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Der Schatz von Franchard - Robert Louis Stevenson, Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 01

Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 01

Am nächsten Morgen herrschte ein ungewöhnlicher Aufruhr im Doktorhause. Als letztes vor dem Schlafengehen hatte der Doktor die Wertsachen in den Schrank im Speisezimmer geschlossen, und siehe da, als er aufstand, was etwa um vier Uhr geschah, waren der Schrank erbrochen und die betreffenden Wertsachen verschwunden. Madame und Jean-Marie wurden aus ihren Zimmern gerufen und erschienen in oberflächlicher Toilette. Sie fanden den Doktor tobend vor. Er rief den Himmel zum Zeugen und zur Rache auf und rannte barfuß im Zimmer auf und ab, wobei die Zipfel seines Nachthemds bei jeder Wendung flatterten.

»Fort!« schrie er, »die Sachen sind fort, das Vermögen ist hin. Wir sind wieder bettelarm geworden. Junge, was weißt du hiervon? Heraus mit der Sprache, heraus damit. Weißt du irgend etwas? Wo sind sie?« Er packte ihn beim Arm und schüttelte ihn wie einen Sack; des Knaben Worte kamen, wenn überhaupt, ruckweise in undeutlichem Gemurmel hervor. In plötzlichem Rückschlag von seiner Heftigkeit ließ der Doktor ihn wieder fahren. Er sah, daß Anastasie in Tränen war. »Anastasie,« meinte er mit gänzlich veränderter Stimme, »beruhige dich, beherrsche deine Gefühle. Ich möchte nicht, daß du dich pöbelgleich dem Affekte überläßt. Dies – dies nebensächliche Ereignis muß überwunden werden. Jean-Marie, bring mir meinen kleineren Medizinkasten. Ein mildes Laxativ ist hier angebracht.«

Und er gab der ganzen Familie ein, wobei er selbst mit einer doppelten Dosis voranging. Die unglückliche Anastasie, die in ihrem ganzen Leben nicht krank gewesen war und alle Medikamente aus tiefster Seele verabscheute, vergoß Ströme von Tränen, während sie nippte, sich ekelte und protestierte, worauf sie tyrannisiert und angeschrien wurde, bis sie abermals nippte. Was Jean-Marie anbetraf, so schluckte er seine Portion stoisch herunter.

»Ich habe ihm ein geringeres Quantum gegeben,« bemerkte der Doktor, »seine Jugend schützt ihn vor Emotionen. Und jetzt, da wir etwaigen krankhaften Folgen vorgebeugt haben, wollen wir uns die Sache überlegen.«

»Mir ist so kalt,« jammerte Anastasie.

»Kalt!« rief der Doktor. »Gott sei Dank, daß ich aus feurigerem Stoffe bin. Ich bitte Sie, Madame, ein Schlag wie dieser müßte selbst einen Frosch schwitzen machen. Ist Ihnen kalt, so können Sie sich ja zurückziehen; nebenbei könntest du mir meine Hosen herunterwerfen. Es ist etwas kühl für die Beine.«

»O nein!« protestierte Anastasie. »Ich bleibe bei dir.«

»Nein, Madame, Sie sollen durch Ihre Treue nicht zu leiden haben,« sagte der Doktor. »Ich werde Ihnen selbst einen Shawl holen.« Und er begab sich nach oben, von wo er vollständig angekleidet und mit einem Arm voll Mäntel für die zähneklappernde Anastasie zurückkehrte. »Und nun,« fuhr er fort, »wollen wir dies Verbrechen untersuchen. Laßt uns auf induktivem Wege vorgehen. Anastasie, weißt du etwas, was uns weiterbringt?« Anastasie wußte nichts. »Du etwa, Jean-Marie?«

»Ich auch nicht,« entgegnete mit Festigkeit der Junge.

»Gut,« erwiderte der Doktor. »Wir wenden unsere Aufmerksamkeit nunmehr den materiellen Beweisen zu. (Ich bin der geborene Detektiv; ich besitze sein Auge und seinen systematischen Geist.) Erstens, man hat hier Gewalt angewendet. Die Tür ist erbrochen worden; nebenbei ist zu bemerken, daß das Schloß unter diesen Umständen recht teuer bezahlt war: ein Hühnchen, das ich noch mit Meister Goguelat zu pflücken habe. Zweitens, hier ist das Instrument, das dabei verwendet wurde, eins unserer eigenen Tafelmesser, eins unserer allerbesten, meine Liebe; was seitens der Bande (falls es eine Bande war) auf keinerlei Vorbereitungen schließen läßt. Drittens bemerke ich, daß bis auf die Franchard'schen Gefäße und die Truhe nichts gestohlen worden ist; unser eigenes Silber hat man aufs genaueste respektiert. Das ist schlau; es beweist Intelligenz, Kenntnis der Gesetze, den Wunsch, gerichtlichen Konsequenzen aus dem Wege zu gehen. Aus dieser Tatsache schließe ich, daß sich unter der Bande auch respektable Personen befinden – von äußerlicher Respektabilität, wohlgemerkt, rein äußerlicher, wie dieser Einbruch beweist. Zweitens folgere ich daraus, daß wir in Franchard selbst belauscht und den ganzen Tag über mit einer Geschicklichkeit und Geduld verfolgt worden sind, die ich als vollendet zu bezeichnen wage. Kein gewöhnlicher Mensch, kein Gelegenheitsverbrecher hätte sich derartiger Kombinationen fähig gezeigt. In unserer Nachbarschaft befindet sich daher höchstwahrscheinlich ein privatisierender Bandit von höchster Intelligenz.«

»Großer Gott,« rief die erschrockene Anastasie, »Henri, wie kannst du nur?«

»Meine Teuerste, ich verfolge hier ein induktives Verfahren,« war die Antwort des Doktors. »Wenn irgend einer meiner Schritte unrichtig ist, so korrigiere mich bitte. Du bist stumm? Dann sei bitte nicht so ungemein unlogisch, vor meinen Schlüssen zurückzuschrecken. Wir sind nunmehr zu einer Vorstellung von der Beschaffenheit der Bande gelangt« – fuhr er fort, »denn ich neige immer noch zu der Annahme, daß es mehr als eine Person war – und verlassen jetzt dies Zimmer, das uns keinerlei weitere Aufschlüsse zu geben vermag, um unsere Aufmerksamkeit dem Hof und dem Garten zuzuwenden. (Jean-Marie, ich hoffe, du folgst meinen einzelnen Schlüssen ganz genau; du kannst hieraus Vortreffliches lernen.) Komm mit mir zur Tür. Keine Fußspuren auf dem Hof; es ist beklagenswert, daß unser Hof gepflastert ist. Von welchen unbedeutenden Einzelheiten mitunter das Schicksal dieser delikaten Untersuchungen abhängt! Hallo! Was haben wir hier? Ich habe euch genau an die richtige Stelle geführt,« sagte er, indem er sich großartig wieder zurückwandte und auf das grüne Tor wies. »Wie ihr selbst sehen könnt, ist hier jemand über den Zaun geklettert.« Wahrhaftig, die grüne Farbe war an verschiedenen Stellen abgeschabt und abgeblättert; und auf einem der Bretter war der Abdruck eines genagelten Schuhs zurückgeblieben. Der Fuß war ausgeglitten, so daß die Größe des Schuhs schwer und die Anordnung der Nägel überhaupt nicht zu erkennen waren.

»Der ganze Raub,« schloß der Doktor, »ist somit Schritt für Schritt rekonstruiert worden. Weiter vermag die induktive Wissenschaft nicht zu gehen.«

»Es ist wunderbar,« meinte seine Frau. »Du hättest wirklich Detektiv werden sollen, Henri. Ich hatte keine Ahnung von deinen Talenten.«

»Meine Liebe,« entgegnete herablassend der Doktor, »ein Mann mit wissenschaftlichem Kombinationsvermögen besitzt auch die unwichtigeren Eigenschaften. Er ist ebensosehr Detektiv wie Publizist oder General; das sind lediglich Lokalproben seines besonderen Talentes. Wollt ihr aber,« fuhr er fort, »daß ich noch weiter gehe? Wollt ihr, daß ich meine Hand auf den Schuldigen lege? Oder vielmehr, denn ganz so viel kann ich euch ja nicht versprechen, soll ich euch sogar das Haus zeigen, wo sie wohnen? Es mag uns eine Genugtuung sein, zum mindesten dürfte es die einzige Genugtuung bleiben, die uns zuteil werden wird, da uns die Hilfe der Gesetze versagt ist. Um den von mir gegebenen Umriß des Verbrechens auszufüllen, brauche ich einen Menschen, der von Haus aus müßig in den Wäldern herumschweift, einen Menschen von Bildung und über die Erwägungen der Moral erhaben. Diese sämtlichen drei Voraussetzungen finden sich in Tentaillons Pensionären vereinigt. Sie sind Maler, folglich treiben sie sich ständig im Walde umher. Sie sind Maler, folglich werden sie wahrscheinlich einen Schimmer von Bildung besitzen. Schließlich sind sie, da sie Maler sind, wahrscheinlich auch unmoralisch. Das kann ich auf zweierlei Art beweisen. Erstens ist die Malerei eine Kunst, die sich lediglich an das Auge wendet; sie setzt in keinerlei Weise den moralischen Sinn in Bewegung. Zweitens läßt die Malerei wie alle anderen Künste auf die gefährliche Eigenschaft der Phantasie schließen. Ein Mann von Phantasie ist niemals moralisch; er setzt sich über die Schranken der Wirklichkeit hinweg und sieht das Leben von so vielen schwankenden Gesichtspunkten an, daß er sich unmöglich mit den gehässigen Unterscheidungen der Gesetze abfinden kann.«


Sechstes Kapitel - Eine Kriminaluntersuchung - 01

Am nächsten Morgen herrschte ein ungewöhnlicher Aufruhr im Doktorhause. Als letztes vor dem Schlafengehen hatte der Doktor die Wertsachen in den Schrank im Speisezimmer geschlossen, und siehe da, als er aufstand, was etwa um vier Uhr geschah, waren der Schrank erbrochen und die betreffenden Wertsachen verschwunden. Madame und Jean-Marie wurden aus ihren Zimmern gerufen und erschienen in oberflächlicher Toilette. Sie fanden den Doktor tobend vor. Er rief den Himmel zum Zeugen und zur Rache auf und rannte barfuß im Zimmer auf und ab, wobei die Zipfel seines Nachthemds bei jeder Wendung flatterten.

»Fort!« schrie er, »die Sachen sind fort, das Vermögen ist hin. Wir sind wieder bettelarm geworden. Junge, was weißt du hiervon? Heraus mit der Sprache, heraus damit. Weißt du irgend etwas? Wo sind sie?« Er packte ihn beim Arm und schüttelte ihn wie einen Sack; des Knaben Worte kamen, wenn überhaupt, ruckweise in undeutlichem Gemurmel hervor. In plötzlichem Rückschlag von seiner Heftigkeit ließ der Doktor ihn wieder fahren. Er sah, daß Anastasie in Tränen war. »Anastasie,« meinte er mit gänzlich veränderter Stimme, »beruhige dich, beherrsche deine Gefühle. Ich möchte nicht, daß du dich pöbelgleich dem Affekte überläßt. Dies – dies nebensächliche Ereignis muß überwunden werden. Jean-Marie, bring mir meinen kleineren Medizinkasten. Ein mildes Laxativ ist hier angebracht.«

Und er gab der ganzen Familie ein, wobei er selbst mit einer doppelten Dosis voranging. Die unglückliche Anastasie, die in ihrem ganzen Leben nicht krank gewesen war und alle Medikamente aus tiefster Seele verabscheute, vergoß Ströme von Tränen, während sie nippte, sich ekelte und protestierte, worauf sie tyrannisiert und angeschrien wurde, bis sie abermals nippte. Was Jean-Marie anbetraf, so schluckte er seine Portion stoisch herunter.

»Ich habe ihm ein geringeres Quantum gegeben,« bemerkte der Doktor, »seine Jugend schützt ihn vor Emotionen. Und jetzt, da wir etwaigen krankhaften Folgen vorgebeugt haben, wollen wir uns die Sache überlegen.«

»Mir ist so kalt,« jammerte Anastasie.

»Kalt!« rief der Doktor. »Gott sei Dank, daß ich aus feurigerem Stoffe bin. Ich bitte Sie, Madame, ein Schlag wie dieser müßte selbst einen Frosch schwitzen machen. Ist Ihnen kalt, so können Sie sich ja zurückziehen; nebenbei könntest du mir meine Hosen herunterwerfen. Es ist etwas kühl für die Beine.«

»O nein!« protestierte Anastasie. »Ich bleibe bei dir.«

»Nein, Madame, Sie sollen durch Ihre Treue nicht zu leiden haben,« sagte der Doktor. »Ich werde Ihnen selbst einen Shawl holen.« Und er begab sich nach oben, von wo er vollständig angekleidet und mit einem Arm voll Mäntel für die zähneklappernde Anastasie zurückkehrte. »Und nun,« fuhr er fort, »wollen wir dies Verbrechen untersuchen. Laßt uns auf induktivem Wege vorgehen. Anastasie, weißt du etwas, was uns weiterbringt?« Anastasie wußte nichts. »Du etwa, Jean-Marie?«

»Ich auch nicht,« entgegnete mit Festigkeit der Junge.

»Gut,« erwiderte der Doktor. »Wir wenden unsere Aufmerksamkeit nunmehr den materiellen Beweisen zu. (Ich bin der geborene Detektiv; ich besitze sein Auge und seinen systematischen Geist.) Erstens, man hat hier Gewalt angewendet. Die Tür ist erbrochen worden; nebenbei ist zu bemerken, daß das Schloß unter diesen Umständen recht teuer bezahlt war: ein Hühnchen, das ich noch mit Meister Goguelat zu pflücken habe. Zweitens, hier ist das Instrument, das dabei verwendet wurde, eins unserer eigenen Tafelmesser, eins unserer allerbesten, meine Liebe; was seitens der Bande (falls es eine Bande war) auf keinerlei Vorbereitungen schließen läßt. Drittens bemerke ich, daß bis auf die Franchard'schen Gefäße und die Truhe nichts gestohlen worden ist; unser eigenes Silber hat man aufs genaueste respektiert. Das ist schlau; es beweist Intelligenz, Kenntnis der Gesetze, den Wunsch, gerichtlichen Konsequenzen aus dem Wege zu gehen. Aus dieser Tatsache schließe ich, daß sich unter der Bande auch respektable Personen befinden – von äußerlicher Respektabilität, wohlgemerkt, rein äußerlicher, wie dieser Einbruch beweist. Zweitens folgere ich daraus, daß wir in Franchard selbst belauscht und den ganzen Tag über mit einer Geschicklichkeit und Geduld verfolgt worden sind, die ich als vollendet zu bezeichnen wage. Kein gewöhnlicher Mensch, kein Gelegenheitsverbrecher hätte sich derartiger Kombinationen fähig gezeigt. In unserer Nachbarschaft befindet sich daher höchstwahrscheinlich ein privatisierender Bandit von höchster Intelligenz.«

»Großer Gott,« rief die erschrockene Anastasie, »Henri, wie kannst du nur?«

»Meine Teuerste, ich verfolge hier ein induktives Verfahren,« war die Antwort des Doktors. »Wenn irgend einer meiner Schritte unrichtig ist, so korrigiere mich bitte. Du bist stumm? Dann sei bitte nicht so ungemein unlogisch, vor meinen Schlüssen zurückzuschrecken. Wir sind nunmehr zu einer Vorstellung von der Beschaffenheit der Bande gelangt« – fuhr er fort, »denn ich neige immer noch zu der Annahme, daß es mehr als eine Person war – und verlassen jetzt dies Zimmer, das uns keinerlei weitere Aufschlüsse zu geben vermag, um unsere Aufmerksamkeit dem Hof und dem Garten zuzuwenden. (Jean-Marie, ich hoffe, du folgst meinen einzelnen Schlüssen ganz genau; du kannst hieraus Vortreffliches lernen.) Komm mit mir zur Tür. Keine Fußspuren auf dem Hof; es ist beklagenswert, daß unser Hof gepflastert ist. Von welchen unbedeutenden Einzelheiten mitunter das Schicksal dieser delikaten Untersuchungen abhängt! Hallo! Was haben wir hier? Ich habe euch genau an die richtige Stelle geführt,« sagte er, indem er sich großartig wieder zurückwandte und auf das grüne Tor wies. »Wie ihr selbst sehen könnt, ist hier jemand über den Zaun geklettert.« Wahrhaftig, die grüne Farbe war an verschiedenen Stellen abgeschabt und abgeblättert; und auf einem der Bretter war der Abdruck eines genagelten Schuhs zurückgeblieben. Der Fuß war ausgeglitten, so daß die Größe des Schuhs schwer und die Anordnung der Nägel überhaupt nicht zu erkennen waren.

»Der ganze Raub,« schloß der Doktor, »ist somit Schritt für Schritt rekonstruiert worden. Weiter vermag die induktive Wissenschaft nicht zu gehen.«

»Es ist wunderbar,« meinte seine Frau. »Du hättest wirklich Detektiv werden sollen, Henri. Ich hatte keine Ahnung von deinen Talenten.«

»Meine Liebe,« entgegnete herablassend der Doktor, »ein Mann mit wissenschaftlichem Kombinationsvermögen besitzt auch die unwichtigeren Eigenschaften. Er ist ebensosehr Detektiv wie Publizist oder General; das sind lediglich Lokalproben seines besonderen Talentes. Wollt ihr aber,« fuhr er fort, »daß ich noch weiter gehe? Wollt ihr, daß ich meine Hand auf den Schuldigen lege? Oder vielmehr, denn ganz so viel kann ich euch ja nicht versprechen, soll ich euch sogar das Haus zeigen, wo sie wohnen? Es mag uns eine Genugtuung sein, zum mindesten dürfte es die einzige Genugtuung bleiben, die uns zuteil werden wird, da uns die Hilfe der Gesetze versagt ist. Um den von mir gegebenen Umriß des Verbrechens auszufüllen, brauche ich einen Menschen, der von Haus aus müßig in den Wäldern herumschweift, einen Menschen von Bildung und über die Erwägungen der Moral erhaben. Diese sämtlichen drei Voraussetzungen finden sich in Tentaillons Pensionären vereinigt. Sie sind Maler, folglich treiben sie sich ständig im Walde umher. Sie sind Maler, folglich werden sie wahrscheinlich einen Schimmer von Bildung besitzen. Schließlich sind sie, da sie Maler sind, wahrscheinlich auch unmoralisch. Das kann ich auf zweierlei Art beweisen. Erstens ist die Malerei eine Kunst, die sich lediglich an das Auge wendet; sie setzt in keinerlei Weise den moralischen Sinn in Bewegung. Zweitens läßt die Malerei wie alle anderen Künste auf die gefährliche Eigenschaft der Phantasie schließen. Ein Mann von Phantasie ist niemals moralisch; er setzt sich über die Schranken der Wirklichkeit hinweg und sieht das Leben von so vielen schwankenden Gesichtspunkten an, daß er sich unmöglich mit den gehässigen Unterscheidungen der Gesetze abfinden kann.«