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Der Mann im Nebel, Gustav Falke, 18 - 3. Buch, Kapitel 25 - 28

18 - 3. Buch, Kapitel 25 - 28

25.

Randers stürmte nach einer schlaflosen Nacht in den kalten Morgen hinaus.

Er hatte hinaufgehorcht, ob sie schon wach sei, wach wie er. Konnte sie schlafen nach diesem Abend?

Aber es war oben alles still gewesen.

Säe schlief, schlief noch.

Schlief doch.

Aber ihn trieb es hinaus.

Diese Unruhe. Sie wiederzusehen nach diesem ersten Liebesrausch, sie, die jetzt sein war, die er nicht lassen würde, nicht wieder von sich lassen. Endlich das Glück, das grosse Glück!

Er dachte nicht an die Zukunft, hatte kein Bedenken und keine Gedanken. Nur das eine selige Gefühl, sie ist dein, sie liebt dich, dein Glück, deine Rettung, dein Hafen, dein Grund, auf dem du bauen musst.

In Schönheit leben!

Ja, mit ihr in Schönheit!

Und herrliche Traumbilder gaukelten vor ihm, ein Wandelpanorama erhabener Natur, starre, schweigende Bergöde, Palmenwälder, rauschende Meere, ach, die ganze herrliche Welt. Und sie beide unter allen Menschen allein, Seite an Seite, Hand in Hand, Herz mit Herz und Seele mit Seele. Geniessend, verstehend. Es war alles wie ein Schaum in ihm. Bunte, schillernde Blasen. Aufleuchtend, zerplatzend. Darüber, alles umspannend, der glänzende Regenbogen eines unbestimmten weichen Gefühls, tränenfeucht, wie die Luft nach dem Regen weich und feucht ist. Das war alles das Glück, das endliche grosse Glück.

Randers war mitten in den Watten. Er war nur so geradeausgestürmt. Diese köstliche Salzluft. Diese erwachende Lust, aus all den kleinen feuchten Rillen mit glänzenden Augen aufschauend. Diese kleinen zitternden Wellen in den flachen Rillen, wie erschauernd in der Morgenkühle, aber doch glänzend in Erwartung des Tages.

Wie wohl das alles tat, diese herbe, frische, schauernde Morgenschönheit. Es kam eine Kraft über ihn, eine Fröhlichkeit und ein Stolz.

Und er lief dem Meer entgegen, das dort hinten seine Wellen über die Sandbank schäumte, lief mit ausgebreiteten Armen, den frischen Hauch des Meeres in seinen offenen Kleidern auffangend.

Es zwang ihn etwas, dem er nicht widerstehen konnte. Er musste dahin, wo die Wellen jauchzten, sein Glück ans Meer tragen, es hinausrufen, dem dicken Tritonen zu, der da auf dem Muschelhorn den Tag eintutet, und den hundert Meermädchen, die sich da lachend ihre nächtlichen Meerträume erzählten und mit den weissen Armen nach den Möwen griffen, die mit ihren raschen Schwingen durch ihren Morgentanz huschten.

Und nun flogen sie auf, eine ganze Schar, dieser stillen, grauen weichflugigen Seevögel, kamen ihm entgegen, liessen sich vor ihm nieder, flogen auf vor seinem eiligen Fuss und sanken hinter ihm wieder geräuschlos auf den Sand.

Und nun kam auch das Meer ihm entgegen, legte seine Wellen ihm vor die Füsse, rauschte, rollte. Und war alles Schaum, weisser glänzender Schaum längs des ganzen Wattenrandes.

Und die Sonne kam.

Und es wurden tausend Farben, jedes einzelne Bläschen schillernd und sprühend und dann zerplatzend. Und Randers riss sich die Mütze vom Kopf und bot die Stirn dem Wind, der sich erhob.

Und dann fing er an zu singen, jenes alte dänische Heldenlied, das er damals auf den nächtlichen Feldern von Rixdorf gesungen hatte. Und singend wich er vor den Wellen zurück, sang und freute sich der heranrollenden Flut und sang und wich vor ihr zurück. Bis es ihn plötzlich überfiel—die Flut, und er sich wandte, und er die Möwen sah, die unruhig wurden und ins Watt zurückzogen. Und er erschrak.

Und im ersten Schrecken fing er sofort an zu laufen. Und da war auch schon ein Priel im Wege, das sich mit Wasser gefüllt hatte, ganz rot glühte es in der Sonne, und die Wellchen zitterten wie in grosser Erregung. Er wandte sich seitwärts. Er musste auf dem nächsten Weg den Strand erreichen. Aber er kannte das Terrain nicht genau. Und an der heranrollenden Flut längs laufen? Nein, er musste vor ihr her. Es half nichts.

Er zog Schuh und Strümpfe aus, zog die Beinkleider über die Knie hinauf und watete durchs Priel; das Wasser ging ihm bis über die Knöchel. Es war eiskalt. Randers lief nicht, um nicht ausser Atem zu kommen. Vielleicht musste er nachher noch laufen.

Es war jetzt ganz ruhig, ganz klar. Er kannte die Gefahr und wusste, dass nur grösste Kaltblütigkeit und Umsicht ihn retten würde. Und es war ja Tag. Kein Nebel zeigte sich. Man würde vom Strand aus ihn sehen. Und zuletzt, er war ein guter Schwimmer.

Um ihn gluckste, quirlte und rieselte es, alle kleinen Rillen füllten sich mit Wasser, das wie aus dem Boden gedrungen auf einmal da war.

Hinter ihm war ein dumpfes murrendes Getön. Das Meer kam, um wieder Besitz von seinem Eigentum zu nehmen: ihm gehörte das Watt. Es drang in die Priele, griff mit blanken, gierigen Armen nach den Sandbänken, umklammerte sie, und legte sich auf sie mit seinem mächtigen, schillernden Leib.

Randers lief an einem breiten Priel längs und konnte keine Furt finden. Er lief zurück, nach der andern Seite. Ein tiefer breiter Strom wälzte sich vor ihm. Er sah sich um, sah die weisse Brandung, sah dem blanken Hans in die gierigen Zähne.

Er warf den Rock ab, entkleidete sich und durchwatete das Priel. Bis über die Hüften ging ihm das Wasser, und der Strom warf ihn beinah.

Drüben lief er weiter, nackt, um erst einen gehörigen Vorsprung zu gewinnen. Er schätzte die Entfernung bis zum Ufer.

Eine Viertelstunde noch.

"Du holst es," sagte er laut, atmete schnell und ruhte einen Augenblick aus. Der Strand lag nah und deutlich vor ihm, in heller Sonne.

Alles sah so fröhlich und friedlich aus. Die blanken Watten, das rieselnde blitzende Wasser, die funkelnden kleinen Rillen.

Aber er lief hier ums Leben, floh durch all die Sonne vor der schwarzen Nacht, die nicht endet.

Und doch, diese Sonne milderte die Schrecken, nahm dem Watt das Unheimliche.

Aber das Wasser konnte sie nicht aufhalten. Das strömte von allen Seiten zusammen, überholte den Laufenden, schloss ihn auf einer Sandbank ein, warf sich zwischen ihn und den Strand und blitzte ihm in dem hellen Glanz des wachsenden Tages triumphierend entgegen.

Randers blieb ruhig. Das Terrain längs der Küste kannte er. Es war da noch einmal tief. Das Wasser würde ihm vielleicht bis an den Hals gehen, er würde schwimmen müssen.

Schwimmen bei der Flut?

Einerlei, sich ihr anvertrauen. Es wird ihn ein bisschen herumwirbeln und werfen. Aber seine Arme waren geübt, und irgendwo würde er festen Fuss fassen.

Aber er getraute sich's nachher doch nicht, lief an dem reissenden, rollenden Strom hin, suchte eine seichtere Stelle. Und zuletzt musste er's wagen. Alles ab! Ganz nackt, die Zähne zusammen, jede Muskel krampfhaft gespannt, warf er sich in die Wellen, tauchte auf, wurde fortgerissen, strandlängs, und wieder zurück, wieder abseits, sah die Entfernung zwischen sich und dem Strand wachsen.

Er warf sich auf den Rücken, schöpfte Atem, warf sich wieder herum und begann den Kampf aufs neue.

Und es gelang ihm. Er fühlte festen Boden unter den Füssen, taumelte mechanisch weiter, fühlte sich ohnmächtig werden und fiel kraftlos vornüber.

Eine blaugrüne, schaumgekrönte, wogende See rollte über dem Watt. Die Möwen kreisten darüber und leuchteten in der Sonne, schossen herab, neigten ihre grossen Schwingen und stiegen mit einem leisen, pfeifenden Laut wieder auf.

Moiken fand Randers im Schlick. Er lag auf der Seite, der Kopf hing schlaff herab, und mit den Füssen spielte noch die Flut und warf sie hin und her.

Moiken zog ihn vollends aufs Trockene. Er atmete noch. Schreiend lief sie nach Hülfe.

26.

Randers war noch sehr elend nach den Fiebernächten, mit denen er Helga erschreckt hatte. Es war ein kraftloser Druck, mit dem er ihre Hand umschloss. Sie liess ihm diese kalte Hand; sie war so kalt, dass es ihn bis ans Herz fror.

"Sie dürfen nicht gehen," sagte er. "Ich muss. Sie wissen es. Ihr Herz ist nicht frei, ist an die Vergangenheit gebunden. Ich will nicht, dass Sie einst bereuen." "Fieberträume," rief er. "Quälen Sie mich nicht so," sagte sie leise. Da liess er ihre Hand los.

"Ich habe Sie so sehr, sehr lieb, Helga," sagte er vom Fenster her. Eine heisse Welle überflutete für einen Augenblick ihr Gesicht.

"Sie hatten auch Fides sehr lieb. Und Sie werden noch manche sehr lieb haben." "Nie." "Kennen Sie sich so schlecht?" "Helga, nun quälen Sie mich." "Es ist so oft das Los der Liebe, dass sie quälen muss, wo sie beglücken möchte." "Helga." Er lag zu ihren Füssen.

"Henning. Nicht. Stehen Sie auf." Er umklammerte ihre beiden Hände und küsste sie.

"So lieb hab ich dich, so lieb," stammelte er. Sie löste sich von ihm, strich mit der Linken sanft, wie tröstend über seinen Scheitel.

Dann beugte sie sich zu ihm und küsste seine Stirne.

"Und nun stehen Sie auf, Henning, seien Sie Mann." "Es ist Ihr letztes?" "Nach Ihrer gestrigen Beichte, ja. Es kann nicht sein. Ich habe diese ganze Nacht damit gerungen. Es ist besser so. Wir dürfen nicht einem Rausch folgen. Waren Sie stark genug, Fides aufzugeben, lassen Sie uns jetzt auch stark sein." Er erhob sich, schwankte zu seinem Fenstersitz zurück und begrub das Gesicht in die Hände.

Leise ging Helga hinaus.

27.

Gerd Gerdsen an Randers.

Lieber Freund!

Ein Geständnis aus melancholischem Herzen. Während ich an Ihrem Roman arbeite und mich mit Ihren Amouren abquäle, stecke ich selbst darin, bin selbst verliebt. Verliebt—armseliges Wort. Eine wunderliche, verspätete Leidenschaft, so tief und keusch, wie ich vordem nie empfunden habe. Ein Kind, eine Schülerin, mir in ein paar Jahren heimlich ans Herz gewachsen, ins Herz gewachsen, Saiten in meiner Seele zum Klingen bringend, die bisher ruhten.

Diese Verse geben Ihnen meine Stimmung. Bewahren Sie dies Geständnis in treuem Herzen.

Märchen.

In deiner lieben Nähe Bin ich so glücklich. Ich mein, Ich müsste wieder der wilde Selige Knabe sein.

Das macht deiner süssen Jugend Sonniger Frühlingshauch, Ich hab dich so lieb, und draussen Blühen die Rosen ja auch.

O Traum der goldenen Tage. Herz, es war einmal.— Abendwolken wandern Über mein Jugendtal.

* * * * *

Fromm.

Der Mond scheint auf mein Lager, Ich schlafe nicht, Meine gefalteten Hände ruhen In seinem Licht. Meine Seele ist still. Sie kehrte Von Gott zurück. Und mein Herz hat nur einen Gedanken: Dich und dein Glück.

* * * * *

Ja, mein tägliches Gebet geht dahin: alle Rosen des Glücks auf den blonden Scheitel dieses lieben siebzehnjährigen Kindes! Und das Köstlichste:

* * * * *

Ein treues Herz, Das ihr nur schlägt, Und dem auch sie, Herz an Herz, Entgegenglüht, In Liebe entgegen: Mein! Mein Glück!

Sie wissen, wie ich Frau und Kinder lieb habe. Sie verstehen aber auch, wie man trotzdem—es ist Schicksal, man kann nichts dagegen machen. Dulden und überwinden.

Ihnen aber, der Sie frei sind, wünsche ich von Herzen, dass Sie einmal die Ruhe in der Liebe finden, das über alle Leidenschaft herausgehobene Glück: Du bist mein und ich bin dein! Vielleicht sind Sie ja schon auf dem Weg, und das letzte Kapitel unseres Romans wird ein fröhlicher Festgesang.

Inzwischen erhebe uns Gobinaus Wort, nach dem die Grösse der Seele darin besteht, dass sie nicht zerbricht.

Und so tapfer durch den Tag bis ans Ende. Jede Schuld vergrössere und stärke unsere Sehnsucht nach Licht und Güte. Jede Niederlage werde uns eine Stufe zum Sieg.

Ihr Gerd Gerdsen.

28.

"Überwinden." Randers lächelte müde.

Wenn man seine Kunst hat, wie Gerdsen, Frau und Kinder hat.

Und doch, du hast recht, alter Freund. Überwinden.

Er schrieb einen Brief an Gerdsen und zerriss ihn wieder.

Auf der Fensterbank lag der Revolver. Er nahm ihn, fast mechanisch. Er presste den kalten Stahl ein paarmal gegen die Stirne. Das tat ihm wohl.

Dann ging er hinauf, die Waffe in der Hand, und stand unschlüssig vor Helgas Zimmer, die Hand auf dem Türgriff.

"Leer," sagte er leise, "alles leer.—Nein, ich will nicht—das nicht.—" Er ging wieder hinunter, lief ins Watt hinaus, kehrte um und ging in die Dünen.

Es war kalt und feucht. Der Nebel stieg aus der See und kroch an den Strand, stieg aus den feuchten Dünentälern, wallte wie ein leichter Rauch über die dunkle Heide, verschleierte die kleinen Lachen und Tümpel.

Randers achtete nicht darauf. Ihn fröstelte, ein Fieberschauer schüttelte ihn. Aber er ging weiter.

Wohin?

Der Nebel wuchs. Von oben fiel ein bleiches Licht in diesen weisslichen, wehenden Dunst, in dem Randers ziellos umherirrte. Sein Schatten begleitete ihn, ein Gespenst, wuchs plötzlich wie aus der Erde neben ihm auf, dehnte sich auf einer Nebelwand zu grotesker Grosse hinauf, fuhr plötzlich zusammen, als erschrecke er vor etwas und wollte sich in sich selbst verkriechen.

"Schatten! Gespenster!" Randers sagte es ganz laut.

"Das bist du. Dein eigentliches Ich, das dich höhnt. Ein Nichts. Ein Spuk. Ein Nebel." Was war das?

Gesang?

Deutlich hörte er es. Tiefe, orgelartige Töne.

Die Brandung. Der Wind.

Es wuchs.

Das waren nicht Wind und Wellen.

Er steckte sich die Finger in beide Ohren.

Es sang, sauste und brauste.

"Du bist krank." Er sagte es laut, ruhig.

Das Wort befreite ihn.

Krank!

Er lachte, lachte laut und hart auf.

"Krank! Warst du je gesund?" Und dann fiel er, schlug lang hin, war über irgend etwas gestolpert.

Wie nass die Heide war. Es quatschte und quirlte ordentlich, als er aufschlug. Er legte die nasse Hand auf die Stirn. Wie kühl. Wie köstlich kühl.

Helgas Hand.

Ihr Kuss.

Wie kalt ihre Hand war; eiskalt.

"Was quälen Sie mich so." Das hatte auch Fides gesagt. Seltsam. Nein, nicht seltsam. Er war eine Qual für andere.

Ach, er war ein elender Mensch, ein armer, elender Mensch. Quälend und gequält.

Er erhob sich, taumelte weiter und wäre beinahe wieder hingestolpert.

Der Nebel war so dicht, ganz dicht, ganz verfilzt.

Randers stand still. Er wusste nicht mehr wohin. Er getraute sich nicht weiter zu gehen. Es waren hier sumpfige Stellen, tiefere Tümpel, in denen er schon ersticken konnte, wenn er so hineinschlug, mit dem Gesicht, wie vorhin ins Kraut. So mit dem Gesicht in das schmutzige, schlammige Wasser.

Dann würde er ersticken.

Elendig zu Grunde gehen.

Er erinnerte sich mit einmal eines Tümpels hier in den Dünen, worauf er eine kranke Wildente schwimmen gefunden hatte. Er scheuchte sie damals mit dem Stock, aber sie hielt sich ängstlich in der Mitte des Tümpels, er konnte sie nicht erreichen.

Zu Hause der Ententeich, im Heimatsdorf. Der grosse graue Erpel, den er als Kind immer so geneckt hatte. Er hatte immer gerne die Tiere geneckt. Vor allem die Hunde.

Inge Jönksen, wie kam er plötzlich auf Inge Jönksen?

Er sah sie die Wäsche aufhängen, in dem kleinen Garten hinter dem Haus. Und die Pappel. Die hohe Pappel, von der aus er so lustige Rundschau hielt.

Und jetzt ward alles lebendig, jagte alles in rasendem Tanz an ihm vorüber. Eine wilde Jagd von Bildern und Erinnerungen.

Sein ganzes, verpfuschtes Leben.

Fides, seine Flucht aus Rixdorf.

Warum quälen Sie mich so.—

Sie, sie hätte ihn gerettet.

Verworfen, gerichtet. Wie du mir, so ich dir.

Stark sein, Mann sein, in Schönheit leben.

Zu leicht befunden. Nicht einmal in Schönheit sterben. Nein, erbärmlich, jämmerlich davonlaufen.

Fides!

Er sah sie vor sich, deutlich, wie sie schluchzend über dem kleinen Tisch des Pavillons lag.

Und er fiel nieder, kniete in das nasse Heidekraut, lag zu ihren Füssen, umklammerte ihre Kniee, fasste ihre Hände, ihre beiden Hände.

Wie kalt sie waren.

Eiskalt.

* * * * *

Randers lag mit dem Gesicht in dem nassen Dünenkraut. Aus der rechten Schläfe sickerte Blut.

Der Nebel, von dem Schuss in Bewegung gesetzt, legte sich wieder über ihn. Ein gespenstisches Leben war in diesen Dunstmassen.

Weisse Arme streckten sich langsam aus, tasteten an den Dünen hinauf und zogen sich langsam wieder zurück. Lange, feuchte Haare flatterten. Todblasse Gesichter öffneten grosse traurige Augen, erzitterten, verzerrten sich zu Fratzen und zerrannen in Nichts.

Aber über dem Nebel war der Himmel klar, und Stern stand an Stern.

Ende.


18 - 3. Buch, Kapitel 25 - 28

25.

Randers stürmte nach einer schlaflosen Nacht in den kalten Morgen hinaus.

Er hatte hinaufgehorcht, ob sie schon wach sei, wach wie er. Konnte sie schlafen nach diesem Abend?

Aber es war oben alles still gewesen.

Säe schlief, schlief noch.

Schlief doch.

Aber ihn trieb es hinaus.

Diese Unruhe. Sie wiederzusehen nach diesem ersten Liebesrausch, sie, die jetzt sein war, die er nicht lassen würde, nicht wieder von sich lassen. Endlich das Glück, das grosse Glück!

Er dachte nicht an die Zukunft, hatte kein Bedenken und keine Gedanken. Nur das eine selige Gefühl, sie ist dein, sie liebt dich, dein Glück, deine Rettung, dein Hafen, dein Grund, auf dem du bauen musst.

In Schönheit leben!

Ja, mit ihr in Schönheit!

Und herrliche Traumbilder gaukelten vor ihm, ein Wandelpanorama erhabener Natur, starre, schweigende Bergöde, Palmenwälder, rauschende Meere, ach, die ganze herrliche Welt. Und sie beide unter allen Menschen allein, Seite an Seite, Hand in Hand, Herz mit Herz und Seele mit Seele. Geniessend, verstehend. Es war alles wie ein Schaum in ihm. Bunte, schillernde Blasen. Aufleuchtend, zerplatzend. Darüber, alles umspannend, der glänzende Regenbogen eines unbestimmten weichen Gefühls, tränenfeucht, wie die Luft nach dem Regen weich und feucht ist. Das war alles das Glück, das endliche grosse Glück.

Randers war mitten in den Watten. Er war nur so geradeausgestürmt. Diese köstliche Salzluft. Diese erwachende Lust, aus all den kleinen feuchten Rillen mit glänzenden Augen aufschauend. Diese kleinen zitternden Wellen in den flachen Rillen, wie erschauernd in der Morgenkühle, aber doch glänzend in Erwartung des Tages.

Wie wohl das alles tat, diese herbe, frische, schauernde Morgenschönheit. Es kam eine Kraft über ihn, eine Fröhlichkeit und ein Stolz.

Und er lief dem Meer entgegen, das dort hinten seine Wellen über die Sandbank schäumte, lief mit ausgebreiteten Armen, den frischen Hauch des Meeres in seinen offenen Kleidern auffangend.

Es zwang ihn etwas, dem er nicht widerstehen konnte. Er musste dahin, wo die Wellen jauchzten, sein Glück ans Meer tragen, es hinausrufen, dem dicken Tritonen zu, der da auf dem Muschelhorn den Tag eintutet, und den hundert Meermädchen, die sich da lachend ihre nächtlichen Meerträume erzählten und mit den weissen Armen nach den Möwen griffen, die mit ihren raschen Schwingen durch ihren Morgentanz huschten.

Und nun flogen sie auf, eine ganze Schar, dieser stillen, grauen weichflugigen Seevögel, kamen ihm entgegen, liessen sich vor ihm nieder, flogen auf vor seinem eiligen Fuss und sanken hinter ihm wieder geräuschlos auf den Sand.

Und nun kam auch das Meer ihm entgegen, legte seine Wellen ihm vor die Füsse, rauschte, rollte. Und war alles Schaum, weisser glänzender Schaum längs des ganzen Wattenrandes.

Und die Sonne kam.

Und es wurden tausend Farben, jedes einzelne Bläschen schillernd und sprühend und dann zerplatzend. Und Randers riss sich die Mütze vom Kopf und bot die Stirn dem Wind, der sich erhob.

Und dann fing er an zu singen, jenes alte dänische Heldenlied, das er damals auf den nächtlichen Feldern von Rixdorf gesungen hatte. Und singend wich er vor den Wellen zurück, sang und freute sich der heranrollenden Flut und sang und wich vor ihr zurück. Bis es ihn plötzlich überfiel—die Flut, und er sich wandte, und er die Möwen sah, die unruhig wurden und ins Watt zurückzogen. Und er erschrak.

Und im ersten Schrecken fing er sofort an zu laufen. Und da war auch schon ein Priel im Wege, das sich mit Wasser gefüllt hatte, ganz rot glühte es in der Sonne, und die Wellchen zitterten wie in grosser Erregung. Er wandte sich seitwärts. Er musste auf dem nächsten Weg den Strand erreichen. Aber er kannte das Terrain nicht genau. Und an der heranrollenden Flut längs laufen? Nein, er musste vor ihr her. Es half nichts.

Er zog Schuh und Strümpfe aus, zog die Beinkleider über die Knie hinauf und watete durchs Priel; das Wasser ging ihm bis über die Knöchel. Es war eiskalt. Randers lief nicht, um nicht ausser Atem zu kommen. Vielleicht musste er nachher noch laufen.

Es war jetzt ganz ruhig, ganz klar. Er kannte die Gefahr und wusste, dass nur grösste Kaltblütigkeit und Umsicht ihn retten würde. Und es war ja Tag. Kein Nebel zeigte sich. Man würde vom Strand aus ihn sehen. Und zuletzt, er war ein guter Schwimmer.

Um ihn gluckste, quirlte und rieselte es, alle kleinen Rillen füllten sich mit Wasser, das wie aus dem Boden gedrungen auf einmal da war.

Hinter ihm war ein dumpfes murrendes Getön. Das Meer kam, um wieder Besitz von seinem Eigentum zu nehmen: ihm gehörte das Watt. Es drang in die Priele, griff mit blanken, gierigen Armen nach den Sandbänken, umklammerte sie, und legte sich auf sie mit seinem mächtigen, schillernden Leib.

Randers lief an einem breiten Priel längs und konnte keine Furt finden. Er lief zurück, nach der andern Seite. Ein tiefer breiter Strom wälzte sich vor ihm. Er sah sich um, sah die weisse Brandung, sah dem blanken Hans in die gierigen Zähne.

Er warf den Rock ab, entkleidete sich und durchwatete das Priel. Bis über die Hüften ging ihm das Wasser, und der Strom warf ihn beinah.

Drüben lief er weiter, nackt, um erst einen gehörigen Vorsprung zu gewinnen. Er schätzte die Entfernung bis zum Ufer.

Eine Viertelstunde noch.

"Du holst es," sagte er laut, atmete schnell und ruhte einen Augenblick aus. Der Strand lag nah und deutlich vor ihm, in heller Sonne.

Alles sah so fröhlich und friedlich aus. Die blanken Watten, das rieselnde blitzende Wasser, die funkelnden kleinen Rillen.

Aber er lief hier ums Leben, floh durch all die Sonne vor der schwarzen Nacht, die nicht endet.

Und doch, diese Sonne milderte die Schrecken, nahm dem Watt das Unheimliche.

Aber das Wasser konnte sie nicht aufhalten. Das strömte von allen Seiten zusammen, überholte den Laufenden, schloss ihn auf einer Sandbank ein, warf sich zwischen ihn und den Strand und blitzte ihm in dem hellen Glanz des wachsenden Tages triumphierend entgegen.

Randers blieb ruhig. Das Terrain längs der Küste kannte er. Es war da noch einmal tief. Das Wasser würde ihm vielleicht bis an den Hals gehen, er würde schwimmen müssen.

Schwimmen bei der Flut?

Einerlei, sich ihr anvertrauen. Es wird ihn ein bisschen herumwirbeln und werfen. Aber seine Arme waren geübt, und irgendwo würde er festen Fuss fassen.

Aber er getraute sich's nachher doch nicht, lief an dem reissenden, rollenden Strom hin, suchte eine seichtere Stelle. Und zuletzt musste er's wagen. Alles ab! Ganz nackt, die Zähne zusammen, jede Muskel krampfhaft gespannt, warf er sich in die Wellen, tauchte auf, wurde fortgerissen, strandlängs, und wieder zurück, wieder abseits, sah die Entfernung zwischen sich und dem Strand wachsen.

Er warf sich auf den Rücken, schöpfte Atem, warf sich wieder herum und begann den Kampf aufs neue.

Und es gelang ihm. Er fühlte festen Boden unter den Füssen, taumelte mechanisch weiter, fühlte sich ohnmächtig werden und fiel kraftlos vornüber.

Eine blaugrüne, schaumgekrönte, wogende See rollte über dem Watt. Die Möwen kreisten darüber und leuchteten in der Sonne, schossen herab, neigten ihre grossen Schwingen und stiegen mit einem leisen, pfeifenden Laut wieder auf.

Moiken fand Randers im Schlick. Er lag auf der Seite, der Kopf hing schlaff herab, und mit den Füssen spielte noch die Flut und warf sie hin und her.

Moiken zog ihn vollends aufs Trockene. Er atmete noch. Schreiend lief sie nach Hülfe.

26.

Randers war noch sehr elend nach den Fiebernächten, mit denen er Helga erschreckt hatte. Es war ein kraftloser Druck, mit dem er ihre Hand umschloss. Sie liess ihm diese kalte Hand; sie war so kalt, dass es ihn bis ans Herz fror.

"Sie dürfen nicht gehen," sagte er. "Ich muss. Sie wissen es. Ihr Herz ist nicht frei, ist an die Vergangenheit gebunden. Ich will nicht, dass Sie einst bereuen." "Fieberträume," rief er. "Quälen Sie mich nicht so," sagte sie leise. Da liess er ihre Hand los.

"Ich habe Sie so sehr, sehr lieb, Helga," sagte er vom Fenster her. Eine heisse Welle überflutete für einen Augenblick ihr Gesicht.

"Sie hatten auch Fides sehr lieb. Und Sie werden noch manche sehr lieb haben." "Nie." "Kennen Sie sich so schlecht?" "Helga, nun quälen Sie mich." "Es ist so oft das Los der Liebe, dass sie quälen muss, wo sie beglücken möchte." "Helga." Er lag zu ihren Füssen.

"Henning. Nicht. Stehen Sie auf." Er umklammerte ihre beiden Hände und küsste sie.

"So lieb hab ich dich, so lieb," stammelte er. Sie löste sich von ihm, strich mit der Linken sanft, wie tröstend über seinen Scheitel.

Dann beugte sie sich zu ihm und küsste seine Stirne.

"Und nun stehen Sie auf, Henning, seien Sie Mann." "Es ist Ihr letztes?" "Nach Ihrer gestrigen Beichte, ja. Es kann nicht sein. Ich habe diese ganze Nacht damit gerungen. Es ist besser so. Wir dürfen nicht einem Rausch folgen. Waren Sie stark genug, Fides aufzugeben, lassen Sie uns jetzt auch stark sein." Er erhob sich, schwankte zu seinem Fenstersitz zurück und begrub das Gesicht in die Hände.

Leise ging Helga hinaus.

27.

Gerd Gerdsen an Randers.

Lieber Freund!

Ein Geständnis aus melancholischem Herzen. Während ich an Ihrem Roman arbeite und mich mit Ihren Amouren abquäle, stecke ich selbst darin, bin selbst verliebt. Verliebt—armseliges Wort. Eine wunderliche, verspätete Leidenschaft, so tief und keusch, wie ich vordem nie empfunden habe. Ein Kind, eine Schülerin, mir in ein paar Jahren heimlich ans Herz gewachsen, ins Herz gewachsen, Saiten in meiner Seele zum Klingen bringend, die bisher ruhten.

Diese Verse geben Ihnen meine Stimmung. Bewahren Sie dies Geständnis in treuem Herzen.

Märchen.

In deiner lieben Nähe   Bin ich so glücklich. Ich mein,   Ich müsste wieder der wilde   Selige Knabe sein.

Das macht deiner süssen Jugend   Sonniger Frühlingshauch,   Ich hab dich so lieb, und draussen   Blühen die Rosen ja auch.

O Traum der goldenen Tage. Herz, es war einmal.—   Abendwolken wandern   Über mein Jugendtal.

* * * * *

Fromm.

Der Mond scheint auf mein Lager,   Ich schlafe nicht,   Meine gefalteten Hände ruhen   In seinem Licht. Meine Seele ist still. Sie kehrte   Von Gott zurück. Und mein Herz hat nur einen Gedanken:   Dich und dein Glück.

* * * * *

Ja, mein tägliches Gebet geht dahin: alle Rosen des Glücks auf den blonden Scheitel dieses lieben siebzehnjährigen Kindes! Und das Köstlichste:

* * * * *

Ein treues Herz,   Das ihr nur schlägt,   Und dem auch sie,   Herz an Herz,   Entgegenglüht,   In Liebe entgegen:   Mein! Mein Glück!

Sie wissen, wie ich Frau und Kinder lieb habe. Sie verstehen aber auch, wie man trotzdem—es ist Schicksal, man kann nichts dagegen machen. Dulden und überwinden.

Ihnen aber, der Sie frei sind, wünsche ich von Herzen, dass Sie einmal die Ruhe in der Liebe finden, das über alle Leidenschaft herausgehobene Glück: Du bist mein und ich bin dein! Vielleicht sind Sie ja schon auf dem Weg, und das letzte Kapitel unseres Romans wird ein fröhlicher Festgesang.

Inzwischen erhebe uns Gobinaus Wort, nach dem die Grösse der Seele darin besteht, dass sie nicht zerbricht.

Und so tapfer durch den Tag bis ans Ende. Jede Schuld vergrössere und stärke unsere Sehnsucht nach Licht und Güte. Jede Niederlage werde uns eine Stufe zum Sieg.

Ihr Gerd Gerdsen.

28.

"Überwinden." Randers lächelte müde.

Wenn man seine Kunst hat, wie Gerdsen, Frau und Kinder hat.

Und doch, du hast recht, alter Freund. Überwinden.

Er schrieb einen Brief an Gerdsen und zerriss ihn wieder.

Auf der Fensterbank lag der Revolver. Er nahm ihn, fast mechanisch. Er presste den kalten Stahl ein paarmal gegen die Stirne. Das tat ihm wohl.

Dann ging er hinauf, die Waffe in der Hand, und stand unschlüssig vor Helgas Zimmer, die Hand auf dem Türgriff.

"Leer," sagte er leise, "alles leer.—Nein, ich will nicht—das nicht.—" Er ging wieder hinunter, lief ins Watt hinaus, kehrte um und ging in die Dünen.

Es war kalt und feucht. Der Nebel stieg aus der See und kroch an den Strand, stieg aus den feuchten Dünentälern, wallte wie ein leichter Rauch über die dunkle Heide, verschleierte die kleinen Lachen und Tümpel.

Randers achtete nicht darauf. Ihn fröstelte, ein Fieberschauer schüttelte ihn. Aber er ging weiter.

Wohin?

Der Nebel wuchs. Von oben fiel ein bleiches Licht in diesen weisslichen, wehenden Dunst, in dem Randers ziellos umherirrte. Sein Schatten begleitete ihn, ein Gespenst, wuchs plötzlich wie aus der Erde neben ihm auf, dehnte sich auf einer Nebelwand zu grotesker Grosse hinauf, fuhr plötzlich zusammen, als erschrecke er vor etwas und wollte sich in sich selbst verkriechen.

"Schatten! Gespenster!" Randers sagte es ganz laut.

"Das bist du. Dein eigentliches Ich, das dich höhnt. Ein Nichts. Ein Spuk. Ein Nebel." Was war das?

Gesang?

Deutlich hörte er es. Tiefe, orgelartige Töne.

Die Brandung. Der Wind.

Es wuchs.

Das waren nicht Wind und Wellen.

Er steckte sich die Finger in beide Ohren.

Es sang, sauste und brauste.

"Du bist krank." Er sagte es laut, ruhig.

Das Wort befreite ihn.

Krank!

Er lachte, lachte laut und hart auf.

"Krank! Warst du je gesund?" Und dann fiel er, schlug lang hin, war über irgend etwas gestolpert.

Wie nass die Heide war. Es quatschte und quirlte ordentlich, als er aufschlug. Er legte die nasse Hand auf die Stirn. Wie kühl. Wie köstlich kühl.

Helgas Hand.

Ihr Kuss.

Wie kalt ihre Hand war; eiskalt.

"Was quälen Sie mich so." Das hatte auch Fides gesagt. Seltsam. Nein, nicht seltsam. Er war eine Qual für andere.

Ach, er war ein elender Mensch, ein armer, elender Mensch. Quälend und gequält.

Er erhob sich, taumelte weiter und wäre beinahe wieder hingestolpert.

Der Nebel war so dicht, ganz dicht, ganz verfilzt.

Randers stand still. Er wusste nicht mehr wohin. Er getraute sich nicht weiter zu gehen. Es waren hier sumpfige Stellen, tiefere Tümpel, in denen er schon ersticken konnte, wenn er so hineinschlug, mit dem Gesicht, wie vorhin ins Kraut. So mit dem Gesicht in das schmutzige, schlammige Wasser.

Dann würde er ersticken.

Elendig zu Grunde gehen.

Er erinnerte sich mit einmal eines Tümpels hier in den Dünen, worauf er eine kranke Wildente schwimmen gefunden hatte. Er scheuchte sie damals mit dem Stock, aber sie hielt sich ängstlich in der Mitte des Tümpels, er konnte sie nicht erreichen.

Zu Hause der Ententeich, im Heimatsdorf. Der grosse graue Erpel, den er als Kind immer so geneckt hatte. Er hatte immer gerne die Tiere geneckt. Vor allem die Hunde.

Inge Jönksen, wie kam er plötzlich auf Inge Jönksen?

Er sah sie die Wäsche aufhängen, in dem kleinen Garten hinter dem Haus. Und die Pappel. Die hohe Pappel, von der aus er so lustige Rundschau hielt.

Und jetzt ward alles lebendig, jagte alles in rasendem Tanz an ihm vorüber. Eine wilde Jagd von Bildern und Erinnerungen.

Sein ganzes, verpfuschtes Leben.

Fides, seine Flucht aus Rixdorf.

Warum quälen Sie mich so.—

Sie, sie hätte ihn gerettet.

Verworfen, gerichtet. Wie du mir, so ich dir.

Stark sein, Mann sein, in Schönheit leben.

Zu leicht befunden. Nicht einmal in Schönheit sterben. Nein, erbärmlich, jämmerlich davonlaufen.

Fides!

Er sah sie vor sich, deutlich, wie sie schluchzend über dem kleinen Tisch des Pavillons lag.

Und er fiel nieder, kniete in das nasse Heidekraut, lag zu ihren Füssen, umklammerte ihre Kniee, fasste ihre Hände, ihre beiden Hände.

Wie kalt sie waren.

Eiskalt.

* * * * *

Randers lag mit dem Gesicht in dem nassen Dünenkraut. Aus der rechten Schläfe sickerte Blut.

Der Nebel, von dem Schuss in Bewegung gesetzt, legte sich wieder über ihn. Ein gespenstisches Leben war in diesen Dunstmassen.

Weisse Arme streckten sich langsam aus, tasteten an den Dünen hinauf und zogen sich langsam wieder zurück. Lange, feuchte Haare flatterten. Todblasse Gesichter öffneten grosse traurige Augen, erzitterten, verzerrten sich zu Fratzen und zerrannen in Nichts.

Aber über dem Nebel war der Himmel klar, und Stern stand an Stern.

Ende.