so wie Putin hart zu kritisieren, zu sanktionieren und trotzdem dort Fußball zu spielen? Müller: Is that a bit like criticizing Putin hard, sanctioning him and still playing football there? Müller : Est-ce un peu comme critiquer sévèrement et sanctionner Poutine et continuer à jouer au football là-bas ?

Wansleben: Das Fußball-Thema sollten wir jetzt mal komplett draußen halten. Wansleben: We should now keep the football topic completely outside. Wansleben : Nous devrions maintenant garder le sujet du football complètement à l'extérieur. Wenn wir jetzt auch noch den Sport politisieren, dann reden wir gar nicht mehr miteinander. Si maintenant nous politisons aussi le sport, nous ne nous parlerons plus.

"Nichts ist besser als eine solide gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit" "Nothing beats solid economic interdependence" "Rien ne vaut une solide interdépendance économique"

Müller: Nein, als Beispiel jetzt gefragt, im übertragenen Sinne. Müller: No, as an example now asked, in a figurative sense. Müller : Non, comme exemple maintenant demandé, au sens figuré. Das heißt, die Politik muss nach wie vor die politische harte Auseinandersetzung, kritische Auseinandersetzung führen, aber die Wirtschaft soll Wirtschaft machen? Cela signifie que les politiciens doivent encore mener des débats politiques difficiles, des débats critiques, mais les entreprises doivent-elles faire des affaires ?

Wansleben: Ja! Das wäre besser. Nehmen wir es mal am Beispiel Russland. Nichts ist besser als eine solide gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit. Nothing beats solid economic interdependence. Rien ne vaut une solide interdépendance économique. Ich weiß um die Ambivalenz dieser Aussage, gerade auch im Hinblick auf die Sanktionen, überhaupt keine Frage. Je suis conscient de l'ambivalence de cette déclaration, notamment en ce qui concerne les sanctions, cela ne fait aucun doute. Keine Illusionen sind da angebracht. No illusions are appropriate. Aucune illusion n'est appropriée. Aber ich glaube, wir haben Grund dazu, nachdenklich zu werden, wie gehen wir vor, denn die Amerikaner zeigen uns gerade leider, wenn man Wirtschaft und Politik so vermengt, was dann da für ein Kuddelmuddel herauskommt und welcher Flurschaden weltweit entsteht. Mais je pense que nous avons des raisons de réfléchir à la manière dont nous devrions procéder, car les Américains nous montrent, malheureusement, lorsque l'économie et la politique sont si mélangées, quel genre de gâchis en résulte et quels dommages sont causés aux cultures dans le monde .

Müller: Aber das würde bedeuten, Herr Wansleben, Sie sagen indirekt, die Wirtschaft macht die Politik besser?

Wansleben: Nein, das sage ich nicht, sondern ich sage: Wenn wirtschaftliche Verbindungen bestehen, dann hat man wenigstens Verbindungen. Wansleben : Non, je ne dis pas ça, je dis : s'il y a des liens économiques, alors au moins vous avez des liens. Wenn man so agiert, wenn ich das extrem formuliere, was die Amerikaner machen, "Willst Du nicht mein Bruder sein, so schlage ich Dir den Schädel ein", dann hat man überhaupt keine Verbindungen auf Dauer, und das hilft keinem. If you act like that, if I express what the Americans do in an extreme way, "If you don't want to be my brother, I'll crack your head", then you have no long-term connections at all, and that doesn't help anyone. Si vous agissez comme ça, si je le dis de manière extrême, ce que font les Américains, "Si tu ne veux pas être mon frère, je te casserai le crâne", alors tu n'as plus longtemps- connexions à terme du tout, et cela n'aide personne.

Müller: Jetzt haben wir die wirtschaftlichen engen Verbindungen mit China. Müller: Now we have close economic ties with China. Müller : Nous avons maintenant des liens économiques étroits avec la Chine. Wenn wir das richtig gelesen haben, ist China ja seit zwei Jahren der wichtigste Handelspartner, vor den Niederlanden und den USA.

Wansleben: Stimmt!

Müller: Eine erstaunliche Entwicklung. Müller : Un développement incroyable. Und dennoch hat sich politisch dort nicht viel in unserem Sinne getan. And yet not much has happened there politically in our interest. Et pourtant, politiquement, il ne s'est pas passé grand-chose dans notre intérêt. Wir haben die Stichworte eben genannt. We just mentioned the keywords. Nous venons de mentionner les mots-clés.

Wansleben: Ja.

"Chinesen müssen anfangen, ihre eigene Politik zu verändern" "Les Chinois doivent commencer à changer leur propre politique"

Müller: Aber ein klares Plädoyer von Ihrer Seite, das weiter auszubauen? Müller : Mais un appel clair de votre part pour étendre cela davantage ?

Wansleben: Ein klares Plädoyer, das weiter auszubauen, und jetzt kommt ein großes Aber: Das Beispiel, was wir jetzt erleben anhand von Amerika, zeigt aber auch, dass die Chinesen anfangen, ihre eigene Politik verändern zu müssen. Wansleben : Un plaidoyer clair pour étendre cela davantage, et vient maintenant un grand mais : L'exemple que nous voyons maintenant avec l'Amérique montre également que les Chinois commencent à devoir changer leurs propres politiques. Wir erleben das im Moment kommunikativ. Nous vivons actuellement cela de manière communicative. Es gibt eine große Kommunikationsoffensive in Richtung Europa, auch in Richtung Deutschland. Dort hat man gute Gespräche mit den Politikvertretern. Das muss man schon mal sagen. Aber es ist gar keine Frage: Die Chinesen müssen Teile ihrer Strategie auch ändern, denn sie hatten ja sehr stark die Strategie, dass man ab 2025 überwiegend in China produzieren muss und nicht mehr wirklich dorthin exportieren darf. Mais il n'y a aucun doute : les Chinois doivent aussi changer des pans de leur stratégie, car ils avaient une stratégie très forte selon laquelle à partir de 2025, il fallait produire principalement en Chine et n'était plus vraiment autorisé à y exporter. Diese Politik wird sich ändern müssen, wenn eine bessere Zusammenarbeit zwischen Europa und China möglich sein soll.

Müller: Das hat Li ja auch schon angedeutet, die vielen Kritikpunkte, die es dort gibt, wenn wir das jetzt rein unternehmerisch oder wirtschaftlich betrachten, dass die Märkte doch nicht offen sind, dass die Marktzugänge manipuliert werden, dass andere chinesische Unternehmen immer irgendwie dabei sein müssen, dass die deutschen Unternehmen als Beispiel sich da nicht voll entfalten können. Müller : Li a déjà indiqué que, les nombreux points de critique qu'il y a là, si nous regardons cela d'un point de vue purement entrepreneurial ou économique, que les marchés ne sont pas ouverts, que l'accès au marché est manipulé, que d'autres Chinois les entreprises sont toujours impliquées d'une manière ou d'une autre doivent être que les entreprises allemandes ne peuvent pas se développer pleinement à titre d'exemple. Ist das wirklich relevant? Est-ce vraiment pertinent ? Spüren das die deutschen Unternehmen? Les entreprises allemandes le ressentent-elles ?

Wansleben: Das ist relevant bis hin zum Thema Internet. Wansleben : C'est pertinent jusqu'au sujet d'Internet. Wenn Sie dort ein Unternehmen haben und Sie können nicht selbstverständlich meinetwegen die Buchhaltung integrieren in die Konzernbuchhaltung, um mal ein ganz normales Beispiel zu nehmen, dann hat das schon Auswirkungen. – Ich glaube, die Chinesen wissen das. Wir sind selber in einem sehr intensiven Dialog mit der chinesischen Seite. Denen ist das bewusst und vielleicht führt ja das amerikanische, leider muss man sagen, schlechte Beispiel dazu, dass sich manches verändert auch im Verhältnis zwischen China und Europa.

Müller: Raubkopieren, das war auch immer ein Schlagwort in den vergangenen Jahren. Müller : Les copies piratées ont toujours été à la mode ces dernières années.

Wansleben: Ja, aber da gibt es noch mehr. Wansleben : Oui, mais il y a plus.

Müller: Schutz des geistigen Eigentums, auch immer noch in der Praxis ein großes Problem. Müller : La protection de la propriété intellectuelle reste un gros problème dans la pratique.

Wansleben: Es ist die ganze Bandbreite. Wansleben : C'est tout le spectre. Die Chinesen haben ja auch riesen Herausforderungen im Inland. Les Chinois ont également d'énormes défis intérieurs. Das heißt, sie versuchen, auch ihre Interessen und ihre Probleme zu lösen. Da muss man sich gar keine Illusionen machen. Aber jetzt stehen wir vor der Wahl: Fällt die Handelswelt auseinander, oder schaffen die anderen es doch noch, so was wie die WTO weiterzuführen? Mais maintenant nous sommes face à un choix : le monde commercial va-t-il s'effondrer ou les autres vont-ils encore réussir à faire perdurer quelque chose comme l'OMC ? Die anderen, das sind dann Südamerika, Kanada, China, Russland darf man nicht vergessen, und Indien und Europa natürlich, um diese Länder aufzuzeigen. Les autres sont l'Amérique du Sud, le Canada, la Chine, la Russie, il ne faut pas oublier, et bien sûr l'Inde et l'Europe, pour montrer ces pays.

"Kaufen ist überhaupt nicht verboten"

Müller: Jetzt haben wir, Herr Wansleben, relativ viel in Richtung China gesprochen, deutsche und europäische Unternehmen in China. Umgekehrt, China in Europa, das ist ja die Gegenseite der Medaille. Da hätten viele, auch Politiker noch vor einigen Jahren gesagt, Vorsicht vor der feindlichen Übernahme Chinas. Beaucoup, y compris des politiciens, auraient dit il y a quelques années à peine qu'ils devraient se méfier de la prise de contrôle hostile de la Chine. Gilt das immer noch?

Wansleben: Ich meine, die Diskussion gibt es ja, wer übernimmt da was. Wansleben : Je veux dire, il y a une discussion sur qui va faire quoi. Es gibt ja auch die Diskussion, dass man seitens der Bundesregierung genauer hingucken will, wenn chinesische Unternehmen in Europa Unternehmen kaufen. Il y a aussi une discussion selon laquelle le gouvernement fédéral veut examiner de plus près lorsque des entreprises chinoises achètent des entreprises en Europe. Gerade auch hier in Deutschland kennen wir ja einige Beispiele. Surtout ici en Allemagne, nous connaissons quelques exemples. Das ist keine Frage: Auch hier brauchen wir mehr Transparenz und eine bessere Zusammenarbeit. Cela ne fait aucun doute: là aussi, nous avons besoin de plus de transparence et d'une meilleure coopération. Was wir erleben ist, dass es da ein gewisses Vertrauensdefizit gibt. Das brauchen wir jetzt dringend, um besser zusammenzuarbeiten.

Müller: Kaufen ist ja nicht verboten.

Wansleben: Kaufen ist überhaupt nicht verboten. Wir investieren ja auch in China.

Müller: Das heißt, Sie haben nichts dagegen, wenn die Chinesen noch mehr investieren? Müller : Cela signifie que cela ne vous dérange pas si les Chinois investissent encore plus ? Das ist gut für uns?

Wansleben: Jetzt muss man immer unterscheiden, wer investiert warum und wie. Da muss man immer fein unterscheiden. Il faut toujours faire une fine distinction. Grundsätzlich ist es gut, wenn Unternehmen in einem anderen Land investieren können. Wir investieren in der ganzen Welt und es ist völlig in Ordnung, wenn unsere Wettbewerber und unsere Partner, in diesem Falle China, in Deutschland oder in Europa investieren können. Wer will was dagegen haben! Qui s'y opposerait !

"Vertrauen auch in schwierigen Situationen aufbauen"

Müller: Egal wer das ist? China auch?

Wansleben: Na ja, jetzt mal aufpassen. Wansleben : Eh bien, attention maintenant. Vorsicht! Wenn ein Chinese hier in Deutschland investiert, ist er im deutschen Rechtsraum oder im europäischen Rechtsraum aktiv. Si un Chinois investit ici en Allemagne, il est actif dans l'espace juridique allemand ou dans l'espace juridique européen. Dann kann er nicht einfach deutsches Recht und europäisches Recht mit Füßen treten. Ensuite, il ne peut pas simplement piétiner le droit allemand et le droit européen. Also immer Achtung! So always be careful! Die bringen ja nicht ihr chinesisches Rechtssystem mit nach Deutschland oder nach Europa. They don't bring their Chinese legal system with them to Germany or Europe. Ils n'apportent pas leur système juridique chinois avec eux en Allemagne ou en Europe.

Müller: Aber immer mehr politischen Einfluss dadurch. Müller : Mais de plus en plus d'influence politique en conséquence.

Wansleben: Das ist genau der Punkt. Deswegen sage ich: Die Frage ist immer, wer was aus welchen Motiven kauft, und das ist eine Aufgabe, gar keine Frage, der chinesischen Regierung, in diese Fragen mehr Vertrauen hineinzubringen. Das Beispiel Amerika zeigt, was es bedeutet, wenn Unsicherheiten statt Vertrauen entstehen, und jetzt kann Europa - im Übrigen auch innerhalb Europas -, Europäer und Chinesen zeigen, dass man Vertrauen auch in schwierigen Situationen aufbauen kann und damit wieder mehr Investitionen in China und Europa zulassen kann.