×

We use cookies to help make LingQ better. By visiting the site, you agree to our cookie policy.


image

Der Schatz von Franchard - Robert Louis Stevenson, Drittes Kapitel - Die Adoption - 01

Drittes Kapitel - Die Adoption - 01

Madame Desprez, eine rundliche Brünette, die auf den Rufnamen Anastasie hörte und außerordentlich gut anzusehen war, stellte mit ihren kühlen glatten Wangen, ruhigen dunklen Augen und Händen, die weder Kunst noch Natur hätten vollkommener gestalten können, einen angenehmen Typus ihres Geschlechts dar. Sie gehörte zu den Menschen, über die das Unglück wie eine Sommerwolke hinweggeht; in schlimmen Fällen pflegte sie vorübergehend die Stirn zu runzeln, bis eine einzige senkrechte Falte hervortrat, die aber im nächsten Augenblick wieder verschwand. Sie hatte viel von der Gelassenheit einer zufriedenen Nonne, ohne jedoch, wie diese, fromm zu sein; denn Anastasie war eine recht weltliche Natur mit einer Schwäche für Austern und alten Wein und gewagte Scherze, und ihrem Manne mehr um ihrer selbst als um seinetwillen ergeben. Sie war unverbrüchlich guter Laune, wenn auch ohne jede Opferwilligkeit. In jenem hübschen alten Hause mit dem grünen Garten dahinter und bunten Blumen vor den Fenstern zu leben, vom Essen und Trinken stets das Beste zu haben, ein Viertelstündchen mit der Nachbarin schwätzen zu können, niemals ein Mieder und nur bei Besorgungen in Fontainebleau ein Kleid tragen zu müssen, ständig mit gepfefferten Romanen versorgt zu werden und ohne Grund zur Eifersucht mit Doktor Desprez verheiratet zu sein, füllte den Kelch ihrer Natur zum Überfließen. Wer Doktor Desprez aus seiner Junggesellenzeit her kannte, während der er zwar nicht minder voll von Theorien, aber von ganz Andersartigem, gesteckt hatte, schrieb seine gegenwärtige Philosophie dem Studium von Anastasie zu. Ihre animalische Genußfreude pflegte er zu rationalisieren und, vielleicht vergeblich, zu imitieren.

Madame Desprez produzierte sich in der Küche als Künstlerin und verstand den Kaffee bis zur Vollendung zuzubereiten. Sie besaß die Gabe der Ordnung, die sie auf den Doktor übertragen hatte. Alles stand an seinem Platz; was polierbar war, glänzte prachtvoll, und Staub war aus ihrem Reiche verbannt. Aline, ihr einziges Dienstmädchen, hatte nichts in der Welt zu tun als zu scheuern und zu putzen. So lebte denn Doktor Desprez in seinem Hause wie ein gut gemästetes Kalb und wurde nach Herzenslust verwöhnt und gehätschelt. Das Mittagsmahl war vortrefflich. Es gab eine reife Melone, einen Fisch aus dem Fluß in einer bemerkenswerten béarnaiser Sauce, Frikassee von einem fetten Huhn, ein Spargelgericht und Obst als Nachtisch. Der Doktor trank als eheliches Privileg eine halbe Flasche plus einem Glas, seine Frau eine halbe Flasche minus der gleichen Menge ausgezeichneten siebenjährigen Côte-Rotie. Dann wurde der Kaffee hereingebracht, mit einer Flasche Chartreuse für Madame, denn der Doktor verachtete derartiges Gebräu und mißtraute ihm, und dann überließ Aline das Paar den Freuden der Erinnerung und der Verdauung.

»Es ist ein großes Glück, meine Teure,« bemerkte der Doktor, »dieser Kaffee ist adorabel – im großen und ganzen ein großes Glück – Anastasie, ich bitte dich, laß das Gift heute sein; laß es einen einzigen Tag und du wirst, bei meinem Rufe als Arzt, den Nutzen davon spüren.«

»Was ist ein großes Glück, mein Freund?« erkundigte sich Anastasie, ohne auf seinen täglich wiederkehrenden Protest zu achten.

»Daß wir keine Kinder haben, meine Schöne,« entgegnete der Doktor. »Je älter wir werden, um so öfter muß ich daran denken und um so mehr wächst meine Dankbarkeit gegen die Macht, die uns dieses Kreuz erspart hat. Wie sehr hätten nicht deine Gesundheit, mein Liebling, meine nachdenkliche Muße, unsere kleinen Leckerbissen darunter leiden müssen, welche Opfer hätten wir bringen müssen! Und zu welchem Zweck? Kinder sind der Inbegriff der menschlichen Unvollkommenheit. Die Gesundheit flieht vor ihrem Angesicht. Sie weinen, meine Liebe; sie stellen lästige Fragen; sie verlangen, daß man sie füttert, wäscht, erzieht, ihnen die Nase putzt. Und wenn man sie soweit hat, darin brechen sie einem das Herz, so wie ich dieses Stückchen Zucker zerbreche. Ein Paar ausgesprochene Egoisten wie du und ich sollten der Nachkommenschaft wie einer Untreue aus dem Wege gehen.«

»Was du sagst!« meinte sie lachend. »Das sieht dir wieder einmal ähnlich – dich mit einer Sache zu brüsten, für die du nichts kannst.«

»Liebes Kind,« entgegnete der Doktor, »wir hätten ja welche adoptieren können.«

»Niemals!« rief Madame. »Niemals mit meiner Zustimmung, Doktor. Ein Kind von meinem eigenen Fleisch und Blut, gut. Aber mir eines anderen Menschen Fehltritt aufladen, dazu, mein lieber Freund, bin ich zu vernünftig.«

»Sehr richtig,« erwiderte der Doktor. »Beide waren wir zu vernünftig. Und dein Verstand entzückt mich um so mehr, als – als –.« Er sah ihr scharf ins Gesicht.

»Als was?« fragte sie in dem leisen Vorgefühl kommender Gefahr.

»Als ich jetzt das richtige Wesen gefunden habe,« entgegnete mit Festigkeit der Doktor, »und es noch heute nachmittag adoptieren werde.«

Anastasie sah ihn wie durch einen Nebel an. »Du hast den Verstand verloren,« sagte sie, und in ihrer Stimme war ein Ton, der nichts Gutes verhieß.

»Durchaus nicht, meine Liebe,« war seine Antwort; »ich bin in vollem Besitz meiner Geisteskräfte. Zum Beweis: statt meine Inkonsequenz bemänteln zu wollen, habe ich sie im Gegenteil, um dich vorzubereiten, erst recht betont. Du wirst darin, wie ich glaube, den Philosophen wiedererkennen, der das überschwengliche Glück hat, dich Gattin zu nennen. Tatsache ist, daß ich bisher stets ohne den Zufall gerechnet habe. Ich glaubte niemals, einen Sohn von mir finden zu können. Gestern nacht habe ich ihn aber gefunden. Beunruhige dich nicht unnötig, meine Liebe; er hat, soviel ich weiß, nicht einen einzigen Tropfen Blut von mir. Sein Geist, mein Liebling, sein Geist ist es, der mich Vater nennt.«

»Sein Geist!« wiederholte sie mit halb hysterischem, halb verächtlichem Lachen. »Wirklich, sein Geist! Henri, ist dies ein blöder Scherz, oder bist du toll geworden? Sein Geist! Und wie steht es mit dem meinigen?«

»Das,« versetzte der Doktor achselzuckend, »das ist der wunde Punkt. Er wird meiner ewig schönen Anastasie im höchsten Maße antipathisch sein. Sie wird ihn niemals verstehen; er wird sie niemals verstehen. Du hast den animalischen Teil meiner Natur geheiratet, mein Herz; meine geistige Affinität habe ich in Jean-Marie gefunden und zwar in so hohem Maße, daß ich, um die Wahrheit zu sagen, mitunter selbst vor ihm Angst habe. Du hast zweifellos sofort begriffen, daß ich hiermit für dich ein Unglück angekündigt habe. Bitte,» versetzte er, in einen Ton aufrichtiger Besorgnis fallend, »bitte, brich nicht nach dem Essen in Tränen aus, Anastasie. Du wirst entschieden an Verdauungsstörungen leiden.«

Anastasie faßte sich. »Du weißt, wie gerne ich dir in allem nachgebe,« sagte sie, »in allen vernünftigen Dingen. Aber in diesem Punkt ...«

»Mein liebes Herz,« unterbrach sie der Doktor hastig, um einer Weigerung zuvorzukommen, »wer hatte den Wunsch, von Paris fortzuziehen? Wer hat mich gezwungen, die Karten aufzugeben, die Oper, den Boulevard, meine gesellschaftlichen Beziehungen, kurz alles, was vor unserer Bekanntschaft mein Leben ausmachte? Bin ich dir treu gewesen? Bin ich dir gefolgt? Habe ich mein Schicksal nicht mit Heiterkeit ertragen? Sei ehrlich, Anastasie, habe ich nicht ein Recht, jetzt meinerseits Forderungen zu stellen? Ich habe es, und du weißt es auch. Ich fordere meinen Sohn.«

Drittes Kapitel - Die Adoption - 01 Chapter Three - The Adoption - 01 Capítulo tres - La adopción - 01 Hoofdstuk drie - De adoptie - 01 Capítulo Três - A adoção - 01 Kapitel tre - Adoptionen - 01 第三章 - 收养 - 01

Madame Desprez, eine rundliche Brünette, die auf den Rufnamen Anastasie hörte und außerordentlich gut anzusehen war, stellte mit ihren kühlen glatten Wangen, ruhigen dunklen Augen und Händen, die weder Kunst noch Natur hätten vollkommener gestalten können, einen angenehmen Typus ihres Geschlechts dar. Madame Desprez, a plump brunette who went by the name of Anastasie and was exceptionally good-looking, presented a pleasant type of her sex with her cool, smooth cheeks, calm dark eyes, and hands that neither art nor nature could have perfected more. Sie gehörte zu den Menschen, über die das Unglück wie eine Sommerwolke hinweggeht; in schlimmen Fällen pflegte sie vorübergehend die Stirn zu runzeln, bis eine einzige senkrechte Falte hervortrat, die aber im nächsten Augenblick wieder verschwand. She was one of those people over whom misfortune passes like a summer cloud; in serious cases, she would temporarily furrow her brow until a single vertical wrinkle appeared, but it would disappear in the next moment. Sie hatte viel von der Gelassenheit einer zufriedenen Nonne, ohne jedoch, wie diese, fromm zu sein; denn Anastasie war eine recht weltliche Natur mit einer Schwäche für Austern und alten Wein und gewagte Scherze, und ihrem Manne mehr um ihrer selbst als um seinetwillen ergeben. She had much of the serenity of a contented nun, though, unlike them, she was not pious; for Anastasie was a very worldly nature with a weakness for oysters and old wine, daring jokes, and was more devoted to her husband for her own sake than for his. Sie war unverbrüchlich guter Laune, wenn auch ohne jede Opferwilligkeit. She was unfailingly cheerful, though without any willingness to make sacrifices. In jenem hübschen alten Hause mit dem grünen Garten dahinter und bunten Blumen vor den Fenstern zu leben, vom Essen und Trinken stets das Beste zu haben, ein Viertelstündchen mit der Nachbarin schwätzen zu können, niemals ein Mieder und nur bei Besorgungen in Fontainebleau ein Kleid tragen zu müssen, ständig mit gepfefferten Romanen versorgt zu werden und ohne Grund zur Eifersucht mit Doktor Desprez verheiratet zu sein, füllte den Kelch ihrer Natur zum Überfließen. To live in that pretty old house with the green garden behind it, colorful flowers in front of the windows, always having the best food and drink, being able to chat with the neighbor for a quarter of an hour, never having to wear a corset and only a dress when running errands in Fontainebleau, being constantly supplied with spicy novels, and being married to Dr. Desprez without reason for jealousy, filled the cup of her nature to overflowing. Wer Doktor Desprez aus seiner Junggesellenzeit her kannte, während der er zwar nicht minder voll von Theorien, aber von ganz Andersartigem, gesteckt hatte, schrieb seine gegenwärtige Philosophie dem Studium von Anastasie zu. Those who knew Dr. Desprez from his bachelor days, during which he was just as full of theories but of a very different kind, attributed his current philosophy to the study of Anastasie. Ihre animalische Genußfreude pflegte er zu rationalisieren und, vielleicht vergeblich, zu imitieren. He used to rationalize her animalistic enjoyment and, perhaps in vain, try to imitate it.

Madame Desprez produzierte sich in der Küche als Künstlerin und verstand den Kaffee bis zur Vollendung zuzubereiten. Madame Desprez presented herself in the kitchen as an artist and knew how to prepare coffee to perfection. Sie besaß die Gabe der Ordnung, die sie auf den Doktor übertragen hatte. She possessed the gift of order, which she had transferred to the doctor. Alles stand an seinem Platz; was polierbar war, glänzte prachtvoll, und Staub war aus ihrem Reiche verbannt. Everything was in its place; what was polishable shone magnificently, and dust was banished from her realm. Aline, ihr einziges Dienstmädchen, hatte nichts in der Welt zu tun als zu scheuern und zu putzen. Aline, her only maid, had nothing to do in the world but scrub and clean. So lebte denn Doktor Desprez in seinem Hause wie ein gut gemästetes Kalb und wurde nach Herzenslust verwöhnt und gehätschelt. So Dr. Desprez lived in his house like a well-fed calf and was pampered and spoiled to his heart's content. Das Mittagsmahl war vortrefflich. The lunch was excellent. Es gab eine reife Melone, einen Fisch aus dem Fluß in einer bemerkenswerten béarnaiser Sauce, Frikassee von einem fetten Huhn, ein Spargelgericht und Obst als Nachtisch. There was a ripe melon, a river fish in a remarkable béarnaise sauce, fricassee of a fat chicken, a dish of asparagus, and fruit for dessert. Der Doktor trank als eheliches Privileg eine halbe Flasche plus einem Glas, seine Frau eine halbe Flasche minus der gleichen Menge ausgezeichneten siebenjährigen Côte-Rotie. As a marital privilege, the doctor drank half a bottle plus a glass, while his wife had half a bottle minus the same amount of excellent seven-year-old Côte-Rotie. Dann wurde der Kaffee hereingebracht, mit einer Flasche Chartreuse für Madame, denn der Doktor verachtete derartiges Gebräu und mißtraute ihm, und dann überließ Aline das Paar den Freuden der Erinnerung und der Verdauung. Then the coffee was brought in, with a bottle of Chartreuse for Madame, as the doctor despised and distrusted such brews, and then Aline left the couple to the joys of reminiscence and digestion.

»Es ist ein großes Glück, meine Teure,« bemerkte der Doktor, »dieser Kaffee ist adorabel – im großen und ganzen ein großes Glück – Anastasie, ich bitte dich, laß das Gift heute sein; laß es einen einzigen Tag und du wirst, bei meinem Rufe als Arzt, den Nutzen davon spüren.« "It is a great fortune, my dear," remarked the doctor, "this coffee is adorable - overall, a great fortune - Anastasie, I beg you, refrain from the poison today; abstain for just one day and you will, on my word as a physician, feel the benefit of it."

»Was ist ein großes Glück, mein Freund?« erkundigte sich Anastasie, ohne auf seinen täglich wiederkehrenden Protest zu achten. "What is a great fortune, my friend?" inquired Anastasie, paying no attention to his daily protest.

»Daß wir keine Kinder haben, meine Schöne,« entgegnete der Doktor. "That we have no children, my dear," replied the doctor. »Je älter wir werden, um so öfter muß ich daran denken und um so mehr wächst meine Dankbarkeit gegen die Macht, die uns dieses Kreuz erspart hat. The older we get, the more often I have to think about it and the more my gratitude grows towards the power that spared us this burden. Wie sehr hätten nicht deine Gesundheit, mein Liebling, meine nachdenkliche Muße, unsere kleinen Leckerbissen darunter leiden müssen, welche Opfer hätten wir bringen müssen! How much would your health, my darling, my thoughtful leisure, our little pleasures have suffered, what sacrifices would we have had to make! Und zu welchem Zweck? And for what purpose? Kinder sind der Inbegriff der menschlichen Unvollkommenheit. Children are the epitome of human imperfection. Die Gesundheit flieht vor ihrem Angesicht. Health flees from their presence. Sie weinen, meine Liebe; sie stellen lästige Fragen; sie verlangen, daß man sie füttert, wäscht, erzieht, ihnen die Nase putzt. They cry, my love; they ask annoying questions; they demand to be fed, washed, educated, have their noses wiped. Und wenn man sie soweit hat, darin brechen sie einem das Herz, so wie ich dieses Stückchen Zucker zerbreche. And when you have done all that, they break your heart, just like I break this little piece of sugar. Ein Paar ausgesprochene Egoisten wie du und ich sollten der Nachkommenschaft wie einer Untreue aus dem Wege gehen.« A couple of pronounced egoists like you and I should avoid offspring like a betrayal.

»Was du sagst!« meinte sie lachend. "What you say!" she said laughing. »Das sieht dir wieder einmal ähnlich – dich mit einer Sache zu brüsten, für die du nichts kannst.« "That's just like you - boasting about something you had no control over."

»Liebes Kind,« entgegnete der Doktor, »wir hätten ja welche adoptieren können.« "My dear child," replied the doctor, "we could have adopted some."

»Niemals!« rief Madame. "Never!" Madame exclaimed. »Niemals mit meiner Zustimmung, Doktor. "Never with my consent, Doctor. Ein Kind von meinem eigenen Fleisch und Blut, gut. A child of my own flesh and blood, yes. Aber mir eines anderen Menschen Fehltritt aufladen, dazu, mein lieber Freund, bin ich zu vernünftig.« But burdening myself with someone else's mistake, my dear friend, I am too sensible for that."

»Sehr richtig,« erwiderte der Doktor. "Quite right," the doctor replied. »Beide waren wir zu vernünftig. "Both of us were too sensible. Und dein Verstand entzückt mich um so mehr, als – als –.« Er sah ihr scharf ins Gesicht. And your intelligence delights me even more because - because -" He looked sharply at her.

»Als was?« fragte sie in dem leisen Vorgefühl kommender Gefahr. "Because why?" she asked, sensing the impending danger.

»Als ich jetzt das richtige Wesen gefunden habe,« entgegnete mit Festigkeit der Doktor, »und es noch heute nachmittag adoptieren werde.« "Because I have found the right being now," the doctor replied firmly, "and I will adopt it this afternoon."

Anastasie sah ihn wie durch einen Nebel an. Anastasie looked at him as if through a fog. »Du hast den Verstand verloren,« sagte sie, und in ihrer Stimme war ein Ton, der nichts Gutes verhieß. "You have lost your mind," she said, with a tone in her voice that boded no good.

»Durchaus nicht, meine Liebe,« war seine Antwort; »ich bin in vollem Besitz meiner Geisteskräfte. "Not at all, my dear," was his response; "I am in full possession of my faculties. Zum Beweis: statt meine Inkonsequenz bemänteln zu wollen, habe ich sie im Gegenteil, um dich vorzubereiten, erst recht betont. As proof: instead of trying to conceal my inconsistency, I have emphasized it even more in order to prepare you. Du wirst darin, wie ich glaube, den Philosophen wiedererkennen, der das überschwengliche Glück hat, dich Gattin zu nennen. You will recognize in it, I believe, the philosopher who has the immense fortune of calling you his wife. Tatsache ist, daß ich bisher stets ohne den Zufall gerechnet habe. The fact is that I have never counted on chance before. Ich glaubte niemals, einen Sohn von mir finden zu können. I never thought I could find a son of mine. Gestern nacht habe ich ihn aber gefunden. But I found him last night. Beunruhige dich nicht unnötig, meine Liebe; er hat, soviel ich weiß, nicht einen einzigen Tropfen Blut von mir. Don't worry unnecessarily, my love; he does not have a single drop of my blood, as far as I know. Sein Geist, mein Liebling, sein Geist ist es, der mich Vater nennt.« His spirit, my darling, his spirit is what calls me father."

»Sein Geist!« wiederholte sie mit halb hysterischem, halb verächtlichem Lachen. "His spirit!" she repeated with a half-hysterical, half-contemptuous laugh. »Wirklich, sein Geist! "Really, his spirit! Henri, ist dies ein blöder Scherz, oder bist du toll geworden? Henri, is this a stupid joke, or have you gone mad? Sein Geist! His spirit! Und wie steht es mit dem meinigen?« And what about mine?"

»Das,« versetzte der Doktor achselzuckend, »das ist der wunde Punkt. "That," the doctor shrugged, "that is the sore point. Er wird meiner ewig schönen Anastasie im höchsten Maße antipathisch sein. He will be extremely antipathetic to my ever-beautiful Anastasie. Sie wird ihn niemals verstehen; er wird sie niemals verstehen. She will never understand him; he will never understand her. Du hast den animalischen Teil meiner Natur geheiratet, mein Herz; meine geistige Affinität habe ich in Jean-Marie gefunden und zwar in so hohem Maße, daß ich, um die Wahrheit zu sagen, mitunter selbst vor ihm Angst habe. You married the animal part of my nature, my heart; my spiritual affinity I have found in Jean-Marie, to such an extent that, truth be told, I am sometimes even afraid of him. Du hast zweifellos sofort begriffen, daß ich hiermit für dich ein Unglück angekündigt habe. You have undoubtedly immediately understood that I have hereby announced an unhappiness for you. Bitte,» versetzte er, in einen Ton aufrichtiger Besorgnis fallend, »bitte, brich nicht nach dem Essen in Tränen aus, Anastasie. "Please," he said, adopting a tone of genuine concern, "please don't break into tears after eating, Anastasie. Du wirst entschieden an Verdauungsstörungen leiden.« You will definitely suffer from digestive issues."

Anastasie faßte sich. Anastasie composed herself. »Du weißt, wie gerne ich dir in allem nachgebe,« sagte sie, »in allen vernünftigen Dingen. "You know how willingly I give in to you in everything," she said, "in all reasonable matters. Aber in diesem Punkt ...« But in this case..."

»Mein liebes Herz,« unterbrach sie der Doktor hastig, um einer Weigerung zuvorzukommen, »wer hatte den Wunsch, von Paris fortzuziehen? "My dear heart," the doctor interrupted hastily, to preempt a refusal, "who was the one who wanted to move away from Paris? Wer hat mich gezwungen, die Karten aufzugeben, die Oper, den Boulevard, meine gesellschaftlichen Beziehungen, kurz alles, was vor unserer Bekanntschaft mein Leben ausmachte? Who forced me to give up the cards, the opera, the boulevard, my social connections, in short, everything that defined my life before our acquaintance? Bin ich dir treu gewesen? Have I not been faithful to you? Bin ich dir gefolgt? Have I not followed you? Habe ich mein Schicksal nicht mit Heiterkeit ertragen? Have I not borne my fate with cheerfulness? Sei ehrlich, Anastasie, habe ich nicht ein Recht, jetzt meinerseits Forderungen zu stellen? Be honest, Anastasie, don't I have a right to make demands now? Ich habe es, und du weißt es auch. I do, and you know it too. Ich fordere meinen Sohn.« I demand my son."