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yazovs stuff, Gladiatoren - Stars oder Verbrecher?

Gladiatoren - Stars oder Verbrecher?

Sie sind der Inbegriff für Entertainment im alten Rom: Gladiatoren.

Todgeweihte Männer und erbarmungslos ausgefochtene Kämpfe vor einem blutrünstigen Publikum – so stellen sich das heute viele vor. Aber was ist dran an diesem Bild?

Was beim Thema Gladiatoren Wahrheit ist und was Klischee – bei dieser Entscheidung hilft uns der Historiker Christian Mann, Professor für Alte Geschichte an der Uni Mannheim.

Zusammen mit ihm stellen wir fünf gängige Gladiatoren-Mythen auf den Prüfstand.

Ein harter Kampf – blutig und rücksichtslos. Und am Ende überlebt nur einer. Das ist das Bild, das wir aus vielen Filmen und von Gemälden kennen.

Aber stimmt das denn? Waren Gladiatorenkämpfe wirklich ein blutiges Gemetzel?

In Hollywoodfilmen werden Gladiatorenkämpfe so dargestellt, dass nach wenigen Minuten der Sand der Arena blutüberströmt ist und die Leichen sich stapeln.

So war es in der antiken Realität nicht. Die Gladiatorenkämpfe waren ohne Zweifel brutal. Es waren Kämpfe auf Leben und Tod.

Aber wir wissen aus den Texten der Antike sehr gut, dass die Römer hochwertige Kämpfe erwarteten.

Viele Römer hatten selber Erfahrung mit Waffen, weil sie in der Armee gedient hatten. Und sie wollten eben gute Kämpfe sehen.

Zum einen gut in technischer Hinsicht, zum anderen gut in der Hinsicht, dass die Kämpfer mutig waren.

Dazu trugen auch die unterschiedlichen Waffengattungen bei, in denen die Gladiatoren – meist in festen Paarungen – gegeneinander antraten.

Der Retiarius war bewaffnet mit einem Netz und mit einem langen Dreizack.

Er kämpfte gegen den Secutor, der bewaffnet war mit einem großen rechteckigen Schild und einem Kurzschwert wie es auch in der römischen Armee üblich war.

Dann gab es den Thraker, dessen typische Waffe ein Krummschwert war. Er hatte einen kleinen Schild.

Dessen Gegner war der Murmillo, bewaffnet auch mit einem großen rechteckigen Schild und einem Schwert.

Dann gab es weitere Gladiatorengattungen, wie zum Beispiel den Hoplomachos, der nach der Art eines griechischen Hopliten bewaffnet war, mit einem Rundschild und einem Stoßspeer. Kräfteverhältnisse und Chancen waren durch die unterschiedliche Ausrüstung in etwa gleich verteilt.

Für Fairness sorgten außerdem Schiedsrichter, die das Kampfgeschehen überwachten. Dennoch: die Gefahr, einen Kampf nicht zu überleben, bestand immer.

Sei es durch eine tödliche Verletzung oder, weil der Gladiator nach verlorenem Kampf zum Tode verurteilt wurde.

Aus den vielen Inschriften, in denen nicht nur die Namen der Gladiatoren, sondern auch das Ergebnis hervorgeht, kann man errechnen, wie hoch die Überlebenschance von Gladiatoren war.

Und im ersten Jahrhundert nach Christus kann man sagen: In vier von fünf Fällen wurden die unterlegenen Gladiatoren begnadigt.

Allerdings kam es im Laufe der Zeit zu einer Brutalisierung, so dass die Anzahl der tödlich verlaufenden Fälle auch anstieg.

Gladiatoren waren keine Todgeweihte, denn sie hatten eine realistische Überlebenschance.

Bei aller Brutalität – der Mythos vom völlig regellosen Gemetzel stimmt also nur bedingt. Doch wer waren eigentlich die Männer, die in der Arena kämpften?

Gladiatoren setzen sich aus vier Gruppen zusammen. Zum einen Kriegsgefangene. Das waren die ursprünglichen Gladiatoren, zunächst waren alle Gladiatoren Kriegsgefangene.

Aber dann traten weitere Gruppen hinzu. Sklaven konnten in eine Gladiatorenkaserne verkauft werden. Es gab darüber hinaus auch verurteilte Verbrecher.

Die Verurteilung zum Gladiatorendienst war eine Strafe im römischen Recht. Es gab aber auch einige Freiwillige.

Leute, die sich eben aus freien Stücken zum Gladiatorendienst meldeten. Warum Leute nun diese riskante Option wählten, kann auch erklärt werden.

Im Imperium Romanum gab es viele Leute, die von Hunger bedroht waren und das Handwerk des Gladiators bot, wenn man erfolgreich war, die Chance, zu Geld und zu Ruhm zu gelangen.

Die Risiken kannte jeder, aber wenn man eben die Alternativen betrachtet, war der Gladiatorendienst nicht so unattraktiv.

Der bekannteste Sklave der römischen Geschichte war tatsächlich Gladiator: Spartacus.

Geboren in Thrakien und als Kriegsgefangener zum Gladiatorendienst verpflichtet, gelingt es ihm 73 v. Chr. mit einigen Mitstreitern, aus einer Gladiatorenschule in Capua auszubrechen.

Über Spartacus als Person wissen wir wenig. Wir wissen auch wenig über seine Motive. Manche antike Autoren stellen ihn als besonders blutrünstig dar, andere als edlen Kriegführer.

Man muss eben auf jeden Fall die Leistung erstmal beachten, dass es ihm gelungen ist, aus diesem zusammengewürfelten Haufen ein schlagkräftiges Heer zu formen.

Was mit dem Ausbruch aus der Gladiatorenschule beginnt, entwickelt sich zum größten Sklavenaufstand in der römischen Geschichte.

Mit zehntausenden von Anhängern zieht Spartacus durch Italien. Erst nach fast drei Jahren gelingt es den Machthabern, den Aufstand niederzuschlagen.

Zur legendären Heldenfigur wird Spartacus jedoch erst in neuerer Zeit.

Spartacus wurde eine Symbolfigur in der Aufklärung, als Symbolfigur für den Kampf eben der Geknechteten gegen die ungerechten Herren.

Besondere Dynamik bekam dann die Erinnerung an Spartacus mit dem Marxismus, wenn man eben an den Spartacus-Aufstand denkt oder später die Spartakiaden in sozialistischen Ländern.

Nicht zuletzt trägt auch Hollywood mit dem Monumentalfilm von 1960 dazu bei, dass wir uns bis heute an Spartacus – den Sklaven und Gladiator – erinnern.

In Gladiatorenschulen, den sogenannten „Ludi“, werden die Kämpfer sorgfältig auf ihre Auftritte in der Arena vorbereitet.

Vom Beginn der Ausbildung bis zum ersten Kampf vergeht etwa ein halbes Jahr. Die Trainer sind oft selbst ehemalige Gladiatoren.

Geübt wird zunächst mit ungefährlichen Holzwaffen. Neben dem Waffentraining gehört auch ein regelmäßiges Fitnessprogramm zur Ausbildung. Eine Schicksalsgemeinschaft.

Mit dem Eintritt in die Gladiatorenkaserne, egal ob freiwillig oder unfreiwillig, brachen soziale Bindungen außerhalb der Gladiatorenkaserne ab.

Das heißt eben, Gladiatoren waren Gladiatoren und sonst nichts. Sie lebten in der Gladiatorenkaserne, sie schliefen dort, sie aßen und sie trainierten zusammen.

Das heißt, dort bildeten sich auch Kameradschaften. Auf der anderen Seite aber waren diese Kameraden Gegner in einem potenziell tödlichen Kampf.

Zwischen den Gladiatoren konnte es auch Absprachen geben, dass sie vor einem Kampf vereinbarten, sich nicht im Kampf zu töten oder schwer zu verwunden.

Auch für das körperliche Wohl ist gesorgt: Die Gladiatoren werden massiert und medizinisch versorgt. Die Verpflegung ist gut. Eine Schule für Bodybuilder?

Gladiatoren waren sicher gut trainiert und auch muskulös. Das wissen wir aus der literarischen Überlieferung.

Das wissen wir aber vor allem aus Gladiatorenknochen, die sich in Ephesos erhalten haben. Spezialisten von der Universität Wien haben diese Knochen untersucht und haben die "muscle marker",

die Stellen an den Knochen, an denen die Muskeln ansetzen, untersucht und so auch nachgewiesen, dass die Gladiatoren über eine gut ausgeprägte Muskulatur verfügten.

Aber: Gestählte Athletenkörper hatten sie deshalb nicht unbedingt. Möglicherweise aßen sie sich sogar eine leichte Fettschicht an, die sie im Kampf vor Verletzungen schützte.

Gladiatoren haben sich vor allem vegetarisch ernährt. Literarische Quellen bezeichnen sie als "Gerstenfresser" und die Knochenfunde aus Ephesos haben das bestätigt.

Die weisen darauf hin, dass sich Gladiatoren vor allem von Getreide und von Hülsenfrüchten ernährt haben.

Männer aus Stahl waren die Gladiatoren also nicht unbedingt. Und waren sie eigentlich immer Männer?

Es gibt Hinweise auf Gladiatorinnen in ganz verschiedenen Quellen.

Das berühmteste Zeugnis für Gladiatorinnen ist ein Relief aus Halikarnassos, dem heutigen Bodrum. Dort sehen wir dargestellt den Kampf zweier Frauen.

Wir haben Hunderte von solchen Reliefs für Männer, die als Gladiatoren kämpften.

Das heißt, Phänomen Gladiatorinnen existierte, aber es war im Gesamtzusammenhang der römischen Gladiatorenkämpfe ein Randphänomen.

Wie lange ein Kampf dauert, ist ganz unterschiedlich. Festgelegte Runden oder Zeiten gibt es nicht.

Für das Ende eines Kampfes gab es vier Möglichkeiten. Ein Kampf konnte mit einem Unentschieden enden.

Wenn beide Gladiatoren lange und tapfer gekämpft hatten und das Publikum forderte, beide sollten begnadigt werden, dann wurden beide zu Siegern erklärt.

Ein Kampf konnte auch dadurch enden, dass ein Gladiator im Kampf getötet wurde. Dann wurde sein Kontrahent zum Sieger erklärt.

Oder ein Kampf endete, indem ein Gladiator aufgab, und gab damit sein Leben in die Hand des Publikums und des Spieleleiters.

Und das konnte eben für Begnadigung oder für Tötung des unterlegenen Gladiators stimmen.

Wenn es für Tötung stimmte, musste der siegreiche Gladiator seinem Kontrahenten den Todesstoß versetzen.

Über Tod oder Begnadigung entscheidet der Veranstalter der Spiele – bei den kaiserlichen Spielen im Rom ist das der Kaiser, in den Amphitheatern der Provinzen meist ein hochrangiger Staatsdiener.

Üblicherweise richtet sich der Veranstalter nach dem Wunsch des Publikums.

Diese Situation nach dem Kampf, wenn eben entschieden wurde über das Schicksal des Unterlegenen, ist die eigentlich charakteristische Situation der Gladiatorenkämpfe.

Denn Duelle mit potenziell tödlichem Ausgang gab es in vielen Kulturen.

Aber Duelle, in denen nach dem Kampf darüber entschieden wurde, ob der Unterlegene weiterleben solle oder nicht, gab es nur in Rom.

Gerade bei Gladiatorenkämpfen konnte das Volk Einfluss auf den Kaiser ausüben. Denn es ging nicht nur um das Leben von Gladiatoren, sondern es ging darum, was es heißt, ein Römer zu sein.

Aber wie bringt das Publikum seinen Willen zum Ausdruck? Sicherlich durch Rufe, aber wahrscheinlich auch durch Handzeichen. Ist dies der Ursprung der heute noch bekannten Daumen-Geste?

Der Historienmaler Jean-Léon Gérôme hat ihr im 19. Jahrhundert sogar ein Gemälde gewidmet, auch in Filmen sehen wir den gesenkten Daumen immer wieder.

Wir wissen nicht genau, wie diese Zeichen aussahen. Was wir wissen ist, dass die heute üblichen Zeichen "Daumen hoch, Daumen runter" keinen antiken Ursprung haben.

Aber wie diese Zeichen genau aussahen, wissen wir nicht. Es gibt eine neuere Hypothese, dass bei einem Votum für den Tod eines Gladiators der Daumen bewegt wurde

und bei einem Votum für das Weiterleben des Gladiators der Daumen stillgehalten wurde.

Das ist eben sehr plausibel, weil Bewegung einer Hand deutlich besser auf weite Strecken erkannt werden kann als ein stillgehaltener Daumen.

Als Helden der Arena wurden die Gladiatoren sicher ähnlich bewundert wie heutige Popstars und Spitzensportler – oder?

Erfolgreiche Gladiatoren hatten Fans. Wir wissen das von Graffiti. Das heißt, die Fans ritzten die Namen von Gladiatoren in die Wände, ähnlich wie das heute mit Fußballern der Fall ist.

Dann gab es aber auch Fans von Gladiatorengattungen. Es gab Fans von Kleinschildnern und es gab Fans von Großschildnern. Das heißt, es gab Fangruppen für einzelne Kampfesweisen.

Zahlreiche Souvenirartikel und Alltagsgegenstände zeugen von der Popularität der Gladiatoren. Ob als Ton- und Bronzefigürchen oder auf Öllampen – ihre Abbilder finden sich zuhauf.

Vermutlich galten Gladiatoren auch als Sexsymbole. Darauf deuten Graffiti hin wie: „Celadus, der Thraker: dreimal gesiegt, dreimal gekrönt, Liebling der Mädchen“, oder:

„Crescens, der Retiarius, fängt nachts junge Mädchen in seinem Netz“. Und der Schriftsteller Juvenal vermerkt doppeldeutig:

„Das Schwert ist es, was die Frauen lieben“. Doch das ist nur die eine Seite.

Der Status von Gladiatoren war ambivalent. Bewundert wurden sie für ihre Fähigkeiten im Kampf, für ihren Todesmut, für ihre technischen Fähigkeiten im Umgang mit den Waffen.

Verachtet wurden sie dafür, dass sie ihren Körper für Geld verkauften. Da wurden sie auf eine Ebene mit Prostituierten gesetzt.

Eine zweischneidige Sache also: einerseits bejubelt man die Gladiatoren, andererseits blickt man auf sie herab.

Doch für das Selbstverständnis der römischen Gesellschaft erfüllen sie eine wichtige Funktion.

Gladiatorenkämpfe gab es in einer spezifischen historischen Situation vor dem spezifischen Mindset der Römer. Die Römer sahen sich selber als besonders tapfer an.

Das römische Weltreich, nach römischer Vorstellung, wurde erobert, weil die römischen Soldaten auf dem Schlachtfeld tapferer waren als die anderen.

Und genau eine solche todesmutige Tapferkeit wurde von den Gladiatoren erwartet.

Die Gladiatoren waren damit auch pädagogische Vorbilder für die zuschauenden Römer, wie man sich eben zu verhalten habe als echter Römer.

Nicht alle Vorstellungen, die wir über Gladiatoren im Kopf haben, sind also korrekt. Manches ist auch einfach Klischee.

Was aber ganz sicher stimmt: aus der Welt des antiken Rom sind sie nicht wegzudenken.

Gladiator als Beruf, was denkt ihr darüber? Erzählt es uns in den Kommentaren.

Mit diesen Videos hier links könnt ihr noch tiefer in die Welt der Antike eintauchen. Und für eure regelmäßige Dosis Geschichte, drückt den Abo-Knopf!


Gladiatoren - Stars oder Verbrecher? Μονομάχοι - αστέρια ή εγκληματίες; Gladiators - stars or criminals? Gladiadores, ¿estrellas o criminales? Gladiateurs : stars ou criminels ? Gladiatori: star o criminali? グラディエーター - スターか犯罪者か? Gladiadores - estrelas ou criminosos? Гладиаторы - звезды или преступники? Gladyatörler - yıldızlar mı yoksa suçlular mı? Гладіатори - зірки чи злочинці?

Sie sind der Inbegriff für Entertainment im alten Rom: Gladiatoren.

Todgeweihte Männer und erbarmungslos ausgefochtene Kämpfe vor einem blutrünstigen Publikum – so stellen sich das heute viele vor. Aber was ist dran an diesem Bild?

Was beim Thema Gladiatoren Wahrheit ist und was Klischee – bei dieser Entscheidung hilft uns der Historiker Christian Mann, Professor für Alte Geschichte an der Uni Mannheim.

Zusammen mit ihm stellen wir fünf gängige Gladiatoren-Mythen auf den Prüfstand.

Ein harter Kampf – blutig und rücksichtslos. Und am Ende überlebt nur einer. Das ist das Bild, das wir aus vielen Filmen und von Gemälden kennen.

Aber stimmt das denn? Waren Gladiatorenkämpfe wirklich ein blutiges Gemetzel?

In Hollywoodfilmen werden Gladiatorenkämpfe so dargestellt, dass nach wenigen Minuten der Sand der Arena blutüberströmt ist und die Leichen sich stapeln.

So war es in der antiken Realität nicht. Die Gladiatorenkämpfe waren ohne Zweifel brutal. Es waren Kämpfe auf Leben und Tod.

Aber wir wissen aus den Texten der Antike sehr gut, dass die Römer hochwertige Kämpfe erwarteten.

Viele Römer hatten selber Erfahrung mit Waffen, weil sie in der Armee gedient hatten. Und sie wollten eben gute Kämpfe sehen.

Zum einen gut in technischer Hinsicht, zum anderen gut in der Hinsicht, dass die Kämpfer mutig waren.

Dazu trugen auch die unterschiedlichen Waffengattungen bei, in denen die Gladiatoren – meist in festen Paarungen – gegeneinander antraten.

Der Retiarius war bewaffnet mit einem Netz und mit einem langen Dreizack.

Er kämpfte gegen den Secutor, der bewaffnet war mit einem großen rechteckigen Schild und einem Kurzschwert wie es auch in der römischen Armee üblich war.

Dann gab es den Thraker, dessen typische Waffe ein Krummschwert war. Er hatte einen kleinen Schild.

Dessen Gegner war der Murmillo, bewaffnet auch mit einem großen rechteckigen Schild und einem Schwert.

Dann gab es weitere Gladiatorengattungen, wie zum Beispiel den Hoplomachos, der nach der Art eines griechischen Hopliten bewaffnet war, mit einem Rundschild und einem Stoßspeer. Kräfteverhältnisse und Chancen waren durch die unterschiedliche Ausrüstung in etwa gleich verteilt.

Für Fairness sorgten außerdem Schiedsrichter, die das Kampfgeschehen überwachten. Dennoch: die Gefahr, einen Kampf nicht zu überleben, bestand immer.

Sei es durch eine tödliche Verletzung oder, weil der Gladiator nach verlorenem Kampf zum Tode verurteilt wurde.

Aus den vielen Inschriften, in denen nicht nur die Namen der Gladiatoren, sondern auch das Ergebnis hervorgeht, kann man errechnen, wie hoch die Überlebenschance von Gladiatoren war.

Und im ersten Jahrhundert nach Christus kann man sagen: In vier von fünf Fällen wurden die unterlegenen Gladiatoren begnadigt.

Allerdings kam es im Laufe der Zeit zu einer Brutalisierung, so dass die Anzahl der tödlich verlaufenden Fälle auch anstieg.

Gladiatoren waren keine Todgeweihte, denn sie hatten eine realistische Überlebenschance.

Bei aller Brutalität – der Mythos vom völlig regellosen Gemetzel stimmt also nur bedingt. Doch wer waren eigentlich die Männer, die in der Arena kämpften?

Gladiatoren setzen sich aus vier Gruppen zusammen. Zum einen Kriegsgefangene. Das waren die ursprünglichen Gladiatoren, zunächst waren alle Gladiatoren Kriegsgefangene.

Aber dann traten weitere Gruppen hinzu. Sklaven konnten in eine Gladiatorenkaserne verkauft werden. Es gab darüber hinaus auch verurteilte Verbrecher.

Die Verurteilung zum Gladiatorendienst war eine Strafe im römischen Recht. Es gab aber auch einige Freiwillige.

Leute, die sich eben aus freien Stücken zum Gladiatorendienst meldeten. Warum Leute nun diese riskante Option wählten, kann auch erklärt werden.

Im Imperium Romanum gab es viele Leute, die von Hunger bedroht waren und das Handwerk des Gladiators bot, wenn man erfolgreich war, die Chance, zu Geld und zu Ruhm zu gelangen.

Die Risiken kannte jeder, aber wenn man eben die Alternativen betrachtet, war der Gladiatorendienst nicht so unattraktiv.

Der bekannteste Sklave der römischen Geschichte war tatsächlich Gladiator: Spartacus.

Geboren in Thrakien und als Kriegsgefangener zum Gladiatorendienst verpflichtet, gelingt es ihm 73 v. Chr. mit einigen Mitstreitern, aus einer Gladiatorenschule in Capua auszubrechen.

Über Spartacus als Person wissen wir wenig. Wir wissen auch wenig über seine Motive. Manche antike Autoren stellen ihn als besonders blutrünstig dar, andere als edlen Kriegführer.

Man muss eben auf jeden Fall die Leistung erstmal beachten, dass es ihm gelungen ist, aus diesem zusammengewürfelten Haufen ein schlagkräftiges Heer zu formen.

Was mit dem Ausbruch aus der Gladiatorenschule beginnt, entwickelt sich zum größten Sklavenaufstand in der römischen Geschichte.

Mit zehntausenden von Anhängern zieht Spartacus durch Italien. Erst nach fast drei Jahren gelingt es den Machthabern, den Aufstand niederzuschlagen.

Zur legendären Heldenfigur wird Spartacus jedoch erst in neuerer Zeit.

Spartacus wurde eine Symbolfigur in der Aufklärung, als Symbolfigur für den Kampf eben der Geknechteten gegen die ungerechten Herren.

Besondere Dynamik bekam dann die Erinnerung an Spartacus mit dem Marxismus, wenn man eben an den Spartacus-Aufstand denkt oder später die Spartakiaden in sozialistischen Ländern.

Nicht zuletzt trägt auch Hollywood mit dem Monumentalfilm von 1960 dazu bei, dass wir uns bis heute an Spartacus – den Sklaven und Gladiator – erinnern.

In Gladiatorenschulen, den sogenannten „Ludi“, werden die Kämpfer sorgfältig auf ihre Auftritte in der Arena vorbereitet.

Vom Beginn der Ausbildung bis zum ersten Kampf vergeht etwa ein halbes Jahr. Die Trainer sind oft selbst ehemalige Gladiatoren.

Geübt wird zunächst mit ungefährlichen Holzwaffen. Neben dem Waffentraining gehört auch ein regelmäßiges Fitnessprogramm zur Ausbildung. Eine Schicksalsgemeinschaft.

Mit dem Eintritt in die Gladiatorenkaserne, egal ob freiwillig oder unfreiwillig, brachen soziale Bindungen außerhalb der Gladiatorenkaserne ab.

Das heißt eben, Gladiatoren waren Gladiatoren und sonst nichts. Sie lebten in der Gladiatorenkaserne, sie schliefen dort, sie aßen und sie trainierten zusammen.

Das heißt, dort bildeten sich auch Kameradschaften. Auf der anderen Seite aber waren diese Kameraden Gegner in einem potenziell tödlichen Kampf.

Zwischen den Gladiatoren konnte es auch Absprachen geben, dass sie vor einem Kampf vereinbarten, sich nicht im Kampf zu töten oder schwer zu verwunden.

Auch für das körperliche Wohl ist gesorgt: Die Gladiatoren werden massiert und medizinisch versorgt. Die Verpflegung ist gut. Eine Schule für Bodybuilder?

Gladiatoren waren sicher gut trainiert und auch muskulös. Das wissen wir aus der literarischen Überlieferung.

Das wissen wir aber vor allem aus Gladiatorenknochen, die sich in Ephesos erhalten haben. Spezialisten von der Universität Wien haben diese Knochen untersucht und haben die "muscle marker",

die Stellen an den Knochen, an denen die Muskeln ansetzen, untersucht und so auch nachgewiesen, dass die Gladiatoren über eine gut ausgeprägte Muskulatur verfügten.

Aber: Gestählte Athletenkörper hatten sie deshalb nicht unbedingt. Möglicherweise aßen sie sich sogar eine leichte Fettschicht an, die sie im Kampf vor Verletzungen schützte.

Gladiatoren haben sich vor allem vegetarisch ernährt. Literarische Quellen bezeichnen sie als "Gerstenfresser" und die Knochenfunde aus Ephesos haben das bestätigt.

Die weisen darauf hin, dass sich Gladiatoren vor allem von Getreide und von Hülsenfrüchten ernährt haben.

Männer aus Stahl waren die Gladiatoren also nicht unbedingt. Und waren sie eigentlich immer Männer?

Es gibt Hinweise auf Gladiatorinnen in ganz verschiedenen Quellen.

Das berühmteste Zeugnis für Gladiatorinnen ist ein Relief aus Halikarnassos, dem heutigen Bodrum. Dort sehen wir dargestellt den Kampf zweier Frauen.

Wir haben Hunderte von solchen Reliefs für Männer, die als Gladiatoren kämpften.

Das heißt, Phänomen Gladiatorinnen existierte, aber es war im Gesamtzusammenhang der römischen Gladiatorenkämpfe ein Randphänomen.

Wie lange ein Kampf dauert, ist ganz unterschiedlich. Festgelegte Runden oder Zeiten gibt es nicht.

Für das Ende eines Kampfes gab es vier Möglichkeiten. Ein Kampf konnte mit einem Unentschieden enden.

Wenn beide Gladiatoren lange und tapfer gekämpft hatten und das Publikum forderte, beide sollten begnadigt werden, dann wurden beide zu Siegern erklärt.

Ein Kampf konnte auch dadurch enden, dass ein Gladiator im Kampf getötet wurde. Dann wurde sein Kontrahent zum Sieger erklärt.

Oder ein Kampf endete, indem ein Gladiator aufgab, und gab damit sein Leben in die Hand des Publikums und des Spieleleiters.

Und das konnte eben für Begnadigung oder für Tötung des unterlegenen Gladiators stimmen.

Wenn es für Tötung stimmte, musste der siegreiche Gladiator seinem Kontrahenten den Todesstoß versetzen.

Über Tod oder Begnadigung entscheidet der Veranstalter der Spiele – bei den kaiserlichen Spielen im Rom ist das der Kaiser, in den Amphitheatern der Provinzen meist ein hochrangiger Staatsdiener.

Üblicherweise richtet sich der Veranstalter nach dem Wunsch des Publikums.

Diese Situation nach dem Kampf, wenn eben entschieden wurde über das Schicksal des Unterlegenen, ist die eigentlich charakteristische Situation der Gladiatorenkämpfe.

Denn Duelle mit potenziell tödlichem Ausgang gab es in vielen Kulturen.

Aber Duelle, in denen nach dem Kampf darüber entschieden wurde, ob der Unterlegene weiterleben solle oder nicht, gab es nur in Rom.

Gerade bei Gladiatorenkämpfen konnte das Volk Einfluss auf den Kaiser ausüben. Denn es ging nicht nur um das Leben von Gladiatoren, sondern es ging darum, was es heißt, ein Römer zu sein.

Aber wie bringt das Publikum seinen Willen zum Ausdruck? Sicherlich durch Rufe, aber wahrscheinlich auch durch Handzeichen. Ist dies der Ursprung der heute noch bekannten Daumen-Geste?

Der Historienmaler Jean-Léon Gérôme hat ihr im 19. Jahrhundert sogar ein Gemälde gewidmet, auch in Filmen sehen wir den gesenkten Daumen immer wieder.

Wir wissen nicht genau, wie diese Zeichen aussahen. Was wir wissen ist, dass die heute üblichen Zeichen "Daumen hoch, Daumen runter" keinen antiken Ursprung haben.

Aber wie diese Zeichen genau aussahen, wissen wir nicht. Es gibt eine neuere Hypothese, dass bei einem Votum für den Tod eines Gladiators der Daumen bewegt wurde

und bei einem Votum für das Weiterleben des Gladiators der Daumen stillgehalten wurde.

Das ist eben sehr plausibel, weil Bewegung einer Hand deutlich besser auf weite Strecken erkannt werden kann als ein stillgehaltener Daumen.

Als Helden der Arena wurden die Gladiatoren sicher ähnlich bewundert wie heutige Popstars und Spitzensportler – oder?

Erfolgreiche Gladiatoren hatten Fans. Wir wissen das von Graffiti. Das heißt, die Fans ritzten die Namen von Gladiatoren in die Wände, ähnlich wie das heute mit Fußballern der Fall ist.

Dann gab es aber auch Fans von Gladiatorengattungen. Es gab Fans von Kleinschildnern und es gab Fans von Großschildnern. Das heißt, es gab Fangruppen für einzelne Kampfesweisen.

Zahlreiche Souvenirartikel und Alltagsgegenstände zeugen von der Popularität der Gladiatoren. Ob als Ton- und Bronzefigürchen oder auf Öllampen – ihre Abbilder finden sich zuhauf.

Vermutlich galten Gladiatoren auch als Sexsymbole. Darauf deuten Graffiti hin wie: „Celadus, der Thraker: dreimal gesiegt, dreimal gekrönt, Liebling der Mädchen“, oder:

„Crescens, der Retiarius, fängt nachts junge Mädchen in seinem Netz“. Und der Schriftsteller Juvenal vermerkt doppeldeutig:

„Das Schwert ist es, was die Frauen lieben“. Doch das ist nur die eine Seite.

Der Status von Gladiatoren war ambivalent. Bewundert wurden sie für ihre Fähigkeiten im Kampf, für ihren Todesmut, für ihre technischen Fähigkeiten im Umgang mit den Waffen.

Verachtet wurden sie dafür, dass sie ihren Körper für Geld verkauften. Da wurden sie auf eine Ebene mit Prostituierten gesetzt.

Eine zweischneidige Sache also: einerseits bejubelt man die Gladiatoren, andererseits blickt man auf sie herab.

Doch für das Selbstverständnis der römischen Gesellschaft erfüllen sie eine wichtige Funktion.

Gladiatorenkämpfe gab es in einer spezifischen historischen Situation vor dem spezifischen Mindset der Römer. Die Römer sahen sich selber als besonders tapfer an.

Das römische Weltreich, nach römischer Vorstellung, wurde erobert, weil die römischen Soldaten auf dem Schlachtfeld tapferer waren als die anderen.

Und genau eine solche todesmutige Tapferkeit wurde von den Gladiatoren erwartet.

Die Gladiatoren waren damit auch pädagogische Vorbilder für die zuschauenden Römer, wie man sich eben zu verhalten habe als echter Römer.

Nicht alle Vorstellungen, die wir über Gladiatoren im Kopf haben, sind also korrekt. Manches ist auch einfach Klischee.

Was aber ganz sicher stimmt: aus der Welt des antiken Rom sind sie nicht wegzudenken.

Gladiator als Beruf, was denkt ihr darüber? Erzählt es uns in den Kommentaren.

Mit diesen Videos hier links könnt ihr noch tiefer in die Welt der Antike eintauchen. Und für eure regelmäßige Dosis Geschichte, drückt den Abo-Knopf!