×

Wir verwenden Cookies, um LingQ zu verbessern. Mit dem Besuch der Seite erklärst du dich einverstanden mit unseren Cookie-Richtlinien.


image

Die Sage von Wilhelm Tell

Die Sage von Wilhelm Tell

Die Sage von Wilhelm Tell von den Brüdern Grimm

Es fügte sich, dass des Kaisers Landvogt, genannt der Gessler gen Uri fuhr. Als er da eine Zeit wohnte, ließ er eine Stange unter der Linde, da jedermann vorbeigehen mußte, stülpte einen Hut drauf und hatte einen Knecht zur Wacht dabei sitzen.

Darauf gebot er durch öffentlichen Aufruf. Wer der wäre, der da vorbeiginge, sollte sich vor dem Hut verneigen, als ob der Herr selber zugegen sei, und übersähe es einer und täte es nicht, den wollte er mit schweren Bußen strafen.

Nun war ein tapferer Mann im Lande, hieß Wilhelm Tell, der ging am Hut vorüber und verneigte sich nicht. Da verklagte ihn der Knecht, der den Hut bewachte bei dem Land vogt. Der ließ den Tell vor sich bringen und fragte, warum er sich vor dem Hut nicht verneige, wie doch geboten sei.

Wilhelm Tell antwortete: „Lieber Herr, es ist aus Versehen geschehen, dachte nicht, dass es euer Gnad so streng nehmen würde.“

Nun war der Tell gar ein guter Schütze, wie man sonst keinen im Lande fand, hatte auch hübsche Kinder, die ihm lieb waren. Da sandte der Land vogt, ließ die Kinder holen, und als sie gekommen waren, fragte er Tell, welches Kind ihm das allerliebste wäre.

„Sie sind mir alle gleich lieb“.

Da sprach der Herr: „Wilhelm, du bist ein guter Schütz, und man findet nicht deinesgleichen, das wirst du mir jetzt beweisen, denn du sollst einem deiner Kinder einen Apfel vom Haupte schießen. Tust du das, so will ich dich für einen guten Schützen achten“.

Der gute Tell erschrak, flehte um Gnade, und dass man ihm solches erließe, denn es wäre unnatürlich. Was er ihm sonst befehle, wolle er gerne tun.

Der Vogt aber zwang ihn mit seinen Knechten und legte dem Kinde den Apfel selbst aufs Haupt. Nun sah Tell, dass er nicht ausweichen konnte, nahm den Pfeil und steckte ihn hinten in seinen Kragen. Den anderen Pfeil nahm er in die Hand, spannte die Armbrust und bat Gott, dass er sein Kind behüte, zielte und schoss glücklich ohne Schaden den Apfel von des Kindes Haupt.

Da sprach der Herr: „Das wäre ein Meisterschuss, aber eines wirst du mir sagen. Was bedeutet, dass du den ersten Pfeil hinten in deinen Kragen stecktest?“

Tell sprach: „Das ist zur Schützengewohnheit“.

Der Landvogt ließ aber nicht ab und wollte es wissen. Zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er die Wahrheit offenbarte, wenn er ihm das Leben verspreche, wolle er es sagen.

Als das der Landvogt getan, sprach Tell: „Hätte ich den Apfel verfehlt und mein Kindlein erschossen. So hätte ich euch mit dem anderen Pfeil gewiss nicht verfehlt“.

Da das der Landvogt vernahm, sprach er: „Dein Leben ist dir zwar zugesagt, aber an einem Ort will ich dich leben, da dich Sonne und Mond nimmer bescheinen.“

Ließ ihn fangen und binden und in dasselbe Boot legen, auf dem er über den Vierwaldstätter See wieder heimfahren wollte. Wie sie nun auf dem See fuhren, kam ein starker Wind auf, so dass das Boot schwankte und sie elend zu verderben meinten, denn keiner wusste mehr das Fahrzeug durch die Wellen zu steuern.

Da sprach einer der Knechte zum Landvogt: „Herr, lasst den Tell losbinden, der ist ein starker, mächtiger Mann und versteht sich wohl auf das Wetter, so möchten wir wohl aus der Not entrinnen“.

Da ward Tell losgebunden und stand an dem Steuer und fuhr ruhig dahin. Doch dabei schaute er immer auf seine Armbrust, die nah bei ihm auf dem Boden lag. Da er nun gegen eine große Felsplatte kam, die Mann noch heute die Tellsplatte nennt, glaubte er, die Zeit zur Flucht gekommen. Er rief allen munter zu, fest anzuziehen, bis sie zu der Platte kämen, dann hätten sie das Böseste überwunden.

Also fuhren sie zur Platte hin, da wendete er mit Gewalt das Boot, griff seine Armbrust, sprang auf die Platte und lief, bis er gen Küssnacht in eine hohle Gasse kam. Da kam er vor dem Herrn hin und wartete auf ihn.

Und als der Landvogt mit seinen Dienern geritten kam, stand Tell hinter einem Busch, spannte die Armbrust und schoss einen Pfeil in den Herrn, dass der Tod umfiel. Dann lief Tell über die Gebirge gen Uri, fand seine Gesellen und sagte ihnen, wie es ihm ergangen war.

Die Sage von Wilhelm Tell The Legend of William Tell La leyenda de Guillermo Tell La leggenda di Guglielmo Tell A lenda de Guilherme Tell Легенда о Вильгельме Телле

**Die Sage von Wilhelm Tell von den Brüdern Grimm**

Es fügte sich, dass des Kaisers Landvogt, genannt der Gessler gen Uri fuhr. It so happened that the emperor's bailiff, called Gessler, went to Uri. Sucedió que el alguacil del emperador, llamado el Gessler, viajó a Uri. Случилось так, что к Ури отправился судебный пристав императора по имени Гесслер. İmparatorun Gessler adındaki kâhyası Uri'ye gitti. Als er da eine Zeit wohnte, ließ er eine Stange unter der Linde, da jedermann vorbeigehen mußte, stülpte einen Hut drauf und hatte einen Knecht zur Wacht dabei sitzen. When he lived there for a while, he left a pole under the linden tree, since everyone had to pass by, put his hat on it, and had a servant sit by to keep watch. Cuando vivió allí durante un tiempo, dejó un poste bajo el tilo por el que todo el mundo tenía que pasar, le puso un sombrero y tenía a un criado de guardia. Пожив там некоторое время, он оставил под липой шест, так как все должны были проходить мимо, надевал на него свою шапку, а рядом сидел слуга и караулил.

Darauf gebot er durch öffentlichen Aufruf. He commanded this by public appeal. A continuación hizo un llamamiento público. Wer der wäre, der da vorbeiginge, sollte sich vor dem Hut verneigen, als ob der Herr selber zugegen sei, und übersähe es einer und täte es nicht, den wollte er mit schweren Bußen strafen. Whoever was passing by should bow to the hat as if the Lord himself were present, and if someone overlooked it and didn't do it, he wanted to punish him with severe penance. Quien pasara por allí debía inclinarse ante el sombrero como si el Señor mismo estuviera presente, y si alguien pasaba y no lo hacía, lo castigaba con severas penas. Тот, кто проходил мимо, должен был поклониться шапке, как если бы присутствовал сам Господь, а если кто проглядел и не сделал этого, то хотел наказать его суровой епитимьей.

Nun war ein tapferer Mann im Lande, hieß Wilhelm Tell, der ging am Hut vorüber und verneigte sich nicht. Now there was a brave man in the country, named Wilhelm Tell, who walked past the hat and did not bow. Había en el país un hombre valiente llamado Guillermo Tell, que pasó junto al sombrero y no se inclinó. Da verklagte ihn der Knecht, der den Hut bewachte bei dem Land vogt. Then the servant who kept the hat accused him at the provincial governor. Entonces el criado que guardaba el sombrero lo demandó al alguacil. Тогда слуга, хранивший шляпу, обвинил его в провинциальном правителе. Der ließ den Tell vor sich bringen und fragte, warum er sich vor dem Hut nicht verneige, wie doch geboten sei. He had Tell brought to him and asked why he wasn't bowing to his hat, as was required. Hizo que le trajeran ante él al chivato y le preguntó por qué no se inclinaba ante el sombrero, como se suponía que debía hacer.

Wilhelm Tell antwortete: „Lieber Herr, es ist aus Versehen geschehen, dachte nicht, dass es euer Gnad so streng nehmen würde.“ William Tell replied: "Dear sir, it was by mistake, didn't think your mercy would take it so severely." Guillermo Tell contestó: "Querido señor, sucedió por error, no pensé que su Gracia lo tomaría tan severamente".

Nun war der Tell gar ein guter Schütze, wie man sonst keinen im Lande fand, hatte auch hübsche Kinder, die ihm lieb waren. Now Tell was a good shot, like no one else in the country, and he also had pretty children who were dear to him. Tell era un buen tirador, como ningún otro en el país, y tenía unos hijos preciosos a los que quería mucho. Что ж, Телль был хорошим стрелком, равных которому не было больше нигде в стране, а еще у него были хорошенькие дети, которые были ему дороги. Da sandte der Land vogt, ließ die Kinder holen, und als sie gekommen waren, fragte er Tell, welches Kind ihm das allerliebste wäre. Then the bailiff sent for the children, and when they came he asked Tell which child he liked best. Entonces el alguacil mandó llamar a los niños y, cuando llegaron, preguntó a Tell cuál era su preferido.

„Sie sind mir alle gleich lieb“. "They are all equally dear to me".

Da sprach der Herr: „Wilhelm, du bist ein guter Schütz, und man findet nicht deinesgleichen, das wirst du mir jetzt beweisen, denn du sollst einem deiner Kinder einen Apfel vom Haupte schießen. Then the lord said, "William, you are a good shot, and one cannot find your equal, you will prove that to me now, for you shall shoot an apple from the head of one of your children. Tust du das, so will ich dich für einen guten Schützen achten“. If you do that, I will consider you a good marksman."

Der gute Tell erschrak, flehte um Gnade, und dass man ihm solches erließe, denn es wäre unnatürlich. The good Tell was frightened, begged for mercy and that one would let him have it, because it would be unnatural. Добрый Телль испугался, умолял о пощаде и о том, чтобы ему ее отдали, потому что это было бы противоестественно. Was er ihm sonst befehle, wolle er gerne tun. Whatever else he ordered him to do, he would be happy to do.

Der Vogt aber zwang ihn mit seinen Knechten und legte dem Kinde den Apfel selbst aufs Haupt. But the bailiff and his servants forced him and laid the apple on the child's head himself. Nun sah Tell, dass er nicht ausweichen konnte, nahm den Pfeil und steckte ihn hinten in seinen Kragen. Now Tell saw that he could not dodge, took the arrow and put it in the back of his collar. Den anderen Pfeil nahm er in die Hand, spannte die Armbrust und bat Gott, dass er sein Kind behüte, zielte und schoss glücklich ohne Schaden den Apfel von des Kindes Haupt. He took the other arrow in his hand, cocked the crossbow and asked God to protect his child, took aim and happily shot the apple from the child's head without harm.

Da sprach der Herr: „Das wäre ein Meisterschuss, aber eines wirst du mir sagen. Then the Lord said, "That would be a master shot, but you will tell me one thing. Was bedeutet, dass du den ersten Pfeil hinten in deinen Kragen stecktest?“ Which means you put the first arrow in the back of your collar?”

Tell sprach: „Das ist zur Schützengewohnheit“. Tell said, "It's part of the Sagittarius habit." Телль сказал: «Это часть привычки Стрельца».

Der Landvogt ließ aber nicht ab und wollte es wissen. But the bailiff didn't let up and wanted to know. Zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er die Wahrheit offenbarte, wenn er ihm das Leben verspreche, wolle er es sagen. Last said Tell, who was afraid if he revealed the truth, if he promised him life, he would tell. Последний сказал Телль, который боялся, что если он раскроет правду, если он пообещает ему жизнь, он расскажет.

Als das der Landvogt getan, sprach Tell: „Hätte ich den Apfel verfehlt und mein Kindlein erschossen. When the bailiff had done that, Tell spoke: "I should have missed the apple and shot my child. So hätte ich euch mit dem anderen Pfeil gewiss nicht verfehlt“. I certainly wouldn't have missed you with the other arrow." Я точно не промахнулся бы по тебе другой стрелой».

Da das der Landvogt vernahm, sprach er: „Dein Leben ist dir zwar zugesagt, aber an einem Ort will ich dich leben, da dich Sonne und Mond nimmer bescheinen.“ When the bailiff heard this, he said: "Your life is promised to you, but I want to live you in a place where sun and moon never shine on you." Услышав это, судебный пристав сказал: «Тебе обещана жизнь, но я хочу поселить тебя в таком месте, где над тобой никогда не светят ни солнце, ни луна».

Ließ ihn fangen und binden und in dasselbe Boot legen, auf dem er über den Vierwaldstätter See wieder heimfahren wollte. Had him caught and bound and put in the same boat on which he was going to return home across Lake Lucerne. Wie sie nun auf dem See fuhren, kam ein starker Wind auf, so dass das Boot schwankte und sie elend zu verderben meinten, denn keiner wusste mehr das Fahrzeug durch die Wellen zu steuern. As they were now sailing on the lake, a strong wind came up, so that the boat swayed and they thought they were going to wreck miserably, for no one knew how to steer the vehicle through the waves. Когда они уже плыли по озеру, поднялся сильный ветер, так что лодку качнуло, и они думали, что скоро разобьются, потому что никто не знал, как вести повозку по волнам.

Da sprach einer der Knechte zum Landvogt: „Herr, lasst den Tell losbinden, der ist ein starker, mächtiger Mann und versteht sich wohl auf das Wetter, so möchten wir wohl aus der Not entrinnen“. Then one of the servants said to the bailiff, "Sir, let Tell be untied; he is a strong, powerful man and knows his way around the weather, so we can get out of trouble.

Da ward Tell losgebunden und stand an dem Steuer und fuhr ruhig dahin. Then Tell was untied and stood at the wheel and drove along calmly. Doch dabei schaute er immer auf seine Armbrust, die nah bei ihm auf dem Boden lag. But he always looked at his crossbow, which was lying on the ground near him. Но он всегда смотрел на свой арбалет, который лежал на земле рядом с ним. Da er nun gegen eine große Felsplatte kam, die Mann noch heute die Tellsplatte nennt, glaubte er, die Zeit zur Flucht gekommen. When he came up against a large slab of rock, which Mann still calls the Tellsplatte, he thought it was time to flee. Er rief allen munter zu, fest anzuziehen, bis sie zu der Platte kämen, dann hätten sie das Böseste überwunden. He cheerfully called on everyone to pull tight until they got to the record, then they would have overcome the worst. Он бодро призвал всех дергаться, пока они не добьются рекорда, тогда они преодолеют худшее.

Also fuhren sie zur Platte hin, da wendete er mit Gewalt das Boot, griff seine Armbrust, sprang auf die Platte und lief, bis er gen Küssnacht in eine hohle Gasse kam. So they went to the Platte, when he turned the boat violently, grabbed his crossbow, jumped onto the Platte and ran until he came to a hollow alley towards Küssnacht. Da kam er vor dem Herrn hin und wartete auf ihn. So he came before the Lord and waited for him.

Und als der Landvogt mit seinen Dienern geritten kam, stand Tell hinter einem Busch, spannte die Armbrust und schoss einen Pfeil in den Herrn, dass der Tod umfiel. And when the bailiff came riding with his servants, Tell stood behind a bush, drew his crossbow and shot an arrow into the lord, causing death to fall. Dann lief Tell über die Gebirge gen Uri, fand seine Gesellen und sagte ihnen, wie es ihm ergangen war. Then Tell ran across the mountains to Uri, found his companions and told them how he had fared.