Ist Putin bald am Ende?
. Dass ein Rap-Video bei YouTube viele Dislikes bekommt, ist nichts Besonderes.
Rapper polarisieren in ihren Texten immer wieder,
da kann es sein, dass Leute auf den Daumen nach unten klicken.
Wenn ein Rap-Video aber knapp 1,5 Mio. Dislikes bekommt
bei gerade mal ca.80.000 Likes, dann ist das außergewöhnlich.
In diesem Fall geht es um den Song "Moskau"
des Moskauer Rappers Timati.
In diesem Lied geht es darum, wie toll Moskau sei
und dass es toll sei, dass es in Moskau keine Schwulen-Paraden gebe
und das Timoti niemals auf Demos gehen würde.
Was Timoti gut findet, lässt er auch durchblicken,
nämlich die russische Regierung.
Und v.a.den Präsidenten Wladimir Putin.
Mit dem hat er sich ein paarmal fotografieren lassen
und gesagt, er findet ihn richtig gut.
Insofern kann man die 1,5 Mio.Dislikes
durch als politisches Zeichen werten.
Genau wie die vielen Demos, die es seit einiger Zeit
gegen Russlands Regierung gibt.
Bedeutet das, dass Wladimir Putins Machtbasis bröckelt?
Verliert er an Rückhalt?
Könnte es sogar sein, dass er bei der nächsten Wahl,
wenn er denn antritt, nicht mehr gewählt wird?
Genau darum geht's jetzt.
* Titelmusik *
Wladimir Putin, wer ist dieser Mann?
Wenn euch das interessiert, klickt auf das "i".
Da bekommt ihr ein Video über ihn und ihr erfahrt auch,
was seine Gegner und was seine Befürworter sagen.
An dieser Stelle zusammengefasst:
Putin ist seit 2000 russischer Präsident,
zwischendurch war er mal 4 Jahre Ministerpräsident
und er ist jemand, der das Land nach einer Wirtschaftskrise
Ende der 1990er aus dem Dreck geholt hat.
Deshalb sind viele Russen ihm noch dankbar und sagen,
dank Putin geht es uns besser.
Deshalb wählen wir ihn, deshalb sind wir für Putin.
Dabei nehmen sie in Kauf,
dass Putin bei bestimmten Grundrechtsfragen,
z.B.wenn es um Versammlungsfreiheit oder Pressefreiheit geht,
autoritär vorgeht. Jetzt scheint es aber so zu sein,
dass der Rückhalt immer weiter bröckelt.
Zumindest ist das der Eindruck, den man bekommen kann,
wenn man Bilder wie diese sieht. Tausende Menschen demonstrieren
gegen die Regierungspartei Einiges Russland,
die Partei von Wladimir Putin.
Die Menschen wollen einen Wandel und sagen, so kann es nicht weitergehen.
Wir sind unzufrieden.
Warum sind sie unzufrieden? Das hat v.a.mit 3 Dingen zu tun.
1. Zum Jahreswechsel gab es eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, von 18 auf 20 %, in Deutschland sind es 19 bzw. 7 %.
Das sorgt dafür, dass alles teurer wird
und die Menschen weniger Geld in der Tasche haben.
Dann gibt es den zweiten Punkt: Produkte werden auch teurer
wegen westlicher Sanktionen.
Seit der Krim-Krise haben viele westliche Staaten
Sanktionen gegen Russland verhängt.
Das sorgt dafür, dass einige Produkte gar nicht vorhanden sind
oder viel mehr Geld kosten.
3. Das Renteneintrittsalter wird erhöht. In den nächsten 10 Jahren um insgesamt 5 Jahre.
Das liegt dann bei 65 Jahren.
Dazu muss man wissen, dass ein Mann in Russland
momentan im Schnitt 65-67 Jahre alt wird.
Also gar nicht so viel Zeit, seine Rente auszukosten.
Das passt den Menschen nicht.
V.a.den Menschen, die weniger Geld haben,
denn, das zeigen viele Studien,
je ärmer man ist, desto früher stirbt man in Russland.
Dazu kommt eine generelle politische Unzufriedenheit.
Es gab jetzt Regionalwahlen,
da wurden einige Kandidaten der Opposition nicht zugelassen.
Da sagen v.a.junge Russen, das kann nicht sein,
so darf es nicht laufen.
Deshalb gehen so viele Menschen in Russland auf die Straße
bzw. v.a.in Moskau.
Und deshalb hat wohl Timotis Video so viele Dislikes.
Eine Abstimmung bei YouTube quasi.
Es gab aber auch eine reale Abstimmung,
nämlich Regionalwahlen in Russland vor kurzem.
Bei diesen Regionalwahlen hat die Regierungspartei
Einiges Russland einen Dämpfer einstecken müssen.
V.a.in Moskau.
Im Moskauer Stadtparlament hatte Einiges Russland
bisher 38 Sitze, jetzt sind es nur noch 25 von 45.
Die Mehrheit bleibt zwar bestehen, aber es sind viel weniger Leute,
die Einiges Russland ins Parlament schicken darf.
D.h.weniger politischer Rückhalt für Einiges Russland
und damit letztendlich für Wladimir Putin.
So kann man das deuten.
Aber die Betonung liegt auf dem "Kann".
Denn man könnte es auch anders sehen.
Z.B.wenn man sich anschaut, dass im Moskauer Stadtparlament
künftig zwar nur 25 Leute für Einiges Russland sitzen werden,
aber die meisten anderen Parteien, die dort vertreten sein werden,
sehr eng mit Einiges Russland zusammenarbeiten.
Das wussten die Menschen in Moskau, die gewählt haben.
Zudem wurden in 16 Regionen Russlands Gouverneure gewählt.
Gouverneure sind eine Mischung aus Ministerpräsidenten
und Landräten in Deutschland.
In allen 16 Regionen sind Leute von Einiges Russland gewählt worden.
Es gibt noch eine Tatsache: Nur ca.20 % der Menschen in Moskau,
die wahlberechtigt waren, haben bei dieser Wahl mitgemacht.
Das, sagen Politikwissenschaftler, waren überproportional viele Leute,
die der Opposition anhängen.
Also ein Ergebnis, das nicht unbedingt repräsentativ ist.
An diesen 3 Beispielen kann man gut erkennen,
so schlecht scheint es doch nicht zu stehen
um das Ansehen der russischen Regierung.
Wobei man sagen muss, Einiges Russland steht v.a.in Moskau
nicht ganz so gut da.
Aber Putin ist losgelöst davon.
Die meisten Russen verbinden ihn nicht unbedingt mit der Partei.
Er selbst erzeugt immer wieder das Gefühl,
er würde über den Dingen schweben
und mit der Alltagspolitik wenig zu tun haben.
Das zeigt sich auch an den Zustimmungswerten.
Die sind seit langem stabil und liegen immer um die 50 %.
So gute Zustimmungswerte hat kaum ein anderer Staatschef auf der Welt.
Eine andere Umfrage des Levada-Centers hat ergeben,
dass 38 % aller Russen sagen,
sie wünschten sich, dass Putin nach der nächsten Wahl 2024
nicht mehr im Amt wäre.
Eine Mehrheit hat aber gesagt, doch, wir fänden es gut,
wenn Putin weiter an der Macht ist.
D.h.also, die meisten Russen stehen nach wie vor hinter Putin,
auch wenn sie zunehmend kritisch mit der Regierung sind.
Klar, die Werte waren für Putin schon mal besser,
aber insgesamt sieht es für ihn ganz gut aus.
Natürlich muss man dazu sagen, dass das auch der Fall ist,
weil oppositionelle Kandidaten in Russland
nur sehr schlechte Chancen haben, nach vorne zu kommen
und es keine nennenswerten Alternativen
zu Putin und seiner Partei gibt.
Das ist gewollt und auch gesteuert.
Was man auch sagen muss:
Noch sitzt Wladimir Putin sehr fest im Sattel
und es sieht nicht danach aus,
als könnte ihm irgendjemand das Wasser reichen.
Aber das könnte sich ändern.
Nämlich dann, wenn sich die wirtschaftliche Lage im Land ändert.
Ich hab 2 Dinge angesprochen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer
und die Erhöhung des Renteneintrittsalters.
Das hängt mit Reformen zusammen, die die russische Regierung
auf Veranlassung von Putin in Gang gebracht hat,
damit sich künftig etwas ändert
und damit man für die Zukunft stabilisiert wird.
Das ist ein Anzeichen dafür, dass man befürchtet,
es könnte in Zukunft schlechter werden.
Diese Befürchtung hat einen guten Grund,
bzw.gleich mehrere.
Rund 60 % der russischen Exporte bestehen aus Öl- und Gaslieferungen
ans Ausland, basieren also auf fossilen Energieträgern.
Das macht 1/4 des BIPs aus.
Was aber passiert,
wenn diese Energieträger immer weniger gefragt sind?
Wenn z.B.immer mehr Leute Elektroautos fahren usw.
Dann könnte es schwer für Russland werden.
Bisher haben diese Exporte immer wieder geholfen,
Probleme auszugleichen.
Auch bei den westlichen Sanktionen kann man sagen,
wir haben die Einnahmen aus Öl und Gas, das passt schon.
Es gibt 2. ein Problem,
das wir auch aus anderen Ländern wie z.B. Deutschland kennen:
den demografischen Wandel.
In Russland gibt es immer weniger jüngere
und immer mehr ältere Menschen.
Das ist eine Belastung für das Rentensystem.
Deshalb diese Reform.
Natürlich ist es schwer für die Staatskasse,
wenn man immer mehr Geld für Renten ausgeben muss,
aber immer weniger Geld reinkommt.
Das könnte die Wirtschaft ins Wanken bringen.
Russland will sich in der Welt immer mehr behaupten.
Dazu gehört, dass man viel Geld fürs Militär ausgibt.
2018 waren das laut dem Forschungsinstitut Sipri
rund 61 Mrd.US-Dollar.
Das funktioniert, solange die Einnahmen sprudeln.
Wenn die Einnahmen aber, wie eben beschrieben, zurückgehen,
könnte das schwierig werden.
Dann gibt es ein Ungleichgewicht und auch das wirkt sich letztendlich
auf die wirtschaftliche Situation im Land aus
und dann auch auf die Leute, die zunehmend unzufrieden werden.
Alles das könnte irgendwann zur Bedrohung werden.
Nicht nur für die Regierungspartei Einiges Russland,
sondern auch für Präsident Putin.
Die Frage ist, wird diese Gefahr real werden?
Das hängt v.a.davon ab, ob die Reformen greifen,
die man angestoßen hat
und ob die westlichen Sanktionen irgendwann fallen gelassen werden.
Das weiß Putin auch, aber noch ist sein Rückhalt sehr stark.
Viel stärker auch, als es die Medien bei uns oft suggerieren.
Wenn man sich Bilder von den Protesten anschaut, denkt man,
halb Russland ist gegen Putin. Jedoch ist das nur eine Minderheit.
Wenn 20.000 Menschen in Moskau auf die Straße gehen,
sind das nur sehr wenige,
angesichts von 25 Mio. oder noch mehr Einwohnern,
die Moskau insgesamt hat.
Der Rückhalt für Putin ist also da, aber er könnte bröckeln,
wenn es den Menschen im Land schlechter geht.
Da würde mich interessieren, was denkt ihr?
Bleibt Putin fest im Sattel
oder könnte es irgendwann schwierig für ihn werden?
Könnte er 2024 vielleicht nicht mehr gewählt werden?
Er wäre dann 72.
Schreibt es in die Kommentare, ich bin gespannt, was ihr denkt.
Neben mir findet ihr das Video, auf das ich hingewiesen hab,
eine Biografie zu Wladimir Putin.
Darunter was Aktuelles von mir, da geht es um ein anderes Thema,
nämlich um Kirchen in Deutschland
und darum, dass die vor einer schweren Situation stehen.
Danke fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.
Untertitel: ARD Text im Auftrag von funk (2019)