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Das Universum - Terra X, Lebt die Milchstraße? | Harald Lesch (2)

Lebt die Milchstraße? | Harald Lesch (2)

Wenn wir zu weit draußen sind, da haben wir zu wenig Sterne.

Sind wir zu weit drinnen, sind die Sterne so nah beieinander, dass sie sich

möglicherweise die Planeten - wenn sie welche hätten - gegenseitig wegreißen.

Also gibt es praktisch einen Grüngürtel. Einen grünen Bereich,

in dem überhaupt nur Leben in einer Scheibengalaxie wie unserer entstehen kann.

Und das Ganze wird garantiert durch das Gravitationspotenzial der Milchstraße.

Denn wenn die Milchstraße nicht da wäre, dann würden diese Gase, die die

Supernova-Explosion ins interstellare Material hinaustreiben, einfach verschwinden.

Die sind so schnell, die würden verschwinden.

Aber die Gravitation der Milchstraße hält das Material hier, bei uns.

Und dabei erhält die Milchstraße die ganze Zeit ihre Form.

Sie bleibt eine rotierende Scheibe, die sich um das Zentrum herum dreht.

Und in dieser Scheibe bilden sich Spiralarme, in den Spiralarmen bilden sich Wolken,

in den Wolken bilden sich Sterne. [Musik] Etliche davon explodieren,

geben es wieder zurück. Also genau wie Gaia mit ihren Kreisläufen,

hat auch die Milchstraße ihre Kreisläufe. Und sogar das Material,

das sich von der galaktischen Scheibe erhebt, fällt wieder runter und wird dann in

der galaktischen Rotation praktisch untergepflügt und macht da weiter.

Und so kann es neu durchmischt werden, kann sich neu organisieren und letzten Endes

könnte man sogar unsere eigene Existenz zurückführen auf eine Supernova,

die z.B. ein paar Mio. Jahre vor der Entstehung unserer Sonne entstanden ist.

Also diese Selbstregulationsmechanismen in der Milchstraße gibt es.

Jetzt kann man sich natürlich fragen: Ist die Milchstraße dann eine besondere Galaxie,

eine besonder Form von Galaxie, die besonders für Leben ausgerichtet ist?

Ist das ein Organismus, der Material umbaut und dabei systematisch die Bedingungen

für Leben immer mehr und mehr verbessert, indem z.B. immer mehr Sterne entstehen,

die immer mehr Planeten haben können?

Wie sieht es denn bei anderen Galaxien aus? Wie ist es z.B. bei elliptischen Galaxien?

Ja, elliptische Galaxien sind ganz anders als unsere Milchstraße.

Z.B. M87: In der Mitte von M87 liegt ein schweres schwarzes Loch.

3 Mrd. Sonnenmassen. [Musik]

Man hat den Schatten schon gesehen. Hier, Event Horizon Telescope.

Das wissen wir, das ist ein aktiver galaktischer Kern. Aber das ist praktisch nur das

zentralste Zentrum. Drum herum eine Riesen-Galaxie, ein Vieh von einer Galaxie,

eine Riesen-Ellipse. Da sausen die Sterne durcheinander,

also nichts mit Rotation wie in einer Scheibengalaxie, schön geordnet, dünne Scheibe.

Nein, sondern hier sausen die Sterne. In den elliptischen Galaxien sausen die Sterne

wie in einem Bienenschwarm durcheinander und offenbar gibt es Sternentstehungen

in elliptischen Galaxien genau ein Mal [Schnipsen] und dann nie wieder.

Das ist also eine ganz andere Dynamik.

M87, wenn ich das Mal so sagen darf, ist eine Galaxie mit Adipositas.

Die ist völlig überfettet. Ich meine, das Ding steckt in der Mitte vom Virgo-Haufen

und hat wahrscheinlich tausende, wenn nicht abertausende an Galaxien

in sich aufgenommen und gefressen. Das sieht man fast in jedem großen

Galaxienhaufen. In der Mitte hängt so eine Riesen-Ellipse rum, also eine tote Galaxie,

und die fressen alle Galaxien, die in ihrer Nähe sind.

Wenn wir in dem Sprachbild von lebendigen Galaxien bleiben,

ist M87 eher eine tote Galaxie. Ein Monster, um ganz ehrlich zu sein.

Aber dann gibt es noch ein Phänomen, das mind. genauso interessant sein könnte

was die Frage der Belegbarkeit von ganzen Galaxien betrifft.

Nämlich die Verschmelzung von Galaxien.

[Musik] Dass Galaxien miteinander verschmelzen, ist ja klar. Ich meine, ihr habt natürlich

schon davon gehört, dass das Universum expandiert. Klar, es treibt alles auseinander.

Aber es gibt eben Bereiche, in denen Galaxien aufeinander zufliegen,

miteinander verschmelzen. So gibt es z.B. die Antennengalaxien,

die sind schon miteinander, d.h. sie verschmelzen aktuell miteinander.

Und da ist momentan unglaublich viel los: Sternentstehungsausbrüche noch und nöcher.

Und da, wo viele Sterne entstehen, entstehen auch viele große Sterne,

also Supernova-Explosionen. Bei den Antennengalaxien,

also diesen beiden Spiralgalaxien, die miteinander verschmelzen,

könnte man schon fast von einem Todeskampf sprechen.

Die sind also noch lebendig, aber so wie es aussieht, wird aus denen irgendwann

eine tote Galaxie werden. Jetzt gerade werden praktisch nochmal

Sterne gemacht, aber möglicherweise war es das dann auch.

Eine andere Geschichte ließe sich übrigens in dem Zusammenhang auch noch erzählen.

Nämlich, dass Andromeda und unsere Milchstraße miteinander verschmelzen werden.

Also unsere Milchstraße ist nicht eine für immer lebendige Galaxie,

sondern sie wird in 5-6 Mrd. Jahren mit der Nachbarin Andromeda verschmelzen.

Und die Expertinnen und Experten sind sich noch nicht sicher, was dabei herauskommt.

Einige sagen, die beiden werden sich miteinander verschmelzen und werden dann

eine gemeinsame elliptische Galaxie oder eine S0-Galaxie darstellen.

Also eine Lentikularis-Galaxie,eine linsenförmige Galaxie, die nur aus Sternen besteht;

das muss man sich mal überlegen; die also auch kein Gas mehr hat. Das sind dann also

auch irgendwie tote Galaxien, da passiert nichts mehr. Aber das ist ja noch etwas hin.

Mit diesem systemischen Gedanken, dass eine Milchstraße ein Organismus sein könnte,

also sowas wie eine lebendige Selbstregulierung besitzen kann,

kann man eine ganze Menge darüber lernen, große, ganz große Systeme zu untersuchen.

D.h. man schaut sich an, welche Energie kommt darein, welche Energie ist überhaupt da

und wie wird sie verteilt auf die verschiedenen Bereiche.

Bei uns in der Milchstraße haben offenbar die Rotation und die Eigengravitation der

Milchstraße dazu geführt, dass sich seit vielen Mrd. Jahren durch Spiralarme praktisch

immer wieder neue Wellen von Sternentstehungen in unserer Milchstraße ausbreiten.

[Musik] Und dadurch, dass es immer wieder zur Sternentstehung gekommen ist,

kommt es immer häufiger und häufiger zur Bildung von Felsenplaneten.

Weil die Sternentstehung auch Supernovae produziert, die die Materie ins interstellare

Medium zurückbringt und es dabei möglich macht, dass wieder neue Sterne entstehen,

die jetzt mehr schwere Elemente besitzen und dabei die Möglichkeit für Planeten

immer wahrscheinlicher wird. Und wenn Planeten da sind, dann könnten es auch Planeten

sein, die die richtigen Bedingungen haben. D.h. dieser systemische Blick auf die

die ganze Milchstraße macht aus der Milchstraße mehr als nur ein astronomisches Objekt.

Es macht aus ihr unser kosmisches Zuhause.


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Wenn wir zu weit draußen sind, da haben wir zu wenig Sterne.

Sind wir zu weit drinnen, sind die Sterne so nah beieinander, dass sie sich

möglicherweise die Planeten - wenn sie welche hätten - gegenseitig wegreißen.

Also gibt es praktisch einen Grüngürtel. Einen grünen Bereich,

in dem überhaupt nur Leben in einer Scheibengalaxie wie unserer entstehen kann.

Und das Ganze wird garantiert durch das Gravitationspotenzial der Milchstraße.

Denn wenn die Milchstraße nicht da wäre, dann würden diese Gase, die die

Supernova-Explosion ins interstellare Material hinaustreiben, einfach verschwinden.

Die sind so schnell, die würden verschwinden.

Aber die Gravitation der Milchstraße hält das Material hier, bei uns.

Und dabei erhält die Milchstraße die ganze Zeit ihre Form.

Sie bleibt eine rotierende Scheibe, die sich um das Zentrum herum dreht.

Und in dieser Scheibe bilden sich Spiralarme, in den Spiralarmen bilden sich Wolken,

in den Wolken bilden sich Sterne. [Musik] Etliche davon explodieren,

geben es wieder zurück. Also genau wie Gaia mit ihren Kreisläufen,

hat auch die Milchstraße ihre Kreisläufe. Und sogar das Material,

das sich von der galaktischen Scheibe erhebt, fällt wieder runter und wird dann in

der galaktischen Rotation praktisch untergepflügt und macht da weiter.

Und so kann es neu durchmischt werden, kann sich neu organisieren und letzten Endes

könnte man sogar unsere eigene Existenz zurückführen auf eine Supernova,

die z.B. ein paar Mio. Jahre vor der Entstehung unserer Sonne entstanden ist.

Also diese Selbstregulationsmechanismen in der Milchstraße gibt es.

Jetzt kann man sich natürlich fragen: Ist die Milchstraße dann eine besondere Galaxie,

eine besonder Form von Galaxie, die besonders für Leben ausgerichtet ist?

Ist das ein Organismus, der Material umbaut und dabei systematisch die Bedingungen

für Leben immer mehr und mehr verbessert, indem z.B. immer mehr Sterne entstehen,

die immer mehr Planeten haben können?

Wie sieht es denn bei anderen Galaxien aus? Wie ist es z.B. bei elliptischen Galaxien?

Ja, elliptische Galaxien sind ganz anders als unsere Milchstraße.

Z.B. M87: In der Mitte von M87 liegt ein schweres schwarzes Loch.

3 Mrd. Sonnenmassen. [Musik]

Man hat den Schatten schon gesehen. Hier, Event Horizon Telescope.

Das wissen wir, das ist ein aktiver galaktischer Kern. Aber das ist praktisch nur das

zentralste Zentrum. Drum herum eine Riesen-Galaxie, ein Vieh von einer Galaxie,

eine Riesen-Ellipse. Da sausen die Sterne durcheinander,

also nichts mit Rotation wie in einer Scheibengalaxie, schön geordnet, dünne Scheibe.

Nein, sondern hier sausen die Sterne. In den elliptischen Galaxien sausen die Sterne

wie in einem Bienenschwarm durcheinander und offenbar gibt es Sternentstehungen

in elliptischen Galaxien genau ein Mal [Schnipsen] und dann nie wieder.

Das ist also eine ganz andere Dynamik.

M87, wenn ich das Mal so sagen darf, ist eine Galaxie mit Adipositas.

Die ist völlig überfettet. Ich meine, das Ding steckt in der Mitte vom Virgo-Haufen

und hat wahrscheinlich tausende, wenn nicht abertausende an Galaxien

in sich aufgenommen und gefressen. Das sieht man fast in jedem großen

Galaxienhaufen. In der Mitte hängt so eine Riesen-Ellipse rum, also eine tote Galaxie,

und die fressen alle Galaxien, die in ihrer Nähe sind.

Wenn wir in dem Sprachbild von lebendigen Galaxien bleiben,

ist M87 eher eine tote Galaxie. Ein Monster, um ganz ehrlich zu sein.

Aber dann gibt es noch ein Phänomen, das mind. genauso interessant sein könnte

was die Frage der Belegbarkeit von ganzen Galaxien betrifft.

Nämlich die Verschmelzung von Galaxien.

[Musik] Dass Galaxien miteinander verschmelzen, ist ja klar. Ich meine, ihr habt natürlich

schon davon gehört, dass das Universum expandiert. Klar, es treibt alles auseinander.

Aber es gibt eben Bereiche, in denen Galaxien aufeinander zufliegen,

miteinander verschmelzen. So gibt es z.B. die Antennengalaxien,

die sind schon miteinander, d.h. sie verschmelzen aktuell miteinander.

Und da ist momentan unglaublich viel los: Sternentstehungsausbrüche noch und nöcher.

Und da, wo viele Sterne entstehen, entstehen auch viele große Sterne,

also Supernova-Explosionen. Bei den Antennengalaxien,

also diesen beiden Spiralgalaxien, die miteinander verschmelzen,

könnte man schon fast von einem Todeskampf sprechen.

Die sind also noch lebendig, aber so wie es aussieht, wird aus denen irgendwann

eine tote Galaxie werden. Jetzt gerade werden praktisch nochmal

Sterne gemacht, aber möglicherweise war es das dann auch.

Eine andere Geschichte ließe sich übrigens in dem Zusammenhang auch noch erzählen.

Nämlich, dass Andromeda und unsere Milchstraße miteinander verschmelzen werden.

Also unsere Milchstraße ist nicht eine für immer lebendige Galaxie,

sondern sie wird in 5-6 Mrd. Jahren mit der Nachbarin Andromeda verschmelzen.

Und die Expertinnen und Experten sind sich noch nicht sicher, was dabei herauskommt.

Einige sagen, die beiden werden sich miteinander verschmelzen und werden dann

eine gemeinsame elliptische Galaxie oder eine S0-Galaxie darstellen.

Also eine Lentikularis-Galaxie,eine linsenförmige Galaxie, die nur aus Sternen besteht;

das muss man sich mal überlegen; die also auch kein Gas mehr hat. Das sind dann also

auch irgendwie tote Galaxien, da passiert nichts mehr. Aber das ist ja noch etwas hin.

Mit diesem systemischen Gedanken, dass eine Milchstraße ein Organismus sein könnte,

also sowas wie eine lebendige Selbstregulierung besitzen kann,

kann man eine ganze Menge darüber lernen, große, ganz große Systeme zu untersuchen.

D.h. man schaut sich an, welche Energie kommt darein, welche Energie ist überhaupt da

und wie wird sie verteilt auf die verschiedenen Bereiche.

Bei uns in der Milchstraße haben offenbar die Rotation und die Eigengravitation der

Milchstraße dazu geführt, dass sich seit vielen Mrd. Jahren durch Spiralarme praktisch

immer wieder neue Wellen von Sternentstehungen in unserer Milchstraße ausbreiten.

[Musik] Und dadurch, dass es immer wieder zur Sternentstehung gekommen ist,

kommt es immer häufiger und häufiger zur Bildung von Felsenplaneten.

Weil die Sternentstehung auch Supernovae produziert, die die Materie ins interstellare

Medium zurückbringt und es dabei möglich macht, dass wieder neue Sterne entstehen,

die jetzt mehr schwere Elemente besitzen und dabei die Möglichkeit für Planeten

immer wahrscheinlicher wird. Und wenn Planeten da sind, dann könnten es auch Planeten

sein, die die richtigen Bedingungen haben. D.h. dieser systemische Blick auf die

die ganze Milchstraße macht aus der Milchstraße mehr als nur ein astronomisches Objekt.

Es macht aus ihr unser kosmisches Zuhause.