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Der Schatten über Innsmouth - H P Lovecraft, Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 04

Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 04

Aus irgendeinem Grund entschied ich mich, meine ersten Erhebungen im Lebensmittelgeschäft anzustellen, dessen Personal wahrscheinlich nicht aus Innsmouth stammen würde. Ich fand einen einzelnen Jungen von vielleicht siebzehn Jahren in Dienst und war froh über seine Heiterkeit und Freundlichkeit, die mir muntere Information versprachen. Er schien außergewöhnlich begierig, sich zu unterhalten und ich fand schnell heraus, dass er den Ort, seinen Fischgeruch und seine verstohlenen Leute nicht mochte. Ein Wortwechsel mit einem Außenstehenden war eine Befreiung für ihn. Er kam aus Arkham, lebte bei einer Familie aus Ipswich und ging zurück nach heim wann immer er eine Minute dienstfrei bekam. Seine Familie mochte nicht, dass er in Innsmouth arbeiten musste aber die Kette hatte ihn hierher versetzt und er wollte seinen Job nicht verlieren.

Es gab, so sagte er, keine öffentliche Bibliothek oder Handelskammer in Innsmouth, doch ich könne mich wahrscheinlich zurechtfinden. Die Straße von der ich gekommen war, war die Federal. Westlich davon waren die feinen, alten Wohnstraßen --- Broad, Washington, Lafayette und Adams --- und östlich waren die küstennahen Elendsviertel. Es war in diesen Armensiedlungen --- und entlang der Hauptstraße --- wo ich die alten Georgianischen Kirchen finden würde, doch sie wären alle schon lange verlassen. Ich täte gut daran, mich in diesen Gegenden nicht zu auffällig zu verhalten --- insbesondere nördlich des Flusses --- da dort die Leute düster und feindselig seien. Einige Fremde wären sogar verschwunden.

Manche Orte waren quasi verbotenes Gebiet, wie er unter beträchtlichem Aufwand gelernt hatte. Man sollte zum Beispiel nicht zu lange in der Nähe der Marsh-Raffinerie oder einer der noch genutzten Kirchen, oder um die säulengesäumte Ordenshalle des Dagon am New Church Green aufhalten. Diese Kirchen waren seltsam --- allesamt von ihren Konfessionen anderswo heftigst abgeleugnet und sie nutzten offensichtlich die wunderlichsten Zeremonielle und geistlichen Gewänder. Ihre Glaubensbekenntnisse waren heterodox und mysteriös und umfassten Andeutungen über gewisse wundersame Transformationen, die zu einer Form von körperlicher Unsterblichkeit auf dieser Erde führen sollen. Der Pastor des Jungen, Dr. Wallace von der Bischöflichen Methodistenkirche von Asbury in Arkham, hatte ihn dringend ermahnt, keiner Kirche in Innsmouth beizutreten.

Und was die Einwohner von Innsmouth anging, so wusste der Junge kaum, was er mit ihnen anfangen sollte. Sie waren so verstohlen und so selten anzutreffen wie Tiere, die in Bauten lebten und man mochte sich kaum vorstellen, wie sie sich die Zeit vertrieben, außer durch die sporadische Fischerei. Vielleicht --- anhand der Menge von Schwarzgebranntem, das sie konsumierten zu urteilen --- lagen sie tagsüber die meisten Stunden, vom Alkoholrausch benommen darnieder. Sie schienen in ihrem Missmut in einer Art Gemeinschaft und gemeinsamer Auffassung vereint, die Welt zu verschmähen, als gäbe es andere, dieser vorzuziehende Sphären des Daseins. Ihr Aussehen --- besonders die starrenden Augen, die nie zu blinzeln schienen --- war sicherlich schockierend genug und ihre Stimmen klangen abscheulich. Es war entsetzlich, sie in ihren Kirchen des nachts singen zu hören, besonders zu ihren Hauptfestivitäten oder Erneuerungszeremonien, die zweimal im Jahr, am 30. April und am 31. Oktober stattfanden.

Sie waren dem Wasser zugetan und schwammen häufig, sowohl im Fluss als auch im Hafenbecken. Häufig fanden Schwimmwettkämpfe raus zum Devil Reef statt und jedermann schien fähig, sich an diesem anstrengenden Sport zu beteiligen. Wenn man es sich recht überlegt, so waren in der Öffentlichkeit generell nur eher junge Leute zu sehen und von diesen schienen die ältesten am entstelltesten auszusehen. Ausnahmen waren meist Leute ohne jede Spur von Anomalie, wie der alte Angestellte im Hotel. Man mochte sich fragen, was aus der Masse an älteren Leuten wurde und ob das „Innsmouth-Aussehen“ nicht ein seltsames und heimtückisches Krankheitssymptom sei, das sein Opfer mehr und mehr ergriff, während die Jahre vorbeigingen.

Natürlich könnte nur ein sehr seltenes Leiden solche enormen und drastischen anatomischen Veränderungen in einem einzelnen, ausgewachsenen Individuum hervorrufen --- Veränderungen, die Einfluss auf den Knochenbau bis zur Grundform des Schädels nahmen --- jedoch war nicht einmal dieser Gesichtspunkt rätselhafter oder beispielloser als die sichtbaren Züge der Krankheit im Ganzen. Es sei schwer, so bemerkte der Junge, zu diesem Thema irgendwelche wirklichen Schlüsse zu ziehen, da man die Einwohner nie persönlich kennenlerne, ganz gleich wie lang man in Innsmouth leben möge.

Der Jüngling war sich sicher, dass Exemplare, noch schlimmer als die schlimmsten sichtbaren, in einigen der Häuser eingeschlossen gehalten wurden. Manchmal hörten Leute die seltsamsten Geräusche. Die wackeligen Bruchbuden nördlich des Flusses waren angeblich durch geheime Tunnel verbunden und boten somit ein wahres Labyrinth ungesehener Abartigkeiten. Welch fremdes Blut --- falls überhaupt welches --- in diesen Wesen floss, war unmöglich zu sagen. Sie hielten manchmal diverse besonders widerwärtige Gestalten außer Sichtweite, wenn Regierungsbeamte und andere aus der Außenwelt in die Stadt kamen.

Es wäre sinnlos, so mein Informant, die Einwohner irgendetwas über den Ort zu fragen. Der einzige, der reden mochte, war ein sehr alter, doch normal aussehender Mann, der im Armenhaus am nördlichen Rand der Stadt wohnte und seine Zeit herumstreunend oder vor dem Feuerwehrhaus lungernd herumbrachte. Dieser ergraute Kerl, Zadok Allen, war sechsundneunzig Jahre alt, etwas wirr im Kopf und außerdem der städtische Trunkenbold. Er war ein eigenartiges, verstohlenes Geschöpf und schaute ständig über seine Schulter als ob er in Furcht vor etwas lebe. Wenn er nüchtern war, konnte er überhaupt nicht dazu überredet werden, mit Fremden zu sprechen. Er war jedoch nicht im Stande, seinem liebsten Gift zu widerstehen und sobald er betrunken war, würde er die erstaunlichsten Fragmente geflüsterter Erinnerungen von sich geben.

Insgesamt jedoch, könnten kaum sinnvolle Einzelheiten von ihm gewonnen werden, da seine Geschichten allesamt irrsinnige, unvollständige Hirngespinste unmöglichen Wunders und Entsetzens die keinen anderen Ursprung als seine eigene gestörte Fantasie haben können. Niemand glaubte ihm jemals, doch die Einwohner mochten nicht, wenn er trank und mit Fremden sprach und es war nicht immer sicher, gesehen zu werden wie man ihn befragte. Er war es wahrscheinlich von dem sich einige der wildesten bekannten Gerüchte und Irrtümer ableiteten.


Der Schatten über Innsmouth - Kapitel 2 - 04

Aus irgendeinem Grund entschied ich mich, meine ersten Erhebungen im Lebensmittelgeschäft anzustellen, dessen Personal wahrscheinlich nicht aus Innsmouth stammen würde. Ich fand einen einzelnen Jungen von vielleicht siebzehn Jahren in Dienst und war froh über seine Heiterkeit und Freundlichkeit, die mir muntere Information versprachen. Er schien außergewöhnlich begierig, sich zu unterhalten und ich fand schnell heraus, dass er den Ort, seinen Fischgeruch und seine verstohlenen Leute nicht mochte. Ein Wortwechsel mit einem Außenstehenden war eine Befreiung für ihn. Er kam aus Arkham, lebte bei einer Familie aus Ipswich und ging zurück nach heim wann immer er eine Minute dienstfrei bekam. Seine Familie mochte nicht, dass er in Innsmouth arbeiten musste aber die Kette hatte ihn hierher versetzt und er wollte seinen Job nicht verlieren.

Es gab, so sagte er, keine öffentliche Bibliothek oder Handelskammer in Innsmouth, doch ich könne mich wahrscheinlich zurechtfinden. Die Straße von der ich gekommen war, war die Federal. Westlich davon waren die feinen, alten Wohnstraßen --- Broad, Washington, Lafayette und Adams --- und östlich waren die küstennahen Elendsviertel. Es war in diesen Armensiedlungen --- und entlang der Hauptstraße --- wo ich die alten Georgianischen Kirchen finden würde, doch sie wären alle schon lange verlassen. Ich täte gut daran, mich in diesen Gegenden nicht zu auffällig zu verhalten --- insbesondere nördlich des Flusses --- da dort die Leute düster und feindselig seien. Einige Fremde wären sogar verschwunden.

Manche Orte waren quasi verbotenes Gebiet, wie er unter beträchtlichem Aufwand gelernt hatte. Man sollte zum Beispiel nicht zu lange in der Nähe der Marsh-Raffinerie oder einer der noch genutzten Kirchen, oder um die säulengesäumte Ordenshalle des Dagon am New Church Green aufhalten. Diese Kirchen waren seltsam --- allesamt von ihren Konfessionen anderswo heftigst abgeleugnet und sie nutzten offensichtlich die wunderlichsten Zeremonielle und geistlichen Gewänder. Ihre Glaubensbekenntnisse waren heterodox und mysteriös und umfassten Andeutungen über gewisse wundersame Transformationen, die zu einer Form von körperlicher Unsterblichkeit auf dieser Erde führen sollen. Der Pastor des Jungen, Dr. Wallace von der Bischöflichen Methodistenkirche von Asbury in Arkham, hatte ihn dringend ermahnt, keiner Kirche in Innsmouth beizutreten.

Und was die Einwohner von Innsmouth anging, so wusste der Junge kaum, was er mit ihnen anfangen sollte. Sie waren so verstohlen und so selten anzutreffen wie Tiere, die in Bauten lebten und man mochte sich kaum vorstellen, wie sie sich die Zeit vertrieben, außer durch die sporadische Fischerei. Vielleicht --- anhand der Menge von Schwarzgebranntem, das sie konsumierten zu urteilen --- lagen sie tagsüber die meisten Stunden, vom Alkoholrausch benommen darnieder. Sie schienen in ihrem Missmut in einer Art Gemeinschaft und gemeinsamer Auffassung vereint, die Welt zu verschmähen, als gäbe es andere, dieser vorzuziehende Sphären des Daseins. Ihr Aussehen --- besonders die starrenden Augen, die nie zu blinzeln schienen --- war sicherlich schockierend genug und ihre Stimmen klangen abscheulich. Es war entsetzlich, sie in ihren Kirchen des nachts singen zu hören, besonders zu ihren Hauptfestivitäten oder Erneuerungszeremonien, die zweimal im Jahr, am 30. April und am 31. Oktober stattfanden.

Sie waren dem Wasser zugetan und schwammen häufig, sowohl im Fluss als auch im Hafenbecken. Häufig fanden Schwimmwettkämpfe raus zum Devil Reef statt und jedermann schien fähig, sich an diesem anstrengenden Sport zu beteiligen. Wenn man es sich recht überlegt, so waren in der Öffentlichkeit generell nur eher junge Leute zu sehen und von diesen schienen die ältesten am entstelltesten auszusehen. Ausnahmen waren meist Leute ohne jede Spur von Anomalie, wie der alte Angestellte im Hotel. Man mochte sich fragen, was aus der Masse an älteren Leuten wurde und ob das „Innsmouth-Aussehen“ nicht ein seltsames und heimtückisches Krankheitssymptom sei, das sein Opfer mehr und mehr ergriff, während die Jahre vorbeigingen.

Natürlich könnte nur ein sehr seltenes Leiden solche enormen und drastischen anatomischen Veränderungen in einem einzelnen, ausgewachsenen Individuum hervorrufen --- Veränderungen, die Einfluss auf den Knochenbau bis zur Grundform des Schädels nahmen --- jedoch war nicht einmal dieser Gesichtspunkt rätselhafter oder beispielloser als die sichtbaren Züge der Krankheit im Ganzen. Es sei schwer, so bemerkte der Junge, zu diesem Thema irgendwelche wirklichen Schlüsse zu ziehen, da man die Einwohner nie persönlich kennenlerne, ganz gleich wie lang man in Innsmouth leben möge.

Der Jüngling war sich sicher, dass Exemplare, noch schlimmer als die schlimmsten sichtbaren, in einigen der Häuser eingeschlossen gehalten wurden. Manchmal hörten Leute die seltsamsten Geräusche. Die wackeligen Bruchbuden nördlich des Flusses waren angeblich durch geheime Tunnel verbunden und boten somit ein wahres Labyrinth ungesehener Abartigkeiten. Welch fremdes Blut --- falls überhaupt welches --- in diesen Wesen floss, war unmöglich zu sagen. Sie hielten manchmal diverse besonders widerwärtige Gestalten außer Sichtweite, wenn Regierungsbeamte und andere aus der Außenwelt in die Stadt kamen.

Es wäre sinnlos, so mein Informant, die Einwohner irgendetwas über den Ort zu fragen. Der einzige, der reden mochte, war ein sehr alter, doch normal aussehender Mann, der im Armenhaus am nördlichen Rand der Stadt wohnte und seine Zeit herumstreunend oder vor dem Feuerwehrhaus lungernd herumbrachte. Dieser ergraute Kerl, Zadok Allen, war sechsundneunzig Jahre alt, etwas wirr im Kopf und außerdem der städtische Trunkenbold. Er war ein eigenartiges, verstohlenes Geschöpf und schaute ständig über seine Schulter als ob er in Furcht vor etwas lebe. Wenn er nüchtern war, konnte er überhaupt nicht dazu überredet werden, mit Fremden zu sprechen. Er war jedoch nicht im Stande, seinem liebsten Gift zu widerstehen und sobald er betrunken war, würde er die erstaunlichsten Fragmente geflüsterter Erinnerungen von sich geben.

Insgesamt jedoch, könnten kaum sinnvolle Einzelheiten von ihm gewonnen werden, da seine Geschichten allesamt irrsinnige, unvollständige Hirngespinste unmöglichen Wunders und Entsetzens die keinen anderen Ursprung als seine eigene gestörte Fantasie haben können. Niemand glaubte ihm jemals, doch die Einwohner mochten nicht, wenn er trank und mit Fremden sprach und es war nicht immer sicher, gesehen zu werden wie man ihn befragte. Er war es wahrscheinlich von dem sich einige der wildesten bekannten Gerüchte und Irrtümer ableiteten.