#2: Wie verarbeiten Gesellschaften Völkermord? [2]
fasziniert sowie denke ich viele, es ist
ein extrem gut dokumentierte, ein extrem
gut dokumentierter Teil der
Geschichte der uns in der westlichen
Welt ja auch
allgemein sehr präsent ist, würde ich
jetzt mal sagen. Und auch da gibt es ja
so Geschichten und Situationen in denen
sich für außenstehende eindeutige Täter
nachher auch versucht haben darzustellen
als, ich wollte das ja gar nicht, ich
musste mitmachen und so weiter und so
fort. Jetzt weiß ich, dass ist jetzt nicht
dein Spezialgebiet und ja auch das
ursprünglich eher genervt warst,
aber ich weiß es nicht mehr so, ich
wollte dich nur ein bisschen ärgern.
Also was ist denn so eine
verbindbare Linie zwischen der Verarbeitung
von gewaltsamer Vergangenheit
nach vor allem Völkermorden?
Ich würde sagen, dass es fast nie legitim ist sozusagen ein
SS-Mann oder Frau oder jemand aus der
Wehrmacht, die an kreutaten beteiligt
waren oder die Reserve Bataillone
als Opfer zu sehen. Natürlich gab es
einzelne Personen, die vielleicht
aber in Holocaust gab es
keine einzige Person, die sich die dafür
umgebracht wurde, dass sie sich geweigert
haben mitzumachen. Was ja gerne mal
behauptet wird? Dass wir gerne behauptet,
aber es gibt kein, also es wird immer
wieder sozusagen versucht das
wissenschaftlich nachzugehen und zu
gucken, aber man findet keine, mann wurde
an die Ostfront geschickt, das konnte
passieren und es war ein Teil die ich
fast wie ein Todesurteil, genau, aber das
ist eine ganz andere Dimension und
ich mein, nach dem Krieg wurde auch in
Deutschland ganz anders erinnert an den
Holocaust und an den Zweiten Weltkrieg
und es wurden nicht alle Nazis aus ihren Ämtern entfernt.
Ja das war ein großes Ding in
der Studentenbewegung später.
War so der Spruch unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren,
hieß es doch glaube ich, das war ein Spruch damals, das ist jetzt
sehr viel Geschichte, aber kurz, ganz kurz.
Es gab in den, war das in den 60ern oder, 60ern war das,
die Studentenbewegung, 68ern, das war eine große
Protestbewegung in Deutschland wo unter
anderem groß angeprangert wurde, dass
viele Nazis oder Nazi-Sympathisanten
Leute die im NS-Regime in wichtigen
stellen zum Beispiel in Richter Ämtern saßen,
auch nach dem Umsturz weiterhin in
diesen Positionen geblieben sind und
daher kam dieser Spruch und genau
bezieht sich natürlich auf diese
Aufarbeitung beziehungsweise nicht Aufarbeitung.
Und, also es gibt immer
Komplexität. Es gibt immer Leute die mehr
sind als nur Täter, dass sie auch
irgendwie zum Opfer werden können.
Oder Opfer, die sich auch schuldig machen
am Leid von anderen aus der Opfergruppe.
Aber wie eine Gesellschaft mit diesen
Komplexitäten umgeht, ob sie die
irgendwie reinwäscht, oder ob sie
irgendwie versucht sich damit ein
bisschen auseinander zu sein, da sieht man,
würde ich sagen, auch ganz gut
wie eine Gesellschaft ja mit der
Vergangenheit umgeht, wie man versucht
daraus Macht zu schlagen und was
Versöhnung eigentlich genau für die
Gesellschaft und auch bedeuten kann.
Vielleicht um so ein Zirkelschluss zu machen, was
ist denn aus deinem heutigen Wissen und
auf deiner heutigen Beschäftigung, die
Ansicht die du hast dazu, wie gerade der
Holocaust in Deutschland auch in der
deutschen Bildung, im Deutschen
Bildungssystem behandelt wird. Ist es zu
viel, ist es zu wenig, ist es falsch,
sollte es anders sein? Wie siehst du
die Beschäftigung von Deutschland mit unserer gemeinsamen
Geschichte und unserem großen Völkermord an?
Es ist definitiv nicht zu viel, also ich
ich weiß ehrlich gesagt nicht wie
stark das Heute in den Bildungsplänen
vorhanden ist, ich nehme einfach mal an,
dass es so ähnlich ist wie als ich noch
in der Schule war von ein paar Jahren.
Das ist so ein wichtiger
Teil der deutschen Geschichte, es ist so
ein wichtiger Teil unserer Globalgeschichte, dass man das nicht
oft genug betonen kann. Ich glaube aber auch, dass
es wichtig ist, es einzubetten.
Zum Beispiel habe ich in der Schule
nichts über die kolonialen Verbrechen der Deutschen gehört.
Und das, das gehört eben dazu und wenn man
heute zum Beispiel Rassismus verstehen
möchte, muss man auch die deutsche
Kolonialvergangenheit mit anschauen, man
muss auch gucken
was nach dem Zweiten Weltkrieg passiert
ist in Deutschland. Und ich finde das ist
auch wichtig. Und natürlich müssen wir
auch über Antisemitismus sprechen, wir
müssen auch über den
Holocaust sprechen und lernen und das ist
ganz fundamental wichtig. Aber es
darf nicht, so zu sagen, das eine Mantra sein.
Das darf nicht das einzige Thema
sein das in der Schule eben als
bedeutend wahrgenommen wird.
Auch wenn es am bedeutesten ist sozusagen.
Es gibt auch andere Themen, die gelehrt werden müssen.
Alles steht in einem Kontext, wenn ich
dich jetzt richtig verstehe also und
auch wenn ich mich an meine
Schulzeit erinnere, fand ich, das was mir
zu großen Teilen halt auch genau so in
Erinnerung geblieben ist, wie es
überhaupt dazu kam auch, dass der
Antisemitismus jetzt zum Beispiel nicht
in der NS-Zeit geboren wurde, bei weitem nicht.
Und da auch nicht aufgehört hat, sondern bis Heute
gibt es ja ganz starken Antisemitismus.
Und es gibt immer noch antisemitische
Anschläge und antisemitische Witze die man am Stammtisch hört
und so weiter. Also es hörte, also der
Holocaust hörte 45 auf, aber der
Antisemitismus ist nach wie vor in
Deutschland präsent.
Ich sehe schon, wir müssen, du musst irgendwann glaube ich,
noch mal hierherkommen, über ein anderes
Thema nochmal reden, weil uns geht jetzt
langsam die Zeit, fürchte ich, aus, aber
ich finde wir haben das Thema zu einem
guten Kreisschluss geführt. Bitte, wenn
es euch interessiert, wenn ihr weitere
Fragen habt, lasst die gerne in den Kommentaren da.
Ihr könnt auch gerne E-Mails schreiben,
aber ich denke die YouTube
Kommentarfunktion ist dafür gut geeignet.
Ihr könnt bestimmt auch Tim eine E-Mail
schreiben, wenn über die Webseite, wenn
ihr eine ganz brennende Frage habt.
Eine Frage die ich aber noch zum
Abschluss stellen wollte Tim, die nicht
mit dem Thema zu tun hat, sondern mit
deiner Tätigkeit. Nämlich als
Juniorprofessor, das ist eine hohe
Stufe schon auf der akademischen Leiter.
Wem würdest du empfehlen eine
akademische Laufbahn einzuschlagen wie du es gemacht hast?
Keinem, nein, also das ist vielleicht übertrieben.
Es ist keine einfache Karriere, man hat sehr viele Jahre
keine feste Stelle, ich habe auch noch keine feste Stelle.
Und man muss extrem hart arbeiten.
Es ist paar harte Monate hinter mir deswegen
sage ich wahrscheinlich einfachen keinem.
Man muss danach richtig Spaß dran haben
also man muss richtig Spaß daran haben
zu lehren, Kurse, also Seminare
zu geben, vorlesen, um zu forschen und
das geht nicht in einem acht Stunden Tag.
Also wem rat ich das, jemand der
oder die richtig Lust drauf hat, aber
auch mit offenen Augen sieht, dass das
kein besonders einfacher Weg ist.
Gut, das ist ein Statement, das man sich mal zu
Herzen nehmen kann, gerade diejenigen, die
aktuell studieren und sich das
vielleicht überlegen. Ich glaube auch
promovieren ist super, wenn man richtig
Bock drauf hat und dann sollte
man es lieber, ansonsten sollte man es lieber lassen
Auf jeden Fall.
Gut. Das hat mich noch interessiert und damit
können wir glaube ich für Heute Schluss machen.
Tim. Ich bedanke mich vielmals, dass du
zu Gast warst bei uns hier im LingQ Podcast
Danke für die Einladung.
Ja, gibt es noch etwas, was du sagen möchtest, als Schlusswort?
O Gott, Ein Schlusswort, nein.
Ladet mein Buch runter.
Richtig, genau.
Also, nochmal als Erinnerung ihr findet Tim
Twitter, Tims Webseite und was auch
immer uns noch einfällt, nachdem wir
fertig aufgenommen haben in der
Beschreibung und auf der Webseite findet
ihr sein Buch auf Englisch zum
kostenlosen download. Diesen Podcast
könnt ihr wie immer auch auf LingQ
nochmal anhören mit einem Transkript,
damit ihr lesen und hören könnt gleichzeitig,
und damit eure Lernergebnisse verbessern könnt.
Und das ist, glaube ich, alles, was
ich zu sagen hatte. Vielen Dank an Tim
und wir sehen uns in der nächsten Episode. Tschüss.