Dialekte Hotline: Sächsisch
Hallo und herzlich willkommen bei der Dialekte-Hotline.
Mit welchen Dialekt kann ich Ihnen heute helfen? - Mit Sächsisch bitte!
Gerne. Einen Moment, ich verbinde Sie.
Gliggauf, Clemens hier. Ich bin 31, Projektmanager für Medien
und ich spreche Sächsisch.
Hallo Clemens! Freut mich, dich kennenzulernen.
Wo wird denn dein Dialekt überall gesprochen in Deutschland?
Mein Dialekt ist ein recht exklusiver Dialekt, der wird tatsächlich nur in Ostdeutschland, also in Sachsen, gesprochen.
Und der Dialekt, den ich spreche, der wird in einem Gebirgsteil von Sachsen gesprochen, das ist das Erzgebirge.
Und was, würdest du sagen, ist das Besondere an deinem Dialekt?
Dass einige Worte entweder in die Länge gezogen und manche aber auch sehr stark verkürzt sind.
Mach mal ein Beispiel für eine Verkürzung von Silben.
Zum Beispiel das Wort „fertig“ wird im Sächsischen einfach als „fertsch“ zusammengefasst.
„Fertsch“? Nee, ne? - „Fertsch“ war sehr gut.
Yes! „Fertsch“!
Clemens, kann du mal so einen Beispielsatz auf Sächsisch sagen, der mir im Alltag weiterhelfen könnte?
Also, wenn du bei uns in Freiberg im Erzgebirge zum Beispiel eine Spezialität bestellen willst, die Freiberger Eierschecke,
dann solltest du dazu sagen: „Die muss ah scheen loofsch sin.“
Und dann bekommst du das beste Stück der Eierschecke.
„Eene Eierschegge bitte und die muss ah scheen loofsch sin.“
Fast. „Loofsch“. - „Loofsch“. - Genau.
Was heißt denn „loofsch“? „Loofsch“ heißt „laufig“.
Also die Eierschecke ist nicht ganz fertig gebacken und ist innen quasi noch weich
und wenn sie beim Anschneiden ausläuft, dann ist das ein Qualitätsmerkmal.
„Loofsch sin“ ... das muss so ineinander übergehen, ne? - Genau.
Ein perfekter sächsischer Satz geht quasi wie ein Wort aus der Kehle raus und dir direkt hingeschmissen.
So, das war jetzt, finde ich, ein gutes Warm-up, Clemens.
Wir gehen mal ein paar Vokabeln durch, würde ich sagen.
Was würde heißen „ich liebe dich“?
„Ich liebe dich“ wäre im Sächsischen quasi auch als ein Wort zusammengezogen.
Ein wunderbar romantisches „Schliebdsch“.
„Schliebdsch“.
Lass dir vorher gesagt sein: Sächsisch ist kein so gut geeigneter Dialekt, um zu flirten.
Sexy ist anders.
Was würde man denn zu jemandem sagen, der etwas richtig gut gemacht hat?
Wenn er eine richtig gute Eierschecke bestellt hat?
Zum Beispiel kann man sagen: „Ei, vorbibbsch! Des hosde scheen gemocht.“
„Ei, vorbibbsch! Des hosde scheen gemocht.“
Sehr gut! Das hast *du* schön gemacht.
Danke!
Und was bedeutet „Ei, vorbibbsch“?
Zur Verwunderung ist das ein Ausdruck oder zur Feststellung.
Und wenn ich jemanden siezen würde, wie würde sich das anhören?
Im Sächsischen siezt man weniger, aber was häufig auch als Witz gebraucht wird
in der Sie-Form ist: „Gönnse vleisch ma?“
„Gönnse vleisch ma?“ - Genau. „Gönnse vleisch ma“.
„Gönnse vleisch ma de Nummer gehm?“
Ja. Das ist vor allem für die ältere Generation witzig, weil es sehr nah
an „Gänsefleisch“ ist, aber trotzdem bedeutet: „Könnten sie eventuell mal...?“
Wie würde ich denn sagen: „Entschuldigen Sie bitte, wo ist die nächste U-Bahn-Haltestelle?“
Dann würdest du sagen „Tschultsche“ ... - „Tschultsche“ heißt „Entschuldigung“?
Genau. „Tschultschen Se, wo fährd'n hier de Bimmelbahn?“
„Wo fährd'n hier de Bimmelbahn?“
Und die Bimmelbahn ist alles, was auf Schienen fährt.
Hast du manchmal Probleme, wenn du Sächsisch sprichst, mit deinem Dialekt dann?
Ja. Das Kennenlernen, das Ernst-Genommen-Werden und wenn man im Bereich Flirten oder
partnerschaftliche Beziehung ist.... Meine Freundin findet viele Sachen an mir attraktiv,
aber meinen sächsischen Dialekt bestimmt nicht.
Also, das zieht sich nach wie vor, dass das eher als unsexy wahrgenommen wird, das Sächsische.
Welche Klischees, würdest du sagen, gibt es gegenüber Sächsisch sprechenden Menschen?
Auf jeden Fall, dass sie quasi weniger intelligent sind, weniger mitkriegen von der Welt.
Also das Thema des „dunkeldeutschen Ostens“,
das ist auf jeden Fall mit Sachsen, glaube ich, am stärksten assoziiert.
Und natürlich - das hat jetzt eine gewisse Aktualität - auch das Politische,
dass dort eben eher rechts verortet wird.
Und dass wir Sachsen weniger aufgeschlossen der Welt gegenüber sind.
Und findest du, diese Vorurteile oder Klischees, die stimmen?
In Teilen ja, das Meiste nicht.
Was ich auf jeden Fall nicht bestätigen würde, ist dass es in Sachsen mehr bildungsfernere Schichten gibt
oder dass hier das intellektuelle Niveau zu gering ist.
Es gibt ja auch so in jedem Dialekt Wörter, wo man wirklich niemals drauf kommen würde was sie bedeuten.
Hast du da ein paar Beispiele für mich mitgebracht aus dem Sächsischen?
Das „Schnubbdischl“. - „Schnubbdischl“?
„Schnubbdischl“ ... Taschentuch?
Ja, richtig - Wirklich? Nee! - Sehr gut.
Clemens, ich würde sagen, ich bin jetzt bereit für die Dialekte-Challenge.
Du sagst ein richtig schwierigen Satz auf Sächsisch und ich versuche, ihn zu lernen.
Schieß los!
Also, ein klassischer Satz, den man früher häufiger von der Oma gehört hat, war:
„Or du Priezl, nemm de Pfoten vum Schwibbogen.“
„Or du Priezl, nemm de Pfoten vum Schwibbogen.“
Sehr gut. Nur das „o“ vom „Schwibbogen“ ist quasi ein „u“: „Schwibbuchen.“
„Nemm de Pfoten vum Schwibbogen.“
Oooh, perfekt. - Wirklich?
Ja. Das war dein bester Satz bisher.
Was heißt das?
Das heißt: „Oh, du ungezogener Junge, nimm deine Finger vom Schwibbogen“.
Was ist ein Schwibbogen?
Ein Schwibbogen ist eine Laubsägearbeit, die man traditionellerweise ins Fenster stellt als Weihnachtsdekoration.
Aaah ... okay!
Danke, Clemens! - Danke dir!
Des war schee.
Des war de Dialekte-Hotline uff Sächsch.
Was ist euer Lieblingswort auf Sächsisch?
Schreibt es mir unten in die Kommentare rein.
Ich hole mir jetzt erst mal ein Schnubbdischl.