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Sprachabar, In geheimer Mission

In geheimer Mission

Sie erfährt, was die Konkurrenz plant, wie der politische Gegner denkt und was du und ich den ganzen Tag so machen. Sie hat schon Kriege beeinflusst und wegen ihr mussten Regierungen zurücktreten: die Spionage.

Der Endung hört man es schon an: Die Spionage stammt aus dem Französischen. Dort hieß sie espionage. Das Wort hat lateinische Wurzeln – hier steht spicere für „sehen“. Und im Althochdeutschen gibt es sphäon, was dem heutigen „spähen“ ähnlich ist. Es geht bei der Spionage also darum, etwas zu sehen. Die Spionage beschafft politische, militärische und immer mehr auch wirtschaftliche Informationen. Ganz anders sieht das beim Spionieren aus. Das findet ganz privat statt. Wenn ER IHRE Kurzmitteilungen auf dem Handy liest und sich dabei erwischen lässt, sagt SIE eventuell: „Hör auf, mir nachzuspionieren!“ Aber von vorne …

Angeblich haben sich schon die Horden der Steinzeit gegenseitig ausgekundschaftet, um zu erfahren, wo die besten Jagdgründe sind. Natürlich sind von damals weder geheime Aufzeichnungen noch Dossiersüberliefert. Doch die alten Griechen wussten durchaus von Spionen zu berichten. Der Perser-König Kyros betrieb schon vor 2500 Jahren ein perfektes Spitzelnetz. Seine Späher, die „Augen und Ohren des Königs“, mischten sich unter die Leute, um zu erfahren, was im Volk geredet wurde.

In China erschien etwa zur selben Zeit das erste Spionagehandbuch. Suntsi, ein Stratege und Philosoph, prägte nicht nur den Satz: „Du musst Deine Feinde kennen, um sie besiegen zu können.“ Er verfasste in seinem Buch „Die Kunst des Krieges“ einen ganzen Leitfaden mit Regeln, wie man Agenten einsetzt, Geheimnisse weiterträgt und Freund und Feind verwirrt. Auch im Alten Testament spielt Spionage eine große Rolle. Die Israeliten schickten zwölf Späher ins Land Kanaan. Einer von ihnen, Josua, wurde später ihr Anführer. Auch die Stadt Jericho konnte nur erobert werden, weil Spione nachts heimlich über die Mauer geklettert waren und herumgeschnüffelt hatten.

Etwas zu sagen, das nur Sender und Empfänger verstehen sollen, war und ist wichtiges Merkmal der Spionage. Berühmt geworden sind die sogenannten Zahlensender. Auf Kurzwelle konnte jeder mithören, was die Geheimdienste ihren Agenten in aller Welt zu sagen hatten. Nur verstehen konnte man nichts, da man ausschließlich Reihen von Zahlen hörte. Aber ein bisschen aufregend war das schon, Spione bei der Arbeit zu belauschen. Einfacher war es, die Sprachen zu entschlüsseln, die Kinder auf dem Schulhof anwendeten, wenn sie streng Geheimes austauschen wollten. Die BB-Sprache ist so ein Fall. Hier setzt man nach jedem Vokal ein „B“ ins Wort und wiederholt den Vokal: „Dubu bibist eibein spibiobon“, heißt es dann zum Beispiel. Bekannt war und ist auch die Löffelsprache, bei der in Silben gesprochen wird, die Räubersprache mit einer Verdoppelung jedes Konsonanten, unterbrochen durch ein dazwischen eingefügtes „o“. Oder einfach nur – wie bei den richtigen Spionen – die Zahlensprache, bei der jeder Buchstabe durch seine entsprechende Ordnungszahl im Alphabet ersetzt wird. Was 19, 16, 18, 1, 3, 8, 2, 1, 18 heißt, dürfte nicht schwer herauszufinden sein.

Vor allem Autoren aus Großbritannien schufen seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine Spionageliteratur, die ihre treuen Fans hat. In Romanen, die vorzugsweise in den Konflikten des Kalten Krieges zwischen der damaligen Sowjetunion und den westlichen Staaten spielten, waren Agenten in geheimer Mission unterwegs. Sie erhielten eine falsche Identität, sie chiffrierten, verschlüsselten, ihre Nachrichten mit Geheimcodes, legten sie in tote Briefkästen und bekamen Anweisungen von ihrem Agentenführer. Manchmal wurden sie auch umgedreht und waren fortan Doppelagenten.

Sie platzierten Wanzen oder Richtmikrofone, verwendeten top secret, also streng geheime, Erfindungen wie Kameras in Kugelschreibern. Und sie mussten immer aufpassen, dass sie nicht enttarnt wurden. Denn dann waren sie verbrannt, also nicht mehr nützlich. Auch konnten die Geheimdienste – seien es die des Kremls oder von Ihrer Majestät der englischen Königin – nie sicher sein, ob sich in ihren Reihen U-Boote oder Maulwürfe versteckten.

Das eigene Volk auszuhorchen, zu unterwandern, zu bespitzeln und damit zu beherrschen ist keine Erfindung der ehemaligen DDR. Doch das MFS, das Ministerium für Staatssicherheit, hatte es hierin zu erstaunlicher Perfektion gebracht. Wie schon beim Perserkönig Kyros wurde das Land mit einem Netz verdeckter Ermittler, den inoffiziellen Mitarbeitern, kurz IM, überzogen. Für ihren Arbeitgeber, die Stasi, die auch „Firma Horch und Guck“ genannt wurde oder kurz „die Firma“, schrieben sie alles auf, was verdächtig sein könnte.

Betroffene können heute in ihren Akten, die vor der Vernichtung durch die Stasi gesichert wurden, nachlesen, wie Menschen verleumdet wurden, wie Spione versucht haben, die politische Opposition zu steuern und wie Eheleute und beste Freunde sich gegenseitig bespitzelten – aber auch wie unspektakulär und banal Agententätigkeit sein kann.

Dagegen haben es heutige Geheimdienste vergleichbar leicht. Sie spielen Trojaner auf Computer, nutzen die allgegenwärtigen Smartphones als Wanze oder hören gleich das komplette Internet ab. Wie das geht und dass das auch gemacht wird, wissen wir spätestens seit Edward Snowden und seinen Enthüllungen.

In geheimer Mission In secret mission En misión secreta 極秘ミッション Op een geheime missie Numa missão secreta

Sie erfährt, was die Konkurrenz plant, wie der politische Gegner denkt und was du und ich den ganzen Tag so machen. She learns what the competition is planning, how the political opponent thinks and what you and I are doing all day long. Она узнает, что планируют конкуренты, как мыслит политический оппонент и чем мы с вами занимаемся весь день. Sie hat schon Kriege beeinflusst und wegen ihr mussten Regierungen zurücktreten: die Spionage. It has already influenced wars and governments have had to resign: espionage.

Der Endung hört man es schon an: Die Spionage stammt aus dem Französischen. The ending can be heard already: The espionage comes from the French. Dort hieß sie espionage. There she was called espionage. Das Wort hat lateinische Wurzeln – hier steht spicere für „sehen“. The word has Latin roots - here spicere stands for "see". Und im Althochdeutschen gibt es sphäon, was dem heutigen „spähen“ ähnlich ist. And in Old High German there are sphäon, which is similar to today's "peeking". Es geht bei der Spionage also darum, etwas zu sehen. So espionage is about seeing something. Die Spionage beschafft politische, militärische und immer mehr auch wirtschaftliche Informationen. Espionage procures political, military and more and more economic information. Ganz anders sieht das beim Spionieren aus. It looks quite different when it comes to spying. Das findet ganz privat statt. This happens in private. Wenn ER IHRE Kurzmitteilungen auf dem Handy liest und sich dabei erwischen lässt, sagt SIE eventuell:  „Hör auf, mir nachzuspionieren!“ Aber von vorne … When HE reads her text messages on the phone and gets caught, she might say, "Stop spying on me!" But from the beginning ...

Angeblich haben sich schon die Horden der Steinzeit gegenseitig ausgekundschaftet, um zu erfahren, wo die besten Jagdgründe sind. Apparently, the hordes of the Stone Age have already scouted each other to find out where the best hunting grounds are. Natürlich sind von damals weder geheime Aufzeichnungen noch Dossiersüberliefert. Of course, neither secret records nor dossiers are handed down from that time. Doch die alten Griechen wussten durchaus von Spionen zu berichten. But the ancient Greeks knew about spies. Der Perser-König Kyros betrieb schon vor 2500 Jahren ein perfektes Spitzelnetz. The Persian king Cyrus operated already 2500 years ago a perfect spiked net. Seine Späher, die „Augen und Ohren des Königs“, mischten sich unter die Leute, um zu erfahren, was im Volk geredet wurde. His scouts, the "eyes and ears of the king," mingled with the people to find out what people were talking about.

In China erschien etwa zur selben Zeit das erste Spionagehandbuch. In China, at about the same time, the first espionage manual appeared. Suntsi, ein Stratege und Philosoph, prägte nicht nur den Satz: „Du musst Deine Feinde kennen, um sie besiegen zu können.“ Er verfasste in seinem Buch „Die Kunst des Krieges“ einen ganzen Leitfaden mit Regeln, wie man Agenten einsetzt, Geheimnisse weiterträgt und Freund und Feind verwirrt. Suntsi, a strategist and philosopher, not only coined the phrase, "You must know your enemies in order to defeat them." He wrote in his book, "The Art of War," a whole set of rules on how to use agents, secrets carries on and confuses friend and foe. Auch im Alten Testament spielt Spionage eine große Rolle. Even in the Old Testament espionage plays a big role. Die Israeliten schickten zwölf Späher ins Land Kanaan. The Israelites sent twelve scouts to the land of Canaan. Einer von ihnen, Josua, wurde später ihr Anführer. One of them, Joshua, later became their leader. Auch die Stadt Jericho konnte nur erobert werden, weil Spione nachts heimlich über die Mauer geklettert waren und herumgeschnüffelt hatten. The city of Jericho could only be conquered because spies had secretly climbed over the wall at night and snooped around.

Etwas zu sagen, das nur Sender und Empfänger verstehen sollen, war und ist wichtiges Merkmal der Spionage. To say something that only transmitters and receivers should understand was and is an important feature of espionage. Berühmt geworden sind die sogenannten Zahlensender. Famous became the so-called number transmitters. Auf Kurzwelle konnte jeder mithören, was die Geheimdienste ihren Agenten in aller Welt zu sagen hatten. On shortwave everyone could hear what the secret services had to say to their agents around the world. Nur verstehen konnte man nichts, da man ausschließlich Reihen von Zahlen hörte. Only you could understand nothing, because you only heard rows of numbers. Aber ein bisschen aufregend war das schon, Spione bei der Arbeit zu belauschen. But it was a bit exciting to overhear spies at work. Einfacher war es, die Sprachen zu entschlüsseln, die Kinder auf dem Schulhof anwendeten, wenn sie streng Geheimes austauschen wollten. It was easier to decode the languages that children used in the playground if they wanted to exchange top secret. Die BB-Sprache ist so ein Fall. The BB language is such a case. Hier setzt man nach jedem Vokal ein „B“ ins Wort und wiederholt den Vokal: „Dubu bibist eibein spibiobon“, heißt es dann zum Beispiel. Here, after each vowel, one interrupts a "B" and repeats the vowel: "Dubu bibist eibein spibiobon", it says then for example. Bekannt war und ist auch die Löffelsprache, bei der in Silben gesprochen wird, die Räubersprache mit einer Verdoppelung jedes Konsonanten, unterbrochen durch ein dazwischen eingefügtes „o“. The spoon language, which is spoken in syllables, was and is also known, the predator language with a doubling of each consonant, interrupted by an "o" inserted between them. Oder einfach nur – wie bei den richtigen Spionen – die Zahlensprache, bei der jeder Buchstabe durch seine entsprechende Ordnungszahl im Alphabet ersetzt wird. Or just - as with the right spies - the number language, in which each letter is replaced by its corresponding ordinal number in the alphabet. Was 19, 16, 18, 1, 3, 8, 2, 1, 18 heißt, dürfte nicht schwer herauszufinden sein. What is called 19, 16, 18, 1, 3, 8, 2, 1, 18 should not be hard to find out.

Vor allem Autoren aus Großbritannien schufen seit Beginn des 20. Especially authors from Great Britain created since the beginning of the 20. Jahrhunderts eine Spionageliteratur, die ihre treuen Fans hat. Century a spy literature that has its loyal fans. In Romanen, die vorzugsweise in den Konflikten des Kalten Krieges zwischen der damaligen Sowjetunion und den westlichen Staaten spielten, waren Agenten in geheimer Mission unterwegs. In novels that played primarily in the conflicts of the Cold War between the then Soviet Union and the Western States, agents were on a secret mission. Sie erhielten eine falsche Identität, sie chiffrierten, verschlüsselten, ihre Nachrichten mit Geheimcodes, legten sie in tote Briefkästen und bekamen Anweisungen von ihrem Agentenführer. They were given a false identity, they encrypted, encrypted, secret-code messages, put them in dead letterboxes, and received instructions from their agent-leader. Manchmal wurden sie auch umgedreht und waren fortan Doppelagenten. Sometimes they were turned around and became double agents.

Sie platzierten Wanzen oder Richtmikrofone, verwendeten top secret, also streng geheime, Erfindungen wie Kameras in Kugelschreibern. They placed bugs or directional microphones, used top secret, so top secret, inventions like cameras in pens. Und sie mussten immer aufpassen, dass sie nicht enttarnt wurden. And they always had to be careful that they were not revealed. Denn dann waren sie verbrannt, also nicht mehr nützlich. Because then they were burned, so no longer useful. Auch konnten die Geheimdienste – seien es die des Kremls oder von Ihrer Majestät der englischen Königin – nie sicher sein, ob sich in ihren Reihen U-Boote oder Maulwürfe versteckten. Nor could the intelligence services - be they of the Kremlin or of Her Majesty the English Queen - ever be sure whether submarines or moles were hiding in their ranks.

Das eigene Volk auszuhorchen, zu unterwandern, zu bespitzeln und damit zu beherrschen ist keine Erfindung der ehemaligen DDR. Listening out, infiltrating, spying and controlling your own people is not an invention of the former GDR. Doch das MFS, das Ministerium für Staatssicherheit, hatte es hierin zu erstaunlicher Perfektion gebracht. But the MFS, the Department of State Security, had brought it to amazing perfection. Wie schon beim Perserkönig Kyros wurde das Land mit einem Netz verdeckter Ermittler, den inoffiziellen Mitarbeitern, kurz IM, überzogen. As with the Persian king Cyrus, the country was covered with a network of covert investigators, the unofficial staff, short IM. Für ihren Arbeitgeber, die Stasi, die auch „Firma Horch und Guck“ genannt wurde oder kurz „die Firma“, schrieben sie alles auf, was verdächtig sein könnte. For their employer, the Stasi, which was also called "Horch and Guck" or "the company", they wrote down everything that could be suspicious.

Betroffene können heute in ihren Akten, die vor der Vernichtung durch die Stasi gesichert wurden, nachlesen, wie Menschen verleumdet wurden, wie Spione versucht haben, die politische Opposition zu steuern und wie Eheleute und beste Freunde sich gegenseitig bespitzelten – aber auch wie unspektakulär und banal  Agententätigkeit sein kann. Those affected today can read in their files, which were secured from destruction by the Stasi, how people have been slandered, how spies have tried to control the political opposition, and how spouses and best friends have been spying on each other - but also how unspectacular and banal Agent activity can be.

Dagegen haben es heutige Geheimdienste vergleichbar leicht. By contrast, today's intelligence services are comparably easy. Sie spielen Trojaner auf Computer, nutzen die allgegenwärtigen Smartphones als Wanze oder hören gleich das komplette Internet ab. They play Trojans on computers, use the ubiquitous smartphones as a bug or listen to the entire Internet. Wie das geht und dass das auch gemacht wird, wissen wir spätestens seit Edward Snowden und seinen Enthüllungen. How that works and how it is done, we know since Edward Snowden and his revelations.