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Der Schatten über Innsmouth - H P Lovecraft, Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 05

Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 05

Mehrere nicht einheimische Anwohner hatten von Zeit zu Zeit von grässlichen Eindrücken berichtet, doch mit Zadoks Geschichten und den missgebildeten Bewohnern war es kein Wunder, dass solche Halluzinationen üblich geworden waren. Niemand der Fremden blieb jemals bis spät in die Nacht draußen, da es den weit verbreiteten Eindruck machte, dass es nicht klug sei, das zu tun. Außerdem waren die Straßen unheimlich dunkel.

Was die Geschäfte anging --- die Fülle an Fisch war sicherlich verblüffend, doch die Einheimischen nutzten dies weniger und weniger. Zudem fielen die Preise und die Konkurrenz erstarkte. Natürlich lag das eigentliche Geschäft der Stadt in der Raffinerie, deren Handelsbüro am Dorfplatz sich nur ein paar Türen östlich von unserem Standort befand. Der Alte Marsh war nie zu sehen, fuhr jedoch manchmal in einem geschlossenen, verhangenen Wagen zur Arbeit.

Es kursierten alle möglichen Gerüchte darüber, wie Marsh mittlerweile aussähe. Er war einmal ein großer Dandy gewesen und man sagte, er trüge noch immer einen feinen Gehrock aus der Zeit Edwards VII., eigentümlich an gewisse Missbildungen angepasst. Seine Söhne hatten einst das Büro am Platz geführt, doch in letzter Zeit hielten sie sich meistens verborgen und überließen die Hauptlast der Geschäfte der jüngeren Generation. Die Söhne und ihre Schwestern sahen mittlerweile auch sehr seltsam aus, besonders die älteren und man erzählte sich, dass ihre Gesundheit versage.

Eine der Marsh-Töchter war eine abstoßende, einem Reptil ähnlich sehende Frau, die ein Übermaß an merkwürdigem Schmuck, der ganz klar zur gleichen exotischen Tradition wie die fremdartige Tiara gehörte. Mein Informant hatte dies oft bemerkt und hatte gehört, wie man darüber sprach, dass dies aus einer Art geheimem Schatz stamme, entweder von Piraten oder Dämonen angelegt. Die Geistlichen --- oder Priester, oder wie auch immer sie hier nun genannt wurden --- trugen solche Schmuckstücke ebenfalls als Kopfschmuck, doch bekam man sie nur selten zu Gesicht. Mehr Exemplare hatte der Junge nicht gesehen, obwohl die Existenz von vielen weiteren in Innsmouth gerüchtet wurde.

Die Marshes, zusammen mit den anderen drei vornehmen Familien der Stadt --- den Waites, den Gilmans und den Eliots --- lebten allesamt sehr zurückgezogen. Sie wohnten in immensen Häusern entlang der Washington Street und mehrere davon beherbergten vermeintlich einige lebende Verwandtschaft, deren Anblick ihnen Öffentlichkeit verbat und deren Tod bereits gemeldet und dokumentiert war.

Der junge Mann malte für mich eine grobe, aber ausreichend und gewissenhaft gezeichnete Karte der auffälligsten Merkmale der Stadt und warnte mich, dass viele der Straßenschilder fehlten. Nach einer kurzen Analyse war ich mir sicher, dass sie von großem Nutzen sein würde, bedankte mich überschwänglich und steckte sie in die Tasche. Da mir die Schäbigkeit des einzigen Restaurants, das ich gesehen hatte nicht zusagte, kaufte ich einen anständigen Vorrat an Käsegebäck und Ingwerplätzchen, die mir später als Mittagessen dienen sollten. Mein Programm, so entschied ich, sah es vor, mich entlang der Hauptstraßen zu hangeln und mit jeglichen nicht einheimischen Menschen zu sprechen, die ich treffen möge um danach den Acht-Uhr-Bus nach Arkham zu nehmen. Die Stadt, soviel war sichtbar, formte ein signifikantes und überspitztes Beispiel gemeindlichen Verfalls, doch ich, der ich kein Sozialwissenschaftler war, würde meine ernsthaften Beobachtungen auf das Feld der Architektur beschränken.

So begann ich meine systematische, doch halb verdutzte Tour durch Innsmouth's enge, vom Schatten verdunkelte Straßen. Ich überquerte die Brücke und wendete mich dem Getöse der unteren Wasserfälle zu. So kam ich der Marsh-Raffinerie nahe, die seltsam frei von Industrielärm schien. Sie stand auf der Klippe zum Fluss nahe einer Brücke und einem offenen Zusammenfluss von Straßen, die ich als das frühere Stadtzentrum betrachtete, das sich nach der Revolution zum jetzigen Marktplatz verlagert hatte.

Als ich die Schlucht auf der Main Street Bridge wieder überquerte, traf ich auf einen äußerst verlassenen Bereich, bei dem mich ein ungewisser Schauder überkam. Ein Durcheinander zusammengefallener Giebeldächer formte eine zerklüftete und fantastische Silhouette, über der sich der makabere, enthauptete Turm einer uralten Kirche erhob. Einige Häuser entlang der Hauptstraße waren bewohnt, doch die meisten waren fest verbarrikadiert. Unbefestigte Seitenstraßen hinunter erblickte ich die schwarzen, klaffenden Fenster verlassener Hütten, von denen viele aufgrund ihres sinkenden Fundaments in gefährlichen und unglaublichen Winkeln lehnten.

Diese Fenster starrten so gespenstisch, dass es mich Überwindung kostete, mich ostwärts dem Ufer zuzuwenden. Sicher schwillt der Schrecken eines verlassenen Hauses eher in Form einer geometrischen, denn einer arithmetischen Folge mit der Zahl der Häuser, die sich mehren um eine Stadt gänzlicher Verwüstung zu formen. Der Anblick solch endloser Alleen von fischäugiger Leere und Tod und der Gedanke an unendlich viele verbundene, düstere Räume, aufgegeben an Spinnweben, Erinnerungen und den Eroberer Wurm, bringen rudimentäre Furcht und Abscheu hervor, das gefestigtste Weltbild zu zerstreuen vermag.


Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 05

Mehrere nicht einheimische Anwohner hatten von Zeit zu Zeit von grässlichen Eindrücken berichtet, doch mit Zadoks Geschichten und den missgebildeten Bewohnern war es kein Wunder, dass solche Halluzinationen üblich geworden waren. Niemand der Fremden blieb jemals bis spät in die Nacht draußen, da es den weit verbreiteten Eindruck machte, dass es nicht klug sei, das zu tun. Außerdem waren die Straßen unheimlich dunkel.

Was die Geschäfte anging --- die Fülle an Fisch war sicherlich verblüffend, doch die Einheimischen nutzten dies weniger und weniger. Zudem fielen die Preise und die Konkurrenz erstarkte. Natürlich lag das eigentliche Geschäft der Stadt in der Raffinerie, deren Handelsbüro am Dorfplatz sich nur ein paar Türen östlich von unserem Standort befand. Der Alte Marsh war nie zu sehen, fuhr jedoch manchmal in einem geschlossenen, verhangenen Wagen zur Arbeit.

Es kursierten alle möglichen Gerüchte darüber, wie Marsh mittlerweile aussähe. Er war einmal ein großer Dandy gewesen und man sagte, er trüge noch immer einen feinen Gehrock aus der Zeit Edwards VII., eigentümlich an gewisse Missbildungen angepasst. Seine Söhne hatten einst das Büro am Platz geführt, doch in letzter Zeit hielten sie sich meistens verborgen und überließen die Hauptlast der Geschäfte der jüngeren Generation. Die Söhne und ihre Schwestern sahen mittlerweile auch sehr seltsam aus, besonders die älteren und man erzählte sich, dass ihre Gesundheit versage.

Eine der Marsh-Töchter war eine abstoßende, einem Reptil ähnlich sehende Frau, die ein Übermaß an merkwürdigem Schmuck, der ganz klar zur gleichen exotischen Tradition wie die fremdartige Tiara gehörte. Mein Informant hatte dies oft bemerkt und hatte gehört, wie man darüber sprach, dass dies aus einer Art geheimem Schatz stamme, entweder von Piraten oder Dämonen angelegt. Die Geistlichen --- oder Priester, oder wie auch immer sie hier nun genannt wurden --- trugen solche Schmuckstücke ebenfalls als Kopfschmuck, doch bekam man sie nur selten zu Gesicht. Mehr Exemplare hatte der Junge nicht gesehen, obwohl die Existenz von vielen weiteren in Innsmouth gerüchtet wurde.

Die Marshes, zusammen mit den anderen drei vornehmen Familien der Stadt --- den Waites, den Gilmans und den Eliots --- lebten allesamt sehr zurückgezogen. Sie wohnten in immensen Häusern entlang der Washington Street und mehrere davon beherbergten vermeintlich einige lebende Verwandtschaft, deren Anblick ihnen Öffentlichkeit verbat und deren Tod bereits gemeldet und dokumentiert war.

Der junge Mann malte für mich eine grobe, aber ausreichend und gewissenhaft gezeichnete Karte der auffälligsten Merkmale der Stadt und warnte mich, dass viele der Straßenschilder fehlten. Nach einer kurzen Analyse war ich mir sicher, dass sie von großem Nutzen sein würde, bedankte mich überschwänglich und steckte sie in die Tasche. Da mir die Schäbigkeit des einzigen Restaurants, das ich gesehen hatte nicht zusagte, kaufte ich einen anständigen Vorrat an Käsegebäck und Ingwerplätzchen, die mir später als Mittagessen dienen sollten. Mein Programm, so entschied ich, sah es vor, mich entlang der Hauptstraßen zu hangeln und mit jeglichen nicht einheimischen Menschen zu sprechen, die ich treffen möge um danach den Acht-Uhr-Bus nach Arkham zu nehmen. Die Stadt, soviel war sichtbar, formte ein signifikantes und überspitztes Beispiel gemeindlichen Verfalls, doch ich, der ich kein Sozialwissenschaftler war, würde meine ernsthaften Beobachtungen auf das Feld der Architektur beschränken.

So begann ich meine systematische, doch halb verdutzte Tour durch Innsmouth's enge, vom Schatten verdunkelte Straßen. Ich überquerte die Brücke und wendete mich dem Getöse der unteren Wasserfälle zu. So kam ich der Marsh-Raffinerie nahe, die seltsam frei von Industrielärm schien. Sie stand auf der Klippe zum Fluss nahe einer Brücke und einem offenen Zusammenfluss von Straßen, die ich als das frühere Stadtzentrum betrachtete, das sich nach der Revolution zum jetzigen Marktplatz verlagert hatte.

Als ich die Schlucht auf der Main Street Bridge wieder überquerte, traf ich auf einen äußerst verlassenen Bereich, bei dem mich ein ungewisser Schauder überkam. Ein Durcheinander zusammengefallener Giebeldächer formte eine zerklüftete und fantastische Silhouette, über der sich der makabere, enthauptete Turm einer uralten Kirche erhob. Einige Häuser entlang der Hauptstraße waren bewohnt, doch die meisten waren fest verbarrikadiert. Unbefestigte Seitenstraßen hinunter erblickte ich die schwarzen, klaffenden Fenster verlassener Hütten, von denen viele aufgrund ihres sinkenden Fundaments in gefährlichen und unglaublichen Winkeln lehnten.

Diese Fenster starrten so gespenstisch, dass es mich Überwindung kostete, mich ostwärts dem Ufer zuzuwenden. Sicher schwillt der Schrecken eines verlassenen Hauses eher in Form einer geometrischen, denn einer arithmetischen Folge mit der Zahl der Häuser, die sich mehren um eine Stadt gänzlicher Verwüstung zu formen. Der Anblick solch endloser Alleen von fischäugiger Leere und Tod und der Gedanke an unendlich viele verbundene, düstere Räume, aufgegeben an Spinnweben, Erinnerungen und den Eroberer Wurm, bringen rudimentäre Furcht und Abscheu hervor, das gefestigtste Weltbild zu zerstreuen vermag.