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Der Schatz von Franchard - Robert Louis Stevenson, Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 02

Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 02

»Aber du hast doch immer gesagt – wenigstens habe ich dich so verstanden – « sagte Madame, »daß diese Burschen auch nicht die geringste Phantasie bezeigten.«

»Meine Liebe, sie haben Phantasie bezeigt, und zwar von sehr phantastischer Art,« entgegnete der Doktor, »als sie ihren bettlerhaften Beruf ergriffen. Außerdem – dieses Argument wird genau auf deinem intellektuellen Niveau stehen – sind viele von ihnen Engländer und Amerikaner. Wo sonst sollten wir denn einen Dieb suchen? Und jetzt siehst du wohl am besten nach deinem Kaffee. Weil uns ein Schatz verloren gegangen ist, brauchen wir noch nicht zu hungern. Ich für meinen Teil werde mein Frühstück mit Weißwein beginnen. Ich fühle mich ganz unerklärlich erhitzt und hungrig. Ich vermag das nur dem Schrecken über die Entdeckung zuzuschreiben. Dennoch müßt ihr mir das Zeugnis ausstellen, daß ich die Aufregung großartig getragen habe.«

Der Doktor hatte sich inzwischen wieder in vorzügliche Laune hineingeredet, und während er so in der Laube saß und langsam eine große Portion Weißwein hinuntergoß und mit nicht sehr stürmischem Appetit an einem kleinen Brocken Brot und Käse knabberte, weilten seine Gedanken, wenn auch zu einem Drittel bei dem verschwundenen Schatz, so doch zu zwei Drittel in angenehmster Weise bei seiner Geschicklichkeit als Detektiv.

Etwa um elf Uhr traf Casimir ein; er hatte einen Frühzug nach Fontainebleau benutzt und war, um Zeit zu sparen, von dort aus mit dem Wagen gefahren. Jetzt war dieser bei Tentaillon untergestellt, und seine Uhr zu Rate ziehend, meinte er, daß er anderthalb Stunden Zeit hätte. Er kehrte in vieler Hinsicht den Geschäftsmann heraus, war kurz und energisch von Rede und liebte es, auf intellektuelle Art die Stirn zu runzeln. Als Anastasies leiblicher Bruder verschwendete er an diese Dame nicht viel Gefühl, sondern gab ihr nach englischer Familienart einen Kuß und verlangte unverzüglich zu essen.

»Ihr könnt mir eure Geschichte beim Essen erzählen,« bemerkte er. »Gibt's was Gutes heute, Stasie?«

Man versprach ihm was Gutes. Das Trio setzte sich in der Laube zu Tisch. Jean-Marie aß mit und wartete zugleich auf, und der Doktor berichtete im blumigsten Erzählerstil, was ihm zugestoßen war. Casimir hörte unter Lachexplosionen zu.

»Welch fortgesetzter Dusel, mein guter Bruder,« bemerkte er, als der Bericht zu Ende war. »Wärest du nach Paris gezogen, du hättest die ganze Geschichte in drei Monaten durchgebracht. Dein eigenes Vermögen wäre den gleichen Weg gegangen, und du wärst wieder einmal als Bittsteller zu mir gekommen, wie das vorige Mal. Aber ich warne dich – Stasie mag ruhig weinen und Henri seine logischen Beweise ziehen – ein zweites Mal kommt ihr damit nicht durch. Euer nächster Zusammenbruch wird endgültig sein. Ich meinte, dir das schon einmal gesagt zu haben, Stasie? He? Noch immer keine Vernunft?«

Der Doktor war zusammengezuckt und hatte Jean-Marie verstohlen angesehen; aber der Junge schien apathisch.

» Aber was seid ihr auch für Kinder,« brach Casimir von neuem los, »ungezogene Kinder, bei Gott! Wie konntet ihr den Wert von all dem Plunder bestimmen? Vielleicht taugte er überhaupt nichts oder doch nur wenig.«

»Verzeihung,« sagte der Doktor. »Ich sehe, du redest mit deinem üblichen Temperament, aber mit noch weniger Überlegung als gewöhnlich. Ich bin nicht so ganz unbewandert in diesen Angelegenheiten.«

»Nicht so ganz unbewandert in allem, was mir je zu Ohren gekommen ist,« unterbrach ihn Casimir, indem er sich erhob und ihm mit einer Art naseweiser Höflichkeit zuprostete.

»Zum mindesten habe ich mich mit der Sache befaßt,« fuhr der Doktor fort,» – das wirst du mir wohl glauben – meiner Schätzung nach mußte unser Kapital etwa verdoppelt werden.« Und er schilderte ihm die Art des Fundes.

»Bei meinem Wort!« sagte Casimir, »ich glaube dir halb und halb! Doch hängt natürlich viel von der Qualität des Goldes ab.«

»Die Qualität, mein lieber Casimir, war – – «Und der Doktor küßte mangels der Worte seine Fingerspitzen.

»Auf dein Wort würde ich mich nicht verlassen, mein lieber Freund,« antwortete der Mann der Geschäfte. »Du bist ein Mensch mit sehr rosigen Ansichten. Aber dieser Raub,« fuhr er fort, »dieser Raub ist eine seltsame Sache. Natürlich übergehe ich deinen Unsinn mit Banden und Landschaftsmalern und so weiter. Mir ist das alles nur ein Traum. Wer war denn gestern hier im Hause?«

»Niemand außer uns,« war die Antwort des Doktors.

»Und dieser junge Herr da?« fragte Casimir, mit einem Ruck seines Kopfes in der Richtung von Jean-Marie.

»Er auch« – verbeugte sich der Doktor.

»Nun, und wenn die Frage gestattet ist, wer ist er?« fuhr der Schwager fort.

»Jean-Marie,« erwiderte der Doktor, »vereinigt in sich die Eigenschaften eines Sohnes und eines Stalljungen. Er begann als letzterer, ist jedoch rasch zu dem ehrenvolleren Rang in unserer Neigung gestiegen. Er ist, das kann ich ruhig behaupten, unser größter Trost im Leben.«

»Ha!« sagte Casimir. »Und bevor er einer von euch wurde?«

»Jean-Marie hat ein außerordentliches Leben geführt; seine Erlebnisse waren in der Hauptsache bildend,« entgegnete Doktor Desprez. »Hätte ich für meinen Sohn eine Erziehung zu wählen gehabt, ich hätte ihm die gleiche ausgesucht. Da er mit Gauklern und Dieben anfing und zu der Gesellschaft und Freundschaft von Philosophen überging, kann man von ihm behaupten, daß er das Buch des Lebens im Fluge gelesen hat.«

»Dieben?« wiederholte der Schwager mit nachdenklicher Miene.

Der Doktor hätte sieh die Zunge ausbeißen mögen. Er sah voraus, was kommen mußte, und bereitete sieh im Geist auf eine kräftige Verteidigung vor.

»Hast du jemals selbst gestohlen?« fragte Casimir, indem er sich plötzlich nach Jean-Marie umdrehte und zum erstenmal ein am Halse befestigtes Monokel in Bewegung setzte.

»Ja, Herr,« erwiderte der Junge mit tiefem Erröten. Casimir wandte sich mit aufgeworfenen Lippen wieder den anderen zu und nickte bedeutungsvoll. »He?« sagte er, »was sagt ihr dazu?«

»Jean-Marie gibt der Wahrheit die Ehre,« versetzte der Doktor sich in die Brust werfend.

»Er hat noch niemals gelogen,« fügte Madame hinzu. »Er ist der beste aller Jungen.«

»Noch niemals gelogen, so, so,« bemerkte Casimir. »Sonderbar, höchst sonderbar. Schenk mir mal deine Aufmerksamkeit, mein junger Freund,« fuhr er fort. »Du wußtest von diesem Schatz?«

»Er hat geholfen, ihn nach Haufe zu bringen,« warf der Doktor dazwischen.

»Desprez, ich bitte dich um das eine, den Mund zu halten,« versetzte Casimir. »Ich beabsichtige diesen deinen Stalljungen auszufragen; wenn du seiner Unschuld so sicher bist, so kannst du ihn ja alleine antworten lassen. Also, junger Mann,« redete er weiter, sein Einglas geradewegs auf Jean-Marie gerichtet, »du wußtest also, daß er ohne Gefahr einer Strafe gestohlen werden konnte? Du wußtest, daß man dich nicht gerichtlich belangen konnte? Heraus mit der Sprache! Ja oder nein?«

»Ich wußte es,« antwortete Jean-Marie in jämmerlichem Flüsterton.

»Du sagst, du wärest früher ein Dieb gewesen,« fuhr Casimir fort. »Wie soll ich da wissen, daß du jetzt keiner mehr bist? Ich nehme an, du bist imstande, das grüne Tor zu überklettern.«

»Ja,« noch leiser, seitens des Schuldigen.

»Nun, dann bist du es auch gewesen, der diese Sachen gestohlen hat. Du weißt es, du wagst es nicht zu leugnen. Sieh mir ins Gesicht! Sieh mich an mit deinen Schleicheraugen, und antworte!«

Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 02 Chapter Six - A Criminal Investigation - 02 Capítulo Seis - Una investigación criminal - 02 Capítulo Seis - Uma investigação criminal - 02 第六章 - 刑事调查 - 02

»Aber du hast doch immer gesagt – wenigstens habe ich dich so verstanden – « sagte Madame, »daß diese Burschen auch nicht die geringste Phantasie bezeigten.« "But you always said - at least, that's how I understood you," said Madame, "that these guys didn't show the slightest hint of imagination."

»Meine Liebe, sie haben Phantasie bezeigt, und zwar von sehr phantastischer Art,« entgegnete der Doktor, »als sie ihren bettlerhaften Beruf ergriffen. "My dear, they did show imagination, and of a very fantastical kind," the doctor replied, "when they took up their beggarly profession. Außerdem – dieses Argument wird genau auf deinem intellektuellen Niveau stehen – sind viele von ihnen Engländer und Amerikaner. Furthermore - this argument will be right up to your intellectual level - many of them are English and Americans. Wo sonst sollten wir denn einen Dieb suchen? else should we look for a thief? Und jetzt siehst du wohl am besten nach deinem Kaffee. And now, you should probably look for your coffee. Weil uns ein Schatz verloren gegangen ist, brauchen wir noch nicht zu hungern. Just because a treasure has been lost, doesn't mean we need to starve. Ich für meinen Teil werde mein Frühstück mit Weißwein beginnen. For my part, I will start my breakfast with white wine. Ich fühle mich ganz unerklärlich erhitzt und hungrig. I feel inexplicably heated and hungry. Ich vermag das nur dem Schrecken über die Entdeckung zuzuschreiben. I can only attribute that to the shock of the discovery. Dennoch müßt ihr mir das Zeugnis ausstellen, daß ich die Aufregung großartig getragen habe.« Nevertheless, you must testify that I bore the excitement magnificently."

Der Doktor hatte sich inzwischen wieder in vorzügliche Laune hineingeredet, und während er so in der Laube saß und langsam eine große Portion Weißwein hinuntergoß und mit nicht sehr stürmischem Appetit an einem kleinen Brocken Brot und Käse knabberte, weilten seine Gedanken, wenn auch zu einem Drittel bei dem verschwundenen Schatz, so doch zu zwei Drittel in angenehmster Weise bei seiner Geschicklichkeit als Detektiv. Meanwhile, the doctor had talked himself back into excellent spirits, and as he sat in the arbor slowly pouring down a large portion of white wine and nibbling on a small piece of bread and cheese with not very ravenous appetite, his thoughts, though one third on the missing treasure, were two thirds pleasantly occupied with his skill as a detective.

Etwa um elf Uhr traf Casimir ein; er hatte einen Frühzug nach Fontainebleau benutzt und war, um Zeit zu sparen, von dort aus mit dem Wagen gefahren. Around eleven o'clock, Casimir arrived; he had taken an early train to Fontainebleau and, to save time, had traveled from there by carriage. Jetzt war dieser bei Tentaillon untergestellt, und seine Uhr zu Rate ziehend, meinte er, daß er anderthalb Stunden Zeit hätte. Now his carriage was stabled at Tentaillon, and consulting his watch, he thought he had an hour and a half to spare. Er kehrte in vieler Hinsicht den Geschäftsmann heraus, war kurz und energisch von Rede und liebte es, auf intellektuelle Art die Stirn zu runzeln. He played the businessman in many ways, was brief and forceful in speech, and enjoyed furrowing his brow in an intellectual manner. Als Anastasies leiblicher Bruder verschwendete er an diese Dame nicht viel Gefühl, sondern gab ihr nach englischer Familienart einen Kuß und verlangte unverzüglich zu essen. As Anastasie's biological brother, he didn't waste much emotion on this lady, but gave her a kiss in the English family style and promptly demanded to eat.

»Ihr könnt mir eure Geschichte beim Essen erzählen,« bemerkte er. "You can tell me your story while we eat," he remarked. »Gibt's was Gutes heute, Stasie?« "Is there something good for lunch today, Stasie?"

Man versprach ihm was Gutes. They promised him something good. Das Trio setzte sich in der Laube zu Tisch. The trio sat down at the table in the arbor. Jean-Marie aß mit und wartete zugleich auf, und der Doktor berichtete im blumigsten Erzählerstil, was ihm zugestoßen war. Jean-Marie ate and waited at the same time, while the doctor reported in the most flowery narrative style what had happened to him. Casimir hörte unter Lachexplosionen zu. Casimir listened amid explosions of laughter.

»Welch fortgesetzter Dusel, mein guter Bruder,« bemerkte er, als der Bericht zu Ende war. "What continued luck, my good brother," he remarked when the report was finished. »Wärest du nach Paris gezogen, du hättest die ganze Geschichte in drei Monaten durchgebracht. "If you had moved to Paris, you would have gone through the whole story in three months. Your own fortune would have gone the same way, and you would have once again come to me as a petitioner, just like last time. Dein eigenes Vermögen wäre den gleichen Weg gegangen, und du wärst wieder einmal als Bittsteller zu mir gekommen, wie das vorige Mal. The doctor had flinched and glanced furtively at Jean-Marie, but the boy seemed apathetic. Aber ich warne dich – Stasie mag ruhig weinen und Henri seine logischen Beweise ziehen – ein zweites Mal kommt ihr damit nicht durch. But I warn you - Stasie may cry and Henri may draw his logical proofs - you won't get through a second time. Euer nächster Zusammenbruch wird endgültig sein. "Apologies," said the doctor. Ich meinte, dir das schon einmal gesagt zu haben, Stasie? "I see you are speaking with your usual temperament, but with even less consideration than usual. I am not completely ignorant in these matters." He? "Not completely ignorant in everything I've ever heard of," Casimir interrupted, rising and toasting him with a kind of impudent politeness. Noch immer keine Vernunft?« "At the very least, I have familiarized myself with the matter," the doctor continued, "you will believe me, I estimate that our capital had to be doubled." And he described the nature of the finding.

Der Doktor war zusammengezuckt und hatte Jean-Marie verstohlen angesehen; aber der Junge schien apathisch. The doctor had flinched and glanced furtively at Jean-Marie; but the boy seemed apathetic.

» Aber was seid ihr auch für Kinder,« brach Casimir von neuem los, »ungezogene Kinder, bei Gott! "But what kind of children you are," Casimir burst out again, "naughty children, by God! How could you determine the value of all that junk? Maybe it was worth nothing at all or very little." Wie konntet ihr den Wert von all dem Plunder bestimmen? Vielleicht taugte er überhaupt nichts oder doch nur wenig.«

»Verzeihung,« sagte der Doktor. "Excuse me," said the doctor. »Ich sehe, du redest mit deinem üblichen Temperament, aber mit noch weniger Überlegung als gewöhnlich. "I see you're talking with your usual temperament, but with even less thought than usual. I am not entirely ignorant in these matters." Ich bin nicht so ganz unbewandert in diesen Angelegenheiten.«

»Nicht so ganz unbewandert in allem, was mir je zu Ohren gekommen ist,« unterbrach ihn Casimir, indem er sich erhob und ihm mit einer Art naseweiser Höflichkeit zuprostete. "Not entirely ignorant in everything I've ever heard of," Casimir interrupted, rising and toasting him with a kind of cheeky politeness.

»Zum mindesten habe ich mich mit der Sache befaßt,« fuhr der Doktor fort,» – das wirst du mir wohl glauben – meiner Schätzung nach mußte unser Kapital etwa verdoppelt werden.« Und er schilderte ihm die Art des Fundes. "At the very least, I have looked into the matter," the doctor continued, "you will believe me - in my estimation, our capital had to be roughly doubled." And he described the nature of the find.

»Bei meinem Wort!« sagte Casimir, »ich glaube dir halb und halb! "By my word!" said Casimir, "I half believe you!" Doch hängt natürlich viel von der Qualität des Goldes ab.« But of course, a lot depends on the quality of the gold."

»Die Qualität, mein lieber Casimir, war – – «Und der Doktor küßte mangels der Worte seine Fingerspitzen. "The quality, my dear Casimir, was – - "And the doctor kissed his fingertips for lack of words.

»Auf dein Wort würde ich mich nicht verlassen, mein lieber Freund,« antwortete der Mann der Geschäfte. "I wouldn't rely on your word, my dear friend," replied the businessman. »Du bist ein Mensch mit sehr rosigen Ansichten. "You are a person with very rosy views." Aber dieser Raub,« fuhr er fort, »dieser Raub ist eine seltsame Sache. But this robbery," he continued, "this robbery is a strange thing. Natürlich übergehe ich deinen Unsinn mit Banden und Landschaftsmalern und so weiter. Of course, I will overlook your nonsense about gangs and landscape painters and so on. Mir ist das alles nur ein Traum. To me, it's all just a dream. Wer war denn gestern hier im Hause?« Who was here in the house yesterday?"

»Niemand außer uns,« war die Antwort des Doktors. "Nobody but us," was the doctor's reply.

»Und dieser junge Herr da?« fragte Casimir, mit einem Ruck seines Kopfes in der Richtung von Jean-Marie. "And this young gentleman here?" Casimir asked, jerking his head in Jean-Marie's direction.

»Er auch« – verbeugte sich der Doktor. "Him too," the doctor nodded.

»Nun, und wenn die Frage gestattet ist, wer ist er?« fuhr der Schwager fort. "Well, if I may ask, who is he?" continued the brother-in-law.

»Jean-Marie,« erwiderte der Doktor, »vereinigt in sich die Eigenschaften eines Sohnes und eines Stalljungen. "Jean-Marie," replied the doctor, "combines the qualities of a son and a stable boy. Er begann als letzterer, ist jedoch rasch zu dem ehrenvolleren Rang in unserer Neigung gestiegen. He started as the latter but quickly rose to the more honorable rank in our affection. Er ist, das kann ich ruhig behaupten, unser größter Trost im Leben.« He is, I can confidently say, our greatest comfort in life."

»Ha!« sagte Casimir. "Ha!" said Casimir. »Und bevor er einer von euch wurde?« "And before he became one of you?"

»Jean-Marie hat ein außerordentliches Leben geführt; seine Erlebnisse waren in der Hauptsache bildend,« entgegnete Doktor Desprez. "Jean-Marie has led an extraordinary life; his experiences have been largely educational," Dr. Desprez replied. »Hätte ich für meinen Sohn eine Erziehung zu wählen gehabt, ich hätte ihm die gleiche ausgesucht. "If I had to choose an education for my son, I would have chosen the same for him. Da er mit Gauklern und Dieben anfing und zu der Gesellschaft und Freundschaft von Philosophen überging, kann man von ihm behaupten, daß er das Buch des Lebens im Fluge gelesen hat.« Starting with jugglers and thieves and moving on to the company and friendship of philosophers, one can say that he has read the book of life in a flash."

»Dieben?« wiederholte der Schwager mit nachdenklicher Miene. "Thieves?" repeated the brother-in-law with a pensive look.

Der Doktor hätte sieh die Zunge ausbeißen mögen. The doctor could have bitten his tongue. Er sah voraus, was kommen mußte, und bereitete sieh im Geist auf eine kräftige Verteidigung vor. He foresaw what was coming and mentally prepared himself for a strong defense.

»Hast du jemals selbst gestohlen?« fragte Casimir, indem er sich plötzlich nach Jean-Marie umdrehte und zum erstenmal ein am Halse befestigtes Monokel in Bewegung setzte. "Have you ever stolen yourself?" Casimir asked, suddenly turning to Jean-Marie and adjusting a monocle attached to his neck for the first time.

»Ja, Herr,« erwiderte der Junge mit tiefem Erröten. "Yes, sir," the boy replied, blushing deeply. Casimir wandte sich mit aufgeworfenen Lippen wieder den anderen zu und nickte bedeutungsvoll. Casimir turned back to the others with his lips pressed together and nodded significantly. »He?« sagte er, »was sagt ihr dazu?« "Well?" he said, "what do you have to say about that?"

»Jean-Marie gibt der Wahrheit die Ehre,« versetzte der Doktor sich in die Brust werfend. "Jean-Marie is telling the truth," the doctor said, puffing out his chest.

»Er hat noch niemals gelogen,« fügte Madame hinzu. "He has never lied," Madame added. »Er ist der beste aller Jungen.« "He is the best of all boys."

»Noch niemals gelogen, so, so,« bemerkte Casimir. "Never lied before, hmm," remarked Casimir. »Sonderbar, höchst sonderbar. "Strange, very strange. Schenk mir mal deine Aufmerksamkeit, mein junger Freund,« fuhr er fort. "Please pay attention to me, my young friend," he continued. »Du wußtest von diesem Schatz?« "Did you know about this treasure?"

»Er hat geholfen, ihn nach Haufe zu bringen,« warf der Doktor dazwischen. "He helped bring it home," the doctor interjected.

»Desprez, ich bitte dich um das eine, den Mund zu halten,« versetzte Casimir. "Desprez, I ask you to please keep quiet," Casimir replied. »Ich beabsichtige diesen deinen Stalljungen auszufragen; wenn du seiner Unschuld so sicher bist, so kannst du ihn ja alleine antworten lassen. "I intend to interrogate this stable boy; if you are so certain of his innocence, you can let him answer alone. Also, junger Mann,« redete er weiter, sein Einglas geradewegs auf Jean-Marie gerichtet, »du wußtest also, daß er ohne Gefahr einer Strafe gestohlen werden konnte? So, young man," he continued, directing his eyeglass straight at Jean-Marie, "did you know that he could be stolen from without risk of punishment? Du wußtest, daß man dich nicht gerichtlich belangen konnte? Did you know that you could not be legally held accountable? Heraus mit der Sprache! Spit it out! Ja oder nein?« Yes or no?

»Ich wußte es,« antwortete Jean-Marie in jämmerlichem Flüsterton. "I knew it," Jean-Marie replied in a pitiful whisper.

»Du sagst, du wärest früher ein Dieb gewesen,« fuhr Casimir fort. "You say you used to be a thief," Casimir continued. »Wie soll ich da wissen, daß du jetzt keiner mehr bist? "How am I supposed to know that you're not one anymore? Ich nehme an, du bist imstande, das grüne Tor zu überklettern.« I assume you are capable of climbing over the green gate."

»Ja,« noch leiser, seitens des Schuldigen. "Yes," even quieter, from the guilty party.

»Nun, dann bist du es auch gewesen, der diese Sachen gestohlen hat. "Well, then it was you who stole those things. Du weißt es, du wagst es nicht zu leugnen. You know it, you dare not deny it. Sieh mir ins Gesicht! Look me in the face! Sieh mich an mit deinen Schleicheraugen, und antworte!« Look at me with your sly eyes, and answer!"